Protocol of the Session on February 11, 2021

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 43. - außerordentliche - Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Erkrankt sind die Abgeordneten Johannes Callsen, Dr. Kai Dolgner, Eka von Kalben, Dr. Marret Bohn und Dr. Andreas Tietze. Wir wünschen den Kolleginnen und Kollegen gute Genesung.

(Beifall)

Die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein hat nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme an der heutigen Sitzung wiederum verhindert ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Der Schleswig-Holsteinische Landtag trauert um seine ehemalige Abgeordnete Anke Gravert. Die gelernte Hauswirtschaftslehrerin, am 22. Mai 1935 auf Nordstrand geboren, verstarb am 23. Januar. Sie wurde 85 Jahre alt.

Anke Gravert war eine starke Frau, die bestehende Probleme nicht nur beklagte, sondern diese selbst aktiv anpackte, um sie zu lösen. So fand sie ihren Weg zunächst in die Kommunal- und später in die Landespolitik.

20 Jahre, von 1970 bis 1990, gehörte sie der Gemeindevertretung von Kronshagen an. 16 Jahre davon war sie Bürgervorsteherin - die erste Frau übrigens, die dieses Amt in der Gemeinde Kronshagen innehatte. Ihr kommunalpolitisches Mandat blieb Anke Gravert auch nach ihrem Einzug in den Schleswig-Holsteinischen Landtag wichtig. Es war ihr ein Seismograph dafür, wie sich die politischen Weichenstellungen des Landes auf die Menschen und auf die Problemlagen vor Ort auswirken, und es lieferte ihr umgekehrt wichtige Impulse für ihre parlamentarische Arbeit.

Von 1983 bis 1992 war Anke Gravert Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Hier wirkte die Christdemokratin vor allem im Agrar- und Umweltausschuss, dem sie durchgängig angehörte. In der 10. und 11. Wahlperiode arbeitete sie zudem im Ausschuss für Kultur, Jugend und Sport mit. Weitere Felder ihrer parlamentarischen Arbeit waren der in der 10. Wahlperiode eingerichtete Untersu

chungsausschuss zur „Deponie Schönberg“, der Landeswahlausschuss und das Friesengremium.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Anke Gravert war eine herausragende, unserer Heimat Schleswig-Holstein und ihrer niederdeutschen Kultur tief verbundene Politikerin, die sich mit großer Umsicht und hohem Pflichtbewusstsein ihren Aufgaben stellte. Und sie tat weitaus mehr als nur das. Sie beschritt immer wieder neue Wege, blieb dabei ein freier, unabhängiger Geist und ließ sich auch von den Widerständen jener Zeit nicht beeindrucken.

Anke Gravert engagierte sich von Beginn ihrer Karriere an sehr erfolgreich dafür, mehr Frauen für die Politik zu begeistern. Nicht nur für die CDU in Schleswig-Holstein, deren stellvertretende Landesvorsitzende sie zwölf Jahre war, wurde sie zu einer wichtigen Vorreiterin. Prägend war insbesondere ihr Einsatz für die Frauen Union, zu deren Gründungsmüttern Anke Gravert gehörte. Ihre Stimme behielt auch nach ihrem Ausscheiden aus der Landespolitik Gewicht. Ihre politischen Positionen haben - in vielen Belangen - bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt.

Anke Gravert war - auch in diesem Hause - eine wichtige Brückenbauerin, die mit ihrer herzlichen, zupackenden und geraden Art Menschen erreichte. Sie betonte zuallererst das Verbindende, das Gemeinsame und nicht das Trennende, denn sie begriff Politik immer als Teamleistung - auch über die Fraktions- und Koalitionsgrenzen hinweg.

Für ihr herausragendes Engagement in Politik und Gesellschaft wurde Anke Gravert mit dem Verdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Die Gemeinde Kronshagen verlieh ihr 1990 den Ehrenring.

Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag ist dankbar für die von Anke Gravert geleistete Arbeit und wird ihr stets ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere Anteilnahme gilt ihren Angehörigen. Ich bitte Sie, einen Moment im Gedenken an die ehemalige Abgeordnete Anke Gravert innezuhalten. - Sie haben sich zu Ehren Anke Graverts erhoben. Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen die im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnungspunkte 2 und 3, mündlicher Bericht zu der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Coronapandemie am 10. Februar 2021 und Antrag zu Transparenz, Nachvollziehbarkeit und nord

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deutsche Gemeinsamkeit bei den Coronamaßnahmen für die kommenden Monate sicherstellen, gemeinsam zu beraten.

Zu Tagesordnungspunkt 1 ist eine Aussprache nicht geplant.

Weitere Tagesordnungspunkte liegen nicht vor. Wir werden heute bis circa 14:30 Uhr tagen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags die Besucherinnen und Besucher, die es trotz der Pandemie geschafft haben, zu uns zu kommen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 2 und 3 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Mündlicher Bericht zu der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Coronapandemie am 10. Februar 2021

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2750

b) Transparenz, Nachvollziehbarkeit und norddeutsche Gemeinsamkeit bei den Coronamaßnahmen für die kommenden Monate sicherstellen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2763

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit dem Antrag zu a) wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Ich sehe, dass das einstimmig so beschlossen ist.

Ich erteile dann für die Landesregierung dem Ministerpräsidenten Daniel Günther das Wort.

Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich komme ich dem Berichtsantrag für die Landesregierung gerne nach und berichte über die Konferenz, die gestern stattgefunden hat. Sie ist mit vielen Erwartungen verbunden gewesen. Sinkende Inzidenzen in ganz Deutschland haben dazu beigetragen, dass es viel

Hoffnung gegeben hat. Aber die Virusmutation ist etwas, was uns alle mit Sorge umtreibt und uns bei all den Schritten, die wir im Moment zu verabreden haben, nicht sicher macht.

Sorgsam vorgehen, aber Perspektiven aufzeigen, das war der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld der Konferenz. Wir haben von unserer Seite aus bereits in der letzten Ministerpräsidentenkonferenz einen Beschluss herbeigeführt, der unsere Erwartungshaltung formuliert hat, dass wir zu einem Stufenplan kommen, der den Menschen echte Perspektiven aufzeigt. Wir haben hierzu einen Perspektivplan vorgelegt, der auch hier im Haus von einer breiten Mehrheit getragen wurde. Dadurch haben sich auch andere Länder darin bestärkt gefühlt, Perspektivpläne vorzulegen.

Aber wer in Deutschland auch mit Blick auf unseren Perspektivplan in Schleswig-Holstein die Hoffnung gehabt hat, dass wir zu einer bundesweiten Verabredung kommen, der muss - das muss man, glaube ich, offen sagen - im Moment ein bisschen enttäuscht auf diesen Gipfel blicken. Ich will das auch für mich selbst sagen. Auch ich hätte mir gewünscht - ich glaube, wir alle hätten es uns gewünscht -, dass wir zu noch verbindlicheren Regeln gekommen wären. Aber ich sage an der Stelle auch: Nur durch das beharrliche Wirken, übrigens auch von anderen Ministerpräsidentinnen - ich will das sehr deutlich sagen, Malu Dreyer und Manuela Schwesig haben mich in dieser Konferenz sehr dabei unterstützt, zu einem echten Perspektivplan zu kommen; wenige andere haben auch mitgeholfen -,

(Heiterkeit)

haben wir es geschafft - das ist für mich wichtig -, dass die Ministerpräsidentinnen- und Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam mit dem Bund zum ersten Mal nicht nur den nächsten Schritt definiert hat. Zum ersten Mal haben wir nicht nur gesagt, was in den nächsten drei Wochen passiert, sondern wir haben gemeinsam verabredet, dass auch der zweite Schritt mit einer Zuordnung der Inzidenzen definiert und gleichzeitig auch der dritte Schritt beschrieben wird, nämlich welche weiteren Bereiche von Öffnung profitieren können.

