Protocol of the Session on November 7, 2018

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 16. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Heute ab 12 Uhr ist der Abgeordnete Bernd Voß von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beurlaubt.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 4 bis 8, 10, 11, 13, 20, 22, 29 und 31 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 14, 15 und 21.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 3 und 25, Zustimmungsgesetz zum Vertrag über die Förderung des jüdischen Lebens und Antrag zur Vorbeugung von Antisemitismus in der Schule, die Tagesordnungspunkte 12 und 24, Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und -pflegestellen und Einführung einer verpflichtenden Kita-Datenbank, die Tagesordnungspunkte 17 und 34, Bürgerfreundliche Sprache in der Verwaltung und Bericht „Barrierefreie Informationen zur Kommunalwahl“, sowie die Tagesordnungspunkte 23 und 27, Anträge „Gutachten ernst nehmen, Schülerinnen und Schüler schützen“ und „Vorschulklassen an Grundschulen einrichten“.

Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor.

Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 16. Tagung.

Wir werden heute unter Einschluss einer einstündigen und morgen unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag findet um 10 Uhr die Gedenkfeier zum 9. November hier im Plenarsaal statt.

Ich höre keinen Widerspruch; dann werden wir so verfahren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des SchleswigHolsteinischen Landtages Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule am Brook in Kiel und der Gemeinschaftsschule am Schiffsthal in Plön.

3086 Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 42. Sitzung - Mittwoch, 7. November 2018

Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Den Landesbrandmeister habe ich heute Morgen auch schon gesehen. Er ist auch anwesend. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde zu den Ergebnissen der Ministerpräsidentenkonferenz in Bezug auf den Digitalpakt Schule

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1040

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Martin Habersaat.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein kluger Mann hat gesagt: Wenn jemand mit 5 Milliarden € auf dem Arm auf mich zukommt und dabei über eine wackelige Hängebrücke muss, dann werde ich an dieser Brücke nicht wackeln, und ich werde ihn nicht herunterschubsen. Das war der Hamburger Schulsenator Ties Rabe, und nach der Ministerpräsidentenkonferenz vom 24. bis 26. Oktober 2018 habe ich die Hoffnung, dass sich diese Auffassung grundsätzlich inzwischen auch in Baden-Württemberg, in Nordrhein-Westphalen und in Sachsen bei den dortigen Landesregierungen durchsetzen kann.

In Schleswig-Holstein ist es glücklicherweise nie strittig gewesen, dass wir das Kooperationsverbot, also die Ansage, der Bund darf den Ländern kein Geld für ihre Schulen geben, für Blödsinn halten. Ich habe die Hoffnung, dass zumindest ein Teil dessen, was wir für richtig halten, jetzt die Chance hat, Wirklichkeit zu werden, wenn das Grundgesetz geändert wird. Es scheint momentan darauf hinauszulaufen, dass das Kooperationsverbot nicht völlig fällt, aber immerhin an einer weiteren Stelle aufgeweicht wird, und das wäre auch gut so.

Die 5 Milliarden € und genauso die wackelige Hängebrücke und die Notwendigkeit für diese sind übrigens Dinge, die wir Großen Koalitionen zu verdanken haben. 2005 bis 2009 hatte eine Große Koalition die glorreiche Idee, dieses Kooperationsverbot im Grundgesetz zu verankern. Zwischen 2013 bis 2017 war es die Bundesbildungsministerin

Wanka, die einen Digitalpakt mit 5 Milliarden € erfunden und verkauft hat. Leider hatte sie vergessen, diese Summe auch in den Haushalt zu schreiben. Deshalb war da in der letzten Legislatur nichts zu wollen. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Großen Koalition steht nun das Vorhaben: 5 Milliarden € sollen fließen, 3,5 Milliarden € davon in dieser Legislaturperiode. Jetzt werden Wege gesucht, wie dieses Geld fließen darf.

Die Zeit drängt. Deswegen war es uns ein Anliegen, heute darüber zu sprechen, denn es muss noch in diesem Jahr eine Einigung geben, wenn ab Januar 2019 der erste Euro fließen soll. Es müssen dann auch Entscheidungen dahin gehend getroffen werden, wie es mit der Verteilung in den Ländern weitergeht. Auch deswegen schien es uns wichtig, das hier im Landtag auf die Tagesordnung zu bringen.

