Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass heute wahrscheinlich noch viele Gespräche ob des grandiosen Fußballabends gestern geführt werden. Deshalb gratuliere ich schon einmal dem Kollegen Kumbartzky zu diesem historischen Sieg gegen Bayern München. Auch unser Ministerpräsident wird heute sicherlich gute Miene zum nicht ganz so guten Bayernspiel machen. Aber ich denke, das kriegen wir heute alles hin.
Nach Mitteilung der Fraktionen sind erkrankt: in der CDU-Fraktion der Abgeordnete und unser Präsident Klaus Schlie sowie der Abgeordnete Hartmut Hamerich, in der SPD-Fraktion der Abgeordnete Tobias von Pein. Wir wünschen selbstverständlich gute und baldige Genesung.
Wegen auswärtiger Verpflichtungen sind beurlaubt: von der Landesregierung die Bildungsministerin Karin Prien am heutigen Nachmittag. Folgende Regierungsmitglieder haben zudem mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung verhindert sind: Ministerin Heinold, Minister Albrecht und Minister Dr. Garg.
Die Abgeordneten Touré und Petersdotter haben zudem nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme an der heutigen Sitzung verhindert sind.
Bevor wir ordnungsgemäß in die Tagesordnung einsteigen, meine Damen und Herren, möchte ich dem Kollegen Dennys Bornhöft zur Geburt seines Sohnes Boye Bornhöft ebenso herzlich gratulieren und alles Gute wünschen
wie unserem Kollegen Tobias von der Heide zur Geburt seiner entzückenden Tochter Clara Eleni. Alles Gute für euch!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des SchleswigHolsteinischen Landtages den Vorsitzenden des HanseBelt, den Konsul Herrn Bernd Jorkisch. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den begrüßenden Worten der Frau Präsidentin will ich nur die Frage anfügen, wie Schalke 04 eigentlich vorgestern gespielt hat. Aber das nur nebenbei.
Heute ist die Zusammenarbeit im Ostseeraum für Schleswig-Holstein so wichtig wie selten zuvor. Wir stehen vor den gleichen drängenden Herausforderungen wie unsere Nachbarn. Gemeinsam mit ihnen können wir eine Menge erreichen für mehr Wohlstand, Klimaschutz und Innovation. Deshalb müssen wir unsere Ostseepolitik in diesem Jahrzehnt konkret auf diese Chancen ausrichten. Schleswig-Holstein wird dafür seine Ostseepolitik neu fokussieren: erstens auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit, hier insbesondere mit Blick auf Klimaschutzinnovationen und Künstliche Intelligenz; zweitens auf den Klima- und Meeresschutz; drittens auf die Kooperationen im wissenschaftlichen und kulturellen Bereich, und das mit dem Ziel, künftig mehr Menschen für das Gemeinsame im Ostseeraum zu interessieren, ja vielleicht sogar zu begeistern. Wir begreifen die Ostsee als Chancenraum,
angesichts zunehmender internationaler Konflikte auch als Chancenraum für Frieden, Völkerverständigung und Demokratie. Ich sage das auch mit Blick auf Russland, wo wir sicherlich noch große Herausforderungen sehen.
Ähnliches gilt für das EU-Mitglied und den OstseeAnrainer Polen. Hier begrüße ich ausdrücklich, dass die Europäische Union klipp und klar rechtsstaatliche Standards einfordert und auch die Zahlung europäischer Gelder davon abhängig macht. Das Rechtsstaatsprinzip ist das Fundament der Europäischen Union und muss vor Erosion geschützt werden.
Krisen bieten Chancen. Die Ostsee ist ungeachtet aller Herausforderungen für Schleswig-Holstein ein Meer der Möglichkeiten, und diese will ich heute ausleuchten. Die Ostsee ist ein Chancenraum für die grenzüberschreitende Entwicklung von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Deutschland kann da von den Balten und Skandinaviern lernen. Die Landesregierung strebt Kooperationen an, die gegenseitige Lerneffekte und Synergien auslösen. Wir wollen die wirtschaftliche Zusammenarbeit intensivieren, insbesondere mit Blick auf die Chancen blauer Wirtschaft. Natürlich ist die Ostsee auch ein Chancenraum für Klimaschutz und erneuerbare Energien.
