Protocol of the Session on April 27, 2022

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(Beifall AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag zu -

(Zuruf SSW)

- Entschuldigung, das ist hier gerade nicht angekommen.

Ich eröffne noch einmal die Aussprache und erteile zu einem weiteren Kurzbeitrag der Abgeordneten Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, den Kurzbeitrag von Schaffer kann man so nicht stehen lassen, denn ich und der Rest des Hauses, die demokratischen Parteien, haben uns keine verfehlte Coronapolitik vorzuwerfen.

(Beifall CDU)

Ganz ehrlich: Wenn jemand für die Kinder in Schleswig-Holstein Verantwortung übernommen hat, dann sind es die demokratischen Parteien hier in diesem Hohen Hause!

(Beifall SSW, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf AfD)

Wer glaubt, wir - ich bin zwar nicht die Ministerin, das ist Frau Prien - hätten es uns leicht gemacht, dem muss ich sagen: Wir als Parlament, auch wir als Abgeordnete mussten immer wieder verteidigen, dass wir Schulen wegen Corona, wegen der Pandemie und der hohen Inzidenzen geschlossen haben. Das fiel uns wirklich nicht leicht. Sie behaupten, wir würden uns an den Steuermillionen bedienen, um irgendetwas zu heilen. Ich finde das unerträglich!

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Aber auch das zeigt, dass die AfD nicht imstande ist, Verantwortung für Menschen zu übernehmen. Neben Populismus, Querdenkerei und noch vielen anderen Dingen hauen Sie einfach Dinge raus, die überhaupt nicht sachgerecht sind und nicht stimmen!

(Dr. Heiner Dunckel)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zuruf Volker Schnurrbusch [AfD])

Corona hat uns jetzt wie unter dem Brennglas gezeigt, welche Lücken im System bestehen, wie viele Kinder - Tobias von der Heide sprach vorhin davon - in Armut leben. Während Corona wurde uns gezeigt, wie schrecklich es ist, wenn man in einer kleinen Wohnung lebt und diese nicht verlassen kann, wenn man kein warmes Mittagessen bekommt, wenn man dort vielleicht noch Gewalt mitbekommt, wenn die Mutter Gewalt ausgesetzt ist, wenn man sich nicht mit anderen Kindern und Jugendlichen austauschen kann. Corona hat uns ganz deutlich gezeigt, dass wir da sehr viel nachbessern müssen.

Wenn wir gemeinsam Verantwortung für diese Kinder übernehmen und das Geld verwenden, um es an der richtigen Stelle einzusetzen, damit den Kindern geholfen wird und keine langfristigen Erkrankungen entstehen, dann stehlen wir kein Steuergeld, sondern übernehmen Verantwortung für unsere Kinder und unsere Zukunft sowie für deren Zukunft im Morgen.

Wer keine Verantwortung für Kinder, für Menschen übernehmen kann, ist die AfD. Das haben Sie Gott sei Dank gerade eben noch einmal gezeigt!

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe jetzt die Beratung.

Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag zu a), Drucksache 19/3706, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Kommen wir zur Abstimmung zu b), Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/3812. Ich schlage vor, über den Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW in der Sache abzustimmen. Wer hier zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Antrag einstimmig angenommen ist.

Kommen wir zur Abstimmung zu c), Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/3817 (neu). Auch hier schlage ich Ihnen vor, in der Sache abzustimmen. Wer hier zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die

Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch dieser Antrag ist somit einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 42 auf:

Tourismusstrategie 2030

Bericht der Landesregierung Drucksache 19/3795

Ich erteile das Wort für die Landesregierung dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vielleicht etwas ungewöhnlich, dass eine Landesregierung mit diesem Bericht quasi am vorletzten Tag der Legislaturperiode eine Strategie vorlegt. Es ist aber folgerichtig, denn die strategische Weiterentwicklung des Tourismusthemas in SchleswigHolstein war schon in der letzten Legislaturperiode angelegt. Es war festgelegt, dass der Tourismus über die letzten Jahre hinweg evaluiert werden sollte. Die Weiterentwicklung der Tourismusstrategie sollte auch berücksichtigen, was in den letzten Jahren pandemiebedingt stattgefunden hat.