(Beifall SPD)

Das muss zunächst auf Bundesebene geklärt werden. Möglicherweise ist diese Große Koalition, die gerade regiert, ja diejenige, die für 2019 bis 2021 noch für die Haushalte zuständig ist. Schon dafür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen wollen. Was ist aber mit den Jahren 2022 und 2023? Wie wird rechtssicher geregelt, dass das Geld weiterhin fließt?

Wie ist das mit laufenden Kosten? Es ist einerseits schön, dass der Bund erkennt: Digitalisierung ist wichtig, die Länder sollen ihre Schulen ausstatten. Aber der logische zweite Schritt ist, dass man fragt: Was ist, wenn die Computer, die WLAN-Router, die IPads und was auch immer in einigen Jahren abgeschrieben und erneuerungsbedürftig sind? Oder was ist mit den laufenden Kosten, die für die Wartung und für die Administration entstehen?

Ein dritter Fragenkomplex interessiert mich: Kanzleramtsminister Braun hat gesagt, dass der Bund eine bundesweite Bildungsplattform plant. Man konnte in Nordrhein-Westphalen den kleinen Versuch vor einigen Jahren glorreich scheitern sehen. Das Projekt hieß „Logineo“. Was plant der Bund genau, und wie plant er es? Herr Braun sagt, der Bund will in die Lehrerbildung einsteigen. Was heißt das? Und wie macht er das? Ist Herr Braun zuständig oder die Bundesbildungsministerin? Oder ist es die Digitalisierungsstaatssekretärin? - Fragen über Fragen.

Aber auch an die Länder und namentlich an Schleswig-Holstein gibt es Fragen. 5 Milliarden € sind bei 11 Millionen Schülerinnen und Schülern bummelig 450 € pro Schülerin beziehungsweise Schüler. Hier stellt sich die Frage, ob es so sein wird, dass die

Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 42. Sitzung - Mittwoch, 7. November 2018 3087

(Präsident Klaus Schlie)

Schulen mit dieser Zahl planen können, dass beispielsweise die Erich Kästner Gemeinschaftsschule in Elmshorn mit 1.400 Schülerinnen und Schülern ungefähr mit 630.000 € rechnen könnte. Werden dann der Grundschule Adelby, die circa 250 Schülerinnen und Schüler hat, ungefähr 110.000 bis 112.000 € zur Verfügung stehen? Oder soll es einen anderen Schlüssel geben? Ist es eventuell sogar so, dass nicht alles verteilt werden soll?

Ich habe mit Interesse gelesen, dass die Ministerpräsidenten in ihrer Einigung geschrieben haben, dass bisher erbrachte Leistungen der Länder berücksichtigt werden sollen. Heißt das, dass die Länder alles, was mit Internet in den letzten Jahren zu tun hatte, gegenrechnen und von den 5 Milliarden € nur das verteilen, was dann noch übrig bleibt? - Ich denke und hoffe, dass das nicht so sein wird, aber die Bestätigung, Herr Ministerpräsident, würde ich mir heute gern von Ihnen wünschen.

(Beifall SPD)

Oder soll möglicherweise zwar alles verteilt werden, aber nicht gleichmäßig auf alle Schulen? Im Bildungsausschuss am 7. Juni 2018 hat uns die Landesregierung berichtet, dass nur solche Schulträger antragsberechtigt sein sollen, die garantieren können, dass der technische Support gewährleistet ist. Heißt das, dass am Ende die wohlsituierten Kommunen, die sich eine digitale Hausmeisterei locker leisten können und teilweise schon haben, antragsberechtigt sind und die anderen Kommunen nicht? Heißt das, dass möglicherweise die, die sowieso schon viel haben, sogar mehr als diese 450 € pro Schülerin beziehungsweise Schüler beantragen können werden?

