Lars Harms

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manchmal geht es wirklich schneller, als man denkt. Ich kann mich noch erinnern - es ist auch erst zwei Tage her -, da habe ich hier gestanden und gesagt: nicht jede Sau sofort wieder durchs Dorf treiben. Wir sollten vielleicht einmal an Beschlüssen festhalten, die wir für fünf, sechs oder sieben oder acht Tagen getroffen haben. - Heute zwei Tage später - stehen wir hier, weil wir merken, dass so langsam, aber sicher eine Katastrophe auf uns zukommt. Da müssen wir eben die Hacken zusammenschlagen und schauen, wie wir das irgendwie hinbekommen können.
Ich finde es - das sei gleich im Vorwege gesagt sehr gut, dass wir es wieder hinbekommen haben, miteinander zu kommunizieren und die Maßnahmen auch miteinander abzustimmen. Dafür auch herzlichen Dank an alle, die hier in irgendeiner Art und Weise an diesen Sachen beteiligt waren.
Meine Damen und Herren, ich habe den Einstieg so gewählt, weil ich vermute, dass es sein könnte, dass es hier Menschen gibt, die diese Pandemie mit einer normalen Grippe vergleichen werden. Zumindest bekomme ich solche Mails. Ich bin dann immer wieder erstaunt. Was mich immer wundert, ist, dass manchmal durchaus normale Menschen dahinterstehen. Da frage ich mich: Verdammt, wie kann das angehen? Wenn du einigermaßen klar denkend bist, müsstest du doch eigentlich wissen, was das bedeutet.
Deswegen möchte ich einen kleinen Vergleich ziehen: Bei der Grippe wird immer gesagt, es seien im Schnitt 15.000 Menschen, die in irgendeiner Art und Weise in Verbindung mit einer normalen Grippewelle ums Leben kommen. In den Höchstzeiten
waren es mal 25.000, wobei man sagen muss, dass man es gar nicht weiß, weil es Schätzungen sind. Wenn man genau schaut und zum Beispiel für das letzte Jahr nachvollzieht, wie viele laborbestätigte Todesfälle es in Zusammenhang mit einer Grippe gegeben hat, dann reden wir beim letzten Jahr von 1.674 Menschen. Davon ist natürlich jeder zu viel, aber man kann schon erahnen, was das im Vergleich zu dem bedeutet, was wir jetzt gerade mit der Pandemie haben.
Die Zahlen von heute - bestätigt, ohne irgendwelche Dunkelziffern, die man hochrechnet -: 21.064 Menschen, eine Steigerung innerhalb eines Tages um 604 Personen, das ist die Situation, in der wir jetzt leben müssen. Da kann mir keiner sagen, dass es eine normale Grippe sei. Da haben wir eine gottverdammte Verantwortung, eben auch dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlen so niedrig wie möglich bleiben. Dass die Zahlen so sind, wie sie sind - sie sind viel zu hoch -, steht vor dem Hintergrund, dass wir schon die ganzen vielen harten Maßnahmen gemacht haben. Was wäre eigentlich passiert, wenn wir die nicht gemacht hätten? Mir soll keiner mehr ernsthaft kommen und sagen, das sei irgendwie eine Grippe. Das ist etwas Schlimmeres, und wir alle müssen dabei zusammenstehen.
Wir werden jetzt die Ministerpräsidentenkonferenz haben. Ich bin dem Ministerpräsidenten dankbar, dass er die Haltung der Landesregierung dazu kundgetan hat, die wir voll und ganz unterstützen können. Aber es ist eben eine Haltung der Landesregierung, und wir wissen ja noch nicht, auf was sich die Ministerpräsidenten einigen. Da gibt es durchaus den einen oder anderen schrägen Vogel unter den Menschen, die dort tätig sind,
die durchaus für andere verkünden, was alles zu machen sei, aber selbst meist nichts tun und manchmal auch den Überblick verlieren. Da muss ich sagen: Unser Ministerpräsident ist da glücklicherweise anders.
Trotzdem möchte ich eben noch einmal deutlich machen, wie die Haltung des SSW zu diesen vielen Themen ist, die es da gibt. Ich möchte vielleicht eines vorausschicken: Inzwischen habe ich vor dem Hintergrund der Pandemie keine Schmerzen mehr damit, dass wir möglicherweise auch stark von anderen Bundesländern abweichende Regelungen
treffen, wenn sie denn die Menschen hier vor Ort schützen. Das tun sie.
Von mir aus haben Sie die Genehmigung, auch Maßnahmen durchzusetzen, die zu denen möglicherweise keine Mehrheit oder keine Einigkeit in der Ministerpräsidentenkonferenz erzielt werden kann - vielleicht mit einer Ausnahme, die der Kollege Vogt gerade angesprochen hat: Auch ich bin froh, dass wir hier keine pauschal ausgesprochene Ausgangsbeschränkung verhängen. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Das ist emotional wichtig für die Menschen. Aber es ist natürlich auch wirklich die stärkste Einschränkung eines Grundrechts, die man sich denken kann, dass die Leute in irgendeiner Art und Weise an einen Ort fixiert werden müssen. Das wollen wir alle nicht.
Wenn es hohe Inzidenzzahlen gibt, wie wir sie aus anderen Bundesländer kennen, dann muss natürlich auch so etwas gemacht werden. Dann muss es Sperrstunden geben, dann muss es auch Ausgangsbeschränkungen geben. Derzeit ist das aber in Schleswig-Holstein nicht notwendig. Deshalb sollte das auch nicht allgemein auf Bundesebene festgelegt werden.
Über das, was den Einzelhandel und die Geschäftswelt angeht, dass wir die hoffentlich ab der kommenden Woche schließen und dass das bis zum 10. Januar 2021 - mindestens - passiert, braucht wohl kein Mensch mehr zu diskutieren. Das ist dringend notwendig.
Ich komme zur 5+2-Regel. Die ist ja jetzt neu. Da kommen wir jetzt von der Zehnerregelung - so möchte ich es einmal nennen - hin. Ich glaube, das ist richtig so. Es ist gut, dass man sich immer noch mit Menschen treffen kann. Das bleibt erhalten. Es ist auch gut, dass man eine Ausnahme für die Familie macht, sodass man sich vielleicht zum Weihnachtsfest oder zu den Festtagen mit zehn Menschen treffen kann. Das ist auch wichtig.
Ich möchte noch eins dazu sagen: Für uns als SSW reden wir bei Familie nicht nur von verheirateten Menschen mit Kindern, sondern wir reden auch von unverheirateten Partnerschaften, von Patchworkfamilien. Manchmal ist das etwas kompliziert, aber wenn wir es so festlegen, dass sich Familien treffen können sollen, dann sollten auch alle Formen von Familien diese Chance haben. Das darf man nicht zu eng sehen.
Ein nächster Punkt ist der Bereich der Schule. Da müssen wir uns jetzt auch selbst korrigieren. Wir haben immer gesagt, Präsenzunterricht sei das Wichtigste, weil wir immer an die Kinder und Jugendlichen denken müssen, die aus schwierigeren, aus beengten Verhältnissen kommen. Deshalb haben wir immer gesagt, eine ordentliche Struktur in der Schule ist da immer noch besser als das Risiko der Pandemie. Wir merken jetzt aber, dass wir durch die Pandemie dazu gezwungen werden, unsere Haltung zu ändern.
Ich finde es richtig, dass die Schülerinnen und Schüler ab Klasse 8 zu Hause beschult werden können und sollten. Es ist auch richtig, dass die Möglichkeit besteht, Kinder durch die Eltern vom Schulunterricht abmelden zu lassen.
Wir würden gern einen Hinweis geben, der über den 10. Januar 2021 hinausgeht. Ich möchte den Jugendlichen nichts unterstellen, aber wenn die nur halb so gestrickt sind wie ich damals, dann könnte es passieren, dass sie trotzdem Silvester feiern. Vor dem Hintergrund, dass wir wissen, wie eine Pandemie verläuft, wir also 14 Tage benötigen, um die Sicherheit zu haben, dass Menschen nicht mehr andere Menschen anstecken können, könnte es unserer Auffassung nach klug sein, auch noch die erste Woche nach den Ferien für diese Klientel, ab 8. Klasse und in den Berufsschulen, Online-Unterricht vorzusehen, sodass sie nicht in die Schule kommen. Ich glaube, das wäre klug. Vielleicht könnte man innerhalb der Landesregierung diskutieren, ob das nicht ein kluger Weg wäre.
Ein letzter Punkt ist die Frage: Was passiert nach dem 10. Januar 2021? Wir müssen genau auf die Zahlen achten, oder - besser gesagt - wir können da nichts ausschließen. Denn - der Ministerpräsident hat es ja gesagt - wenn es weiter so läuft und wir, selbst wenn die Zahlen ein kleines bisschen sinken, das Gefühl haben, dass es noch nicht überstanden ist, dass noch keine Lockerungen möglich sind, würde das bedeuten, dass wir Teile der Wirtschaft weiterhin dauerhaft nicht am Wirtschaftsleben teilhaben lassen.
Das führt automatisch zu der Frage: Wer zahlt es dann? Bisher haben wir die Gewissheit, bis zum 31. Dezember 2020 wird durch den Bund gezahlt. Unsere Auffassung ist: Da wir wissen, dass wir aus dem Landeshaushalt nicht riesige Summen, die nicht im Entferntesten diese Schäden abdecken könnten, herausschneiden können, muss gegenüber dem Bund ganz klar kommuniziert werden: Wenn wir für die Zeit nach dem 10. Januar 2021 feststellen, wir müssen einen weiteren Lockdown machen,
stellt der Bund die entsprechenden Mittel bereit, damit den Unternehmen und den Beschäftigten entsprechend geholfen werden kann.
So viel zu unseren Wünschen für die Ministerpräsidentenkonferenz.
Ich glaube, auch das kann man sagen, dass wir das in der Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und den demokratischen Parteien bislang sehr gut hinbekommen haben - wieder und zum Glück. Ich finde es klasse, dass die Kommunikation hervorragend läuft.
Ich finde aber auch - darauf kann man auch ein kleines bisschen stolz sein, auch wenn manche sagen, man könne Norden und Süden nicht immer miteinander vergleichen -, dass die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner schon klasse sind. Die meisten sind nämlich sehr besonnen. Ich kenne das auch aus meinem eigenen Umfeld und weiß, dass sich viele darüber Gedanken machen: Wo kann ich noch hingehen, was kann ich noch machen, welche Regel besteht gerade, was muss ich da für mein eigenes privates Leben bedenken? - Das machen die Leute verdammt gut, und ich bin den Leuten sehr dankbar dafür, dass das so gut geklappt hat.