Schleswig-Holstein liegt zwar zwischen zwei Meeren, ist aber trotzdem keine Insel. Wir müssen international zusammenarbeiten, sonst wird das nichts. Außerdem wollen wir die Kooperationen im Ostseeraum im Bereich Wissenschaft, Bildung und Kultur stärken. Dänemark ist wichtigster Partner im Ostseeraum; doch wir wollen darüber hinausblicken mit dem Ziel, künftig mehr Menschen für die Zusammenarbeit im Ostseeraum zu begeistern.
Meine Damen und Herren, es geht darum, neue Dynamik für den Ostseeraum als Chancenraum zu entwickeln für mehr Wohlstand, Klimaschutz, Meeresschutz, Wachstum und Beschäftigung.
Es gibt ein starkes wirtschaftliches Fundament, von dem aus wir hier starten. Fast ein Viertel unseres Außenhandelsvolumens liegt im Ostseeraum. Im Außenhandelsranking von Schleswig-Holstein sind Dänemark, Polen und Schweden in den Top Ten unserer wichtigsten Handelspartner. Dänemark ist unser zweitwichtigster Handelspartner überhaupt. Ich will mich hier im Landtag ganz klar zu Dänemark als unserem Premiumpartner in der Ostseeregion bekennen. Anfang Oktober war ich in Kopenhagen, um mit der Regierung, aber auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft zu sprechen. Mit dem dänischen Außenminister pflege ich einen engen freundschaftlichen Austausch. Wir nehmen die Kooperation mit Dänemark ernst und wollen vorankommen.
Als Handelsraum hat die Ostsee eine sehr lange Tradition. Das hat die DNA unseres Landes bis heute zutiefst geprägt. Mit dem Blick nach vorn stehen wir vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Die maritime Wirtschaft stand schon vor der Pandemie unter Druck. Es ist das Ziel der Landesregierung, die blaue Wirtschaft auf dem Weg in die Zu
kunft zu unterstützen. Herausragendes Beispiel ist das Projekt CAPTN Kiel. Es vereint drei Schwerpunktbereiche der regionalen Innovationsstrategie der Landesregierung: Energiewende und grüne Mobilität, die digitale Wirtschaft und die maritime Wirtschaft. Die von Bund und Land geförderten Teilprojekte reichen von der Netzwerkbildung über eine Designstudie für eine autonom fahrende Fähre, die Entwicklung und den Bau eines Versuchsträgers, den Aufbau eines digitalen Testfeldes für autonome Schifffahrt mit 5G-Technologie bis hin zu Verteilung, Transport und Einsatz erneuerbarer Energien.
Saubere Schifffahrt zu fördern, das hilft der Ostsee. Die erstmalige Betankung eines Frachters in Schleswig-Holstein mit SNG hat gezeigt, dass wir mit grünen Kraftstoffen emissionsfrei die Ostsee befahren können.
Das STRING-Netzwerk, die Kooperation in der südwestlichen Ostsee, ist ein wichtiges Forum für solche Lösungen. Alle Partner eint die Vision, die STRING-Region zwischen Hamburg und Oslo zu einer Megaregion zu machen, die von der Entwicklung, Produktion, Nutzung und vom Export grüner Lösungen lebt und ihren Menschen eine hohe Lebensqualität bietet.
In wenigen Jahren wird die Fehmarnbeltquerung Realität sein. Für Schleswig-Holstein ist sie eine Jahrhundertchance.
Norddeutschland und Skandinavien wachsen enger zusammen. Das birgt riesige Wirtschaftschancen. Bis zu 3.000 Menschen werden direkt beim Bau des Fehmarnbelttunnels Beschäftigung finden. Eine ähnliche Zahl an Arbeitsplätzen wird indirekt entstehen bei Zulieferern, Ver- und Entsorgern und Dienstleistern. Davon entsteht ein nicht unerheblicher Anteil bei uns in Schleswig-Holstein.
Die Anfragen nach Gewerbeflächen machen deutlich, dass die wirtschaftlichen Chancen sich nicht nur auf den Bau des Tunnels beschränken. Die Zukunft hat schon begonnen: Der interkommunale Gewerbepark, der jetzt der Unternehmenspark im HanseBelt heißt, wird vom Land gefördert. Gleiches gilt für die Erweiterung eines Gewerbegebietes in Oldenburg. Um die Chancen aus der Festen Fehmarnbeltquerung in der Region bestmöglich zu nutzen, unterstützt die Landesregierung die regionale Kooperation HanseBelt mit 1,5 Millionen €.
