Protocol of the Session on December 12, 2019

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle sehr herzlich. Erkrankt sind heute die Abgeordneten Peter Lehnert und Thomas Rother. Wir wünschen gute Besserung.

(Beifall)

Die Abgeordneten Claussen, Kilian und Jensen haben nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme an der heutigen Sitzung verhindert sind. Die Abgeordneten von Pein und Bornhöft haben mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme an der heutigen Sitzung ab 15 Uhr verhindert sind.

Begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Altenholz. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Erzieherische und sozialpädagogische Ausbildungen attraktiver gestalten und Ausbildungsvergütung einführen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1856

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die SPD-Fraktion die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Erzieherinnen verzweifelt gesucht, auch so hätte dieser Tagesordnungspunkt betitelt werden können und müssen. Ich möchte heute einen der für mich wichtigen Punkte ansprechen, die während der gesamten Debatte um die Kita-Reform und im Dialog zur Kita-Reform von der Landesregierung ausgeblendet wurden. Das sind die fehlenden Fachkräfte.

(Beifall SPD und SSW)

Meiner Auffassung nach braucht es wegen der KitaReform auch eine Neuausrichtung der Erzieherausbildung, denn uns fehlt im ganzen Land gut ausgebildetes Personal. Wir haben jetzt schon einen Fachkräftemangel, und das führt dazu, dass Erzie

herinnen und Erzieher sich mittlerweile in andere Arbeitsfelder wegbewegen, weil der Druck in den Kitas einfach zu groß wird. Andererseits bekommen wir von den Trägern und auch von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern die Rückmeldung: Wir können nicht an- oder umbauen. Das Geld ist da, aber das Personal fehlt.

Um eines vorwegzunehmen: Es wird mit mir keine Absenkung der Qualität nach der deutschen Qualitätsrahmenrichtlinie, nach DQR 6, geben. Ich halte nichts von einer Deprofessionalisierung der Erzieherausbildung. Daher lehne ich die dreijährige Schmalspurausbildung genannt Staatlich geprüfter Fachassistent für frühe Bildung und Erziehung, entschieden ab.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies wird nämlich gerade auf der Kultusministerkonferenz diskutiert. Nur auf Druck der Gewerkschaften ist die Vorlage erst einmal von der Tagesordnung verschwunden. Unsere Ausbildung ist eine europaweit anerkannte Ausbildung. Sie können mit der Erzieherausbildung in Deutschland in ganz Europa arbeiten. Unser Abschluss ist mit dem Bachelor in anderen Ländern gleichgesetzt. Mir geht es darum, dass wir für die Erzieher und auch die SPA endlich unbedingt zu einer vergüteten Ausbildung kommen, und zwar aus zweierlei Sicht.

(Beifall SPD und SSW)

Zum einen ist es ungerecht, eine in der Regel fünfjährige Ausbildung zu starten, ohne dabei nur einen einzigen Cent zu verdienen. Dabei erfüllen die Betroffenen - das ist wichtig - am Ende einen gesetzlichen Auftrag in der Kita. Das zeigt, wie hoch der Idealismus der Menschen ist und wie wichtig ihnen ihre Ausbildung ist. Dafür bewundere ich das Fachpersonal, aber gerecht ist das nicht.

(Vereinzelter Beifall SPD und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Vielen Dank, liebe Marret. - Zum anderen spitzt sich der Bedarf an Fachkräften weiter zu. Hier kennen wir die Zahlen, daher freue ich mich sehr, dass Herr Potten heute da ist. Wir wissen mittlerweile, dass in den nächsten Jahren viele Kolleginnen und Kollegen in den wohlverdienten Ruhestand gehen werden. Es gibt also auf der einen Seite einen enormen Bedarf an Fachkräften, auf der anderen Seite stehen die hohen Abgänge, die wir in den nächsten Jahren haben werden. Hier müssen wir als Politikerinnen und Politiker im Grunde genommen sofort über die Rahmenbedingungen sprechen und uns

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kümmern. Ein Beispiel wäre, das Modell der PiAusbildung, die Praxisintegrierte Ausbildung, zu einer Regelausbildung umzuwandeln oder diese zumindest als Modell zu nehmen, um in diesem Bereich weiter voranzukommen.

(Beifall SPD, SSW und Katja Rathje-Hoff- mann [CDU])

Denn es zeigt sich, dass diese vergütete Ausbildung ein Erfolg ist. Von daher ist es klar, dass dies auch etwas mit der Bezahlung in der Ausbildung zu tun hat.

