Martin Habersaat
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Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Frau Ministerin, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Bericht. Wir haben alle in den vergangenen Monaten viel gelernt - über Viren und Masken, über die Entwicklung von Impfstoffen und - was mich und den Kulturbereich angeht - auch über die Bayerische Versorgungskammer und über das ambivalente Verhältnis von Künstlerinnen und Künstlern zur Künstlersozialkasse.
Lernfortschritte gab es auch im Infektionsschutzgesetz. Museen, Theater, Konzerthäuser, Bibliotheken oder Kinos werden dort seit der jüngsten Novelle nicht mehr unter Freizeiteinrichtungen geführt, sondern der Kultur wird ein eigener Absatz gewidmet.
Das bedeutet, dass nun jeder Lockdown im Kulturbereich eine eigene Begründung braucht. Aus meiner Sicht bedeutet das auch, dass es eigene Regeln für die Kompensation der mit dem Lockdown verbundenen Schäden braucht.
Es ist schon eine ganze Weile her, dass wir im Parlament einen Bericht der Landesregierung zur Kulturwirtschaft in Schleswig-Holstein debattiert haben. Das war 2010. Damals waren rund 94 % der Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft in
Deutschland Kleinstunternehmen. In dieser Branche nahmen die Freiberufler und Mikrounternehmen stetig zu. Dabei war der Anteil der Selbstständigen in der Kulturwirtschaft in Schleswig-Holstein mit 71 % deutlich geringer als im Bundesdurchschnitt mit 77 %. Auch spielte die Kultur- und Kreativwirtschaft in Schleswig-Holstein verglichen mit dem Bund eine eher geringere Rolle. Das hat sich hoffentlich ein bisschen geändert.
Was sich sicher nicht geändert hat, ist, dass damals wie heute viele Kulturschaffende in geradezu prekären Verhältnissen leben - auch schon in Normalzeiten. Sie müssen sich von Veranstaltung zu Veranstaltung, von Auftritt zu Auftritt, von Ausstellung zu Ausstellung durchhangeln, ohne dass es Netz und doppelten Boden gäbe, wenn eine Veranstaltung platzt oder wenn nicht genügend Auftritte zusammenkommen. Keine Rede kann davon sein, dass derartige soziale und wirtschaftliche Bedingungen dafür geeignet sind, sich für eine Krisensituation wie die aktuelle zu wappnen und sie überstehen zu können. Wer Bilder und Skulpturen ausstellen will, wer seine Kunst nur im Rahmen von öffentlichen Auftritten vorführen kann, oder wer sonst wie auf die Interaktion mit seinem Publikum angewiesen ist, steht vor dem wirtschaftlichen Nichts. Seit dem März und vermutlich bis in den nächsten Sommer hinein war in der Kultur vieles von dem nicht möglich, worauf Menschen ihre Existenz gegründet haben und - Frau Röttger hat es gesagt - was für uns alle zum Leben dazugehört.
Wir haben in den letzten Wochen und Monaten viele Briefe, Mails und Anrufe von Menschen aus der Kulturwirtschaft erhalten, die uns ihre Situation geschildert haben. Es zeigte sich dabei immer oder oft, dass die Hilfsprogramme des Bundes, teilweise auch der Länder, so formuliert waren, dass die Kulturschaffenden oder einige Kulturschaffende oder viele durch die Maschen der Netze gefallen sind. Es wird wahrscheinlich auch nie gelingen, derartige Programme so zu formulieren, dass sie jeder einzelnen speziellen Lage gerecht werden und gleichzeitig dagegen gesichert sind, von Menschen in Anspruch genommen zu werden, die nun wirklich nicht unterstützungsbedürftig sind. Aber - das ist, so glaube ich, Konsens hier - es muss dort geholfen werden, wo Hilfe nötig ist.
Der Bund hat mit seinem Programm „Neustart Kultur“ 1 Milliarde € zur Unterstützung der Kulturund Kreativwirtschaft aufgelegt. Das gliedert sich in zahlreiche Teile. Überschriften sind „Pandemie
bedingte Investitionen“ - bis zu 250 Millionen € -, „Stärkung der Kulturinfrastruktur“ - bis zu 480 Millionen € -, „Alternative, auch digitale Kulturangebote“ - bis zu 150 Millionen € - und „Kompensation pandemiebedingter Einnahmeverluste und Mehrbedarfe bei bundesgeförderten Häusern und Projekten“ - bis zu 100 Millionen €. Von dieser Milliarde sind, wie ich aus dem Bundestag höre, 600 Millionen € bereits verplant, aber alle Programme sind, was die Anträge angeht, bereits überzeichnet.
Vom Bund kommt auch die jetzt anlaufende Novemberhilfe, die eine Dezemberhilfe sein wird, und die sogenannte Neustarthilfe für Soloselbstständige. Damit soll der besonderen Situation von Soloselbstständigen, insbesondere Künstlerinnen und Künstlern und Kulturschaffenden, Rechnung getragen werden. Allerdings: Die Neustarthilfe beträgt einmalig bis zu 5.000 € und soll den Zeitraum bis Juni 2021 abdecken. Das ist wenig Geld für viel Zeit. Hinzukommen soll die Möglichkeit, vereinfacht die Grundsicherung zu beantragen. Da treffen wir aber in der Praxis immer noch auf Probleme, beispielsweise wenn es um Bedarfsgemeinschaften geht, beispielsweise wenn es um das Vermittlungsgebot geht.
In Schleswig-Holstein war es zunächst der Landeskulturverband, der unter dem Hashtag „#KulturhilfeSH“ einen Nothilfefonds für Künstlerinnen und Künstler der Veranstaltungsbranche und für Freischaffende der Kulturwirtschaft eingerichtet hat. Das war eine private Initiative. Anderswo haben Landesregierungen sich in der Verantwortung gesehen, ihrer Kulturszene zu helfen. Immerhin ist das Land später in diese Hilfe eingestiegen. Bis zu 2.500 € Förderung waren möglich.
Jetzt kommt der Lobteil, keine Sorge: Das Kulturfestival Schleswig-Holstein hat es Künstlerinnen und Künstlern ermöglicht, wieder auf die Bühne zu gehen. Das war eine gute Idee. Lob gebührt auch dem Tandemformat, bei dem Filmschaffende und Künstler, deren Kunst nicht ohne Weiteres auf die Bühne oder in einen Truck zu bringen war, kooperiert haben.
Wo ich gerade beim Loben bin: Auch die Förderberatung und der Newsletter der Kulturabteilung sind im Land vielfach positiv erwähnt worden.
Es gab aber auch Kritik. Das Kulturministerium hat gerade die Verteilung von 335.000 € an Einrichtungen und Vereine der freien Szene veröffentlich. Dabei fühlen sich die soziokulturellen Zentren nicht
hinreichend berücksichtigt. Ein Problem liegt zum Beispiel darin, dass viele von denen in kommunalen Liegenschaften sitzen und damit aus den Förderkriterien herausfallen. Warum die Investitionsbank Tausende von Euro für die Prüfung eines einzelnen Antrages bekommen muss, habe ich bis heute immer noch nicht verstanden.
In den letzten Jahren haben wir uns immer wieder im Plenum und im Bildungsausschuss mit den Möglichkeiten auseinandergesetzt, Kultur stärker in den Schulen zu verankern - über den Kunst- und Musikunterricht hinaus. Das setzt aber voraus, dass künftig auch noch freischaffende Künstler da sind, die in die Schulen eingebunden werden können. Hier ein Appell an die Schulen: Nutzen Sie die Angebote - auch und gerade jetzt! Das ist nicht verboten.
Wir alle wollen, dass Schleswig-Holstein gut durch die Krise kommt. Wir wollen auch, dass unsere Kultur gut durch die Krise kommt. Die Krise dauert jetzt schon seit März 2020, und sie dauert noch mindestens bis Sommer 2021.
Weil die Kulturszene besonders vielfältig ist, brauchen wir flexible Lösungen und immer wieder einen Blick über die Schulter, ob wir niemanden vergessen haben: Was ist mit jungen Menschen, die von ihrer Musik leben, aber für die Phase zwischen Konzert und Studio noch an einer Hochschule eingeschrieben sind? Was ist mit Kulturschaffenden im Rentenalter, die zwar eine kleine Rente beziehen, aber ihre Lebenshaltungskosten bis ins hohe Alter durch ihre Kunst decken wollen oder müssen? Was ist mit Menschen, die neben ihrer Kunst noch eine kleine Festanstellung haben? Was machen wir, wenn viele Musiker im Sommer 2021 feststellen, dass die GEMA-Ausschüttungen nach einem Jahr ohne Veranstaltungen deutlich niedriger ausfallen werden als gewohnt?
