selbst bei mir auf dem platten Land, in Nordfriesland, gibt es kaum Wohnungen, und es gibt in der Tat auch Wohnungsspekulation. Die Kommunen müssen dann tatenlos zusehen. Sie hätten gern etwas in der Hand, und das wollen wir immer noch ändern. Deshalb unser Wohnraumschutzgesetz.
Das ist für uns das Ziel, und das ist auch das Ziel der Volksinitiative im tieferen Sinn. Allerdings: Dem Rechtsanspruch auf angemessenen Wohnraum einfach mal so einen Verfassungsrang einzuräumen, ist nur ein Sieg auf dem Papier. Er simuliert eine Kehrwende, schafft aber keine einzige neue Wohnung.
Ich habe bereits im letzten Jahr auf die besondere Situation der Wohnungslosen hingewiesen. Sie sind meist aus einer Wohnung geflogen. Gerade bei vielen jungen Menschen wurde die Wohnung aber nicht geräumt, sondern sie haben sich einfach von ihrem Partner getrennt. Sie leben in Scheidung und haben dann keine Wohnung, weil sie diesen Anspruch nicht mehr haben. Sie können dann auch nicht in eine andere Wohnung einziehen, weil immer gesagt wird: Wenn du eine Wohnung hast, dann kannst du danach auch eine neue Wohnung beziehen. Hast du keine, traue ich dir keine fünf Meter über den Weg.
Das ist das Problem. Es betrifft inzwischen nicht nur arme Menschen, sondern es betrifft inzwischen auch ganz normale gut situierte Leute. Das konnten wir auch jetzt wieder bei dem Grillfest sehen. Ich war leider krankheitsbedingt verhindert, aber auch bei dem vorangegangenen Zusammensein mit den Wohnungslosen konnte man das sehen. Das waren nicht nur arme Leute, sondern das waren ganz normale Leute, die einfach keine Chance mehr auf dem Wohnungsmarkt haben. Das ist ein Riesenproblem, und das löst man nicht durch Verfassungsbestimmungen, sondern das löst man insbesondere durch den politischen Willen, hier etwas zu ändern. Wir haben ihn gehabt mit unserem Wohnraumschutzgesetz, und wir hätten uns gefreut, wenn andere uns gefolgt wären, meine Damen und Herren.
Ich bleibe deshalb davon überzeugt, dass konkrete Schritte wichtiger sind als eine Verfassungsbestimmung und dass wir uns darum in den folgenden Wochen auf konkrete Maßnahmen einigen sollten. Natürlich sind wir offen. Wenn eine Volksinitiative kommt, dann kommt sie immerhin vom Volk. Wer hat davor nicht Respekt? Wir als SSW auf jeden Fall, und wir werden das natürlich ernsthaft beraten. Wir wissen genau, dass all das, was da reinge
schrieben wird, natürlich keine Individualrechte auslöst, aber es setzt möglicherweise dahin gehend ein Zeichen, dass wir mehr tun wollen, als bisher geschehen ist. In den letzten zwei Jahren ist zumindest in dem Bereich nicht so fürchterlich viel geschehen. Wenn eine neue Verfassungsbestimmung wenigstens ein Signal aussenden würde, dann wäre möglicherweise schon vielen Menschen geholfen, sodass wir uns langsam an die Gesetzgebungsarbeit machen können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Harms. - Bevor ich dem Minister das Wort erteile, möchte ich noch einmal die Gäste von der Volks- und Raiffeisenbank Itzehoe begrüßen. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Wir kommen nun zur Landesregierung. Ich erteile das Wort dem Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits mehrmals über das Thema bezahlbares Wohnen gesprochen. Natürlich bewegt es jeden von uns, auch persönlich; darin sind wir uns sicherlich alle einig. Denn wer braucht keine Wohnung in Deutschland? Die knapp 40.000 Unterschriften, die der Mieterbund und die Sozialverbände gesammelt haben, beweisen dies zusätzlich.
Ich werte dies als Zeichen dafür, dass unsere Politik - das zeigt auch die Diskussion hier im Haus - sehr genau beobachtet und wahrgenommen wird. Wir Politikerinnen und Politiker, insbesondere die Mitglieder der Regierung, müssen die Folgen unseres Tuns aber sehr genau prüfen. Wir müssen abwägen: Was ist medial hilfreich, und was ist rechtlich möglich? Das sollten wir sehr wohl überdenken.