Wir hätten uns das alle miteinander verbindlicher gewünscht, und ich verstehe manchen, der enttäuscht ist. Aber ich sage ganz klar: Ob die Erwartungshaltung der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner erfüllt wird, hat sich nicht gestern entschieden, sondern dafür ist heute in diesem Parlament der entscheidende Tag; denn wir haben es in der Hand, ob das, was wir in unserem Stu

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(Präsident Klaus Schlie)

fenplan beschrieben haben, was in den ersten Punkten teilweise eins zu eins von dem Beschluss der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gedeckt ist, jetzt in Schleswig-Holstein Wirklichkeit wird. Deswegen müssen wir uns heute über die Dinge unterhalten, die nach unserem Stufenplan möglich sind.

Was das angeht, was ich in den vergangenen Sitzungen gesagt habe, so haben Sie, Herr Stegner, manchmal gesagt, ich lobe Sie ein bisschen zu viel. Heute habe ich umgekehrt ein bisschen die Erwartungshaltung, dass wir uns sagen, ob wir zu dem, was wir hier im Parlament beschlossen haben, jetzt auch gemeinsam stehen; denn im Vorfeld der Konferenz hat mich schon ein bisschen gewundert, dass zu dem, was wir beim letzten Mal sehr einvernehmlich diskutiert haben - Stufenplan, Ampel -, die Botschaft aus der SPD vor der Konferenz war, im Moment seien gar keine Öffnungsschritte vonnöten. Ich habe es immer so verstanden, es immer wieder so gesagt und auch akzeptiert, als ich beim letzten Mal da gesessen habe und Sie zu mir gesagt haben, im Wesentlichen sei der Stufenplan bei der SPD abgeschrieben.

Mein Verständnis von einer Ampel war: Rot heißt „stehen“, Gelb heißt „vorbereiten auf Öffnung“ und Grün heißt „öffnen“. Vielleicht war es naiv, das zu glauben. Aber im Moment fehlt mir ein bisschen die Fantasie, dieses Ampelsystem zu verstehen. Wenn auch Grün bei Ihnen bedeutet, dass man stehen bleibt, dann haben wir tatsächlich ein unterschiedliches Verständnis von Perspektivplänen.

Ich sage gleich, was wir gemäß unserem Perspektivplan umsetzen, und ich möchte schon wissen, ob wir weiter dazu stehen. Heute haben Sie ja wieder einen Antrag im Schleswig-Holsteinischen Landtag zum Perspektivplan und zur obersten Priorität von Schulen und Kitas gestellt. Zu dem Bereich sage ich sehr deutlich: Ich weiß, der Schritt am 22. Februar ist schon nicht leicht. Wir machen es ja auch eine Woche später, als wir es uns vorgenommen hatten, damit sich Schulen und Kitas gut darauf vorbereiten können. Aber wir waren uns eigentlich immer alle darin einig, dass Schulen und Kitas jetzt geöffnet werden. In der Ministerpräsidentinnenund Ministerpräsidentenkonferenz fühlte ich mich auch stark genug, immer zu sagen, das gesamte Parlament steht hinter mir, wenn ich jetzt dafür werbe. Alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der SPD waren der Auffassung, dass ein Öffnungsschritt jetzt verantwortbar ist. Die Kultusministerkonferenz hat im Vorfeld unter dem Vorsitz von Britta Ernst, ehemalige SPD-Ministerin in

Schleswig-Holstein, jetzt Ministerin in Brandenburg, beschlossen, dass Schulen und Kitas sofort geöffnet werden sollen. Ich darf nun nicht aus vertraulichen Ministerpräsidentenkonferenzen berichten; da soll ja möglichst nichts rausgehen.

(Heiterkeit)

Aber es war insbesondere Franziska Giffey, die gesagt hat: Ihr müsst jetzt auf jeden Fall den Präsenzbetrieb für Kitas ermöglichen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist ja ein Ding!)

Jetzt frage ich einmal hier im Landtag, und das muss heute beantwortet werden: Wo stehen die Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein bei der Frage, ob Schulen und Kitas am 22. Februar geöffnet werden sollen? Wir sagen: Ja, eine Öffnung ist richtig.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Birte Pauls [SPD]: Das ist ein Ablenkungsmanöver!)