Es geht dabei um die Qualität Schleswig-Holsteins als Kulturland. Wir müssen gemeinsam die Lücken identifizieren und möglichst schließen. Wir müssen das Thema im Bildungsausschuss weiter gemeinsam bearbeiten. Wenn es nach mir geht, müssen wir da auch gemeinsam Vorschläge entwickeln, wie man aus der Künstlersozialkasse eine Einrichtung macht, die in so einer Situation wie dieser mehr als momentan helfen kann. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einer persönlichen Bemerkung anfangen. Wenn mir persönliche Traumata und das bewusste Verbreiten von Unwahrheiten unterstellt werden, dann ist das eine Diskussion auf einer persönlichen Ebene, die ich in diesem Haus nicht angemessen finde und die Sie von mir nicht erleben werden.
Das fügt sich ein bisschen in die gesamte Auseinandersetzung rund um dieses FAG ein. Aber das nähert sich ja möglicherweise jetzt dem Ende.
In der Tat habe ich den Bürgermeistern in Reinbek, Glinde, Barsbüttel, Oststeinbek und Wentorf die Berechnungen des Finanzministeriums, die gestern per Mail verteilt wurden, zur Verfügung gestellt. Das sind übrigens keine Hunderte von Seiten, Herr Kilian, das waren einseitige Excel-Tabellen. Ich habe darauf hingewiesen, dass die verfügbaren Mittel nach Kreisumlage massiv sinken werden. Das werden auf die Jahre bis 2024 3 Millionen bis 4 Millionen € sein.
Ich habe das auch mit dem Vorgehen bei der letzten FAG-Reform verglichen. Damals haben wir - in meiner Erinnerung gefühlt in Wochen und Tagen, wahrscheinlich war es in Wirklichkeit eher seltener - Berechnungen vorgelegt und jede einzelne Variante vor Ort breit diskutiert
und nicht erst zwei Tage vorher das Finale präsentiert.
Diese nicht frei zur Verfügung stehenden Mittel kommen in einer Phase, in der das Kita-Gesetz mit Millionenbeiträgen in unserem Wahlkreis kofinanziert werden muss, in dem die Kommunen beim Digitalpakt deutschlandweit einmalig einen Eigenanteil von 15 % zu leisten haben.
Sie weisen dann darauf hin, dass es weitere Spalten in den Tabellen gibt, die weitere Beträge ausweisen, die den Kommunen zur Verfügung stehen. Ja, das sind gebundene Mittel, und es sind diese Mittel für Infrastrukturmaßnahmen, über die wir nun schon viel gehört haben. So, wie ich das verstanden habe, sollen diese Mittel der Ausgleich dafür sein, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden, auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten. Diesen Ausgleich dafür können Sie doch nicht als Plus an anderer Stelle anrechnen. Wenn doch, dann schlage ich Ihnen folgendes Geschäft vor: Sie geben mir 100 €, ich gebe Ihnen 100 € zurück. Sie haben ein Plus von 100 €, und das teilen wir uns, und dann haben wir eine Win-win-Situation. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Frau Ministerin Prien, für Ihren Bericht. Wir hatten alle gehofft, dass unsere Schulen nach dem Coronafrühjahr wieder dauerhaft in den Normalbetrieb zurückkehren können. Aber die wenigsten von uns werden das tatsächlich erwartet haben. Es zeigte sich: Nach dem Virus ist vor dem Virus. Es war ein bisschen absehbar, dass mit der kalten Jahreszeit die zweite Coronawelle kommen würde. Nun ist sie da, und vieles spricht dafür, dass es schwieriger wird, als es im Frühjahr der Fall war, weil Covid-19 jetzt zusätzlich auf die turnusmäßige Erkältungs- und Grippesaison stößt.
Diese Pandemie wird mit vielen schwierigen Entscheidungen verbunden sein. Ich will einmal ausdrücklich sagen, Frau Ministerin, in der Frage der Maskenpflicht, wie Sie sie jetzt behandeln, haben Sie uns an Ihrer Seite.
Wir wissen, dass das zu schwierigen Diskussionen vor Ort führt. Es gibt in der Mittelstufe Schülerinnen mit Kreislaufproblemen, die Schwierigkeiten haben, eine Maske den ganzen Tag zu tragen. Es gibt in der Grundschule entsprechende Schwierigkeiten und, und, und. Das wussten wir, aber umso wichtiger ist es aus unserer Sicht, dass die grundsätzliche Entscheidung zur Maskenpflicht eben nicht an jeder einzelnen Schule ausgekämpft werden muss, sondern dass wir beziehungsweise Sie diese Entscheidung treffen.
Viele unserer Fraktionsmitglieder haben in der Woche vor den Herbstferien Gespräche an unterschied
lichen Schulen geführt. Unser erfreulicher Gesamteindruck ist: Viele Schulen haben in den letzten Monaten große Fortschritte gemacht. Mit der technischen Ausstattung sind wir dank Bundeshilfe ein großes Stück vorwärtsgekommen, sodass die meisten Schulen auf einen zweiten Lockdown oder auf einzelne Schließungen, die mutmaßlich erforderlich werden, besser vorbereitet wären als es beim ersten Mal der Fall war. Aber selbst bei der Umfrage des Ministeriums fühlt sich ein Drittel der Schulen nicht gut vorbereitet. Natürlich gewichtet man immer anders. Sie sagen, 70 % der Schulen seien gut vorbereitet. Die Opposition sagt, 30 % der Schulen sind offenkundig nicht gut vorbereitet. 30 % sind auch ganz schön viel, aber bei der GEW-Umfrage sieht es noch ganz anders aus. Dort sagt mehr als die Hälfte aller Lehrkräfte, dass sie den Eindruck haben, dass die Vorbereitungen nicht gut sind.
Ich will ein paar der häufiger genannten Probleme benennen:
Die letzten Schulen in Schleswig-Holstein werden entgegen ursprünglicher Planungen erst in der nächsten Legislaturperiode an das Glasfasernetz angeschlossen. Die Umsetzung der Lernplattform „itslearning“ gestaltet sich schwierig. Wir hören im Bildungsausschuss, dass bis zu 100 Schulen pro Woche angeschlossen werden können. Wir hören aber vor Ort von manchen Schulen, dass sie ihren Antrag zurückgezogen haben, dass sie doch auf IServ umgeschwenkt sind und dass 100 pro Woche mehr eine Brunswiker-Straße-Zahl ist als eine, die man in Schleswig-Holstein insgesamt spürt.
Die Schulen trainieren nicht ausreichend den Wechsel zwischen Präsenzunterricht und Homelearning, jedenfalls nicht alle Schulen. Wenn ich das richtig sehe, werde ich heute der einzige Redner sein, der Tages- und Wochenpläne mit Schülerinnen und Schülern auch in der Praxis eingesetzt hat.
- Ach, Herr Brodehl spricht auch noch. - Ich werde der einzige Redner, der eine Fraktion vertritt, sein, der diese einmal eingesetzt hat. Ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung sagen, dass diese Pläne für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf ganz sicher nur dann funktionieren, wenn man das eintrainiert und eingeübt hat und wenn man nicht im Ernstfall erstmals darauf zurückgreifen muss.
Die Kriterien, nach denen die Mittel für digitale Endgeräte verteilt werden, sind nicht immer transparent. Das war Teil der Fragen. Darauf fehlte mir
die Antwort. Landen die Geräte tatsächlich bei den bedürftigen Schülerinnen und Schülern? Ich habe ein wenig den Verdacht, dass die Mittel für diese Geräte, für Endgeräte, nach Schülerzahlen über das ganze Land verteilt worden sind und dabei nicht berücksichtigt wird, dass vielleicht in Heikendorf ganz viele Schülerinnen und Schüler von Haus aus so ein Gerät haben, die am Kieler Ostufer möglicherweise aber nicht und man da eventuell anders hätte steuern müssen. Nach welchen Kriterien verteilen die Schulen? Was wurde ihnen an die Hand gegeben? Aus meiner Sicht sind noch einige Fragen offen. Vielleicht klärt sich einiges auch dadurch, dass wir morgen beschließen werden, zusätzliches Geld für digitale Endgeräte zur Verfügung zu stellen, und dass die Frage, wer bekommt was zuerst, nicht mehr so dringend ist. Falls sie dringend bliebe, müsste man aus meiner Sicht die Prioritäten klären.