Ich finde die Debatte gut. Sie stärkt sicherlich unsere Zivilgesellschaft. Dennoch können wir als Landesregierung es uns nicht so einfach machen und die Aufnahme eines Rechts auf Wohnen in die Landesverfassung einfach nur durchwinken. In der Sache ist die Botschaft doch längst angekommen: Den sozialen Wohnungsbau insgesamt voranbringen!
Fördern! Gute Bedingungen für das Bauen schaffen! Die Kosten im Blick behalten! Das tun wir, und zwar unabhängig davon, ob das ein Staatsziel in unserer Verfassung ist oder eben nicht.
Ich möchte Ihnen kurz in Erinnerung rufen, was bereits passiert ist: Wir stellen über vier Jahre hinweg 788 Millionen € an Darlehen und Zuschüssen bereit, um den Wohnungsbau im preisgünstigen Segment insgesamt anzukurbeln. Derzeit sind immens viele Förderberatungen in der Pipeline. Das zeigt: Das Programm, das wir aufgelegt haben, ist erfolgreich.
Wir bemühen uns gleichzeitig um den geförderten Erwerb von Wohnungen und darum, die Zweckbindung vorhandener Wohnungen zu verlängern; denn die Kapazitäten für Neubauten sind bekanntlich endlich.
Wir beeinflussen das Geschehen auch auf andere Weise: Wir hinterfragen die Höhe der Baukosten Herr Lehnert hat es vorhin vorgetragen -, nachdem wir sie gutachterlich durchleuchten ließen. Die Landesbauordnung wird gelockert, damit es gerade in Ballungsräumen noch leichter ist, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Wir bereiten eine Qualitätsoffensive im Wohnungsbau vor, die in Kooperation mit den Kommunen auf eine verdichtete und zugleich ansprechende Bebauung abzielt.
Und: Das Wohngeld wird - auch mit Unterstützung des Landes Schleswig-Holstein - erhöht, voraussichtlich bereits zum 1. Januar nächsten Jahres.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Wir gehen wirklich sämtliche Wege, die zu mehr Wohnraum führen. Anders als die Aufnahme eines solchen sozialen Grundrechts in die Landesverfassung sind das konkrete Ansätze für konkretes Handeln. Es bringt den Menschen nichts, wenn das Recht auf Wohnraum nur in der Verfassung steht. Das Recht auf Wohnen ist beispielsweise in der Bayerischen Verfassung verankert; vorhin haben wir es gehört. Aber in München nützt dieses Recht niemandem etwas.
Ich möchte als Verfassungsminister vor allem auf Folgendes hinweisen: In der Verfassung stehen Staatszielbestimmungen, also Programmsätze des Staates. Das sind aber keine einklagbaren Ansprüche eines Einzelnen. Dies muss auch so sein; denn die Festlegung der entscheidenden Rahmenbedingungen des Wohnens, zum Beispiel das Mietrecht oder die Sozialleistungsgesetze einschließlich Wohngeld, liegt nicht in der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Hierin liegt das zentrale Problem, meine Damen und Herren: Die Ansprüche aus der
Landesverfassung wären unerfüllbare Scheinansprüche. Das wäre für die Betroffenen letztlich enttäuschend und für das Ansehen unserer Verfassung mehr als schädlich.
Aus meiner Sicht hilft weiterhin nur eines: das, was wir auf den Weg gebracht haben, um den Markt zu entspannen, und zwar in allen Segmenten, im Neubau, im geförderten Wohnungsbau und beim Eigentumserwerb. Das gelingt bekanntermaßen nur durch Bauen, Bauen und nochmals Bauen. - Ich danke Ihnen.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung zu Punkt b), Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses, Drucksache 19/1523. Ich lasse über die Beschlussempfehlung des Innenund Rechtsausschusses Drucksache 19/1523 abstimmen. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen. Die Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum ist damit zulässig.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu Punkt a), Gesetzentwurf der Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum, Drucksache 19/1521. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf, Drucksache 19/1521, federführend dem Innen- und Rechtsausschuss sowie mitberatend dem Sozialausschuss und dem Petitionsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Dann ist einstimmig so beschlossen. Der Gesetzentwurf ist überwiesen.