In dem Sinne hoffe ich, dass das weiter so bleibt. Ich hoffe, dass Sie alle, die hier im Hohen Haus sitzen, weiter gesund bleiben. Wir haben vor der Landtagstagung eine ereignisreiche Zeit gehabt, und die ereignisreiche Zeit wünsche ich weiterhin, vor allen Dingen aber wünsche ich allen SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern gute Gesundheit und dass wir gut durch die Zeit kommen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Finanziell sind unsere Tierheime nicht gerade auf Rosen gebettet, und das ist auch bekannt. Aus diesem Grund haben wir als SSW bereits bei den Haushaltsberatungen für 2019 eine Erhöhung der Zuschüsse für Tierheime gefordert - für den Betrieb sowie für investive Maßnahmen. Mit Erfolg, denn seitdem bekommen unsere Tierheime für diese Maßnahmen mehr Landesmittel als früher zur Verfügung gestellt. Damit haben sie Planungssicherheit gewonnen, was schon einmal gut ist. Nichtsdestotrotz wissen wir, dass die Tierheime immer noch mit erheblichen Finanzierungsproblemen zu kämpfen haben und sie den Löwenanteil immer
noch aus Fördermitteln und insbesondere Spenden generieren müssen. Das ist eine Erkenntnis, die wir aus der Anhörung mitgenommen haben. Zudem stehen die Tierheime, gerade in diesem Jahr - wie viele andere auch - coronabedingt vor dem Problem, dass sie kaum Spenden sammeln können, weil sie vor Ort keine entsprechenden Aktionen durchführen können oder dürfen. Damit fallen für sie wichtige und erhebliche Einnahmen weg.
Das Land hat bereits im Frühjahr auf die Lage reagiert und eine Förderrichtlinie geändert - zur Überbrückung von Engpässen. Das soll heißen: Tierheime, die aufgrund der aktuellen Lage in Not geraten, können so Fördermittel für Futter, Streu oder tierärztliche Behandlungen beantragen. Damit können sie zumindest vorläufig die Situation retten. Ohne Frage ist das für die Tierheime eine gute Hilfe.
Es macht aber auch deutlich, wie verwundbar die finanzielle Situation der Tierheime ist. Auch das ist eine Erkenntnis, die wir zuletzt aus der Anhörung mitgenommen haben. Das Problem ist struktureller Natur. Die Kommunen als zuständige Fundbehörde sind für die Verwahrung von Fundsachen verpflichtet. Nach § 90 a BGB sind Tiere keine Sachen, aber sie sind rechtlich wie Sachen zu behandeln. Nach dem Tierschutzgesetz sind Fundtiere ordnungsgemäß zu versorgen, unterzubringen und zu betreuen.
Damit sind die Kommunen in der Pflicht. Diese Aufgaben haben die Kommunen im vertraglichen Rahmen dann an die Tierheime weitergegeben und entsprechende Vereinbarungen mit den privaten Trägern der Tierheime geschlossen. In der Richtlinie zur Verwahrung von Fundtieren von 1994 gibt es eine Vierwochenpflicht für die ordnungsgemäße Betreuung von Fundtieren. Danach wird das Tier dem Tierheim überlassen. Wie wir wissen, ist die Richtlinie seit Ende 2013 außer Kraft, aber es wurde immer noch alles so gehandhabt.
Mittlerweile ist deutlich geworden, dass das bisherige System für die Tierheime und deren Träger finanziell nicht mehr tragbar ist. Aus der Anhörung wurde vonseiten der Tierheime beziehungsweise deren Träger der klare Wunsch nach einer neuen Richtlinie geäußert, die insbesondere einen längeren Zeitraum als 28 Tage vorsieht. Um es deutlich zu sagen: Der SSW kann einer solchen Forderung durchaus folgen. Mit dem vorliegenden Antrag unterstützen wir das auch gemeinsam mit der SPD.
Die maximale Aufbewahrungsfrist für Fundsachen beträgt sechs Monate. In unserem Antrag verzichten wir auf die Nennung einer Frist zur Aufbewahrung, wir lassen hier den betroffenen Experten
Spielraum, um im Rahmen von Verhandlungen eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten. Aber klar sollte sein: Rechtlich gesehen sind die Kommunen verpflichtet, die Tiere bis zu sechs Monate unterzubringen.
Wenn wir es jetzt also ein bisschen zulassen und sagen, wir seien gerne bereit zu verhandeln, dann müssen sich die Kommunen auch ein bisschen bewegen.
Es kann nicht angehen, dass die dann sagen, sie machten es 35 Tage, sondern dann muss das schon sehr lange sein, damit die Tierheime wirklich ordentlich entlastet werden.
Wenn ich mir die gesamten politischen Initiativen und Verläufe seit 2018 im Parlament bezüglich der Tierheime anschaue, bin ich durchaus zuversichtlich, dass wir hier mit dem Antrag eine gute Grundlage geschaffen haben. Wir erhoffen uns natürlich, dass es relativ schnell geht, denn wir brauchen eine schnelle Regelung. Wir dürfen nicht zu lange warten, es darf sich nicht zu lange hinziehen.
Im Zweifel: Der Bund hat uns Vorgaben gemacht, wir haben eine rechtliche Grundlage, und wir haben eine rechtliche Situation. Wenn die Kommunen nicht mitspielen, sollten wir auch einmal hart durchgreifen und den Tierheimen und vor allen Dingen den Tieren helfen. Um die geht es nämlich eigentlich. Deswegen brauchen wir diese Richtlinie schnell. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Coronavirus macht auch vor den Justizvollzuganstalten keinen Halt, auch nicht vor den Gerichten. Schon seit einem Dreivierteljahr herrscht dort, wie überall anders, die sogenannte Coronalage. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass der Justizminister dem Parlament eine Gesamtdarstellung vorträgt.
Der Bericht des Ministers hat zumindest mir noch einmal deutlich gemacht, dass die Coronakrise im
Grunde genommen nur die Spitze des Eisbergs ist. So sehe ich es jedenfalls. Leider ist es so, dass wir schon lange Kummer mit dem Personal in den JVAs und den Gerichten haben - nicht, weil sie keine gute Arbeit leisten, im Gegenteil, sondern weil es einfach nicht genug Personal gibt.
Hinzu kommt nicht nur eine hohe Arbeitsbelastung für das örtliche Personal, sondern bisweilen auch ein hoher Krankenstand. Es ist kein einfaches Arbeitsumfeld, und die arbeitsbedingten Herausforderungen sind groß. Hier müssen wir als Landespolitik dringend Abhilfe schaffen.
Wir als SSW haben in den vergangenen Jahren genau das in unseren Haushaltsanträgen deutlich gemacht. Wir haben daher schon viele Jahre immer wieder beantragt, dass die Stellen im Justizbereich, die künftig wegfallen sollen, in bleibende Stellen umgewandelt werden. Dieses Ansinnen werden wir abermals in unseren Änderungsanträgen zum Landeshaushalt darstellen. Hier gilt es, das bestehende Potenzial zu nutzen. Wir müssen gerade in diesem Bereich vom Gedanken des Personaleinsparens wegkommen. Vor diesem Hintergrund war es richtig, dass die ehemalige Landesregierung eine Personalbedarfsanalyse für die Justizvollzugsanstalten erarbeitet hat. Das schafft endlich Klarheit.
Was auch klar ist, ist, dass die Rechtsprechung auch in den nächsten Jahren nicht einfacher werden wird. Auch das Thema Corona wird die Gerichte spürbar beschäftigen. Selten hat ein Thema - besser gesagt: eine Lebenssituation - die Gesellschaft als Ganzes so klar betroffen gemacht. Noch nie war die Dichte der Änderungen von Verordnungen so hoch wie in den letzten Monaten. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, eine funktionsfähige Justiz zu haben. Das haben wir nicht erst beim Thema Beherbergungsverbot gemerkt.
Es braucht hier daher qualifiziertes Personal, um dieser komplexen Rechtsprechung gerecht werden zu können. Was mir an dieser Stelle noch wichtig zu betonen ist, ist, dass es eben nicht ausschließlich um Richterstellen geht, sondern eben auch um den nachgeordneten Bereich wie etwa der Rechtspfleger. Auch diesen Bereich sollten wir im Blick haben. Hier gilt es nicht nur, die Richter zu entlasten, sondern es geht eben auch darum, die Attraktivität beispielsweise des Berufs des Rechtspflegers zu steigern. Dazu haben wir als SSW bereits Initiativen auf den Weg gebracht. Die entsprechende Debatte hat also begonnen.
Zusammen mit der Jamaika-Koalition haben wir im Ausschuss eine Stärkung des Berufsstands der
Rechtspfleger durch zusätzliche Aufgabenübertragungen beschlossen. Ab 2021 können diese also auch Dinge, die das Handelsregister betreffen, bearbeiten. Auch dies könnte unserer Auffassung nach zu einer Beschleunigung der Verfahren beitragen, zumindest für diesen Teilbereich. Eine Beschleunigung ist - gerade in Zeiten der Covid-19-Pandemie - eine gute Sache.
Deshalb möchte ich ansprechen: Wir haben beantragt, beispielsweise auch Erbschaftssachen den Rechtspflegern zu übertragen. Das haben wir bisher noch nicht gemacht. Wir wollen das noch einmal prüfen. Ich glaube, losgelöst von Corona, dass solche Schritte richtig sind, weil wir die Richterinnen und Richter von Arbeiten entlasten können, die ohnehin - sage ich einmal - nach den Buchstaben des Gesetzes ablaufen, bei denen man eigentlich nichts Großartiges deuten kann. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, Stück für Stück Dinge auf eine untere Ebene weiterzugeben, wo das entsprechend möglich ist.
Fest steht also, dass die Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit für uns - für niemanden unter den demokratischen Parteien - kein nice to have ist, sondern sie ist gewissermaßen Pflicht. Daher ist eine angemessene Personalausstattung im Rechtswesen grundsätzlich eine absolute Notwendigkeit. Ich kann mich den Appellen gerade der Kollegin Ostmeier nur anschließen und die große Bitte an die derzeit abwesende Finanzministerin - ich weiß, sie liest die Protokolle immer sehr genau - richten, das Geld zur Verfügung zu stellen, damit der Justizminister die Justiz stärken kann.
Ich kann mich an Zeiten der Vorgängerregierung erinnern - das ist noch gar nicht so lange her -, da klappte das sehr gut. Ich wünsche der Jamaika-Koalition, dass es in diesem Bereich genauso gut klappt wie seinerzeit in der Küstenkoalition. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, dass der SSW kein großer Anhänger davon ist, verkehrliche Infrastrukturnetze in privatrechtlicher Form zu betreiben, zu planen oder zu bauen. Das gilt für die Schiene, für Wasserstraßen und wie in diesem Fall auch für Bundesfernstraßen.
Wir haben unsere jahrzehntelangen Erfahrungen mit der Deutschen Bahn als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form. Und diese Erfahrungen fallen nicht gerade positiv für die Bahn aus. Diese Erkenntnis ist seinerzeit in die Überlegungen eingeflossen, als es um die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ging. Die Konsequenz war, die Behördenstruktur des Bundes nicht infrage zu stellen, also nicht den privatrechtlichen Weg einzuschlagen.