Die Faceshields möchte ich der Vollständigkeit halber erwähnen, weil es schon ein wenig merkwürdig ist, dass sie lange angekündigt wurden und erst zu einem Zeitpunkt an die Schulen ausgeliefert wurden, als die Landesregierung sie in anderen Bereichen explizit nicht mehr getragen sehen wollte.
Luftfilteranlagen wären sicher für viele Schulen die beste Lösung, sie sind aber teuer und möglicherweise auch nicht in kurzer Zeit in großer Stückzahl zu haben. Aber auch da müssten wir klären: Wie viele bräuchten wir, und wo bräuchten wir die? Wollen, müssen wir den Schulträgern helfen? Natürlich gibt es Schulträger, die schon längst bestellt haben, aber es gibt andere Schulträger, die werden das nicht finanzieren können, so, wie auch Schulen sehr unterschiedlich damit umgehen. Es gibt Schulen, die haben von sich aus ihrem Schulträger ein Konzept mit einem Kostenvoranschlag vom Anbieter vorgelegt und gesagt: Hier, für diese Räume brauchen wir das, das kostet so und so viel, und der Schulausschuss kann beschließen. Und es gibt andere Schulen, die warten auf Hilfe - woher auch immer.
Die Regierungsmehrheit hat unsere Initiative zur Frage der Schulbusse brüsk abgelehnt, war aber nicht in der Lage, etwas Besseres zu präsentieren. Ich habe mich heute gefreut, bei der FDP Bewegung in dieser Frage wahrzunehmen. Vielleicht lohnt es sich, das Thema noch einmal aufzugreifen, zumal es nach den gestrigen Beschlüssen für das Transportgewerbe in Schleswig-Holstein in den kommenden Monaten nicht besser werden wird.
Ein neuer Lockdown oder einzelne Schulschließungen dürfen nicht dazu führen, dass sich die Chan
cenungerechtigkeiten in der Schule noch weiter verstärken. Wir schlagen deshalb ein Maßnahmenpaket vor, mit dem die Belastungen des Coronawinters und ja, auch des kommenden Coronafrühlings pädagogisch abgemildert werden können, und das den Vorzug hat, nicht einmal besonders teuer zu sein.
Es kann nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler durch Benotungen dafür belohnt oder bestraft werden, ob sie zu Hause leistungsfähige Endgeräte, einen leistungsfähigen WLAN-Zugang oder auch nur vernünftige Arbeitsbedingungen wie einen Schreibtisch in einem eigenen Zimmer vorfinden. Ich bin sehr gespannt zu erfahren, wie denn die Absprachen an den einzelnen Schulen jetzt aussehen und wie groß die Spannbreite der Entscheidungen der Schulen im Land ist.
Aus unserer Sicht ist es wichtiger denn je, das starre System der Ziffernnoten durch Lernstandsberichte zu ergänzen, die auf coronabedingte Probleme eingehen können und die auch individuelle Rückmeldungen geben, an welchen Stellen und warum und wie verbessert werden kann. Mit einer einfachen Vier oder einer einfachen Zwei ist nicht gesagt, was am besten begonnen werden soll.
Wir brauchen auch in der Krise Vergleichsarbeiten, um zu diagnostizieren, wo Schulen oder Regionen stehen und wie es mit unterschiedlichen Belastungen im Land aussieht.
Wir dürfen aus unserer Sicht nicht davor zurückschrecken, die Fülle der Inhalte in den einzelnen Schulfächern zentral zu diskutieren. Natürlich kann jede Schule, kann jede Lehrkraft sich den Rahmenplan anschauen und überlegen, was wo gestrichen wird. Aber das ist eine Arbeit, die tausendfach im Land parallel gemacht würde. Dabei kann es eventuell hilfreiche Empfehlungen geben, um diese Arbeit Vielen zu ersparen.
Wir sollten die Möglichkeit schaffen, Eltern zu unterstützen und zu beraten, wenn sie mit ihren Kindern wieder vor die Situation gestellt werden, ihnen zu Hause beim Lernen helfen zu müssen. Das können ganz einfache Tutorials im Internet sein - einzelne Schulen haben das, das kann man sicherlich leicht zentral zur Verfügung stellen. Das ist ganz wichtig, denn viele Eltern neigen dazu, wenn es mit den Hausaufgaben und dem Lernen nicht so gut läuft, mit mehr Druck und mehr Kontrolle zu reagieren. Das führt allerdings in den seltensten Fällen dazu, dass es hinterher mit dem Arbeiten zu Hause besser läuft. Dafür gibt es ein paar einfache
Kniffe, die man den Eltern sicher zur Verfügung stellen kann.
Meine Damen und Herren, unser Katalog erhebt nicht den Anspruch, vollständig zu sein. Wir fanden es wichtig, das Thema hier zu diskutieren. Wir finden es wichtig, Ihre Vorschläge dazu zu hören und würden uns freuen, im Ausschuss darüber weiter zu sprechen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Meine Damen und Herren! Ich spreche heute in Vertretung von meinem Kollegen Heiner Dunckel, dem ich gute Besserung wünschen möchte. - Vielen Dank, Frau Ministerin. Es wird deutlich, dass viele Menschen vieles
tun, aber auch, dass es viel zu tun gibt. Viele Studierende berichten uns tagtäglich von der Notlage, in der sie stecken, sei diese finanziell, sozial oder studientechnisch. Wie können wir von unseren Studierenden gute Leistungen erwarten, wenn wir sie mit dieser schwierigen Situation alleinlassen? - Das können wir nicht. Und deswegen dürfen wir sie auch nicht alleinlassen.
Wir haben schon in der 32. Tagung im Mai 2020 darüber gesprochen, dass die finanzielle Situation vieler Studierender prekär ist. Nach der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes müssen auch in Schleswig-Holstein etwa ein Drittel der Studierenden, das sind bei uns ungefähr 22.000 Menschen, zwingend einer bezahlten Nebentätigkeit nachgehen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Diese Nebentätigkeiten sind vielfach weggebrochen und werden voraussichtlich auch im kommenden Semester nicht zur Verfügung stehen. Es wird gerade noch einmal schlimmer, bevor es irgendwann hoffentlich wieder besser wird.
Die Überbrückungshilfen für die Studierenden sind ausgelaufen. Es wäre gut, wenn es vom Bund eine neue gibt. In der Tat wurden 40 % der Anträge abgelehnt - nicht deshalb, weil die Antragsteller über zu viel Geld verfügten, sondern weil ihre Notlage nicht oder nicht ausschließlich auf die Coronapandemie zurückgeht. Es gibt trotzdem eine Notwendigkeit zu handeln, wenn man sieht: Da ist jemand in einer Notlage. Die Antwort, zu sagen: „Das ist keine Corona-Notlage, in der du dich befindest“, ist nicht ausreichend.
Wir haben es im Mai gesagt, und es gilt jetzt umso mehr: Eine Überbrückung der finanziellen Notlage von Studierenden in Form von Studienkrediten ist nicht angemessen und muss durch nicht rückzahlbare Zuschüsse ersetzt werden. Wenn es nach uns geht, geschieht dies im Rahmen einer Erweiterung des BAföG, die von uns aus auch schnell und vorrübergehend beschlossen werden kann. Wir haben uns in Deutschland ja aus guten Gründen gegen ein System von ausufernden Studienkrediten entschieden, wie man sie anderswo auf der Welt kennt.
Ich appelliere hier auch an die Kolleginnen und Kollegen in der CDU und an die Bundesbildungsministerin, auf die Teile der Bundes-CDU einzuwirken, die das abgelehnt haben und es noch immer ablehnen. Es gibt ja jetzt eine Chance, neu darüber zu sprechen.
Wir leisten uns in Deutschland eine Studienfinanzierung, deren Beträge zu gering sind und die von
zu wenigen Studierenden in Anspruch genommen werden kann.
- Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. Ich sehe, Sie kennen sich aus. - Das hat auch etwas damit zu tun, dass - wie im Tätigkeitsbericht 2019 der Bürgerbeauftragten ausgeführt - die derzeit geltenden Altersgrenzen dringend verändert werden müssen und dass, das haben wir hier bereits mehrfach festgestellt, das BAföG elternunabhängig werden muss. Wir erhoffen uns deshalb von der Landesregierung, dass sie im Bundesrat mit frischem Schwung die Initiative verfolgt. Wir hätten diese Initiative gern um die Punkte erweitert, die Sie unserem Antrag entnehmen konnten. Sie haben uns einen Änderungsantrag vorgelegt, der nicht falsch ist, der aber, wenn Sie ehrlich sind, etwas weniger Schwung beinhaltet als das, was wir uns gewünscht hätten.
Studierende und ihre Vertretungen berichten uns, dass sich die psychischen Belastungen und Belastungsfolgen seit Beginn der Coronakrise deutlich verschlechtert haben. Schwierige Wohnsituationen und damit Studienbedingungen, soziale Isolation, Probleme bei der Selbstorganisation und depressive Stimmung sind nur einige Beispiele.
Es ist deshalb auch kein Zufall, dass die Anzahl der Terminanfragen bei den psychologischen Beratungsangeboten der Studentenwerke seit März 2020 rapide angestiegen ist. Gleiches gilt offenbar auch für die Dringlichkeit und die Schwere der Probleme. Die gängigen Anlaufstellen auf dem Campus sind ausgelastet, die Wartezeit beträgt momentan örtlich bis zu sieben Wochen. Sieben Wochen sind eine ganz schön lange Zeit, wenn man sich in einer Notlage befindet. Die psychologische Studienberatung muss deshalb jetzt dringend zeitlich und personell ausgeweitet werden.
Ein letzter Punkt: Wir haben - das ist seit gestern sicher - ein weiteres Corona-Hybridsemester vor uns, und wir müssen uns beide Seite dieses Mischlings ansehen. Studierende beklagen einerseits, dass zu wenige Präsenzveranstaltungen stattfinden, obwohl genügend große Räume vorhanden wären, in denen die Abstandsregelungen eingehalten werden könnten und in denen gegebenenfalls entsprechend gelüftet werden könnte. Ich weiß, dass einige Hochschulen zusätzliche Räume angemietet haben, um Präsenz zu ermöglichen. Es gibt aber auch Beispiele von leerstehenden Hörsälen, in denen selbstver
ständlich Seminare in kleinem Umfang stattfinden könnten.
Meine Damen und Herren, wenn Schülerinnen und Schüler täglich zur Schule gehen können und müssen, dann bin ich davon überzeugt, dass wir es auch an den Hochschulen hinbekommen, Präsenz zu organisieren. Frau Ministerin Prien hat es gesagt, das gilt gerade für Erstsemester und hier besonders für diejenigen, die nicht aus einem Elternhaus kommen, in dem man zumindest darüber reden kann: Wie läuft so ein Studium, was heißt das für Selbstorganisation, wenn man sich den Stundenplan selbst zusammenstellen muss? Was bedeutet das, wenn man völlig frei ist in seiner Tagesgestaltung und trotzdem ein gewisses Pensum schaffen muss?
Im Bildungsausschuss habe ich das Beispiel der Ärzte in der dritten Generation genannt. Diese jungen Leute wissen schon, was an der Uni auf sie zukommt. Um die mache ich mir weniger Sorgen als um diejenigen, die das erste Mal in ihrem Leben studieren wollen, die die ersten in ihrer Familie sind und möglicherweise in einer neuen Stadt und in einem neuen Umfeld beginnen und jetzt wenig Möglichkeiten zur persönlichen Begegnung und Hilfe haben. Ich weiß, dass die Fachschaften Tutorenprogramme und anderes organisieren, um zu unterstützen, aber ich glaube, wir dürfen dies insgesamt nicht aus dem Auge verlieren.
Wenn ich gerade dabei bin: Wir hören auch, dass es Möglichkeiten gibt, die Bibliotheken zu benutzen. Wir hören aber auch, dass das in der Praxis sehr schwierig und nicht so richtig umsetzbar ist, vor allem nicht in dem Umfang, wie die Studierenden das gern hätten. Das nur als Merkposten.
Zweiter Teil des Mischlings-/Hybridsemesters ist die digitale Lehre. Die Hochschulen und die Lehrenden hatten ein halbes Jahr Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Dazu gehörte es, neue digitale Lernformen und -inhalte zu entwickeln und zu erproben. Ich gestehe, dass ich skeptisch bin, ob das flächendeckend gleichermaßen gut gelungen ist. Ich würde mich aber gern zur Mitte des Semesters durch eine Anhörung von Studierenden im Bildungsausschuss eines Besseren belehren lassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Erziehungswissenschaftlerin Anne Sliwka nennt drei Ziele von Schule: die Chancengerechtigkeit für alle, die Exzellenz, also das Heranführen von möglichst vielen Schülerinnen und Schülern an die Leistungsspitze, und das Wohlbefinden, also eine Schule, in die die Kinder und Jugendlichen gern gehen.
Niemand hier wird behaupten, dass wir dieses Leitbild heute flächendeckend verwirklicht haben. Vor 20 Jahren hat Schleswig-Holstein damit angefangen, Ganztagsschulen einzurichten, also Schulen, die sich den ganzen Tag um die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler kümmern können, Schulen, an denen die Lehrkräfte nicht um 13 Uhr nach Hause gehen und das Schulgebäude und die Kinder für den Rest des Tages sich selbst überlassen, Schulen, deren Rhythmus an die Bedürfnisse der Kinder angepasst ist und nicht an einen starren 45-Minuten-Takt, Schulen, in denen auch gemeinsames Kochen und gemeinsames Essen stattfinden können, weil einfach Zeit dafür ist, Schulen, in denen man jahrgangsübergreifend mehr Zeit für einander hat, und Schulen, in denen Kinder sogar lernen, die Schnürsenkel zuzubinden, wenn sie das zu Hause nicht beigebracht bekommen haben.
Mit einem FDP-Bildungsminister kam dieser Ganztagsausbau zum Erliegen. Das hatte nicht ausschließlich ideologische Gründe; ich will einräumen, dass es auch Zeiten waren, in denen es schwer war, die dafür erforderlichen Mittel zu mobilisieren. Plötzlich sollte es wieder Sache der Eltern sein, sich um ihre Kinder zu kümmern, und selbstverständlich ist das ja auch Sache der Eltern. Aber auch wir als Gesellschaft haben eine Verantwortung. Ich halte die Diskussion nach dem Motto, das könne Schule nicht leisten, das sollten die Eltern selbst machen, aus Lehrersicht - ich bin ja selbst Lehrer - für durchaus verständlich.
Aber das löst in ganz vielen Fällen das Problem der Kinder einfach nicht. Deswegen stehe ich nun hier als Bildungspolitiker und überlege mir: Wie können wir es schaffen, dass die Schule es vielleicht doch ein bisschen besser schafft?
Wollen wir, dass unsere Kinder in der Schule gegeneinander antreten und nur diejenigen weiter
kommen, denen zu Hause am besten geholfen werden kann? Wollen wir, dass die Möglichkeit, Geld in Nachhilfe zu investieren, darüber entscheidet, ob es später für den gewünschten Ausbildungs- oder Studienplatz reicht? Wollen wir, dass die einen Kinder montags zum Tennis, dienstags zum Klavierunterricht und mittwochs zur Reitstunde gefahren werden, während die anderen nachmittags nichts mit sich anzufangen wissen und zu Hause vielleicht nicht einmal ins Internet kommen, um die neue Lernplattform der Schule zu benutzen?
Die Entscheidung der Großen Koalition in Berlin, in den nächsten Jahren einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder einzuführen, bietet uns eine große Chance. Wir können heute über die Schule der Zukunft reden. Wir können darüber reden, wie wir uns Schule eigentlich vorstellen. Und wir bekommen auch noch Hilfe bei der Finanzierung der dafür notwendigen Investitionen. Wir können erreichen, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht sagen: Wir haben eine Ganztagsschule. Manchmal hört man das, wenn man Schulen besucht. Sie sollen vielmehr sagen: Wir sind eine Ganztagsschule, und wir sind Teil dieser Ganztagsschule. Damit sind dann nicht nur die Hausaufgabenhilfen und der Schachkurs am Nachmittag gemeint.
