Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 48. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.
Erkrankt sind die Abgeordneten Kerstin Metzner, Sandra Redmann, Thomas Hölck und Ministerpräsident Daniel Günther. - Wir wünschen ihnen gute Genesung!
Zu Beginn der Woche haben wir die traurige Nachricht erhalten, dass am 12. Mai 2021 die frühere Landesministerin Marianne Tidick verstorben ist.
Marianne Tidick, am 1. November 1942 in Hamburg geboren, wurde 78 Jahre alt. Nach dem Studium der Germanistik, der Anglistik und der Amerikanistik in Hamburg und den USA trat Marianne Tidick 1970 als Studienrätin in den Hamburger Schuldienst ein. Bereits ein Jahr später wechselte sie als Referentin in das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft. 1976 stieg sie zur Geschäftsführerin der Stiftung Jugend forscht e. V. auf und übte dieses wichtige Amt bis 1987 aus. In jenem Jahr wurde sie Generalsekretärin der BundLänder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung.
Bereits kurze Zeit später, am 31. Mai 1988, trat Marianne Tidick in die Schleswig-Holsteinische Landesregierung ein. Im ersten Kabinett Engholm wurde sie zunächst Ministerin für Bundesangelegenheiten und Stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, ab Juni 1990 dann Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur beziehungsweise Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport.
Von 1993 an bis zu ihrem Ausscheiden aus der Landesregierung 1996 bekleidete sie im ersten Kabinett Simonis das Amt der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur.
Meine Damen und Herren, Marianne Tidick, die 1974 der SPD beigetreten war, war eine der prägendsten Bildungs- und Kulturpolitikerinnen unseres Landes, die sich mit aller Energie dafür einsetzte, sozialen Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen.
Gleicher Zugang zu guter Bildung für alle, gleiche Lebens- und Erfolgschancen für alle - das war es, was diese hocherfahrene, durchsetzungsstarke Frau zeitlebens antrieb.
In die Bildungsdebatte, in der zu jener Zeit oft besonders erbittert um die besten Lösungen gestritten wurde, griff Marianne Tidick beherzt und oft wortgewaltig ein. Sie war unbequem - im allerbesten Sinne des Wortes - und stellte mit Entschiedenheit immer wieder klar heraus, dass Bildung und Wissenschaft nun einmal von ganz zentraler Bedeutung für die Zukunft unserer Kinder, unseren wirtschaftlichen Erfolg und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft sind.
Die Früchte ihres Schaffens zählen heute zum Tafelsilber unseres Landes. Ganz besonders erwähnen möchte ich hier die Gründung der Fachhochschule Westküste und den Aufbau der Fachhochschule für Kunst und Gestaltung in Kiel, der heutigen Muthesius Kunsthochschule. Allein daran wird deutlich, wie sehr Marianne Tidick den Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein vorangebracht hat.
Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag trauert um Marianne Tidick und ist dankbar für die von ihr für unser Land geleistete Arbeit. Ihr Andenken werden wir in Ehren bewahren. Unsere tiefe Anteilnahme gilt ihren Angehörigen, insbesondere ihrem Mann.
Ich bitte Sie, einen Moment innezuhalten, im Gedenken an die frühere Landesministerin Marianne Tidick. - Sie haben sich zu Ehren Marianne Tidicks erhoben. Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:
Zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 4, 6 bis 11, 13, 19, 28, 34, 35, 40, 44, 46, 48 bis 54 ist eine Aussprache nicht geplant.
Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 12 und 33: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Auflösung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein - erste Lesung und der Antrag „Beiträge für die Pflegeberufekammer übernehmen“ sowie die Punkte 20, 27, 29, 30, 32, 38, 43 und 47: Finanzierung der Folgekosten der Pandemie - Notkredit bedarfsgerecht einsetzen
Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 48. Tagung.
Wir werden heute unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause und morgen unter Einschluss einer dreistündigen Mittagspause - Sie wissen um die Besonderheit, dass uns da das Gutachten von Professor Danker übergeben wird - längstens bis 18 Uhr und am Freitag ohne Mittagspause bis circa 13:45 Uhr, so die parlamentarischen Geschäftsführer es denn wollen, tagen. - Ich höre keinen Widerspruch; dann werden wir so verfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf sehr herzlich den ehemaligen Ministerpräsidenten und derzeitigen Beauftragten des Landes für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Peter Harry Carstensen, hier bei uns im Schleswig-Holsteinischen Landtag begrüßen.
