Protocol of the Session on September 22, 2021

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Bildung ist insgesamt enorm wichtig. Die Mittel für die PerspektivSchulen steigen auf 10 Millionen €. Die Grundfinanzierung für die Hochschulen wird um 5 Millionen € strukturell erhöht. Für den Hochschulbau stehen über 150 Millionen € bereit, für Schulräume und Schulsanitäreinrichtungen 47 Millionen €. Das heißt, wir bewegen sehr viel und schauen immer, dass wir unser Land für die Zukunft in den einzelnen Bereichen, die sich nicht ausschließen sollen, fit machen.

Durch die Coronapandemie ist aber der Gestaltungsspielraum kleiner geworden und wird auch mit zukünftigen Tilgungen sicherlich noch etwas kleiner. Aber wir nutzen den Spielraum, den wir haben. Entscheidend ist, dass wir in den kommenden Jahren Prioritäten setzen und alles dafür tun, unsere Wirtschaft am Laufen zu halten und sie zu unterstützen. Eine gut laufende Wirtschaft - die ersten Ansätze merken wir schon jetzt, und ich bin gespannt auf die nächste Steuerschätzung - wird auch unserem Haushalt helfen.

Ich freue mich auf die kommenden Haushaltsberatungen und bedanke mich noch einmal recht herzlich bei Frau Ministerin Heinold und der Landesregierung für diesen wegweisenden Haushaltsentwurf. Und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, vereinzelt FDP und Beifall Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Beate Raudies.

(Ole-Christopher Plambeck)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Davon, dass Jamaika die Weichen für die Zukunft stellt, ist, wie ich finde, in diesem Haushalt wenig zu erkennen. Ich werde gleich erklären, was ich damit meine.

Ich finde, CDU, Grünen und FDP fehlen gemeinsame Ideen, wie sie das Land aus der viel beschriebenen Krise und in die Zukunft führen wollen. Vielmehr bleibt der handfeste Eindruck, dass Sie sich nur noch bis zur Landtagswahl retten wollen.

(Beifall SPD)

Es tut mir leid, das hier so deutlich sagen zu müssen, aber das ist der Eindruck, den Sie nicht vertreiben können.

(Christopher Vogt [FDP]: Das halten wir ge- rade noch aus!)

Die Coronapandemie - das haben wir alle jetzt schon mehrfach gehört - reißt mit den Folgekosten ein riesiges Loch in den Landeshaushalt. Deshalb ist Ausgabendisziplin das Gebot der Stunde. In den kommenden Jahren - auch das ist bereits mehrfach gesagt worden - klafft in der Mittelfristigen Finanzplanung eine Lücke in Höhe von 300 Millionen bis 500 Millionen € jährlich - jährlich! Die Lage aller öffentlichen Haushalte wird noch lange angespannt bleiben. Darum müssten wir eigentlich schon heute beginnen, uns Gedanken zu machen, wie wir die Haushalte dauerhaft wieder ins Lot bekommen können.

Was tut Jamaika? - Angesichts der haushaltspolitischen Herausforderungen legt die Regierung die Hände in den Schoß, arbeitet mit globalen Minderausgaben und hofft auf eine bessere Steuerschätzung, anstatt zu sagen, was das Land noch leisten kann und was nicht. Denn nur der Hinweis, dass ab 2023 eine Haushaltskonsolidierung ins Haus steht, ist eindeutig zu wenig.

(Beifall SPD)

Das ist das „Prinzip Hoffnung“, aber keine nachhaltige Finanzpolitik.

Fakt ist aber auch: Die Zeiten, in denen jede Jamaika-Partei Geld für ihre Lieblingsprojekte bekam, ohne sich wirklich um schwerwiegende Fragen kümmern zu müssen, sind hoffentlich endgültig vorbei.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Aussage des Kollegen Koch, dieses sei der schwierigste Haushalt der Legislaturperiode, und die Tatsache, dass er sich dafür lobt, dass er überhaupt ausgeglichen ist, spricht für mich als Haushaltspolitikerin schon Bände.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch unsere Zustimmung zum Notkredit haben wir der Landesregierung finanzpolitischen Spielraum auch für diesen Haushalt 2022 verschafft. Dass Herrn Koch als einzigem Redner der Koalition das nur einen halben Satz wert war, finde ich bemerkenswert. Ich will die beiden anderen Kolleginnen und Kollegen da ausdrücklich ausnehmen, die das - so finde ich - in einer Art und Weise gewürdigt haben, die uns guttut; denn das sind Dinge, die uns als Opposition nicht leichtfallen.