Der Ausbau klimafreundlicher Mobilität, der von Beginn an grenzüberschreitend gedacht und geplant wird, ist ein zentraler Baustein der Landesregierung. Der Bau der Festen Fehmarnbeltquerung bedeutet dafür einen wichtigen Schritt nach vorn. Das Ziel ist eine Zugverbindung Hamburg-Oslo in unter neun Stunden.
Meine Damen und Herren, während des schleswigholsteinischen Vorsitzes in der STRING-Region 2020/21 hat Schleswig-Holstein intensiv am Ausbau nachhaltiger Infrastruktur und grünem Wachstum in der Region bis 2030 gearbeitet. So hat Schleswig-Holstein die Idee von grenzüberschreitendem Ausbau der grünen Wasserstoffinfrastruktur vorangetrieben, und wir übernehmen die Leadpartnerschaft in einem geplanten Wasserstoffprojekt. Nach Plan soll ein Kernnetz von mindestens zwölf Wasserstoff-Tankstellen zwischen Hamburg und Oslo errichtet werden. Der Korridor wäre der erste seiner Art - vier Staaten umfassend. Das fügt sich gut in unsere Wasserstoffstrategie ein.
Neben dem Einsatz im Schwerlastverkehr bietet Wasserstoff im Ostseeraum die Chance, die maritime Industrie und insbesondere die Schifffahrt zu dekarbonisieren. In der Hafenwirtschaft arbeiten unsere Ostseehäfen bereits immer klimafreundlicher, sie setzen auf saubere Fähren, auf grüne Schiffsantriebe und auf Landstrom. Das sehen wir hier im Port of Kiel. Zur blauen Wirtschaft gehört auch der Kreuzfahrttourismus. Als Land unterstützen wir das. Mit einem neuen Terminalgebäude und einer hochmodernen Landstromanlage, für die wir uns erfolgreich politisch eingesetzt haben, kann man auch Kreuzfahrttourismus immer umweltverträglicher machen.
Auch die Förderung von KI hilft, Treibstoff zu sparen und Emissionen zu verringern, indem KI-Lösungen unnötige Fahrten vermeiden. Das vom Land geförderte Projekt „RASMUS - Real-time Analyse und Optimierung von Schiffsrouten durch Verknüpfung von KI und ozeanografischen Modellen“ leistet einen solchen Beitrag zur CO2-Reduktion im Schiffsverkehr. Um solche Innovationen voranzubringen, werden wir die über viele Jahre etablierte Wissenschaftskooperation im Ostseeraum nutzen und die notwendigen Brücken in die Wirtschaft bauen. Geld dafür ist da. Die EU steht an unserer Seite. In der neuen Förderperiode warten allein im INTERREG-Ostseeprogramm fast 250 Millionen € aus EFRE-Mitteln auf gute Projektanträge aus
Auch im Bereich der Digitalisierung der Verwaltung und der Verwaltungsmodernisierung treiben wir die Zusammenarbeit voran. Die Universität Lübeck und die IT University of Copenhagen bauen ein E-Government-Kompetenzzentrum auf. Die Landesregierung unterstützt dieses Vorhaben auch finanziell.
Meine Damen und Herren, so prosperierend der Ostseeraum auch ist, so ist der ökologische Zustand der Ostsee nach wie vor herausfordernd. Damit sind wir bei der zweiten Säule unserer Ostsee-Aktivitäten, dem Klima- und insbesondere dem Meeresschutz. Schleswig-Holstein versteht sich hier als Initiator und Förderer gemeinsamer Lösungen. Die Fischbestände müssen sich erholen. Deshalb brauchen wir auch hier neue Konzepte, wie eine schonende Fischerei aussehen kann. Da darf es in der Ostsee keinen Unterschied zwischen den Fischern der einzelnen Anrainerländer geben. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen, dass auch der Klimawandel den Fischbeständen zusetzt, denn durch den Temperaturanstieg werden die Nahrungsketten im Meer gestört. Klimaschutz ist auch Meeresschutz, meine Damen und Herren.