Im Rahmen der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems wurde seinerzeit vereinbart, eine sogenannte Infrastrukturgesellschaft Verkehr zu gründen. Es ist quasi ein Kompromiss, der im Rahmen des Gesamtpakets der Finanzbeziehungen damals zwischen dem Bund und den Ländern gefunden wurde. Nichtsdestotrotz stand der SSW einer privatrechtlichen Infrastrukturgesellschaft eher ablehnend gegenüber. Aber so ist das nun einmal mit Kompromissen. Nun bekommen wir die Autobahn GmbH. Und zum 1. Januar nächsten Jahres soll es losgehen.
Schleswig-Holstein und Hamburg sind bereits zum 1. Januar dieses Jahres einem Pilotprojekt beigetreten, sozusagen als Feldversuch, um erste Erkenntnisse und Erfahrungen für die anstehende Reform zu gewinnen. Ich glaube, das war ganz schlau.
Der SSW hat seinerzeit darauf hingewiesen, dass die Gründung und Einrichtung einer solchen Gesellschaft nicht ohne Weiteres zu erledigen ist, was aber angesichts der Komplexität der Aufgabe auch klar war.
Wie sich mittlerweile herausstellt, sollten wir damit recht behalten. Denn bereits im Oktober hat Schleswig-Holstein in der Verkehrsministerkonferenz auf Herausforderungen hingewiesen, die zu lösen sind.
Ich will die bisherigen Leistungen nicht schmälern, denn vieles konnte bereits auf den Weg gebracht werden. Aber es hapert anscheinend an der Funktionsfähigkeit in Teilen der Verwaltung - und damit meine ich nicht unsere eigene - oder auch bei der Entflechtung bestehender Strukturen der Straßenbauverwaltung beziehungsweise der zuständigen Verwaltung des Bundes.
Weiter wurde in der Verkehrsministerkonferenz deutlich, dass für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Bundesautobahnverwaltung übergangsweise Unterstützerleistungen der Länder erforderlich sein werden. Das wird ja auch mit dem Vertrag und der Vereinbarung so festgeschrieben. So sieht es so aus, dass eine enge Kooperation der Länder mit der Autobahn GmbH des Bundes noch bis Ende 2023 notwendig sein wird, damit sie überhaupt ins Rollen kommen kann, wenn man dieses Wort benutzen will.
Aber es ist natürlich richtig, dass wir darauf achten müssen, dass wir auch nach diesem Datum dauerhaft sicher und auch fest geregelt Einflussmöglichkeiten auf diese Gesellschaft haben. Denn ansonsten ist es eigentlich egal, wer aus Bayern Verkehrsminister wird, ob es der derzeitige ist oder möglicherweise ein Grüner. Sie alle werden uns nicht
wohlgesonnen sein. Deswegen ist es gut, wenn wir gute eigene Einflussmöglichkeiten haben werden.
Die Errichtung einer solchen Verkehrsinfrastrukturgesellschaft sowie die Übertragung sämtlicher Aufgaben und Verpflichtungen ist bei einem solchen Projekt eben von heute auf morgen nicht zu gewährleisten. Das hat man sich vielleicht auch zu einfach vorgestellt. Aber nun erhoffen wir uns alle von dieser Infrastrukturgesellschaft, dass Planung, Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen künftig schneller vorangebracht werden können.
In Schleswig-Holstein können wir leider ein Lied von Autobahnteilstücken singen, die nicht vorankommen. Mit einer länderübergreifenden Infrastrukturgesellschaft soll nun endlich und erfolgreich das Projekt A 20 und die westliche Elbquerung zu Ende gebracht werden. Damit, meine Damen und Herren, hätten wir echt viel erreicht. Es ist ganz gut, wenn wir das tatsächlich aus der Zuständigkeit des Landes herauslösen,
weil wir mit einer bestimmten Partei immer Probleme hatten, wenn es darum ging, in diesem Bereich wirklich voranzukommen. Der Kollege Arp gibt mir da recht. Sein Beifall war berechtigt.
Meine Damen und Herren, aber vor dem Erfolg steht noch die Arbeit. Das heißt, der Aufbau und die Strukturen der Gesellschaft müssen etabliert werden. Wenn sich dann alles zurechtgeruckelt hat, dann, glaube ich, kann das schneller gehen. Wichtig ist aber auch, immer darauf zu achten, dass es unseren Beschäftigten gut geht. Es ist gut gewesen, dass wir als Küstenkoalition dafür Sorge getragen haben, dass die Leute selber entscheiden können, wohin sie gehen. Das hat übrigens auch für unseren eigenen Personalkörper genau die Effekte gehabt, die der Minister angesprochen hat, nämlich dass wir selber auch besser aufgestellt sind. Wir müssen aber sehr genau darauf achten, dass unsere Beschäftigten es sowohl in der neuen Gesellschaft als auch bei uns weiterhin guthaben. Wenn das alles klappt, dann haben wir eine gute Verkehrsverwaltung mit guten Arbeitsplätzen.
Was jetzt allerdings noch fehlt, ist ein wesentlich schlankeres Planungsrecht, meine Damen und Herren. Dass wir diese Gesellschaft jetzt haben, heißt ja nicht, dass wir gut vorankommen; vielmehr müssen wir ein vernünftiges Planungsrecht haben.
Das ist und bleibt unsere politische Aufgabe. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Landtagssitzung haben wir eine gemeinsame Vorgehensweise beschlossen. Wir haben gesagt, wir wollen als Parlament beteiligt werden, haben im Prinzip auch eine Absprache mit der Landesregierung mit dem Ziel getroffen, dass wir immer dann, wenn Maßnahmen geändert oder neu in Gang gesetzt werden sollen, darüber eine entsprechende Information bekommen. Es ist nun einmal so, dass wir bei der letzten Maßnahme, nämlich der Verlängerung des TeilLockdowns, diese Information nicht bekommen haben. Insofern ist es auch gerechtfertigt, wenn die SPD eine Aktuelle Stunde genau zu diesem Thema beantragt.
Meine Damen und Herren, es gibt genügend Möglichkeiten, uns auch unterschwellig, also außerhalb einer Parlamentssitzung, zu informieren. Beispielsweise kann das in Ausschusssitzungen passieren; manchmal reicht aber auch einfach eine SMS an die Fraktionsvorsitzenden, sodass alle informiert sind. Ich glaube, hätten wir eine solche bekommen, hätten wir alle gesagt: Bis zum 10. Januar 2021, das ist völlig okay - danke schön. Fertig. - Dann würden wir heute über dieses Thema nicht reden. Ich wünsche mir, dass wir wieder zu dieser Kommunikation zurückkommen.
Natürlich möchte ich jetzt die Gelegenheit nutzen, weil wir hier jetzt zu dem Thema zusammengekom
men sind, über die politisch diskutierten Dinge zu beraten und unsere Haltung dazu zur Kenntnis zu geben. Es wird - gerade auch aus Bayern - ein verschärfter Lockdown gefordert. Da stellt sich die Frage: Wieso wird von Bayern verlangt, in ganz Deutschland einen Lockdown zu machen, wenn sie es selber Zuhause nicht hinbekommen? Das ist schon sehr merkwürdig.
Selbst wenn man das wollte, geht so etwas gar nicht so einfach. Denn wir müssten die Grenzen schließen. Wir müssten Lieferungen und Leistungen komplett einschränken. Wir dürften die Leute nicht mehr rauslassen.
Man muss sich genau überlegen, ob man das erstens in einem Staat überhaupt machen kann, der von Freunden umringt ist, und zweitens, ob man das will. Denn dabei handelt es sich um Einschränkungen von Bürgerrechten, und zwar um massive Einschränkungen. Das bedeutet auch für die Menschen und Familien etwas, beispielsweise wenn man dadurch auf einmal seinen Job verliert, wenn man auf einmal in Kurzarbeit kommt oder wenn auf einmal das eigene Unternehmen in Schwierigkeiten kommt.
Wenn sich Leute hier hinstellen und sagen: „Wir wollen einen Lockdown haben!“, dann sollen sie bitte schön auch im Vorwege sagen, wie man diesen Menschen helfen möchte. In der Vergangenheit haben wir das so gemacht; die Programme sind gelaufen. Ich habe aber die Befürchtung, dass irgendwann auch uns finanziell die Puste ausgehen wird.
Sehr gern, klar.
geschlossen worden sind. Das ist eine Bemerkung.
Meine Frage ist: Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass gerade auch Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler jetzt genau diesen Lockdown fordern, weil die Gefahr, dass Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, viel größer ist, wenn wir noch über Monate in einer Halb-Lockdown-Welt und in einem eingeschränkten Wirtschaftsleben leben, als wenn wir jetzt dadurch wieder in eine Situation kommen, wo wir mit der Pandemie ein relativ normales Leben führen können?
- Zweierlei. Ich habe dieses Beispiel mit den Grenzen bewusst gewählt, weil ich davon ausgehe: Wenn sich ein Land komplett abschotten will, wäre es merkwürdig, wenn Länder, die sich nicht abschotten, trotzdem noch einen Grenzverkehr durchführen, sodass sich das eine Land darüber die Pandemie wieder ins Land reinholt. Wenn, dann sollte es dort eine relativ große Einigkeit geben.
Was die Wirtschaft angeht, gibt es logischerweise weil die Situation neu ist - völlig unterschiedliche Haltungen auch der Wirtschaftswissenschaften. Das ist für mich aber auch nicht das Entscheidende. Mir geht es um die einfachen und normalen Bürgerinnen und Bürger, die jetzt Angst und Sorge um ihre Zukunft haben. Wenn ich denen sage, du Mensch in der Bauwirtschaft darfst nicht mehr arbeiten, du Mensch im Einzelhandel darfst nicht mehr arbeiten, du Mensch in der öffentlichen Verwaltung darfst nicht mehr arbeiten, dann gibt es bei diesen Menschen unterschiedliche Situationen: Die zwei aus Bauwirtschaft und Einzelhandel werden möglicherweise viel, viel weniger Geld in der Tasche haben, werden möglicherweise sogar arbeitslos, und das passiert dem Menschen in der öffentlichen Verwaltung nicht. Ich muss aber an alle Menschen denken, und ich muss vorher an diese Menschen denken.
Das eine ist, was ich zur Bekämpfung der Pandemie machen möchte, das andere ist, zu bedenken, welche Auswirkungen das auf andere Bereiche hat. Diese zwei Fragen müssen wir trennen. Das erwarte ich beispielsweise auch von einem bayerischen Ministerpräsidenten, dass er sich nicht nur hinstellt und die wahre Lehre für alle anderen verkündet, nur nicht für sich selbst, sondern dann auch den Mut hat zu sagen, was das für die eigenen Bürgerinnen und Bürger bedeutet.