Lieber Peter Harry Carstensen, es hat bereits ein gutes Gespräch zwischen uns auf der Grundlage des Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen Landtags gegeben, in dem wir uns einig darüber waren, dass jüdisches Leben in Schleswig-Holstein viel sichtbarer gemacht werden muss, als das bisher der Fall ist.
Jüdisches Leben ist ein selbstverständlicher und unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft. Für die Zukunft ist geplant, regelmäßig in einen Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein hier im Landtag zu treten. Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, dass das Bewusstsein unter den Menschen in Schleswig-Holstein weiter wächst, dass jüdisches Leben ganz selbstverständlich zu unserem Land und unserer Gesellschaft gehört und dass es Teil unserer kulturellen Identität ist.
Ich freue mich sehr auf die gemeinsame Arbeit mit Ihnen, Herr Carstensen, und auf das gemeinsame Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern der jüdischen Verbände und Gemeinden. Nochmals herzlich willkommen!
Aktuelle Stunde „Gegen jeden Antisemitismus in Schleswig-Holstein - Das Existenzrecht Israels ist deutsche Staatsräson“
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/3016
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Aktuelle Stunde gemeinsam beantragt haben. Das ist aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Zeichen. Die Situation im Nahostkonflikt eskaliert derzeit in einem Maße, wie es seit Jahren nicht der Fall war.
Deshalb wollen wir heute zwei ganz wichtige Botschaften senden: Erstens. Wir stehen an der Seite Israels. Das Existenzrecht Israels und die Sicherheit Israels sind deutsche Staatsräson.
Zweitens. Wir stellen uns konsequent gegen jeden Antisemitismus. Wir unterstreichen unser Bekenntnis zu einem aktiven jüdischen Leben in SchleswigHolstein, das wir verteidigen und unterstützen.
Die Hamas greift Israel seit über einer Woche aus dem Gazastreifen massiv mit Raketen und auch Drohnen an, die Sprengstoff nach Israel transportieren. Das Ziel ist klar: Möglichst viele Menschen in Israel sollen ermordet werden. Die Bedrohungslage in weiten Teilen Israels ist angesichts dieser neuen Dimension des Terrors erschreckend. Das Abwehrsystem „Iron Dome“ der israelischen Armee fängt zum Glück einen Großteil der Raketen ab, aber leider nicht alle.
Israel hat selbstverständlich das Recht, sich zu verteidigen, und das beinhaltet gezielte Schläge gegen die Hamas, die ja von mehreren Staaten massiv unterstützt wird, vor allem vom Iran. Wir bekennen uns in diesem Zusammenhang ausdrücklich dazu, dass hier in Schleswig-Holstein, in Kiel U-Boote und Marineschiffe für Israel gebaut werden, um das Existenzrecht Israels zu sichern.
Ich sehe da auch eine besondere Verantwortung Schleswig-Holsteins, das leider eine Hochburg der Nationalsozialisten war. Dieses dunkle Kapitel endete leider auch nicht sofort mit dem Kriegsende. Die Pressekonferenz morgen wurde schon angesprochen: In der Nachkriegszeit konnte jemand wie Heinz Reinefarth Mitglied dieses Hohen Hauses sein, was wirklich eine Schande ist.
Wir übersehen nicht, dass die Menschen, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen unter dem Krieg und auch unter der Hamas leiden, deren Raketen teilweise die eigene Bevölkerung treffen. Das gehört zur Wahrheit dazu und sollte heute ausgesprochen werden.
Israel ist eine funktionierende Demokratie. Man muss die Politik der israelischen Regierung nicht unterstützen und kann sie selbstverständlich kritisieren, was gerade mit Blick auf die Siedlungspolitik auch häufig geschieht. Aber Kritik an der israelischen Regierung darf keine Rechtfertigung dafür sein, Hass gegen jüdische Menschen zu verbreiten.
(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])
Es gibt für diese Menschenfeindlichkeit überhaupt keine Rechtfertigung. Wir lehnen jede Form von Antisemitismus ab, ob er nun von rechtsaußen, linksaußen oder von Muslimen kommt, worin leider auch ein großes Problem besteht, oder aus der Mitte der Gesellschaft, was es nach wie vor auch gibt.
Es gab wohl in allen etablierten Parteien der Nachkriegsgeschichte - leider auch in der Freien Demokratischen Partei - Antisemitismus. Das ist also nicht eine Art Randphänomen, wie manche gelegentlich meinen, sondern nach wie vor ein großes Problem für unsere Gesellschaft und aus meiner Sicht derzeit ein zunehmendes Problem. Die sogenannte Querdenker- beziehungsweise Coronaleugnerszene fällt in erheblichem Maß durch Antisemitismus und Verharmlosung des Holocaustes auf.