Wie verhält es sich denn mit den beruflichen Schulen? Man könnte auf der einen Seite argumentieren, berufliche Schulen stehen, da sie unmittelbar berufsqualifizierend sind, vor besonderen Herausforderungen und benötigen daher einen besonders großen Anteil dieses Geldes. Man könnte aber auch sagen, dass gerade an den beruflichen Schulen viele Schülerinnen und Schüler keine Vollzeitschüler sind und deswegen der Anteil pro Nase kleiner sein sollte. Auf die Antworten hierzu bin ich gespannt.

Am allermeisten interessiert mich jedoch die Antwort auf die Frage, wie der Herr Ministerpräsident sein Versprechen einlöst, in drei bis fünf Jahren werde jede Schülerin und jeder Schüler in Schleswig-Holstein ein Tablet zur Verfügung haben. Interessanterweise ist die Anschaffung von Endgeräten ausdrücklich ausgeschlossen, wenn es um diesen „Digitalpakt Schule“ geht. Es werden 5 Milliar

den € fließen. Hiervon darf jedoch nichts in die Anschaffung entsprechender Tablets fließen. Wenn jedoch der Ministerpräsident sagt, in drei bis fünf Jahren hätte aber jede Schülerin, jeder Schüler ein entsprechendes Gerät, dann warten wir darauf, dass sich das nun langsam im Haushalt abbilden wird. Im aktuellen Haushaltsentwurf, Herr Kollege Arp, habe ich zu der Erfüllung dieses Versprechens noch nichts gesehen. Ich hoffe nicht, dass dies so ein Versprechen der Kategorie war: vor der Kommunalwahl ist anders als nach der Kommunalwahl.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das wäre ja Sozi- System! - Beifall CDU)

- Wir werden über die A 20 und die Systematik falscher Versprechen noch reden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall SPD)

Die nächste Frage ist: Wie geht es mit den digitalen Modellschulen in Schleswig-Holstein weiter? - Wir haben jetzt viele digitale Modellschulen. Dankenswerterweise hat die amtierende Landesregierung die Grundidee übernommen und fortgeführt. Aber was ist denn, wenn alle Schulen irgendwann digitale Modellschule sind? Das bedeutet ja, dass sie in einem Bereich, in einer Sparte etwas erkunden. Werden wir dann ein Minimum, was heißt überhaupt digitale Schule in Schleswig-Holstein, definieren? Müssen dann alle Schulen diesem neuen Minimum angepasst werden? Gibt es dann wieder neue digitale Modellschulen, die dann wiederum die Zukunft erkunden? Wie wird das weitergehen?

Wie verhält es sich mit der WLAN-Ausstattung aller Schulen? Die SPD hat hierzu einen Antrag vorgelegt, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, gemeinsam mit den Schulträgern einen Pakt für WLAN zu schließen und dafür zu sorgen, dass nach dem Glasfaser- oder dem guten Internetanschluss, der im Jahr 2020 in allen Schulen vorhanden sein wird, eine solche Vereinbarung getroffen wird, was die WLAN-Netze an den Schulen angeht. Das wäre aus unserer Sicht der naheliegende zweite Schritt. Dem konnten Sie nicht zustimmen. Wir warten seitdem auf Ihre Ideen zu diesem Thema.

Einzelne Kommunen machen es selbst. Lübeck hat erklärt, dass alle 56 Schulen mit allen 68 Standorten bis zum Sommer 2019 mit WLAN versorgt sein werden. Verlassen Sie sich darauf, dass das die Kommunen von alleine machen, oder gehen Sie da noch einmal in die Aussprache? Gibt es einen Konsens, dass alle Schulen eine digitale Hausmeisterei brauchen?

(Martin Habersaat)

(Zuruf FDP: Ja!)

Sehen die Schulträger es auch so, das es neben der richtigen Hausmeisterei und dem Sekretariat eine Aufgabe des Schulträgers ist, oder kann man möglicherweise doch Bundesmittel in diese Richtung umwidmen?

Meine Damen und Herren, es gibt viele, viele Fragen. Aber wenn diese Fragen gut beantwortet werden, kann der „Digitalpakt Schule“ ein großer Erfolg werden, ja, er kann ein großer Erfolg auch für die Große Koalition werden.

Aber liebe Kollegen von den Grünen und von der FDP, diesen Erfolg sollten Sie sich ausnahmsweise auch einmal wünschen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.