Ich finde, das muss im Vorweg klar sein, vor allen Dingen, wo wir hier noch letzten Monat gestanden
haben und gemeinsam festgestellt haben, dass es sehr, sehr schwierig werden wird, dass sich die Länder noch an irgendwelchen Hilfen beteiligen können. Wenn wir wissen, dass wir das Geld nicht haben, dann sollten wir den Menschen reinen Wein einschenken und ordentlich mit ihnen kommunizieren. Denn es ist eine andere Diskussion, wenn man mit Menschen darüber redet und ihnen sagt: Du wirst jetzt deinen Job verlieren, aber dafür können wir die Pandemie besser in den Griff bekommen! Das mag man politisch vertreten wollen, aber so viel Ehrlichkeit gehört dazu, dass man den Leuten das dann auch ins Gesicht sagt. Ich weiß, was dann hier für eine Diskussion abgehen wird. Die Diskussion müssen wir ehrlicherweise dann auch führen.
Ja, sehr gern.
- Richtig. Da gebe ich Ihnen recht, Frau von Kalben. Auch denen müssen wir Vorgaben machen, damit sie ihre Arbeit so gut wie möglich erledigen können. Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn es darum geht, die Pflegenden ordentlich zu unterstützen, nicht nur Beifall zu klatschen und ihnen möglicherweise 1.500 € zur Verfügung zu stellen.
Sie haben viel, viel mehr verdient. Da muss viel, viel mehr geschehen.
Dafür müssen wir auch politisch arbeiten, damit beispielsweise im Krankensystem mehr Geld für die Menschen zur Verfügung steht. Es kann nicht immer nur um die Institutionen gehen. Da sind wir voll an Ihrer Seite. Dazu können wir auch gern politische Initiativen ergreifen.
Zurück zum eigentlichen Thema, meine Damen und Herren. Wir reden jetzt über die verschiedensten Arten von Lockdowns, Lockerungen und so weiter. Ich denke, es ist sinnvoll, nicht jedes Mal eine neue Sau durchs Dorf zu treiben. Die letzten großen Änderungen, die wir gerade beschlossen haben, sind noch nicht einmal zwei Wochen in Kraft. Man kann auch erst einmal abwarten und sie wirken lassen.
Vielleicht kann man auch erst einmal gucken, ob man diese Regelungen, die man hat und die die Leute schon kennen, nicht möglicherweise noch schärfen kann. Dazu möchte ich Ihnen einige Bespiele nennen.
Die Landesregierung hat beschlossen, dass man über Weihnachten für zwei Tage Übernachtungen im Land zulassen möchte. Eine Verschärfung wäre, dass das nur möglich ist, wenn man einen PCR-Test vorweist, der nicht älter als 48 Stunden ist. Bei allen anderen Reisen ist das so. Ich fände es schon klug zu verhindern, dass jemand, der aus einer anderen Region kommt und möglicherweise den Virus in sich trägt, dieses Virus zu uns transportiert. Es ist wirklich kein Aufwand, sich so einem Test zu unterziehen. Das wissen Sie inzwischen alle, dass das kein Akt ist. Das wäre also eine Schärfung, die relativ einfach umzusetzen ist.
Wir könnten beispielsweise auch noch einmal die Maskenpflicht in der Öffentlichkeit erweitern. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich glaube, das würde von den Menschen auch relativ leicht akzeptiert werden.
Wir könnten vor allen Dingen, nachdem wir jetzt festgestellt haben, dass das möglich ist, bei Coronaleugner-Demos ein bisschen härter vorgehen. Die Bremer haben die Demonstrationen verboten, und sie haben nicht nur Klagen wegen Landfriedensbruch eingereicht, sondern auch Ordnungswidrigkeiten geahndet, sodass die Menschen auch spüren, dass es nicht mehr in Ordnung ist. Auch daran könnten wir uns ein Beispiel nehmen.
Wir könnten auch bei den verschärften Maßnahmen bei Hotspots mit einem Inzidenzwert über 200 - dazu ist ja vereinbart, dass wir da mehr machen wol
len - als Land Vorgaben machen, damit klar ist, wie wir das im Land haben möchten, damit die Ministerpräsidenten, wenn sie sich treffen, das dann auch gemeinsam für die gesamte Republik vereinbaren können. Da bin ich sehr nah bei Herrn Dr. Stegner, dass man sagt: Wir schaffen überall vergleichbare Regelungen. Wenn der Inzidenzwert über 200 liegt, dann wissen wir genau, was passiert, beispielsweise muss es dann Sperrstunden geben, dann darf es keinen Alkoholausschank unter freiem Himmel mehr geben, dann muss es möglicherweise Ausgangsbeschränkungen geben, vielleicht müssen auch bestimmte Gewerbebereiche geschlossen werden. Man sollte das im Vorwege festlegen, damit die Leute wissen, worum es geht.
Meine Damen und Herren, mir liegt eines sehr am Herzen: Es gibt auch Gegenden, in denen die Lage noch relativ gut ist. Die befinden sich auch in Schleswig-Holstein. Auch da müssen wir uns überlegen, sollte es ab dem 10. Januar 2021 immer noch so sein, dass wir Gegenden haben, in denen die Zahlen nicht so hoch sind, der Inzidenzwert dauerhaft nicht über 50 liegt, Kinder- und Jugendsport, Jugendarbeit und Jugendzentren eingeschränkt wieder zu erlauben. Das wäre eine Hilfe. Gerade für die Kinder und Jugendlichen wäre es wichtig, dass sie wieder einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen können, dass sie weiterhin eine Struktur haben, dass die Eltern entlastet werden können. Das könnte zumindest in diesen Kreisen geschehen.
Sie sehen, es gibt genug Möglichkeiten, wo wir die Dinge, die wir bereits jetzt beschlossen haben, die akzeptiert sind, die klar sind, ein kleines bisschen schärfen können.
Es wäre der richtige Weg, dass sich die Leute endlich einmal darauf verlassen können: Bis zum 10. Januar 2021 gilt das, was jetzt gilt, manchmal gibt es eine kleine Verschärfung in der Umsetzung das ist okay -, und ab dem 10. Januar 2021 können wir uns - gern im Vorwege - wieder darüber unterhalten, ob andere Maßnahmen notwendig sind.
Immer wieder nach vier, fünf, sechs Tagen etwas Neues auf den Markt zu schmeißen, sollten wir als Schleswig-Holsteiner nicht mitmachen. Wir sind eigentlich ganz gut damit gefahren, dass wir auf Sicht, aber auch weitsichtig gehandelt haben. Das muss man der Landesregierung zugestehen. Sie hat auch oft mit uns als Opposition gemeinsame Beschlüsse gefasst. Das war immer gut; das ist immer gut; das sollten wir auch beibehalten.
Am Ende geht es um Zuverlässigkeit - eine richtig schöne alte Tugend - und Nachvollziehbarkeit in der Kommunikation, sodass die Leute wissen, woran sie sich zu halten haben. Gleiches, Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit, gilt auch für die Maßnahmen. Man muss wissen, was man machen soll, und man muss es verstehen und einsehen. Es muss auch eine Einsicht dahinterstecken.
Derzeit ist das bei den Maßnahmen so. Das sollten wir uns nicht immer durch wildes politisches Gerede, nur weil irgendwelche Leute aus dem Süden irgendeinen Unsinn verzapfen und ihren Laden nicht im Griff haben, versauen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatten der letzten Monate über verschiedene Möglichkeiten für Polizeistudien haben meiner Meinung nach offenbart, wie zwiegespalten wir gesellschaftlich in zweierlei Sachen sind: in unserem Verhältnis zur Polizei und im Umgang mit
Rassismus. Mein Eindruck war oft, dass die individuellen Beiträge zur Polizei vom Entweder-oder geprägt waren, entweder bedingungslose Treue oder systematische Ablehnung, entweder der Polizei das Vertrauen entziehen oder Polizei als Institution nicht kritisieren dürfen. Gleichzeitig gibt es eine irgendwie im leeren Raum wabernde Debatte, weil belastbare Zahlen fehlen. Da hat es nicht geholfen, wie lange sich der Bundesinnenminister dem Vorschlag gegenüber gesperrt hat, die Frage nach strukturellem Rassismus in der Polizei untersuchen zu lassen.
Mir fehlte manchmal der Prozess, einen Schritt zurückzutreten und noch einmal ganz genau darauf zu blicken, wie es bei uns in Schleswig-Holstein tatsächlich ist. Die Landespolizei ist - das ist uns allen etwas schmerzlich bewusst - auch in den letzten Jahren nicht frei von Schlagzeilen gewesen. Die Vorfälle in Eutin 2016 und jüngst veröffentlichte Chats eines hohen Polizeigewerkschafters haben viel Aufmerksamkeit erfahren. Das lässt sich nicht ignorieren; denn auch Einzelfälle können das Bild einer Institution prägen.
Daher geht es uns als SSW nicht um einen Generalvorwurf gegenüber der Polizei; davon bin ich sehr weit weg. Aber es geht um Aufklärung, auch im Eigeninteresse der Polizei. Gibt es in irgendeiner Art Anhaltspunkte für menschenverachtende Haltungen in der Polizei? Gibt es das Dulden rassistischen Verhaltens, oder gibt es strukturelles Wegsehen bei extremistischen Äußerungen?
Bisher kann man glücklicherweise feststellen, dass es in Schleswig-Holstein dafür keine Anhaltspunkte gibt. Die antragstellenden Fraktionen halten es selbst fest: Der Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden lässt für Schleswig-Holstein kein strukturelles Problem vermuten. Auch unsere Polizeibeauftragte bestätigt das in ihrem Tätigkeitsbericht.
Aber ein tatsächliches Bild der Lage haben wir damit nicht bekommen. Wir wissen nichts über Dunkelziffern, und wir arbeiten immer wieder mit einzelnen Erzählungen statt mit einem wissenschaftlichen Überblick. Für so etwas braucht es eben Studien.
Wie vielschichtig das Forschungsfeld Polizei bereits jetzt ist, habe ich durch meine Kleine Anfrage im November erfahren: Da gab es 24 interdisziplinäre Forschungsfragen seit 2019 zu Themen wie Diversity in der Polizeiausbildung, Krisenkommunikation oder Vorurteilsstrukturen, für die unsere
Landespolizei Daten bereitgestellt, Informationen vermittelt oder beraten hat. Nach Forschungsmüdigkeit sah mir das nicht aus.
Wichtig ist für mich vor allem, dass wir weiter offen über solche Fragen diskutieren können, gerade auch in Institutionen, deren Mitglieder darauf angewiesen sind, einander vertrauen zu können. Unsere Polizistinnen und Polizisten kommen in ihrer beruflichen Laufbahn in Situationen, in denen ihre körperliche Unversehrtheit vom Vertrauen in ihre Kollegen abhängt. Aber Wegsehen und Schweigen oder gar das Deckeln von Verhaltensweisen aus falsch verstandener Solidarität bringen uns gesellschaftlich nicht weiter. Korpsgeist kann auch Vertrauen verspielen.