Wir können erreichen, dass sich die Menschen anders als nur im 45-Minuten-Takt begegnen, indem Leben und Lernen ihren Platz und alle Kinder ihre Chancen finden. Das muss nicht jeden Tag von 8 bis 16 Uhr sein. Das kann ein gemeinsames Frühstück ebenso beinhalten wie ein gemeinsames Mittagessen. Das kann auch zunächst einmal nur für Pilotklassen gelten, die diese Schule der Zukunft für uns ausprobieren. Aber dieses Ausprobieren und diesen Weg dahin, das müssen wir wollen. Das müssen wir beschließen.
Die Koalition hat uns einen ihrer „Was-die-Landesregierung-tut-ist-wohlgetan-aber-der-Bund-soll-esbezahlen“-Anträge vorgelegt. Das finden wir ein bisschen unzureichend. Der SSW hat zu diesem Antrag immerhin eine sinnvolle Ergänzung formuliert. Wir würden der SSW-Ergänzung zustimmen und uns bei dem Jamaika-Antrag enthalten, weil wir uns ein Bekenntnis wünschen: Was wollen wir denn für eine Schule? - Und das ist eine Schule, in der es nicht primär um Betreuung geht.
Ja, ich weiß, das ist auch auf Bundesebene ein Konflikt. Da gibt es Länder, die sagen: Wir wollen die Betreuung ausbauen. Uns reicht es, wenn Elternvereine Kinder in der Sporthalle beaufsichtigen. Aber das ist nicht das, was wir uns unter Ganztagsschule
vorstellen. Deswegen wünschen wir uns und werben wir dafür, in Schleswig-Holstein dieses Programm für einen Ausbau der Ganztagsschulen zu nutzen.
Meine Damen und Herren, wir haben die Chance, fernab von jeder Schulsystemdebatte unseren Schulen dabei zu helfen, sich im Interesse aller Kinder, die ihnen anvertraut sind, weiterzuentwickeln. Nutzen wir diese Chance. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Einheit gehört in den Geschichtsunterricht - das haben wir von einigen Red
nern heute sinngemäß gehört, von Frau Röttger wörtlich. Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für unsere Schulen und den Geschichtsunterricht brechen: Dort ist sie längst!
In der Sekundarstufe I an den Schulen SchleswigHolsteins ist die Entwicklung zur Einheit Deutschlands und Europas seit 1945 als Thema vorgesehen. Es steht unter der Überschrift: Von der Spaltung zur Integration? - Das ist aus meiner Sicht ein guter Ansatzpunkt, um über das Thema zu diskutieren. Viele Gedanken, die sich dort wiederfinden, hat Frau von Kalben vorgetragen.
In unserem Lehrplan wird ausdrücklich empfohlen, an dieser Stelle die Methode der Zeitzeugenbefragung einzuführen. Früher gab es diese Empfehlung in Bezug auf das Thema Zweiter Weltkrieg. Das geht aus technischen Gründen heute nicht mehr so gut. Aber zu dem Thema Wiedervereinigung ist diese Methode wieder absolut geeignet.
- Bitte?
- Aus biologischen Gründen; akzeptiere ich.
Der Umgang mit Massenmedien soll ebenfalls thematisiert werden. Diese Empfehlung könnte man fast als Antwort auf die AfD-Beiträge lesen.
Der Lehrplan der Sekundarstufe II ist noch viel mehr eine Antwort auf die AfD. Darin geht es unter anderem um die Frage: Kann man eigentlich aus der Geschichte lernen? - Offenkundig können es nicht alle.
Nein, vielen Dank. - Da geht es um die Frage: Begegnung von Kulturen - Konfrontation, Abgrenzung oder Integration? Da geht es um die Frage, ob Menschenrechte universell, für alle Menschen gelten oder nur für bestimmte Menschen. Da geht es um
die Frage: nationale Identitäten - Realität oder Konstruktion? Da geht es um die Frage: War die deutsche Teilung eigentlich selbstverschuldet oder von außen aufgezwungen? Da geht es auch um die Debatte über die Frage - das wird man bei der CDU gern hören -: War die DDR ein Unrechtsstaat?
Die Diskussion über all diese Schlagworte und Themen, die wir in der Debatte heute Morgen gebracht haben, ist an unseren Schulen längst Realität. Das wird unterrichtet, und das muss es auch. Ich möchte dafür werben, an diese Themen auch kontrovers heranzugehen. Frau Röttger, ich kann Ihre Freude über die Einheit verstehen. Wenn Sie aber Geschichtsunterricht nach dem Motto gestalten wollen: „Das ist so toll für uns alle und ein Riesenglück für unser Volk!“, dann ist das kein Unterricht, wie er, zumindest aus meiner Sicht, im Jahr 2020 sein sollte. So gilt an unseren Schulen das Überwältigungsverbot. Die Lehrkraft darf ihre Position gar nicht den Schülerinnen und Schülern aufoktroyieren.
Wenn wir genau hingucken, dann stellen wir fest: Es ist eben nicht alles tutti. Im Osten gibt es Menschen, die ihre Lebensleistung nicht gewürdigt fühlen. Im Westen gibt es Menschen, die ihren finanziellen Beitrag zur Deutschen Einheit nicht gewürdigt fühlen.
Sehr gern.
Sehr gern.
- Herr Kollege Koch, ich teile alles, was wir in gemeinsame Anträge schreiben. Aber ich darf - das ist in unserer Fraktion erlaubt - durchaus eine eigene Pointierung in Bezug auf die Themen vornehmen. Wie Sie wissen, bin ich Bildungspolitiker; zu den bildungspolitischen Themen unseres Antrags habe ich mich gemeldet. Ich habe schon an anderer Stelle gesagt, dass ich es schwierig fände, wenn die einzige Antwort, die uns auf alle Fragen dieser Welt immer einfällt, lauten würde: „Das müssen wir an den Schulen behandeln“, oder: „Das müssen wir verstärkt an den Schulen behandeln.“ Deswegen erlauben Sie mir, dass ich darauf hinweise, was es im Lehrplan alles schon gibt. Ich würdige natürlich das gemeinsame Werk dieses Antrags, finde aber ganz persönlich: Das ist nicht das Beste, was uns jemals in diesem Haus gemeinsam gelungen ist.
Bevor wir diesen gemeinsamen Antrag geschrieben hatten, war das eine reine, flache Jubelarie. Insofern haben wir ihn durchaus ein Stück nach vorn gebracht.
Gern.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Die Landesregierung war so freundlich, uns neben dem Bericht auch die Beschlussfassung des Regionsrats zum OECD-Gutachten zur Verfügung zu stellen. Eine der spannendsten Aussagen findet sich meines Erachtens unter Punkt 1.8. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
„Der Regionsrat bittet die Aufgabenträger des ÖPNV, die Fortentwicklung und den Umbau der Tarifsysteme in der MRH unter den Prämissen Kundensicht und grenzüberschreitende Lösungen voranzutreiben.“
Dahinter verbirgt sich ein Thema, das wir hier 2019 debattiert haben. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern. Da hatte die Jamaika-Koalition in Form ihrer
Fraktionen einen Antrag vorgelegt, in dem die HVV-Tariferhöhungen wild gegeißelt wurden. Wir waren kurz davor, zum forkenbewehrten Sturm auf Hamburg aufzurufen. Gleichzeitig stellte sich aber heraus, dass die Landesregierung - auch Jamaika Druck auf den HVV ausgeübt hat, genau diese Tarife zu erhöhen, und zwar besonders die Tarife im Hamburger Umland, namentlich die Tarife, die drei oder vier Ringe betrafen.
Wer den HVV kennt, der weiß: Es gibt den Innenstadtring, und dann kommen der zweite und der dritte Ring. Das betrifft mich persönlich, denn die S-Bahn-Haltestelle Reinbek liegt im Bereich von zwei Ringen, während die Haltestelle Wohltorf, an der ich einsteigen muss, im dritten Ring liegt. Es war nun die Landesregierung, die befand, hier könne man mehr Geld einsammeln. Genau das widerspricht aus meiner Sicht dem Gedanken der Metropolregion.
Wenn nun der HVV eine neue Tarifstruktur erarbeitet - damit hat er 2019 angefangen und sich ursprünglich drei Jahre Zeit gegeben -, dann werbe ich sehr stark dafür, dass wir als Landtag und Sie als Landesregierung im Interesse der Menschen, die in der Metropolregion leben, daran arbeiten, dass die Tarife günstiger werden oder günstig bleiben und dass Sie nicht hintenherum für Preiserhöhungen werben, Herr Buchholz.
