Protocol of the Session on January 26, 2022

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Ein weiterer Punkt - den halte ich für sehr wichtig betrifft die Flexibilisierung im Bereich der Straßenausbaubeiträge, mit der wir den Kommunen die Eigenbeteiligung bei der Erhebung ermöglichen. Mit dieser Gesetzesänderung besteht nun volle Flexibilität vor Ort. Denn die Kommunen entscheiden, ob sie überhaupt Straßenausbaubeiträge erheben und wenn ja - in welchem Umfang, und nun auch, inwieweit sie sich selbst beteiligen.

Meine Damen und Herren, mehr Flexibilität geht in diesem Bereich nicht, und hier stärken wir ganz klar die kommunale Selbstverwaltung. Wir, die Jamaika-Koalition, stärken bei diesem Thema Kom

munen und Bürger, und zwar anders, als es die SPD in der Vergangenheit gemacht hat, die in dem Bereich auf Zwang und Pflicht der Kommunen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gesetzt und dies in der Vergangenheit eingeführt hat.

Es ist richtig, dass wir in dieser Legislaturperiode die Pflicht zur Erhebung der Straßenausbaubeiträge abgeschafft haben, dass wir die Kommunen über den Infrastrukturtopf mit 68 Millionen € finanziell massiv unterstützen und dass wir nun weitere Flexibilisierungen in dem Bereich einführen.

Ich halte zum Schluss fest: Wir, die Jamaika-Koalition, sind die Koalition, die massiv und viel für die Kommunen im Land getan hat. Wir stehen zu unseren 1.106 Kommunen im Land. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz vor Ende der Legislaturperiode kommt Jamaika mit einer Änderung des KAG um die Ecke, ein echter Kessel Buntes. Als langjährige Kommunalpolitikerin macht mir die Vorstellung von außerordentlichen Abgangsverlusten bei der Kanalisation kein so gutes Gefühl; das ist für alle immer eine sehr große Schweinerei, im wahrsten Sinne des Wortes. Mal sehen, ob wir das Thema damit ein bisschen händelbarer machen.

Meine Damen und Herren, ich will mich in meiner Rede - Sie werden sich nicht wundern - auf einen einzigen Punkt Ihres Gesetzentwurfs beschränken, nämlich auf § 8 des Kommunalabgabengesetzes. Die Landesregierung schlägt uns nun vor, bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen den Eigenanteil der Gemeinden neu zu regeln. Ziel soll es sein, die Erhebung bürgerfreundlicher zu machen und die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten, wenn die Gemeinde - hört, hört! - aus finanziellen Gründen eine Abschaffung nicht leisten kann. Meine Damen und Herren der Jamaika-Koalition, das ist nichts anderes als das konkludente Eingeständnis, dass die finanzielle Kompensation, die Jamaika den Gemeinden über das FAG versprochen hat, nicht ausreichend ist, dass es nicht geklappt hat.

(Beifall SPD)

(Ole-Christopher Plambeck)

Wenn Sie Ihrer Frau Innenministerin richtig zugehört haben, hat sie das auch gerade zugegeben.

Dabei hatten Sie das doch ganz anders versprochen: Im September 2017 verkündete der Fraktionsvorsitzende der CDU, Tobias Koch - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -:

„Mit der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs bis Ende 2020 werden die Kommunen außerdem finanziell in die Lage versetzt, ihrer Verpflichtung zum Ausbau kommunaler Straßen nachzukommen.“

Auch der Kollege Holowaty erklärte im Oktober 2017 - noch einmal ein Zitat, Frau Präsidentin -:

„Unser Ziel ist es, die Kommunen im Rahmen der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in die Lage zu versetzen, ihrer Verpflichtung zum Ausbau kommunaler Straßen nachzukommen. Uns ist klar, dass die Gemeinden die Kosten dafür aufbringen müssen.“

Anlässlich des Kommunalgipfels im Januar 2018 ließ Herr Koch sogar verlauten - noch einmal ein Zitat, Frau Präsidentin -:

„Im Vorgriff auf die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs versetzen wir die Kommunen umso mehr in die Lage, bereits jetzt auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu verzichten.“

Da haben wir ihn, den kommunalen Finanzausgleich! Der sollte so vieles regeln und so vieles klarmachen für die Kommunen, nicht nur in Sachen Straßenausbaubeiträge. Davon war nicht nur die Kollegin Krämer überzeugt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich bis zur Rede der Innenministerin eben gefragt - ich glaube, nicht nur ich -, warum Sie jetzt im KAG nicht die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für beendet erklären und sie für alle abschaffen. Denn Ihre FAG-Reform ist abgeschlossen, und nach eigener Aussage haben Sie die Ausgaben der Kommunen finanziell ausreichend kompensiert. Also warum jetzt kein Verbot von Straßenausbaubeiträgen?

(Beifall SPD)

Was Sie jetzt machen, die Abschaffung der reinen Erhebungspflicht mit all den kleinen Bonbons, die Sie jetzt verteilen, ohne ausreichenden finanziellen Ausgleich, ist und bleibt eine Mogelpackung und politische Zechprellerei. Das sagen wir in diesem Haus nicht zum ersten Mal.

(Beifall SPD)

Eine echte Wahlmöglichkeit haben nur Kommunen, die ohnehin über eine gute Finanzausstattung verfügen. Finanzschwächere Kommunen waren und sind dazu gezwungen, ihre Einwohnerinnen und Einwohner durch die Straßenausbaubeiträge zu belasten oder anderswo aus dem knappen Haushalt Mittel rauszuschneiden und mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu streiten, was jetzt nicht gebaut wird.

(Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Jamaika, eigentlich hätten Sie jetzt die Gelegenheit, sich ehrlich zu machen und die Debatte darüber zu beenden, ob Sie die Gemeinden wirklich in die Lage versetzt haben, auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten, wie es in Ihrem Koalitionsvertrag steht. Wir sind gern bereit, Ihnen dabei zu helfen, falls es darauf ankommt.

Es ist völlig klar, dass die Abschaffung Konnexität auslöst - weshalb hätten wir in den letzten Jahren sonst immer die entsprechenden Anträge in diesem Haus gestellt? Das sollte Ihnen nicht entgangen sein.

Weil es so schön ist, erinnere ich gern auch noch einmal an die Aussage der Kollegin Krämer in der Debatte zum FAG. Liebe Frau Präsidentin, jetzt zitiere ich Sie:

„Jetzt versetzen wir die Kommunen flächendeckend nicht nur rechtlich, sondern auch finanziell in die Lage, künftig auf die Erhebung der Straßenausbaubeiträge zu verzichten.“

Meine Damen und Herren, Sie wissen ganz genau, dass Ihre Behauptung, dass Sie alle Gemeinden über das FAG in die Lage versetzt haben, keine Beiträge zu nehmen, nicht stimmt. Das haben Ihnen die kommunalen Landesverbände in der Anhörung zum FAG deutlich gesagt; lesen Sie es gern im Protokoll nach!

Da liegt der wahre Grund dafür, dass Sie nicht den zu Beginn der Legislaturperiode großmäulig angekündigten Schritt gehen und die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im KAG untersagen. Bei der Pferdesteuer ging es nicht um so viel, das betraf nur drei Gemeinden. Bei den Straßenausbaubeiträgen geht es offensichtlich nicht.

Wenn Sie das täten - wir haben im Gesetzgebungsverfahren vielleicht noch die Möglichkeit -, würde sich zeigen, dass die Kommunen nicht ausreichend

(Beate Raudies)

Geld erhalten haben. Wenn die Kommunen das fehlende Geld einklagen würden, dann fiele ihr Kartenhaus in sich zusammen.

Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt die Abgeordnete Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf regelt verschiedene Bereiche des kommunalen Abgabenrechts: Er erweitert die Spielräume bei der Gewährung von Gebührenermäßigungen für das Gemeinwohl. Er mindert die Verluste der Kommunen bei Wirtschaftsgütern, die vor Ende der Abschreibungszeiten abgängig sind. Er schafft für die Kommunen die Möglichkeit, eine Kurabgabe entweder von Übernachtungsgästen und/oder von Gästen zu erheben, die beispielsweise als Tagesgäste die Einrichtungen des Ortes nutzen.

Und er schafft weitere Spielräume bei den Straßenausbaubeiträgen. Das ist ja weiterhin ein heiß diskutiertes Thema, zumindest in den Gemeinden, in denen sie noch erhoben werden. Wir haben mit der Jamaika-Koalition den Kommunen freigestellt, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben. Außerdem haben wir den Kommunen über das Finanzausgleichsgesetz viele Millionen Euro zusätzlich für Infrastruktur und Straßenbau zur Verfügung gestellt, die Ministerin hat die Zahlen genannt. Diese Mittel 68 Millionen € - können zusätzlich für Infrastruktur und Straßenbau genutzt werden. Außerdem wurde der Finanzausgleich insgesamt in dieser Wahlperiode noch einmal deutlich aufgestockt.

Auch in der Coronapandemie haben wir die Kommunen durch die Kompensation reduzierter Gewerbesteuereinnahmen effektiv unterstützt. In einigen Kommunen wurden sie sogar überkompensiert.

Wir unterstützen mit Jamaika unsere Kommunen, damit sie ihre wichtigen Aufgaben auch finanzieren können. Das tun wir nicht nur über das FAG. Wir haben Schulbaumittel zur Verfügung gestellt, wir haben Sportanlagen und Schwimmstätten gefördert. Das sind viele Dinge, die wir gemacht haben, viele Millionen sind in die Kommunen gegangen. Das ist gut und richtig. Es ist aber nicht so, dass wir nichts

für die Kommunen gemacht hätten und sie im Stich gelassen hätten.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Die Kommunen haben in einer Vereinbarung zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden aus dem September 2020 unterzeichnet Zitat -:

„Vor dem Hintergrund der Gesamtvereinbarung werden die kommunalen Landesverbände aus Anlass der Aufhebung der Pflicht, Straßenausbaubeiträge zu erheben, keine weiteren finanziellen Forderungen erheben.“

Die Kommunen erkennen also an, dass das Land viel Geld in den kommunalen Topf geworfen hat und dass sich Jamaika um die Kommunen kümmert.

Inzwischen haben mehr als 80 % der Kommunen die Straßenausbaubeiträge abgeschafft. Es gibt also nur noch relativ wenige Kommunen, in denen die Anliegerinnen und Anlieger noch einen Eigenanteil zahlen müssen.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Aber es gibt sie noch. Um diesen Kommunen größere Spielräume bei der Senkung des Eigenanteils der Anliegerinnen und Anlieger zu ermöglichen, schaffen wir die Möglichkeit, die Straßenausbaukosten durch einen Eigenanteil der Kommunen vorzuentlasten. Uns Grünen war es wichtig, dass dieser kommunale Eigenanteil für alle Straßenausbauprojekte in einer Kommune gleich ist. Um das zu gewährleisten, muss der kommunale Eigenanteil in einer Satzung festgeschrieben werden. Das ist neu gegenüber dem ersten Entwurf der Landesregierung. Wir wollen damit Willkür vermeiden. Es kann nicht sein, dass die Kommune bei Straße A die Bausumme um 30 % reduziert und bei Straße B dann nur um 10 %. Da schaffen wir durch das Satzungserfordernis Planungssicherheit für Anliegerinnen und Anlieger sowie Kommunen.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])