In Schleswig-Holstein hat sich in den letzten Jahren viel getan. Hier ist ein Prozess in Gang gekommen, auf den ich politisch stolz bin. Wir haben als Küstenkoalition zum Beispiel das Amt der Polizeibeauftragten eingerichtet,
und es wurden die Führung der Polizeischule in Eutin gewechselt und Lehrpläne überarbeitet. Zuletzt hat sich die Schule dem Programm „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ angeschlossen. Das ist genau der richtige Weg.
Unsere Bürgerinnen und Bürger - so ist jedenfalls mein Eindruck - vertrauen unserer Polizei. Aber eines ist eben auch klar: Vertrauen muss man sich immer wieder erarbeiten, und unsere Polizei tut das jeden Tag. Aber die große mediale und gesellschaftliche Debatte des letzten Jahres, die - man könnte schon fast sagen - weltweit geführt worden ist, macht an den Grenzen Schleswig-Holsteins nicht halt. Auch wenn es von einigen als ungerecht empfunden wird, ist es eben von besonderer Wichtigkeit zu zeigen, dass unsere Polizei transparent, integer und empathisch arbeitet. Das staatliche Gewaltmonopol der Polizei benötigt gewissermaßen einen Vertrauensvorschuss der Bürgerinnen und Bürger.
Damit das so bleibt, werden wir beiden Anträgen zustimmen. Wir könnten auch gut damit leben, dass wir das Ganze an den Ausschuss geben. Vielleicht macht es Sinn, zu beiden Anträgen die Meinung der Polizei zu hören. Wir haben jetzt gut über sie geredet, aber vielleicht sollten wir auch mit ihr reden. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Antragsinhalt kurz eingehe, möchte ich die Bedeutung der Finanztransaktionssteuer hervorheben. Es geht hier darum, eine Steuer auf spekulative Finanzgeschäfte zu erheben. Bisher ist die Steuerlast für Geschäfte mit Aktien oder Derivaten oft geringer als die Belastung anderer Geschäfte oder auch der Lohnarbeit. Deshalb muss hier eine Gerechtigkeitslücke geschlossen werden, zumal diese Geschäfte im großen Stil von eher bessergestellten Steuerbürgern durchgeführt werden.
Eine umfassende Finanztransaktionssteuer würde in Deutschland nach Schätzungen zwischen 17 Milliarden € und 36 Milliarden € Steuereinnahmen zusätzlich ergeben. Das würde jedoch nur unter der Maßgabe eintreten, dass nicht nur Aktiengeschäfte, sondern auch hochspekulative Finanzgeschäfte und der Devisen- und Derivatehandel mit einbezogen würden.
Genau hier liegt schon das erste Problem: Bundesfinanzminister Scholz plant derzeit, nur den Aktienhandel mit einer Finanztransaktionssteuer zu belegen. So würden dann je nach Umsetzung nur zwischen 1 % und 10 % des gesamten Handelsvolumens besteuert werden, was an sich schon eine Un
gerechtigkeit darstellen würde. Selbst das ist noch nicht einmal sicher. Die Bundesregierung verschleppt hier eine Entscheidung und verweist immer wieder auf die EU. Wenn wir aber auf die EU warten, warten wir ewig, und dann bleibt es bei der derzeitigen Ungerechtigkeit. Deshalb brauchen wir jetzt eine nationale Lösung, wie wir sie auch in anderen Ländern innerhalb und außerhalb der EU finden.
Niemand muss sich Sorgen machen, dass dann sämtliche Geschäfte ins Ausland verlagert würden. Man kann es so regeln, dass die Steuer immer bei demjenigen entsteht, der hier ansässig ist. Auch die deutschen Banken im Ausland können verpflichtet werden, hier entsprechend mitzuarbeiten. Das ist kein Problem; andere Länder machen das vor.
Das einzige Problem, das wir haben, ist, dass die Große Koalition im Bund auf Zeit spielt und das Ganze verschleppt. Deshalb wollen wir, dass die Landesregierung hier handelt und einen entsprechenden Anstoß gibt.
Dabei sind uns folgende Dinge wichtig: Im Gegensatz zur Großen Koalition und zur Bundesregierung wollen wir, dass die Steuer auf alle Transaktionen erhoben wird. Damit fällt niemand mehr durch das Raster, und alle Steuerbürger zahlen gleichermaßen diese Steuer auf Transaktionen. Damit erhalten wir eine für alle gerechte Steuer, die vor allem die starken Schultern verpflichtet.
Für Kleinsparer wollen wir eine Bagatellgrenze von 250 € monatlich beziehungsweise 3.000 € jährlich einführen, wie es sie auch in anderen Ländern gibt. Damit entlasten wir weiterhin den normalen Bürger, der beispielsweise in einen aktienbasierten Fonds zur Ergänzung seiner Rente einzahlt. Durch einen solchen Freibetrag wäre es weiterhin möglich, ganz normale Leute Vermögen aufbauen zu lassen, ohne dass ihnen der Staat unangemessen in die Tasche greift.
Natürlich wollen wir nicht auf die EU warten, sondern eine nationale Lösung finden. Das machen andere uns schon vor, und das wäre somit kein Neuland. Natürlich kann es dann später immer noch eine EU-weite Lösung geben, und die sollte man auch anstreben, und der sollte sich Deutschland später auch anschließen. Aber erst einmal sollten wir die Ungerechtigkeit hier abstellen und mangelndes politisches Handeln nicht auf die EU schieben. Dort wird man sich wahrscheinlich in den nächsten Jahren nicht einig werden, und deshalb müssen wir hier, wie schon andere, vorangehen.
Für uns ist es eine Frage der Gerechtigkeit: Spekulationsgeschäfte werden zwar schon jetzt besteuert, aber eben nicht so wie echte Arbeit oder auch echtes Unternehmertum. Es kann nicht sein, dass Kleinunternehmer und Mittelständler unter der Steuer- und Abgabenlast ächzen, dass abhängig Beschäftigte im OECD-Vergleich immer noch eine überdurchschnittlich hohe Steuer- und Abgabenlast haben und dass wir gleichzeitig Spekulanten immer noch Steuervergünstigungen gewähren. Hiermit muss Schluss sein, und deshalb brauchen wir jetzt umgehend eine Finanztransaktionssteuer. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurzarbeit, fehlende Aushilfsjobs in der Gastronomie oder ausbleibende Projekte für Projektmanager: Diese Dinge bestimmen den Alltag von vielen Menschen bei uns im Land, und eine solche Situation mindert natürlich die Zahlungsfähigkeit. Auf einmal passt die Miete nicht mehr ins Budget, und das ist natürlich keine schöne Situation.
Die SPD schlägt daher vor, das Gesetz zur Abmilderung der Covid-19-Pandemie zu verlängern. Laut dieser Regelung darf gemietete Wohn- oder Gewerbefläche nicht gekündigt werden, wenn die finanziellen Engpässe coronabedingt sind. Aus Sicht des SSW war es in Bezug auf die erste Infektionswelle richtig, ein solches Instrument in die Wege zu leiten, um schnell und vor allen Dingen zeitbegrenzt zu helfen. Nun befinden wir uns aber inmitten der nächsten Infektionswelle. Die Frage ist daher: Können wir soziale Härten so dauerhaft abmildern? Welche Instrumente haben wir dafür? Was haben wir aus den ersten Monaten lernen können?
Was ich für mich sagen kann, ist, dass die angesprochenen Maßnahmen keine echte Entlastung bringen. Die fristlosen oder ordentlichen Kündigungen würde man in diesem Fall nur nach hinten verschieben. Mit einer Verlängerung oder Neuauflage der Regelung würde man in wenigen Monaten wieder an der gleichen Stelle stehen. Das tun wir jetzt im Übrigen auch. Damit ist niemandem geholfen.
Natürlich ist es das Allerbeste, wenn man sich bilateral über eine Lösung einig wird. Das ist der Idealfall, aber auch eine solche Lösung wird kein dauerhafter Zustand sein können. Denn was feststeht, ist, dass auch die andere Seite - sprich Vermieter und Energieanbieter - Kosten zu decken haben.
Was ist also zu tun? Jeder oder jede kann sich an dieser Stelle individuelle Lösungen überlegen, um in dieser Situation Abhilfe zu schaffen. Das findet in Deutschland sehr wahrscheinlich auch tagtäglich statt, auch in Zeiten ohne Pandemie. Auch sei an dieser Stelle einmal kurz angemerkt, dass es schon unterschiedliche Instrumente diesbezüglich gibt wie die Übernahme der Kosten der Unterkunft im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld oder Grundsicherung, bei der auch zeitweise größere Wohnungen geduldet und finanziert werden, oder eben das sogenannte Wohngeld, das aufgrund der Coronapandemie jetzt wesentlich häufiger beantragt und auch genehmigt wird. Es gibt also schon Hilfen, und auf diese Hilfen hat Andreas Breitner hingewiesen.
Aus Sicht des SSW wäre, wie ich bereits anfangs gesagt habe, ein erneutes Mietmoratorium nur ein Verschiebebahnhof. Den Beteiligten würde nur kurzfristig geholfen, während der Schuldenberg weiter wächst. Klüger wäre es daher, einen staatlichen Zuschuss auf den Weg zu bringen, der Menschen, die ihre Mieten und Energiekosten aufgrund von Covid-19 nicht mehr zahlen können, hilft. Meine Damen und Herren, hier könnte man zum Beispiel den Zugang zum Wohngeld zeitweise noch
weiter erleichtern. Das wäre eine Möglichkeit, die wir politisch schaffen könnten.
Das würde nicht nur den Mietern die entsprechende Entlastung bringen, sondern das würde auch den Vermietern und Energieversorgern gerecht werden.
Alles in allem finde ich, es ist in der Tat eine schwierige Entscheidung, welche politische Maßnahme nun die zielführendste ist und ob eine zusätzliche Maßnahme in diesem Fall überhaupt angebracht ist. Das merken wir immer wieder in der Diskussion, wenn es um die Coronakrise geht. Ich denke, wir sollten vielleicht im Ausschuss noch einmal in Ruhe darüber beraten, wie sich das vergangene Moratorium, das wir hatten, wirklich konkret ausgewirkt hat und wie sich die aktuelle Situation auf dem schleswig-holsteinischen Wohnungsmarkt derzeit darstellt. Nur wenn wir die Gegebenheiten auch mit konkreten Zahlen darstellen können, können wir tatsächlich auch über zielführende Maßnahmen diskutieren. Und vielleicht macht es dann Sinn, schon bestehende Instrumente ein bisschen - auch zeitweise - zu schärfen.