- Vielen Dank für die Aufmerksamkeit zu diesem Punkt.
Zu einem zweiten Punkt: Wir warten gespannt auf das Gutachten zur Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs. Das ist für Ende September/ Anfang Oktober angekündigt, es wird also in Kürze soweit sein. Ich will auch noch einmal zu Protokoll geben, dass ich die Taktverbesserungen für den Hamburger Rand nicht vergessen habe. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In unserer Landesverfassung heißt es in Artikel 18:
„Die parlamentarische Opposition ist ein wesentlicher Bestandteil der parlamentarischen
Demokratie. Die Opposition hat die Aufgabe, Regierungsprogramm und Regierungsentscheidungen zu kritisieren und zu kontrollieren.“
„Sie steht den die Regierung tragenden Abgeordneten und Fraktionen als Alternative gegenüber. Insofern hat sie das Recht auf politische Chancengleichheit.“
- Warum lese ich das vor, Herr Koch? Ich lese das vor, weil die Ministerin hier vorgetragen hat, mit den regierungstragenden Fraktionen die Landesverordnung zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Förderbedarf noch erörtern zu wollen. Das ist das Gegenteil von ausgestreckter Hand!
Die Große Anfrage der AfD-Fraktion hat die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarfen an Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und Förderzentren zum Inhalt. Sie vergleicht das interessanterweise mit Empfehlungen, die der Verband Sonderpädagogik im Jahr 2007 aufgestellt hat. 2007 war Horst Köhler noch Bundespräsident und Sigmar Gabriel noch Bundesumweltminister.
Seitdem hat sich einiges geändert.
Übrigens hat sich auch die Landesverfassung geändert, ich empfehle einen Blick in Artikel 7, da geht es um Inklusion.
Die AfD will rückwärtsgewandt die Uhr zurückdrehen.
Das ist nichts Neues: Sie wollen keine Integration, Sie wollen Segregation.
Es kann aber doch nicht wirklich um 2007 gehen! Wir müssen doch gemeinsam darüber sprechen, was wir 2027 wollen, wenn die nächste Legislaturperiode zu Ende sein wird. Das ist aber nicht das Denken der AfD. Es ist aber leider auch nicht die Perspektive der Landesregierung mit ihrem Inklusionsbericht.
Wir haben in diesem Haus in verschiedenen Punkten Konsens. Ein Konsens ist: Inklusion braucht zusätzliche Ressourcen. Das hat seit Dr. Klug kein
Bildungsminister und keine Bildungsministerin mehr in Abrede gestellt.
Zweiter Konsens: Ohne Förderzentren wird es nicht gehen. Das ist hier völlig unstrittig.
Dritter Konsens: Qualität vor Quantität. Das ist gemeinsame Beschlusslage in diesem Hause, und zwar nicht erst seit 2017, sondern seit 2014, meine Damen und Herren.
Die SPD hat darüber hinaus noch Positionen, die möglicherweise nicht konsensfähig sind: Wir finden es schlecht, wenn die Exklusionsquote nach der 4. Klasse steigt. Wir finden: Die Inklusion muss Aufgabe aller Schulen sein.
Wir stören uns zum Beispiel daran, dass die Gymnasien sowohl in der Großen Anfrage als auch im Inklusionsbericht schlicht nicht vorkommen. Wir finden: Zur Inklusion gehören Vielfalt, Hochbegabung, Migration und soziale Ausgangslagen.
Wir wollen zurück zum Leitbild der inklusiven Schule, das aus dem letzten Inklusionsbericht herausgeflogen ist. Wir wollen wieder Schulen haben, die für alle jungen Menschen offen sind.
Wir wollen auch an Förderzentren gebundenen Ganztag. Wenn es eine Information in dieser Anfrage gab, über die es sich zu sprechen lohnt, dann die: Es gibt heute kein einziges Förderzentrum, das eine gebundene Ganztagsschule ist.
Wir wollen endlich Klarheit über die Zukunft der Schulassistenz. Meine Damen und Herren, Sie geben über 200.000 € für eine Studie aus, die seit nunmehr einem Jahr im Ministerium herumdümpelt. Wir wissen immer noch nicht, was da herausgekommen ist. Es gibt immer noch Schulassistentinnen und Schulassistenten im Land, die auf befristeten Stellen hocken und sich endlich Klarheit wünschen.
Im Februar - es ist angesprochen worden - gab es einen Entwurf für eine neue Landesverordnung zur sonderpädagogischen Förderung. Es gab viel Widerstand für diesen Entwurf. Er ist bisher nicht im parlamentarischen Raum diskutiert worden. Die eigenen Schulräte waren aber interessanterweise erschrocken und sprachen von einem Paradigmenwechsel.
Der Entwurf wurde zurückgezogen, aus meiner Sicht zu Recht. Gerade die temporären intensivpädagogischen Maßnahmen sind aus meiner Sicht kritisch zu betrachten, nicht, weil es sie gibt - die gibt es bisher auch schon -, sondern weil Sie damit verbinden, Schülerinnen und Schüler aus der allgemeinbildenden Schule rauszunehmen und zu Schülerinnen und Schülern im Förderzentrum zu machen.
Das ist wie früher: Wer irgendwie auffällt, wird rausgenommen und irgendwo anders hingesteckt. Das ist falsch.
Wir wollen öffentlich über solche Themen sprechen. Inklusion ist ein schwieriges Thema. Es betrifft Menschen persönlich, auf Veranstaltungen, auf denen es darum geht, wird oft geweint. Aber es muss öffentlich stattfinden. Wir haben in der letzten Legislaturperiode in diesem Raum eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Sie haben sich einer weiteren öffentlichen Anhörung verweigert und bringen die Diskussion stattdessen ins Hinterzimmer. Das ist zu verurteilen.
Man braucht Haltung, man braucht Ressourcen, man braucht die Mitnahme von Betroffenen. Nichts davon zeigen Sie. Ändern Sie das! - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich beim SPD-Antrag um einen gemeinsamen Antrag von SPD und SSW. In der momentanen Situation ist es so, dass auf Elternabenden in den Schulen über Klassenfahrten diskutiert wird und - den aktuellen Regelungen entsprechend - eine Einstimmigkeit darüber erzielt werden muss, ob man die Reise buchen möchte, wissend, dass man vielleicht stornieren muss. Das ist bei einer Reise nach Frankreich, wenn diese denn angesichts von Corona wieder infrage käme, oder zu vergleichbaren Zielen im Ausland gern einmal ein dreistelliger Betrag, der als Stornogebühr aufgerufen wird. Dann seien Sie einmal das einzige Elternteil, das sagt: Nein, liebe Miteltern, ich kann mir das nicht leisten, das machen wir nicht.
Wenn Sie in normalen Zeiten darüber diskutieren, dann haben Sie schon den Fall, dass alle nach Florenz wollen, und ein Elternteil sagt: Eigentlich können wir uns Florenz gar nicht leisten. - Dann seien Sie einmal das eine Elternteil das sagt: Ich kann diese Studienfahrt nicht finanzieren. - Diesen Eltern, die da sitzen und Schwierigkeiten haben, in dem Moment den Finger zu heben, wollen wir helfen, indem wir Richtwerte festschreiben - keine verbindlichen Höchstwerte, sondern Richtwerte, auf die man sich stützen und an denen man sich orientieren kann.
Sie wollen das prüfen lassen. Ich hatte das immer so verstanden, dass wir diejenigen sind, die im Landtag beschließen können.
Ich habe mir einmal den Spaß gemacht, die Rede von Frau Klahn aus der Debatte durchzulesen, bei der wir erstmals über diese Studie diskutiert haben. Frau Klahn, da haben Sie sich vehement für eine Erhebung der Kosten, die den Schülerinnen und Schülern an den Beruflichen Schulen entstehen, eingesetzt. Ich frage mich: Wo ist Ihre Vehemenz geblieben? Wo ist Ihr Elan geblieben? Jetzt haben Sie sogar den zuständigen Minister in Ihren Reihen. Lassen Sie uns doch einmal die Kosten erheben und schauen.
Ja.
- Frau Klahn, wie Sie vielleicht nicht wissen, war ich, bevor ich im Landtag gelandet bin, Lehrer und habe als solcher Klassenreisen organisiert. Ich habe natürlich mit genau solchen Eltern zu tun gehabt. Die Eltern, die von der Sozialhilfe profitieren, haben überhaupt keine Schwierigkeit, wenn es nach Florenz geht. Das läuft in der Regel problemlos über die Ämter. Das Problem sind in der Tat diejenigen Eltern, deren Einkommen knapp über diesen Grenzen liegen.