Zunächst einmal ist wichtig festzustellen, dass wir mit dieser Tourismusstrategie eine sehr erfolgreiche Zeit feiern können. Wir hatten uns vorgenommen, bis zum Jahr 2025 „30-30-3“ umzusetzen: 30 % mehr Umsatz, 30 Millionen Übernachtungen, Platz 3 bei der Qualität. In Wahrheit sind wir bei den zwei quantitativen Zielen vorn und schon lange weit darüber hinaus. Bei der Qualität sind wir jedenfalls deutlich nach oben gekommen. Wir haben diese quantitativen Ziele mehr als erreicht und überschritten und sind deswegen Opfer unseres eigenen Erfolges geworden.

Es gab aber noch mehr Gründe, warum die Evaluierung größer als geplant aufgezogen werden musste. Wir wollten wichtige Trends und Herausforderungen berücksichtigen. Dazu gehören die Digitalisierung und sicherlich auch Fragen der Tourismusakzeptanz, die sich erst in den letzten Jahren besonders ergeben haben.

Und wir wollten die Lessons Learned aus der Coronazeit berücksichtigen: Was hat sich in den letzten Jahren ergeben? Worauf müssen wir uns zukünftig einstellen? Was gibt es für neue Herausforderungen, zum Beispiel für den Tagestourismus, angesichts der Situation, dass Videokonferenzen seit der Pandemie eine ganz andere Bedeutung zugemessen

(Jette Waldinger-Thiering)

werden? Außerdem wollten wir das Thema Nachhaltigkeit von einem Nice-to-have in der Vergangenheit zu einer echten Leitmaxime weiterentwickeln, basierend auf der Dreigestaltigkeit der Nachhaltigkeit.

Es ist mir besonders wichtig, dies immer wieder zu betonen. Nachhaltigkeit betonen einige gern als rein ökologisches Thema. Nachhaltigkeit ist in der Tat auch ökologische Nachhaltigkeit. Sie ist aber vor allem auch soziale Nachhaltigkeit, was im Tourismusfalle die Beziehungen zu den Gästen, aber auch zur einheimischen Bevölkerung bedeutet.

(Beate Raudies [SPD]: Genau!)

Auch das ist soziale Nachhaltigkeit im Tourismus. Und es betrifft auch ökonomische Nachhaltigkeit, auf die ich immer gerne poche und die man deutsch mit dem Wort Profitabilität übersetzt, ohne die es keine wirtschaftliche Nachhaltigkeit gibt.

Schleswig-Holstein war mit der Tourismusstrategie 2025 Vorreiter und Trendsetter unter den Bundesländern. Wir sehen, dass andere Bundesländer aufgeschlossen haben, wenn es um das Investieren von viel Geld für eine neue Tourismusstrategie geht.

Wir haben uns deshalb viel vorgenommen und einen Steuerungskreis ins Leben gerufen, der etwas überschaubarer und kleiner war und die wesentlichen Akteure des Tourismus trotzdem hinter sich versammelt. Herausgekommen ist etwas, das unter der Vision steht: Wir wollen Schleswig-Holstein zum Vorreiter und Vorbild für nachhaltigen und verantwortungsbewussten Qualitätstourismus machen.

(Beifall FDP und CDU)

Das heißt im Einzelnen: Wir wollen sicherlich auch mehr Quantität, vor allem aber wollen wir mehr Qualität im Tourismus. Wir stärken den Binnenlandtourismus, um die gut besuchten Küstenregionen zu entlasten. Wir brauchen digitale Lösungen, zum Beispiel für die Besucherlenkung in den Hotspots. Wir wollen nachhaltigen Tourismus in allen Bereichen, und wir wollen, dass Schleswig-Holstein-Tourismus weiterhin positiv besetzt ist, also die Zufriedenheit von Gästen, Einheimischen und Beschäftigten gleichermaßen in den Mittelpunkt rücken.