Ich glaube, dass dieses Moratorium am Ende nicht zielführend ist, denn es kann nicht in unserem Interesse sein, dass wir Mieterinnen und Mieter haben, die später sechs, sieben, acht, neun oder zehn Monatsmieten schuldig sind und irgendwann den Gerichtsvollzieher vor der Tür haben, wenn die Pandemie vorbei ist. Dann geht es den Leuten wirklich ans Kleid, und das wollen wir in gar keiner Art und Weise. Das wäre eine reine Katastrophe für die Leute. Wenn sie dann sogar noch Verzugszinsen bezahlen müssen, dann haben sie wirklich den Hauptgewinn gezogen. Das kann nicht unsere Aufgabe sein. Wenn wir wollen, dass wir die Leute entlasten, dann geht das nur, indem wir beispielsweise den Zugang zum Wohngeld zeitweise etwas erleichtern, sodass die Leute einen staatlichen Zuschuss bekommen können. Das ist die leichtere Variante, und sie hilft nicht nur den Mietern, sondern auch den Vermietern, und das ist genau richtig. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich aufgrund der Beiträge des Kollegen Petersdotter und auch des Kollegen Stegner noch einmal zu Wort gemeldet. Herr Petersdotter hat ja gefragt, was wir tun sollen, und hat angemahnt, dass wir etwas tun müssen. Damit hat er ja recht; ich werde gleich noch darauf eingehen.
Herr Stegner hat gesagt, alle hätten sich irgendwie nur auf die Vermieter kapriziert und nicht auf die Mieter. Zumindest was mich angeht, weise ich das weit von mir. Ich habe aber auch alle anderen Redner sowohl von CDU und FDP als auch von den Grünen nicht so verstanden. Vielmehr ist es eine Abwägung. Man muss das Problem eben weiterdenken; denn es könnte möglicherweise jemand anders negativ treffen. Das ist nun mal Politik, dass man darauf ein bisschen achtet.
Was ist eigentlich unser Ziel? Ich gehe jetzt einmal nur von den Mietern aus. Das Ziel muss doch sein, dass sie nicht noch weitere Schulden aufbauen. Das ist das Erste; denn sonst haben Sie ein richtiges Problem, und zwar ein langfristiges Problem an der Backe.
Das Zweite ist, dass wir versuchen wollen zu erreichen, dass gar nicht erst Kündigungsgründe entstehen. Wenn wir keine Kündigungsgründe hätten, bräuchten wir das Moratorium auch nicht. Das sind die beiden Ziele, die wir eigentlich verfolgen sollten. Wie werden sie derzeit erreicht, beziehungsweise wie versucht man derzeit, sie zu erreichen, und zwar losgelöst von dem Moratorium, das ja schon abgelaufen ist?
Erstens. Die Sozialbehörden handeln bei denjenigen, die von Arbeitslosengeld, Grundsicherung/ Hartz IV abhängig sind, inzwischen sehr kulant, wenn es um die Kosten für die Unterkunft geht. Das betrifft übrigens nicht nur Wohnen, sondern auch Heizung. Da sagt man bewusst für den Übergangszeitraum, im Hinblick auf den wir wissen, dass da eine Not besteht: Ihr könnt auch eine größere Wohnung behalten, als euch nach den normalen Regeln eigentlich zusteht. Wir zahlen sie trotzdem. - Das ist echtes staatliches Geld. Das ist in Ordnung so.
Zweiter Punkt. Beim Wohngeld gibt es wesentlich mehr Anträge als früher. Da hat sich ein Automatismus entwickelt, und das ist auch gut so. Denn das heißt, das staatliche System in dem Bereich funktioniert.
Meine Damen und Herren, ich möchte auch daran erinnern: Wir haben zu Zeiten der Küstenkoalition
die Schuldnerberatung gestärkt, und Jamaika erhält das aufrecht. Auch das ist eine staatliche Leistung, die den Menschen, wenn es darum geht, die Schulden beispielsweise durch eine Privatinsolvenz wieder loszuwerden, hilft. Also da passiert schon etwas für die Menschen.
Nun stellt sich die Frage, die der Kollege Petersdotter aufgeworfen hat: Was kann man denn sonst noch tun? Auch dazu haben wir ja Vorschläge gemacht, nämlich erstens den Zugang zum Wohngeld vielleicht noch mehr zu erleichtern, wenn es geht. Das müssen wir diskutieren, auch mit den Verbänden. Wir müssen - zweiter Punkt - vielleicht auch gucken, ob die Höhe des Wohngeldes angepasst werden muss. Das kann man sowohl dauerhaft machen, wenn man davon überzeugt ist, oder zeitweise, bezogen auf die Pandemiesituation. Ich finde, das sollten wir - vielleicht auch noch andere Dinge - einmal im Ausschuss diskutieren. Das Moratorium bringt nach meiner Auffassung überhaupt nichts. So gesehen bringt der Antrag inhaltlich nichts, aber er hilft uns zumindest, wenn wir ihn in den Ausschuss überweisen, dort über andere Dinge zu diskutieren. Insofern hat er dann auch etwas gebracht. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich vorweg dafür bedanken, wie gut die Zusammenarbeit in diesem Parlament läuft. Es ist nicht nur so, wie die Kollegin von Kalben sagte, dass wir hier viele Anträge beschließen und damit zeigen, dass der Landtag involviert ist, sondern es gibt auch Abstimmungsgespräche, die außerhalb von Plenarsitzungen stattfinden. Die führen durchaus auch dazu, dass Vorschläge der Opposition mit aufgenommen werden können. Ich habe den Eindruck, dass wir als Schleswig-Holsteinischer Landtag durchaus eine besondere Rolle spielen - im Gegensatz zu anderen Landtagen, wo man sich über solche Fragen in die Haare kriegt. Vor dem Hintergrund möchte ich mich ganz herzlich bei allen, die hier im Landtag im Rund und auch auf der Regierungsbank sitzen, dafür bedanken, dass die Zusammenarbeit so gut funktioniert.
Das ist auch ein Grund dafür, dass es in SchleswigHolstein so gut läuft.
Meine Damen und Herren, eine bundesweite Abstimmung ist sicher etwas Gutes. Es ist immer gut, wenn Leute im gesamten Land wissen, woran sie sich zu halten haben. Trotzdem muss es natürlich auch die Rücksichtnahme auf regionale Besonderheiten geben, in diesem Fall eben auf die Inzidenzzahlen. Da ist es natürlich sinnvoll, dass wir für uns, für unser Land - darauf gehe ich später noch einmal ein - besondere Regelungen in Anspruch nehmen.
Wenn wir schon so argumentieren, dass wir für uns besondere Regelungen in Anspruch nehmen wollen, müssen wir natürlich auch gucken, ob es bei den Betroffenen besondere Härten gibt, die wir berücksichtigen müssen. Das gilt insbesondere dann, wenn sie in den bundesweiten Abstimmungen noch nicht berücksichtigt worden sind. Da liegt mir eine Gruppe besonders am Herzen, die bisher immer durch das Raster gefallen ist: Das sind die Sportvereine. Wir haben am Anfang die Sporthilfen auszahlen können. Das ging bis Ende August 2020. Das hat vielen Sportvereinen geholfen. Die meisten kleinen Sportvereine sind nicht in ihrer Existenz bedroht, die bekommen das ganz gut hin.
Das Problem ist, dass wir große Sportvereine mit einem breiten Angebot haben, die teilweise auch Sparten wie Fitnessstudios haben. Dafür haben sie hohe Investitionskosten aufwenden müssen. Diese Vereine verlieren jetzt leider Gottes Mitglieder. Das ist auch nicht sehr verwunderlich in Zeiten einer Pandemie: Wenn die Leute arbeitslos werden, wenn sie in Kurzarbeit geschickt werden und wenn Kleinunternehmer, Künstler und auch andere Unternehmungen in Schwierigkeiten geraten, dann kann das eine Mitgliedschaft kosten, auch wenn wir alle dazu auffordern, dass sie Mitglied in den Vereinen bleiben. Diese großen Vereine mit diesem breiten Angebot haben jetzt das Problem, wirtschaftlich nicht überleben zu können. Im Zweifelsfall führt das dazu, dass diese Vereine irgendwann, wenn die Pandemie vorbei ist, nicht mehr das gute Angebot machen können, dass sie bisher machen konnten.
Deshalb habe ich die dringliche und herzliche Bitte, dass wir noch einmal in den nächsten ein bis zwei Wochen schauen, wie wir genau diesen großen Sportvereinen helfen können.
Meine Damen und Herren, ich will die Gelegenheit auch nutzen, weil das immer stark diskutiert wird, um noch einmal zu erklären, warum es wichtig ist, dass die Kitas und Schulen offen bleiben. Es gibt eine beinharte Diskussion in der Öffentlichkeit darüber. Viele fordern radikal, dass die Schulen dichtgemacht werden sollen, weil sie angeblich Infektionsherde seien. In der letzten Woche haben wir über unsere Fachleute, die wir hier angehört haben, allerdings feststellen können, dass dem nicht so ist. Ich finde, wenn sich Fachleute äußern, dann sollte man auch einmal hinhören. Allerdings glaube ich auch, dass es wichtig ist, die Schulen offen zu lassen, um die Chancengleichheit weiter zu gewährleisten.
Natürlich ist es so, dass Eltern durch die Schulen entlastet werden, vor allem dann, wenn sie arbeiten sollen. Das ist richtig. Der Präsenzunterricht hat aber vor allem aus Sicht des SSW einen Effekt, nämlich dass auch diejenigen, die aus nicht so guten Verhältnissen kommen, die in nicht so guten Verhältnissen leben müssen, die wenig Geld haben und sich nicht den neuesten Laptop besorgen können, die nicht in großen Wohnungen wohnen, aber trotzdem viele sind, wenn sie zur Schule gehen können, trotzdem noch einen vernünftigen Unterricht bekommen und damit die gleichen Bildungschancen wie diejenigen bekommen, die aus gutem Hause kommen.
Vor dem Hintergrund ist es wichtig, dass wir Präsenzunterricht weiter aufrechterhalten, solange es irgend geht. Das schließt nicht aus, dass man dort, wo es tolle Konzepte gibt, wo man die Infrastruktur hat, auch digitale Angebote macht. Das ist ganz klar. Uns geht es aber bei dieser Frage darum, dass die Schwächsten auch mitgedacht werden.
Das ist der Grund dafür, dass dann eine Maskenpflicht notwendig wird. Ab einer bestimmten Inzidenzzahl - bei uns 50 pro 100.000 Einwohner - gilt das auch für die Grundschule. Natürlich ist das eine Belastung. Das weiß jeder, der so eine Maske ständig tragen muss. Aber - wie gesagt - das große Ziel muss sein, dass die Menschen, die Jugendlichen, die Kinder, die gleichen Bildungschancen bekommen. Die würden sie nicht bekommen, wenn wir Leute ausschließen würden.