Und ja, es gibt Schulvereine, aber der Schulverein an der Sachsenwaldschule in Reinbek hat ganz andere Möglichkeiten als der Schulverein einer Schule in Gaarden. Da sind wir beim Kern des Problems, auf das wir mit unserem Antrag zu sprechen kommen und das Sie offenkundig ignorieren.
Ja.
- Das Engagement der FDP teile ich überhaupt nicht, weil das BuT eine Murkskrücke ist, um eine eigenständige Kindergrundsicherung zu verhindern, und die brauchen wir eigentlich.
Es gab auch positive Aspekte in der nunmehr fünfjährigen Debatte. Es ist klargestellt: Liebe Schulen in Schleswig-Holstein, schaut auf dieses Parlament: Kopiergelder einzusammeln ist verboten. Das hat sich noch nicht überall herumgesprochen.
Es ist gut, dass die Krücke BuT in den letzten Jahren zumindest verbessert wurde.
Solange die eigenständige Kindergrundsicherung nicht da ist, ist es immerhin gut, wenn die Murkskrücke ein bisschen besser funktioniert als vorher.
Auch da hat sich noch nicht überall herumgesprochen, dass jetzt auch Mittel für Nachhilfe für Kinder zur Verfügung stehen, die Lernlücken haben. Bisher mussten es immer Kinder sein, die versetzungsgefährdet sind. Aber es bleibt eine Krücke, es bleibt eigentlich Murks.
Der Kinderschutzbund hat sich im Vorfeld unserer Debatte geäußert. Er wünscht sich Beschlüsse. Sie liefern drei Prüfaufträge und drei Verweise auf den Bund. Das sind nicht die Beschlüsse, die wir uns erhofft haben. Wir sollten schon mehr tun, Frau Klahn. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Niemand hatte zu Jahresbeginn auch nur die entfernteste Vermutung, was da auf uns zukommen würde und wie weit das in unser tägliches Leben eingreifen würde, was Corona mit sich bringt auch und besonders in das Leben von Kindern und Jugendlichen. Die Situation - Herr Koch hat es gesagt - ist für uns alle neu gewesen, keiner von uns hatte eine Checkliste in der Schublade, von der er ablesen konnte, was man in solchen Situationen früher richtig und falsch gemacht hat und welche Fehler von damals man heute vermeiden muss.
Dass in einer solchen Situation Fehler gemacht werden, ist nicht vermeidbar. Auch andere Bildungsministerinnen und -minister aller Parteien stehen in der Kritik seitens der jeweiligen Opposition, seitens der Eltern, der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler. Wer aber noch vor wenigen Jahren die von der SPD benannte Bildungsministerin Wara Wende landesweit als Hexe plakatiert hat, sollte sich heute jedes moralische Tremolo verkneifen, wenn es um die Bewertung von oppositionellen Angriffen geht.
Es ist nicht nur das Recht der Opposition, Fehler der Regierung zu kritisieren und Alternativen zu skizzieren, es ist die Pflicht der Opposition.
Damit Klarheit herrscht: Wir ziehen nicht die persönliche Integrität von Frau Prien in Zweifel, sondern das, was aus unserer Sicht ihre falsche Politik ist. Wir erleben einen Vertrauensverlust von Schülerinnen und Schülern, von Eltern und von Lehrkräften in unser Bildungssystem. Diesen Vertrauensverlust gibt es nicht, weil die SPD die Bildungsministerin kritisiert oder sich fragt, warum der integre Innenminister gehen musste, aber die irrlichternde Bildungsministerin bleiben durfte.
Diesen Vertrauensverlust gibt es, weil die Bildungsministerin - um im Bild zu bleiben - nach der Phase mit dem Hammer beim Tanz zu viele Soli und Pirouetten hingelegt hat.
Die Posse um das ohne Rücksprache mit Kabinett und KMK für einen Tag abgesagte Abitur in Schleswig-Holstein war das erste Beispiel. Wenn Führung und Verantwortung nicht stimmen, dann tritt man sich beim Tanzen unweigerlich auf die Füße. Frau Prien, aus unserer Sicht haben Sie die Schulen zu oft im Regen stehen und zu viele Probleme ungelöst gelassen.
Es gab Schulen in Schleswig-Holstein, die den Lernsommer aus Protest gegen den Umgang mit Ihnen boykottiert haben.
Die Arbeitsgemeinschaft der Landeselternbeiräte fühlt sich weder eingebunden noch ernst genommen. Das sind Alarmsignale. Die Musik ist aus, die Tanzfläche ist hell erleuchtet. Natürlich liegt es nahe, in so einer Situation mit einer Regierungserklärung zu einem Befreiungsschlag anzusetzen.
Bitte.
- Mir ist dazu beispielsweise ein Artikel der „Kieler Nachrichten“ bekannt, wo es um Kieler Schulen geht, mit denen Sie sich besonders gut auskennen. Ich habe aber auch bei anderen Schulen, unter anderem in Stormarn, genau diese Position in Gesprächen gehört.
Sie können sicher sein, dass ich jetzt nicht im Dialog eine einzelne Schule in die Pfanne hauen werde.
Die Regierungserklärung als Befreiungsschlag und Perspektiven für unsere Kinder - das war versprochen, Herr Koch. Perspektiven für unsere Kinder: Hätten Sie sich doch einmal mit Perspektiven für unsere Kinder befasst! Stattdessen arbeiten Sie sich in dieser Situation 15 Minuten lang nur an der SPD ab! Das war eines Regierungsfraktionsvorsitzenden unwürdig.
Die größte Neuigkeit für mich heute Morgen war, dass es schon 37 bestätigte Coronafälle an Schulen in Schleswig-Holstein gibt. Frau Klahn hat gestern im Namen der Regierungsfraktionen noch von einstelligen Zahlen geredet.
Lassen Sie uns hart in der Sache diskutieren; ich habe sieben Themen mitgebracht.
Erstens: Maskenpflicht. Was ist denn der Unterschied zwischen einer dringenden Empfehlung zum Tragen einer Maske und einer Pflicht? In beiden Fällen sollen am Ende alle eine Maske tragen. Bei einer dringenden Empfehlung ist die Ministerin aber juristisch nicht haftbar; den Ärger haben andere, zum Beispiel Schulleitungen in Kiel und Schenefeld.
Statt mit Klarheit kamen die Schulen nun mit so einer Empfehlung aus den Ferien, zu der sie sich verhalten mussten, zu der in jeder Schule diskutiert und eine Lösung gefunden werden musste. Wenn die Schulleitung dachte: „Die Bildungsministerin empfiehlt das Tragen einer Maske im Unterricht, dann ordne ich das in Ausübung meines Hausrechts doch einmal an“, dann hatte sie falsch gedacht. Schlecht belüftete Klassenräume, gesundheitlich vorbelastete Lehrkräfte, das alles reicht nicht.
Inzwischen ist es verboten, das Tragen einer Maske im Unterricht anzuordnen. Dabei wäre doch gerade das logisch gewesen: erst maximale Sicherheit, dann regelmäßige Berichte zur Lage an den Schulen direkt an die Ministerin und schrittweise Lockerungen, wenn möglich. Stattdessen wurde die Expertise der Juristin Prien vor allem eingesetzt, um Rechtsicherheit für die Ministerin Prien zu schaffen.
Aber das ist bei Weitem nicht die einzige Herausforderung für Schulleitungen in diesen Tagen. Denn die Ablehnung einer Maskenpflicht auf der einen Seite wurde von einem harten Umgang mit vorerkrankten Lehrkräften auf der anderen Seite beglei
tet. Das ist das zweite Thema. Im Rahmenkonzept für das Schuljahr 2020/21 heißt es:
„Spezielle Situationen für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte und sonstiges schulisches Personal (eigene Vulnerabilität, Zusammenleben mit besonders vulnerablen Personengruppen) finden angemessene Berücksichtigung.“
Zusammenleben mit vulnerablen Personengruppen wurde von Herrn Koch gerade ausdrücklich ausgeschlossen. Wie das ansonsten in der Praxis aussah, konnte der geneigte Beobachter feststellen, als von 1.600 Lehrkräften, die sich mit einem Attest an ihre Dienstherrin wandten, zunächst 32 vom Präsenzunterricht befreit wurden. Im zweiten Anlauf waren es dann 44 von 2.000. Inzwischen lesen wir von 230 Lehrkräften - damit nähert sich Schleswig-Holstein im Härtegrad seinen Lehrkräften gegenüber den Zahlen anderer Länder an. Ich kann mir vorstellen, dass das mit der öffentlichen Debatte der letzten Wochen zu tun hat.