(Beifall SPD)

Dazu stehen wir auch nach wie vor.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Ich habe euch doch jetzt gelobt! - Denn wir haben Planungssicherheit, können weiter in die Infrastruktur investieren und verkleinern die entstandene Lücke in der Finanzplanung. Ein Ziel - das empfehle ich noch einmal zum Nachlesen -, auf das wir uns in den Gesprächen verständigt haben, ist es, den unvermeidbaren Einsparpfad - hört, hört! - durch die pandemiebedingten Mindereinnahmen und Mehrausgaben bis 2024 abzufedern. Aber wir haben auch die Verschuldung signifikant erhöht, und Tilgung und irgendwann auch Zinsen werden unsere Möglichkeiten einschränken.

Es hilft zwar - das habe ich gesagt -, wenn in diesem Jahr höhere Steuereinnahmen kommen, als wir eingeplant haben, aber es entbindet uns nicht von der Verpflichtung, uns unangenehmen Wahrheiten zu stellen.

Die Perspektive liegt zwischen Stillstand und Kürzungen, sagt der Kollege Petersdotter. Besser hätte ich es nicht formulieren können, lieber Kollege. Wo sind Jamaikas Antworten darauf? - Ich habe aufmerksam zugehört, und ich habe in der Debatte heute Morgen nichts gehört. Heute war immer nur die Rede von „zusätzlich“, „mehr“ und was obendrauf noch geht. Mit keinem Wort haben Sie gesagt, was ab nächstem Jahr auch die dringende Aufgabe hier in diesem Haus ist.

Monika Heinold hat, als sie den Haushalt vorgestellt hat, sich in der Pressemitteilung immerhin an die gute Prämisse von Heide Simonis erinnert. Einige in diesem Haus erinnern sich vielleicht noch: Das war eine Sozialdemokratin und eine sehr er

folgreiche Ministerpräsidentin in diesem Land. Die sprach immer von „alternativ statt additiv“. Weil ich eine unverbesserliche Optimistin bin, bin ich jetzt sehr gespannt und warte auf die Haushaltsberatungen und die Vorschläge der Koalitionsfraktionen zu diesem alternativ statt additiv. Ich bin sehr gespannt, und ich glaube, meine Kolleginnen und Kollegen aus den Facharbeitskreisen und den Fachausschüssen freuen sich auch auf Ihre Vorschläge.

(Birte Pauls [SPD]: Das stimmt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Politik der Austerität - der Kollege Plambeck hat gerade über die Schuldenbremse geredet - ist nach unserer Ansicht der völlig falsche Weg nach dieser Krise. Wer diesen Weg verfolgt, setzt unsere Zukunft aufs Spiel und will harte Einschnitte in den Sozialstaat. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für eine Finanz- und Haushaltspolitik, die die großen Zukunftsinvestitionen finanziert und so zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft, ein klimaneutrales Wachstum ermöglicht und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.

Wenn ich die Presseerklärung des Kollegen Petersdotter lese, stelle ich fest, dass wir mit dieser Position auch nicht ganz allein dastehen. Auch ich sehe momentan - das will ich Ihnen zugestehen - wenig kurzfristige Einsparpotenziale. Aber wir werden nicht umhinkommen, jede Ausgabe sorgfältig zu prüfen. Wir werden unbequeme Entscheidungen treffen müssen.

Ich bin dem Kollegen Lars Harms ausgesprochen dankbar, dass wenigstens er das hier einmal so klar ausgesprochen hat. Das macht man nicht gerne vor einer Wahl, weil die Leute dann schon wissen, was auf sie zukommt. Wir haben sie jahrzehntelang mit dem Rotstift und dem Hinweis gequält, es sei kein Geld da. Es macht als Finanzpolitikerin keinen Spaß, das zu sagen, aber das ist die Realität, liebe Kolleginnen und Kollegen. Diese Aussage hat mir doch in den Reden der Koalition weitestgehend gefehlt.