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu den Sonderregelungen, die wir hier in Schleswig-Holstein beschlossen haben. Ich glaube, man muss
nicht näher darauf eingehen: Nagelstudios, Kosmetikstudios, Massageeinrichtungen - da gab es nie ein Problem. Wenn man sich anschaut, wie Nagelstudios arbeiten, nämlich mit Mundschutz sowohl für die Klienten als auch für denjenigen, der da tätig ist, mit einer Plexiglasscheibe dazwischen, muss man sagen: Mehr Abstand geht da eigentlich gar nicht. Vor dem Hintergrund war das eigentlich schon vorher völlig unverständlich, dass diese Einrichtungen geschlossen worden sind. Auch Zoos und Tierparks sind nun wirklich Einrichtungen, wo man Abstand halten kann. Warum sollen sie dann nicht aufmachen? Ich glaube, das ist richtig.
Die Kollegin Frau von Kalben hat das eben auch angesprochen: Diese Zehnerregelung, dass sich zehn Personen treffen können, auch das finde ich richtig. Es ist auch richtig, dass wir das durchziehen und nicht sagen, wir gehen jetzt auf fünf runter, und zu Heiligabend stocken wir das wieder auf zehn auf. Das versteht kein Mensch, das wird auch kein Mensch so ohne Weiteres befolgen können. Denn nicht jeder kann ständig jeden Tag diese Regeln nachvollziehen. Es ist richtig, dass sich zehn Personen aus zwei Haushalten in der Öffentlichkeit treffen können, dass sich aber zehn Personen aus bis maximal zehn unterschiedlichen Haushalten auf dem eigenen Grundstück, in der eigenen Wohnung, treffen können. Das ist in Ordnung. Das wird von den Leuten auch nicht ausgenutzt werden, das ist auch in der Vergangenheit nicht ausgenutzt worden. In der Weihnachtszeit ist es nun einmal so, dass sich Familien treffen, dass sie länger zusammen sind. Im Regelfall ist es so, wenn sich Großeltern mit ihren Kindern und Enkelkindern treffen, dass sie nicht nur aus zwei Haushalten, sondern meist aus mehr Haushalten kommen. Ich war ganz froh, dass meine Kinder irgendwann auch eigene Haushalte gegründet haben. Die sollen nicht bis 30 noch bei mir zu Hause sitzen. Vor dem Hintergrund macht es dann auch Sinn, dass wir diese Regeln für die privaten Treffen im eigenen Heim und Haus auch so belassen haben.
Ganz wichtig - auch das ist richtig - ist es aus meiner Sicht, den Einzelhandel nicht noch weiter zu quälen. Diese 10-m2-Regelung pro Kunde, dass wir dazu gesagt haben, wir behalten diese Regelung so und verschärfen sie nicht noch, das ist klug. Denn auch in der Vergangenheit gab es keinen Beleg dafür, dass es im Einzelhandel besonders viele Ansteckungen gegeben hätte. Vor dem Hintergrund gibt es aus wissenschaftlicher Sicht keinen Grund, hier eine Verschärfung einzuführen. Die Verschärfung da hat der Kollege Vogt recht - führt nur dazu, dass der Onlinehandel gestärkt wird. Die zahlen hier kei
ne Steuern. Ich möchte lieber diejenigen unterstützen, die hier ihre Steuern entrichten, die hier weiterhin Arbeitsplätze halten. Insofern ist auch diese schleswig-holsteinische Sonderregelung genau richtig.
Wir selber hätten uns gewünscht, dass die Gastronomie eine Chance bekommt, in irgendeiner Art und Weise abgestuft öffnen zu können. Wir können aber einsehen, dass man das vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Vorgehens - das ist wirklich eine große Chance - dann doch noch nicht macht. Wir können auch nachvollziehen, dass wir uns, wenn wir das einzige Land gewesen wären, die das gemacht hätten, dann möglicherweise aus Gebieten, die hohe Zahlen haben, Leute hierhergeholt hätten, die vielleicht auch unsere Werte negativ beeinflusst hätten. Das kann man alles nachvollziehen.
Allerdings war es deshalb auch notwendig, dass wir diese Unterstützungszahlungen für den Dezember auch weiterzahlen. Diese Unterstützungen werden jetzt weitergezahlt, auch auf Basis der Dezemberwerte des Vorjahres. Das ist richtig, das ist gut. Das hilft dann auch der Gastronomie.
Trotzdem - diese Ankündigung will ich nicht unterdrücken - glaube ich nicht, dass wir als Land Schleswig-Holstein das noch länger durchhalten, auch noch im Januar, Februar oder März 2021 die Gastronomie und Hotellerie dichtzuhalten. Das wird nicht gehen, das wird nicht verantwortbar sein, denn dann fallen in Zukunft wirklich Arbeitsplätze weg. Dann wird es uns wirtschaftlich schaden. Dann wird es vor allen Dingen auch Menschen und Familien wirtschaftlich schaden. Das können wir nicht verantworten. Wir müssen alles darauf ausrichten, dass wir die Gastronomie und die Hotellerie ab dem neuen Jahr wieder aufmachen können.
Besonders gefreut hat mich persönlich, dass wir es geschafft haben, dass auch die Schausteller in die Hilfen des Bundes aufgenommen worden sind. Dafür vielen Dank. Wir haben im Vorwege schon darüber gesprochen. Jeder hat sie im Auge gehabt. Es macht wenig Sinn, dass Schausteller Novemberhilfen bekommen, weil sie dann eigentlich noch gar nicht arbeiten, maximal eine Woche Weihnachtsmarkt haben und nicht den Mörderumsatz machen, sie aber dann für den Monat, in dem die Kohle fließt, keine Unterstützung bekommen. Insofern war das ganz, ganz wichtig. Das gibt diesen Betrieben Sicherheit. Damit schaffen sie es hoffentlich
auch ins neue Jahr. Wie gesagt, das ist ein kleiner, aber feiner Beitrag, dass man das erweitert hat.
Trotzdem muss man sich überlegen: Was passiert eigentlich in unserem Land, wenn die Inzidenzzahlen dauerhaft weiter unter 50 liegen? - Danach - eigentlich will ich das gar nicht sagen - sieht es aus. Wir haben aber die Hoffnung, dass wir gut über das Weihnachtsfest kommen und wir das hinbekommen, wenn die Leute nicht verrücktspielen. Dann, finde ich, muss es auch spürbare Lockerungen geben. Dann müssen wir uns wirklich Gedanken machen, wie das mit Gastronomie, Hotellerie, Sportvereinen, Kulturveranstaltungen ist. Das kann alles abgestuft sein. Das ist nicht die Frage. Aber die Betriebe, die Vereine und Ehrenamtler müssen wieder eine Perspektive bekommen.
Wenn es um die besonderen Verschärfungen ab einem Inzidenzwert von 200 geht - das ist wichtig -, muss es möglich sein, dies stark zu regionalisieren. Das bedeutet nicht nur, dass man das auf Kreisebene regionalisiert, sondern vielleicht sogar auf Ortsebene. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Die hohen Inzidenzwerte des Kreises Nordfriesland aus dem letzten Monat lagen nicht oben im Kreis Nordfriesland, sondern es waren einige Familienfeiern in der Stadt Husum. Die Fälle haben sich auch auf die Stadt Husum begrenzt. Dort hat man Maßnahmen gemacht, indem man die Innenstadt gesperrt hat, indem man eine Maskenpflicht in diesem Bereich eingeführt hat. Das ist auch okay so. So sollte man sich eigentlich auch verhalten, wenn irgendwann einmal solche Werte auf Kreisebene oder in einer kreisfreien Stadt erhöht sind. Man sollte nicht auf Sylt Beschränkungen vornehmen, nur weil die in Husum verrücktgespielt haben. Wir müssen darauf achten, dass das vernünftig gemacht wird.
Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung haben wir zwei Ziele. Eines habe ich schon genannt, das ist - wenn man so will - die Wiedereröffnung des Landes ab 2021, schrittweise, vorsichtig, immer daran denkend, dass man den Leuten nicht schaden will. Wir haben hier auch eine Verantwortung für die Gesundheit der Menschen.
Das leitet mich über zum zweiten Ziel. Wir müssen die Menschen schützen. Das ist immer noch die Hauptaufgabe. Das ist wichtiger als Kultur. Das ist wichtiger als Wirtschaft. Das ist wichtiger als Sport. Das ist wichtiger als alles andere. Möglichst
niemand soll durch diese Pandemie zu Schaden kommen.
Sehen wir uns die Zahlen an, hat der Kollege recht: Die Zahlen der Intensivbehandlung sind massiv gestiegen. 3.800 Intensivbetten sind jetzt belegt. Wir wissen nicht, wie hoch diese Zahl noch steigen wird. Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir mit Augenmaß vorgehen.
Vor diesem Hintergrund - das muss ich ehrlich sagen - habe ich jetzt endgültig kein Verständnis mehr für die Anti-Corona-Demonstrationen. Mir gehen die Leute wirklich auf den Zeiger. Ich habe nichts dagegen, dass Leute debattieren, diskutieren und auch demonstrieren. Aber wenn ich höre, dass in Hildburghausen der Inzidenzwert bei über 600 liegt und die gestern Abend singend und brüllend durch die Stadt gelaufen sind, finde ich: Der Rechtsstaat muss durchgreifen. Dann muss man diese Demonstration entweder verbieten oder sie, wenn man sich nicht an Auflagen hält, umgehend auflösen. Das kann nicht anders sein. Das muss man den Leuten auch klarmachen.
Gleiches gilt im Übrigen, wenn es um das Silvesterfeuerwerk um 24 Uhr vor dem Brandenburger Tor geht. Das ist der Effekt dieser Demo, die dort stattfinden soll. Dann kann man auch zur Auflage machen, dass sie sich schon um 12 Uhr mittags treffen. Dann wird das nicht ganz so doll sein. Das schränkt das Demonstrationsrecht in keiner Weise ein. Dann sollen sie dort langlaufen, und wenn der erste Knaller gezündet ist, wird der Laden aufgelöst - fertig, aus die Maus.
Wenn es in anderen Zusammenhängen beispielsweise darum geht, Forste zu räumen, gehen wir wesentlich härter damit um. Hier geht es um Folgendes: Diese Leute rennen da rum, stecken sich gegenseitig an, stecken andere an. Wir haben eine Verantwortung, dass diese Leute diesen Quatsch nicht weitermachen können.
Wir leben zum Glück im Land der Glückseligen. Bei uns herrscht Disziplin, Ruhe und Besonnenheit - richtig typisch norddeutsch. Das ist auch gut so.
Der Ministerpräsident hat natürlich recht: Am Ende sind wir alle diejenigen, die den Schlüssel in der Hand halten, nicht nur wir hier im Landtag, sondern alle Bürgerinnen und Bürger draußen. Wenn wir aufpassen, wenn wir vorsichtig sind, wenn wir die Abstandsregeln einhalten, wenn wir uns in dem Feierwunsch oder dem Wunsch zusammenzukommen, ein klein wenig zurückhalten, wenn wir nicht alles
das machen, was wir vielleicht gern tun würden, wenn wir uns einmal damit zufriedengeben, eine Pizza zu bestellen, anstatt sie im Restaurant zu essen -
- Man kann sie auch selbst backen, aber ich möchte lieber die Leute unterstützen, die derzeit keine Arbeit haben. Deshalb ist es für mich ganz wichtig, die Restaurants zu unterstützen. Ich bestelle dort regelmäßig. Das kann man mir auch ansehen.