Wenn ich mit den Schulen rede, dann wird mir gesagt: Mehr davon, Frau Midyatli. - Wir haben nämlich zurzeit die Situation, dass wir eine Klasse haben, in der die Mitglieder eine vergütete Ausbildung absolvieren, und eine andere Klasse, in der die klassische Erzieherausbildung erfolgt. Das heißt also, wir haben jetzt schon auf den Fluren eine Ungerechtigkeit, und das wird natürlich von den Schülerinnen und Schülern diskutiert.

Als Sozialdemokratin ist mir wichtig, auch weiterhin einen niedrigschwelligen Zugang zu ermöglichen. Auch wenn es schon Kreise und kreisfreie Städte gibt, die nur noch Erzieherinnen und Erzieher anstellen, sollten wir, so finde ich, an der Ausbildung sozialpädagogischer Assistenten weiterhin festhalten. Aber auch hier gilt: Diese Ausbildung gehört vergütet. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, aber vor allem müssen wir neue Formen schaffen, damit es auch einen Aufstieg bei den SPA geben kann.

(Beifall SPD)

Zurzeit ist es so: Einmal SPA, immer SPA, außer man hängt eine dreijährige Ausbildung an - ganz ohne Bezahlung, egal wie lange man Berufserfahrung hat. Auch hierzu bekomme ich die Rückmeldung, dass es intensive Gespräche gibt. Räume sind vorhanden, aber es wird natürlich Personal gebraucht.

Ich muss meine Rede leider ein bisschen verkürzen: Der Rechtsanspruch wird dazu führen, dass wir Fachkräfte brauchen. Ein Blick auf die Universitäten lohnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Rückfrage an die FH in Kiel hat ganz deutlich gezeigt, dass wir 1.000 Bewerberinnen und Bewerber auf 120 bis 150 Studienplätze pro Semester haben.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum letzten Satz.

Das heißt, es besteht ein enormer Handlungsbedarf bei der Ausbildung und bei den Studienplätzen, damit eine frühkindliche Bildung auch in SchleswigHolstein weiter gut vorankommt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Peer Knöfler das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau Midyatli, Ihr Antrag mit dem Titel „Erzieherische und sozialpädagogische Ausbildungen attraktiver gestalten und Ausbildungsvergütung einführen“ ist gut gedacht, aber in meinen Augen schlecht gemacht. Mit „schlecht gemacht“ meine ich in erster Linie nicht den Inhalt, sondern den Zeitpunkt; der Inhalt lässt sich durchaus gestalten.

Die SPA-Ausbildung soll zu „einer praxisorientierten Ausbildung inkl. einer Ausbildungsvergütung“ weiterentwickelt werden. - Das gibt es schon, das ist seit dem 01.08.2019 möglich und wird auch schon umgesetzt.

„Für berufserfahrene SPAs soll eine vergütete und verkürzte Weiterqualifizierung zum/zur Erzieher/in ermöglicht werden.“

Das gibt es auch schon, das ist in der entsprechenden Verordnung so geregelt.

„Die Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) zur Erzieherin/zum Erzieher für Quereinsteiger/ innen soll in allen Regionen angeboten werden;“

- auch hier bringe ich Sie auf den aktuellen Stand

„fünf Standorte haben PiA-Klassen, weitere sind in der Planung, und zum Schuljahr 2020/21 wird es sogar weiteren Aufwuchs an PiA-Klassen an Erziehungsfachschulen geben.“

Da Sie alle aufmerksam im Thema sind, ist Ihnen sicherlich nicht entgangen, dass wir jetzt schon bei Punkt vier des zur Abstimmung stehenden Antrags angelangt sind. Nun kommt auch der schlechte Zeitpunkt zum Tragen.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

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(Serpil Midyatli)

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, arbeitet die sogenannte KMK-Ad-hoc AG zur Weiterentwicklung der Ausbildung in der Sozialpädagogik genau an dieser Thematik. Die Veränderungen der Zugangsvoraussetzungen, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, sind aktuell Gegenstand dieser Beratung.

Zu Punkt fünf:

„Es müssen mehr Lehrkräfte für die Ausbildung von SPAs und Erzieher/innen qualifiziert werden.“

Ja, das ist logisch. Wenn wir ab dem nächsten Schuljahr mehr Klassen haben, dann brauchen wir auch mehr Lehrer.

„Die Digitalisierung in den Ausbildungen soll so weit wie möglich ausgebaut werden und dabei bereits vorhandene Erfahrungen … genutzt werden.“

Ja, wir digitalisieren an allen Ecken und Enden. Da werden wir sicherlich nicht bei der Ausbildung in der Sozialpädagogik haltmachen. Aber ich denke, die Inhalte bei dieser Ausbildung lassen die Vermittlung auf digitalem Wege nur teilweise zu.