Nach Mitteilung der Fraktionen und Regierung sind die Abgeordneten Klaus Schlie, Tim Brockmann, Birgit Herdejürgen, Anita Klahn und der Ministerpräsident Daniel Günther erkrankt. Wir wünschen gute Besserung.
Wegen auswärtiger Verpflichtungen sind heute die Ministerin Dr. Sütterlin-Waack vormittags sowie die Ministerin Heinold vormittags ab 12:30 Uhr abwesend.
Die Abgeordnete Ostmeier sowie die Abgeordneten Kalinka, Voß und Dirschauer haben nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung verhindert sind. Die Abgeordnete Eickhoff-Weber hat nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Vormittagssitzung verhindert ist. Der Abgeordnete Vogt hat nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages mitgeteilt, dass er an der Teilnahme der heutigen Nachmittagssitzung verhindert ist.
Ich eröffne die Aussprache, und das Wort für die SPD-Fraktion hat die Oppositionsführerin Serpil Midyatli.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Energie, Lebensmittel, Mieten viele Preise gehen in diesen Wochen durch die Decke. Das trifft vor allem diejenigen, die durch ihr Gehalt wenig Puffer haben. Der beste Schutz vor Armut sind vernünftige Löhne, und vernünftige Löhne gibt es nur mit guten Tarifverträgen.
Leider geht die Tarifbindung in Deutschland zurück. Weniger, wohlgemerkt weniger, als die Hälfte der Beschäftigten profitieren heute noch von einem Tarifvertrag. Das ist erschreckend. Aber das Problem ist nicht vom Himmel gefallen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sondern auch Folge politischer Entscheidungen.
Jamaika hat das Tariftreue- und Vergabegesetz abgeschafft. Seitdem ist es in Schleswig-Holstein egal, ob Unternehmen, die aus Steuergeld Aufträge erhalten, auf Tarifverträge setzen oder auch nicht. Sie nennen das Entbürokratisierung, wir nennen das Entsolidarisierung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Buchholz, wir haben in den letzten beiden Jahren mit den Coronahilfen gezeigt, wie handlungsfähig und schnell unser Land sein kann. Niemand kann mir erzählen, dass es keine unbürokratische und gut umsetzbare Lösung für ein neues Tariftreue- und Vergabegesetz gibt. Das wären nämlich ein Armutszeugnis und eine Bankrotterklärung für die eigenen Fähigkeiten des Ministeriums.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns über Zahlen sprechen. Seit 2019 gilt bei Aufträgen des Landes nur noch der vergaberechtliche Mindestlohn. Das sind 9,99 €. Ziemlich wenig, wie wir finden. Unsere Forderung ist daher klar: Das Minimum der Bezahlung muss sich an der untersten Tarifgruppe im Landes-Tarifvertrag orientieren. Das wären rund 13,75 €. Das macht einen Unterschied gerade in diesen Zeiten, in denen die Kosten für die Menschen steigen, steigen und steigen.
im Interesse der Beschäftigten. Gute Unternehmen zahlen nämlich bereits heute schon gute Löhne und ärgern sich maßlos über die schwarzen Schafe. Das sage ich Ihnen auch als ehemalige Unternehmerin.
Schleswig-Holstein braucht ein Fairer-Lohn-Gesetz. Öffentliche Aufträge bekommt von uns nur noch derjenige, der auch fair bezahlt.
Kommen wir nun zu dem nächsten Antrag, den wir eingebracht haben, und zwar geht es hier um den Fachkräftemangel und den Fachkräftebedarf. Denn gute Löhne sind wichtig und bleiben wichtig. Aber wir wissen, dass uns in den kommenden Jahren hier rede ich vom Jahr 2030 - ein weiteres Thema noch weit mehr beschäftigen wird als jetzt: Schleswig-Holstein braucht ein Modernisierungsjahrzehnt im Wohnungsbau, bei der Gebäudesanierung, bei der E-Mobilität, der Klimatechnik, dem Anlagenbau und natürlich bei den erneuerbaren Energien. Das alles gelingt nur mit gut ausgebildeten Fachkräften. Runtergebrochen: Der Klimaschutz wird vom Handwerk gemacht.
Darum braucht es Rückenwind für die duale Ausbildung. Hier, in der gebotenen Kürze der Zeit, einmal drei Schlagworte: Wir wollen endlich die gelebte Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Wir müssen in den Schulen mindestens genauso viel über die Chancen im Handwerk reden wie über das Studium.
Wir müssen das SHIBB ausbauen und stärken. Die Idee ist nach wie vor richtig. Es könnte ein Leuchtturm für die berufliche Bildung sein, momentan ist es leider nur eine Taschenlampe. Meine Zusage ist: Mit uns ist das SHIBB wieder mehr als nur Verhandlungsmasse für einen Koalitionsvertrag. Da geht mehr.
Wir wollen ein Ausbildungswerk, das Azubis denselben Rückenwind gibt wie den Studierenden durch das Studentenwerk, zum Beispiel durch Azubi-Wohnungen, aber auch durch ein Azubi-Ticket, das analog zum Semesterticket gilt.
Werte Kolleginnen und Kollegen, gute Arbeit, gute Ausbildung, berufliche Bildung. - All das hatte in den letzten fünf Jahren in Schleswig-Holstein eine denkbar schlechte Lobby. Das werden wir ändern. Besser ist das!
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Meine politische Karriere begann in diesem Landtag mit einer Rede in einer Aktuellen Stunde zum Thema „Vergabemindestlohn wird abgeschafft“. Da war Ihr Vorgänger Ralf Stegner hier und beschwerte sich über eine Aussage des Verkehrs- und Wirtschaftsministers Bernd Buchholz, die er in Berlin gemacht hatte. Da war er noch keine 100 Tage im Amt. Die Rede enthielt fast genauso viel faktenfreien Spaß wie Ihre gerade.
Was wir heute haben, ist eine reine Wahlkampfshow. Sie wollen hier noch einmal das Thema in den Mittelpunkt rücken. Wenn es Ihnen ernsthaft um das Thema gute Löhne gehen würde,
Jetzt bringen Sie einen schlanken Antrag ein, in dem Sie mehr oder weniger alte Kamellen aufwärmen. Wie so oft geht die Wahlkampfshow der SPD aber in diesen Tagen nach hinten los. Keinen Gesetzentwurf eingebracht, obwohl - wie Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher im Offenen Kanal mitteilte - das alte Tariftreue- und Vergaberecht eins zu eins genau so wieder eingeführt werden sollte wie es existierte, obwohl es nicht funktioniert hat.
Sie wollen einen Lohnwahlkampf kopieren, der in der Bundestagswahl mit dem Mindestlohn ganz gut funktioniert hat, verkennen dabei aber, dass der Mindestlohn ja jetzt erheblich erhöht wurde und deswegen dieses Thema gar nicht mehr in der Tiefe greift. Und dann machen Sie einen gewaltigen Fehler, den Sie auch in Ihrer Rede gemacht haben.