- Salat ist nicht meine Welt.
Allen Ernstes: Wir müssen die kleinen Betriebe unterstützen. Die kämpfen um ihr Überleben. Das ist unser Job. Wir müssen uns selbst zurücknehmen, damit wir Menschen, die gefährdet sind, schützen können. Deswegen haben wir in der Tat den Schlüssel in der Hand. Wir werden irgendwann im neuen Jahr die Tür für ein normales Leben wieder aufstoßen. Das ist richtig so. Jetzt geht es erst einmal darum - das tragen wir solidarisch mit -, dass wir uns zurückhalten, dass wir versuchen, die große Welle zu vermeiden, um dann ab 2021 wieder umso besser leben zu können.
In dem Sinne wünschen wir uns alle einen schönen Advent. Schöne Weihnachten will ich noch nicht wünschen, denn wir haben noch eine Plenartagung vor uns. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe darüber nachgedacht, eine Zwischenfrage zu stellen, aber das hätte die Redezeit des Kollegen Nobis verlängert. Das wollte ich Ihnen nicht zumuten, deshalb habe ich mich jetzt zu Wort gemeldet.
Kollege Nobis, wenn Sie dem Kollegen Dolgner zugehört hätten,
dann hätten Sie eigentlich sagen müssen: Liebes Präsidium, ich möchte nicht mehr dazu reden, denn Sie haben die Antwort bekommen, auch mit einem Beispiel aus Hildburghausen. Das Beispiel zeigt, wie niedrig die Werte waren und wie schnell sie in die Höhe gehen können. Das kann bei mir in Nordfriesland genauso passieren. Deshalb ist völlig klar: Wenn wir die Welle flach halten wollen, dann müssen wir das gemeinsam tun, dann können das nicht nur einzelne Regionen tragen. Wir müssen gemeinsam die Kontaktmöglichkeiten einschränken.
Es bringt nichts, zu sagen: Ich mache irgendwo bei mir in Nordfriesland, im Kreis Schleswig-Flensburg oder in der Stadt Flensburg die Hotels und die Gastronomie wieder auf, und die Pinneberger kommen uns alle besuchen. Das macht wenig Sinn.
Deshalb ist es klug, das ganze Land runterzufahren, bis die Welle abgeebbt ist, und es erst dann langsam wieder Stück für Stück hochzufahren. Mein Beispiel mit Sylt und Husum war gewählt, als es um
die Inzidenz von über 200 ging. Dass man dann schärfere Maßnahmen ergreifen muss, darin sind wir uns - bis auf Ihre Truppe - alle einig. Ich habe gesagt: Wenn es erklärbar ist, dass es nur in einer kleinen Region eines Kreises einen Anlass dafür gibt, verschärfte Maßnahmen zu ergreifen, wobei ich das Beispiel Husum genannt habe, dann sollte man diese nach Möglichkeit auch nur dort ansetzen. Dann wird die Innenstadt bei mir in Husum eben entweder abgesperrt, es wird eine Maskenpflicht eingeführt oder Geschäfte werden dichtgemacht, vielleicht wird auch die Gastronomie geschlossen, aber eben nicht auf Sylt und in Niebüll. Das ist der Hintergrund, der hier eine Rolle spielt.
Aber grundsätzlich muss es doch jetzt darum gehen, die Menschen zu schützen. Das ist eigentlich auch Ihre Aufgabe, nämlich die Menschen zu schützen, alle Leute, die draußen herumlaufen und davon bedroht sind, durch Corona schwer zu erkranken. Dass Sie sich hier hinstellen und genau das Gegenläufige verkünden, zeigt immer wieder, dass Sie eben doch irgendwie eine menschenfeindliche Ader in sich haben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sich den Ursprungsantrag des Abgeordneten Schaffer ansieht, der könnte meinen, dass bezüglich der islamistischen Gefährder in der Vergangenheit in Deutschland nichts getan wurde und dass diese Menschen hier ungehindert tätig sein können. Das sind, gelinde gesagt, Fake News.
Sehen wir uns doch einmal die wirklichen Zahlen an. Noch 2017 hatten wir 720 in Deutschland gemeldete islamistische Gefährder. In diesem Jahr sind es, Stand 1. September 2020, nur noch 627. Die Anzahl ist also merklich geringer geworden, und ich nehme es vorweg: Das hat etwas mit Abschiebungen zu tun.
Um aber die Lage genauer einschätzen zu können, sind zwei Fakten entscheidend. Der erste Fakt ist, dass von diesen 627 Gefährdern 320 Deutsche sind. Das heißt, man kann über die Hälfte dieser Menschen gar nicht abschieben. Der zweite Fakt ist, dass sich laut Bundeskriminalamt circa die Hälfe der genannten islamistischen Gefährder gar nicht in der Bundesrepublik aufhalten. Die meisten sind in Kampfgebiete gezogen. Jemand, der nicht hier ist, kann somit nicht ausgewiesen werden, auch das ist logisch.
Legt man diese Zahlen zugrunde, dann haben wir ungefähr 300 ausländische islamistische Gefährder, von denen sich möglicherweise die Hälfte im Ausland befindet. Es bleiben somit potenziell vielleicht 150 bis 200 ausländische islamistische Gefährder, die dann gegebenenfalls auswiesen werden könnten. Und, meine Damen und Herren, man tut es auch. Allein im letzten Jahr wurden 54 islamistische Gefährder abgeschoben. Das Land NordrheinWestfalen lässt gerade per Gutachten herausfinden, ob solcherlei Abschiebungen von Gefährdern noch leichter möglich sein können.
Es mag im Einzelfall tatsächlich Abschiebehemmnisse geben, nämlich, wenn eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der jeweiligen Person besteht. Das kommt aber gar nicht so oft vor, wie der Antrag von Herrn Schaffer glauben machen will. Im Gegenteil, es wird in viele Länder abgeschoben: nach Algerien, nach Marokko, nach Tunesien, in den Irak, nach Pakistan, nach Russland und in viele andere Länder. Im Übrigen sei in einer Nebenbemerkung gesagt, dass es für die Abschiebung
von Gefährdern nicht notwendig ist, ein Land als sicheres Herkunftsland zu deklarieren.
Sie können also sehen, dass hier durchaus gehandelt wird und dass unsere Sicherheitsbehörden auch eng an diesen Gefährdern dran sind, denn die, die noch hier sind, und die, die in jedem Fall hierbleiben werden, weil sie Deutsche sind, werden engmaschig beobachtet. Das gilt im Übrigen auch für die anderen Gefährder. Es gibt nämlich nicht nur Islamisten, sondern es gibt auch in anderen Bereichen Gefährder.
Das Bundeskriminalamt listet derzeit 70 rechtsextremistische Gefährder und einen linken Gefährder. Genau wie bei anderen extremistischen Haltungen auch, graben wir den islamistischen Gefährdern das Wasser nur dann ab, wenn wir schon am Anfang bei der Radikalisierung - anfangen. Und da kann man dann sagen, dass der Jamaika-Antrag und auch die Ergänzung der SPD genau den richtigen Ansatz verfolgen.
In dem Wissen, dass alle rechtlichen Möglichkeiten zur Abschiebung von islamistischen Gefährdern genutzt werden, müssen wir doch sehen, dass wir Deradikalisierungsprogramme brauchen, um allen anderen auch den richtigen Weg auf den richtigen Pfad zu zeigen. Hier müssen wir mit den Migrantenorganisationen zusammenarbeiten. Wir müssen klarmachen, welche demokratischen und freiheitlichen Grundwerte für uns unabdingbar sind, und das ist eine Aufgabe, die Alteingesessene genauso haben wie auch diejenigen, die in den letzten Jahrzehnten zu uns gekommen sind.
Und da passiert auch schon etwas in SchleswigHolstein, wie zum Beispiel die Projekte mit den Türkischen Gemeinden zeigen. Zu einer solchen Verdeutlichung unserer Werte gehört auch, dass extremistische Vereine wie zum Beispiel die Grauen Wölfe verboten werden. Wir müssen darüber hinaus auch negativen Einfluss aus dem Ausland eindämmen. Das heißt, Geldflüsse müssen überwacht und der Konsularunterricht an den Schulen hinterfragt werden. Imame müssen in Deutschland ausgebildet werden, so wie es jetzt in Osnabrück geschehen soll, und dann sukzessive die aus dem Ausland entsandten Imame ersetzen. Solche Maßnahmen sind in jedem Fall nachhaltiger und effektiver als Debatten über Gefährder-Abschiebungen, die ohnehin schon stattfinden.
Es geht hier darum, dass wir viele Menschen haben, die hier bleiben, die radikalisiert worden sind. Ob wir denen helfen können, weiß ich gar nicht. Aber worum es eigentlich gehen muss, ist, dass keine
neuen Leute dazukommen. Das ist unsere eigentliche Aufgabe. Ich finde, da müssen wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, damit eben keiner mehr in diese Radikalisierungsspirale hineinkommt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir geht es ähnlich wie dem Kollegen Stegner - was das letzte Wort angeht.
- Ich meinte damit nicht ihn. - Ich selbst bin zwar kein Stück gläubig, trotzdem werde ich die Glaubensfreiheit bis zum bitteren Ende verteidigen. Jeder soll glauben können, was er will, egal, ob er Christ ist, ob er Buddhist ist oder ob er dem Islam angehört. Das ist mir völlig piepenhagen. Wenn jemand daran glaubt, soll er das können. Das ist ein Wesenszug unseres Landes, und den sollten wir uns erhalten.
Frau von Sayn-Wittgenstein, es ist nicht nur der radikale Islamismus, der zu totalitären Verhältnissen führt, es ist jede Form von Radikalismus, auch von Rechts oder Links. Was in den letzten Tagen im Deutschen Bundestag passiert ist, ist Ausdruck dieses Radikalismus.
Ich möchte nicht sagen, es ist das Nachspiel dessen, was wir schon einmal erlebt haben, aber es ist genau die gleiche Vorgehensweise.
Es ist die größere Gefahr für diese Republik, dass wieder rechtsradikale Kräfte an die Macht kommen und dieses Land zugrunde richten. Sie und Ihresgleichen sind der politische Arm des Rechtsradikalismus, den wir in diesem Land verhindern müssen und werden.
Meine Damen und Herren, deshalb muss völlig klar sein: Intoleranz ist nie die Lösung. Ich verstehe jeden Menschen, der sich Sorgen macht, jeden Menschen, der sich darüber Gedanken macht, ob ihm etwas passieren kann, weil draußen irgendein wirrer Mensch herumläuft. Ja, wir haben das Recht, uns darüber Gedanken zu machen. Das führt aber nicht dazu, dass wir das Recht haben, alle über einen Kamm zu scheren. Vielmehr geht es darum, dass