Wir müssen kommunizieren: Durch hochwertige, qualitativ nachhaltige Angebote und Infrastruktur wird der Tourismus maßgeblich zur Lebensqualität unserer Gäste, aber auch zur Qualität der einheimischen Bevölkerung beitragen. Da bin ich bei einem meiner Lieblingsthemen: Die Akzeptanz des Tourismus in den nächsten Jahren ist eine besondere

Herausforderung für uns. Es ist kein Geheimnis, und wir erleben es dieser Tage auch wieder und werden es gegebenenfalls auch übernächsten Sonntag auf einem weiteren Feld haben, dass einheimische Bevölkerung überall da, wo Neues entsteht, gegebenenfalls auch ablehnend regiert.

Sind wir schon an einem Punkt, wo wir tatsächlich Overtourism haben? Ich will es an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich sagen: Natürlich gibt es bei uns einige Tage im Jahr, an denen es besonders voll ist, besonders an den Hotspots. Sie beschränken sich aber in Wahrheit auf wenige Wochenenden in einem Hochsommer, wenn er besonders schön ist. Von Overtourism - jedenfalls im Sprachgebrauch, den man im touristischen Bereich sonst pflegt - sind wir in Schleswig-Holstein weit entfernt. Wir wollen auch weit entfernt bleiben. Deshalb ist Besucherlenkung und eine auch digitale Steuerung von Besucherströmen in der Zukunft so wichtig, um die Akzeptanz bei der einheimischen Bevölkerung deutlich zu erhöhen.

Ich sage ganz deutlich - das habe ich auch Montag beim DEHOGA gesagt -: Es ist nicht Ziel des schleswig-holsteinischen Tourismus, durch Bettenburgen und Betonburgen an den Küsten zu glänzen. Deshalb kommen die Menschen nicht zu uns. Sie kommen, weil sie die Naturlandschaft erleben möchten. Es ist aber auch nicht das Ziel der touristischen Aktivitäten, dass jede einzelne Modernisierungsmaßnahme mit der Schaffung neuer Beherbergungskapazitäten Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein muss. Das würde dazu führen, dass wir uns nicht weiterentwickeln können, auch qualitativ nicht. Das kann nicht Sinn der Veranstaltung sein.

(Beifall FDP und CDU)

Nicht nur die Themen Tourismusakzeptanz und Nachhaltigkeit werden uns zukünftig beschäftigen, sondern eines der größten Themen im Tourismus in den nächsten Jahren wird das Thema Fachkräftemangel sein. Wir sehen dies jetzt und werden es für diese Saison als schwierige Herausforderung erleben. An vielen Orten erleben wir schon, dass Montag, Dienstag und Mittwoch Ruhetage sind. Es ist sicherlich auch für die Servicequalität und die Wahrnehmung unseres Qualitätsniveaus eine schwierige Aussage, wenn die Fachkräfte fehlen, die gegebenenfalls für einen gastronomischen Betrieb oder einen Beherbergungsbetrieb erforderlich sind, um ihn die ganze Woche über 24 Stunden und sieben Tage geöffnet zu halten.

Wir werden die Branche als Politik gemeinsam dabei unterstützen müssen, zu neuen Fachkräften zu

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

kommen und das Bild der Fachkräfte gerade im Gastronomie- und Beherbergungsbereich positiv aufzuladen. Ich glaube, dass uns das gut gelingen kann, denn wir merken an vielen positiven Beispielen, dass junge Menschen sehr wohl sehen, dass im Service, in der Hotellerie oder Gastronomie zu arbeiten eine ganz tolle Sache sein kann, weil man mit Menschen arbeitet und eine Vielzahl unterschiedlicher Destinationen vor sich hat und weil man durch die Welt unterwegs sein kann, um sie kennenzulernen, wie es kaum in anderer Art und Weise geht.

Vielleicht müssten wir den Auszubildenden auch Chancen bieten, die Welt schon während ihrer Ausbildung kennenlernen zu dürfen, also auch Auslandsthemen berücksichtigen. Ich glaube aber, es ist wichtig, und es wird uns gelingen, in diesen Bereichen junges, tatkräftiges Nachwuchspersonal zu finden. Das ist jedenfalls eine der zentralen Herausforderungen.