(Beifall SPD und SSW)

Aber es kommen ja noch zwei, daher kann das ja noch besser werden.

Allerdings dürfen wir nicht an den falschen Stellen sparen. Da geht es nämlich schon los. Ich kann mir zum Beispiel für meine Fraktion nicht vorstellen, dass es gerade jetzt sinnvoll ist, im Gesundheitsbereich zu sparen. In der vergangenen Woche konnten wir von zwei riesengroßen Krankenhausbauprojek

ten im Land lesen, bei denen man mit mindestens 400 Millionen € Zuschüssen für diese Krankenhausbauten rechnet. Sie erinnern sich an die Debatte über den Infrastrukturbericht: Von diesen Krankenhäusern haben wir noch nicht einmal geträumt, als wir über diesen Bericht diskutiert haben, geschweige denn, dass wir wissen, wo wir Mittel hernehmen.

Außerdem müssen wir infolge der Pandemie mehr in Schule, Kita und Sozialarbeit investieren, sonst versündigen wir uns an den Chancen der kommenden Generation. Das würde übrigens auch nicht gerade zu mehr Steuereinnahmen und weniger Staatsausgaben führen.

Ich sage es an dieser Stelle sehr deutlich, weil alle darauf warten: Auch über die Schuldenbremse wird zu sprechen sein. Die jetzige Konstruktion hat uns erlaubt, auf die Krise zu reagieren, Nothilfen auf den Weg zu bringen und Steuerausfälle auszugleichen. Aber schon jetzt merken wir, wo die Grenzen sind. Wie weit reichen denn die Folgen der Pandemie? Ich finde, die Kritikerinnen und Kritiker machen es sich dann doch ein bisschen einfach, wenn sie die Pandemiefolgen für die öffentlichen Haushalte auf die Steuerausfälle der Jahre 2020 und 2021 begrenzen wollen. Das ist dann doch ein wenig kurz gesprungen. Die Debatte werden wir - der Kollege Harms hat darauf hingewiesen - mit den Gutachterinnen und Gutachtern im Finanzausschuss noch einmal führen. Das finde ich auch wichtig.

Aber die Pandemie hat uns auch deutlich gemacht, wo wir dringend nachbessern müssen: Gesundheitswesen, Digitalisierung und - nicht zu vergessen die große Herausforderung unserer Zeit: Klimawandel.

Die Absurdität der geltenden Regelungen lässt sich gerade am Beispiel der Flutkatastrophe so wunderbar deutlich machen. Die Kosten für die Beseitigung dieser Flutschäden in Höhe von 30 Milliarden € - eine Wahnsinnssumme - dürfen wir trotz Schuldenbremse über Kredite finanzieren, weil es eine Naturkatastrophe war. Zur Beseitigung der Folgen dürfen wir Schulden machen, aber vorbeugende Maßnahmen dürfen wir nicht über Kredite finanzieren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Wollen wir also sehenden Auges zuschauen, wie Menschen ihr Hab und Gut oder sogar ihr Leben verlieren, nur weil wir es uns nicht leisten wollen, sie zu schützen?

(Beate Raudies)

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nein, das wollen wir nicht!)

Es ist eine Frage des Wollens, liebe Kolleginnen und Kollegen. Meine Meinung ist: Die Investitionen in Klimaschutzprojekte, die Sanierung von Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen müssten anders behandelt werden. Vielleicht müssten sie auch von der Schuldenbremse ausgenommen werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die CDU und die FDP dagegen ist die Schuldenbremse sakrosankt - koste es, was es wolle. Wobei, lieber Herr Kollege Vogt: Bei Ihnen hat es sich gerade nicht mehr so rigoros angehört. Ich freue mich auf den Beitrag der Kollegin Krämer und versuche dann, die gemeinsame Haltung herauszufinden.

Schuldenbremse, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Vielleicht sollten wir uns diesen Punkt für Koalitionsverhandlungen nach dem 8. Mai nächsten Jahres vormerken. Dann gibt es in diesem Land eine Chance auf neue, progressive Mehrheiten, die sich auch diesen Aufgaben stellen und die Schuldenbremse und die schwarze Null nicht wie eine Monstranz vor sich hertragen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vogt?

Ich war gerade so schön in Fahrt, aber sehr gern.