Ich möchte mir nicht vorstellen, was es für die Lehrkräfte bedeutet, wenn diese „Großzügigkeit“ wie von der Ministerin angekündigt - nur für die Dauer der laufenden Verwaltungsgerichtsverfahren gilt. Immerhin, freute sich die GEW, hätten die Klagen für einzelne Betroffene dazu geführt, dass das Bildungsministerium für sie individuelle Schutzmaßnahmen verbessert habe.
Dabei wäre es doch vernünftig gewesen: Rücksicht auf vulnerable Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler nehmen, regelmäßige Berichte an die Ministerin zur Lage an den Schulen und bei Entspannung der Lage schrittweise Rückkehr aller dieser Menschen in den Präsenzunterricht.
Was haben nun Schulleitungen in Lübeck und Husum damit zu tun? - Denen wurde Anfang August 2020 mitgeteilt: Die arbeitsmedizinische Einschätzung und etwaige darin angesprochene Empfehlungen stellen die Grundlage für die Entscheidung des Schulleiters beziehungsweise der Schulleiterin dar, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen ein Einsatz im Präsenzunterricht in Betracht kommt. - Übrigens in Unkenntnis der genauen Diagnose, die den Schulleiter nichts angeht. Das wird flankiert von launigen Bemerkungen der Ministerin im „heute journal“, sie gehe davon aus, dass die Mehrzahl der Lehrkräfte schon Lust auf Unterricht habe.
Thema drei: bewegliche Ferientage. Die Zweifel kamen manchen Schulleitungen in Neumünster oder Norderstedt nämlich schon im letzten Schul
jahr. In einer Handreichung wurden die Schulen aufgefordert, die beweglichen Ferientage für Präsenzangebote zu nutzen - so weit, so naheliegend, ein nachvollziehbarer Gedanke. Hat das Ministerium es dann angeordnet? - Nein! Die Schulleiter sollten es auf ihre Kappe nehmen. In den Schulkonferenzen war die Entscheidung bereits vor den Sommerferien 2019 getroffen worden. In einer fragwürdigen Auslegung des § 67 des Schulgesetzes wurden nun Schulleiterinnen und Schulleiter aufgefordert, nachträglich Widerspruch gegen diesen Beschluss einzulegen. Das kam sogar manchem Philologen spanisch vor.
Vierter Bereich: der Lernsommer. Herr Koch ist schon darauf eingegangen. Die Vorbereitungszeit war verständlicherweise knapp. Einer ersten Vorstellung im Bildungsausschuss mit mehr offenen als beantworteten Fragen folgte eine Runde im Finanzausschuss - ich weiß nicht, ob Sie die auch erlebt haben, Herr Koch. Da saß ein Staatssekretär, der keine einzige Frage beantworten konnte, während gleichzeitig seine Bildungsministerin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bundesbildungsministerin das ganz große Rad drehte.
Der Lernsommer galt für die Jahrgänge 1 bis 10, nicht für die Abiturientinnen und Abiturienten des kommenden Jahres. Warum nicht? Am Ende nahm etwa 1 % aller Schülerinnen und Schüler am Lernsommer teil. Für die war es super, keine Frage.
Was ist aber mit denen, deren Lernlücken am Größten waren? Die haben Sie zu einem großen Teil nicht erreicht.
Herr Koch, dass Lehrkräfte die für sie geltenden Teilnahmebedingungen erst erfahren, nachdem die Teilnahmeanmeldungsfrist schon abgelaufen war, ist schlicht und ergreifend ein Verwaltungsfehler und nicht der besonderen Situation durch Corona geschuldet.
Jetzt blicken wir nach vorn: Es müssen schnell die Rahmenbedingungen für schuljahresbegleitende Angebote, für die kommenden Herbstferien und für die nächsten Lernsommer, gelegt werden. Wir bringen unsere Vorstellungen gern ein, wenn wir gefragt werden.
Thema fünf: Klassenfahrten.
„Klassen- und Studienfahrten können unter den am Reiseziel jeweils geltenden Hygienebedingungen und einer entsprechend sicheren Anreisemöglichkeit stattfinden, wenn alle Teilnehmenden beziehungsweise Sorgeberechtigten einverstanden sind.“
- So weit, so simpel, so äußert sich das Ministerium. Die Diskussion an Schulen in Reinbek oder Pinneberg ist allerdings weniger simpel. Die Diskussion um Stornokosten müssen die Lehrkräfte nämlich nun mit den Eltern führen. Hilfe vom Land gab es für abgesagte Reisen im vergangenen Schuljahr. Was ist aber mit der Reise, die in den kommenden Wochen stattfinden sollte, die - lange geplant - vor Corona gebucht wurde und jetzt storniert wird? - Keine Hilfe des Landes.
Ja, die derzeitige Lösung ist rechtssicher. Sie motiviert aber absolut nicht zur Planung und Durchführung von Reisen und trägt auch nicht zur Rettung von Jugendherbergen und Schullandheimen bei. Mein Appell an Sie ist: Denken Sie da noch einmal dadrüber nach! Sie wollen doch eigentlich, dass die Lehrkräfte Klassenreisen antreten. Wenn Sie das wollen, werden Sie ein bisschen mehr tun müssen, als zu sagen: Ihr dürft es machen, seid aber selbst verantwortlich!
Punkt sechs: Schülerbeförderung. Es ist für Lehrkräfte schwer, Schülerinnen und Schülern die Bedeutung der Trennung in Kohorten zu vermitteln, wenn diese Schülerinnen und Schüler in vollgestopften Bussen an- und abreisen. Nase an Nase von Itzehoe nach Kaisborstel - da hilft auch der schönste Mund- und Nasenschutz nichts.
Aber dafür gibt es ja im Rahmenkonzept für das Schuljahr 2020/2021 eine Lösung. Da steht drin Herr Koch weiß es bestimmt -:
„Die Schulen klären gemeinsam mit Kreis beziehungsweise Schulträger, wie die Schülerbeförderung bei gegebenenfalls modifizierten Unterrichtszeiten erfolgen kann.“
Und was war der Beitrag der Landesregierung zur Lösung dieser Frage? Sind Sie auf das Angebot der Busunternehmen eingegangen? Haben Sie Abstände in Schulbussen gefordert, oder haben Sie es absichtlich unterlassen, weil Sie Konnexität gefürchtet haben?
Meine Damen und Herren, wir werden den Reisebusunternehmen sowieso durch die Krise helfen
müssen. Denken Sie doch einmal darüber nach, ob Sie es nicht mit einer Lösung des vorliegenden Problems verbinden können.
Punkt sieben: das Digitalkonzept.
Bis zu 100 Schulen pro Woche können an das neue Lernmanagementsystem itslearning angeschlossen werden. Wir haben 792 Schulen im Land. Wenn es also zu Beginn der Sommerferien losgegangen wäre, könnten wir in dieser Woche feiern, dass wir fertig sind - sind wir aber nicht.
Sieht man sich dort auch bei itslearning, fragten die „Kieler Nachrichten“ die Ministerin im Interview. Die Antwort: Ja, auch Unterricht per Video ist möglich. - Das Problem: itslearning stellt ab Werk durch die Integration von Microsoft Teams die Möglichkeit zur Verfügung, direkt aus der Lernplattform heraus eine Videokonferenz zu starten. Microsoft Teams wurde aber für Schleswig-Holstein herausgeschnitten. Der Open-Source-Strategie der Landesregierung zur Folge sollen Videokonferenzen eines Tages über Jitsi möglich sein - „sollen“, „eines Tages“! Das passt nicht zur gegebenen Antwort.
Ich glaube übrigens, dass wir uns bei manchem Open-Source-Angebot noch die Frage stellen werden, wo im Stressfall eigentlich der nötige Support, den man brauchen wird, herkommen soll.
Dass Schleswig-Holstein eine Außenseiterrolle einnimmt, wenn es von den Kommunen einen Eigenanteil beim DigitalPakt fordert, habe ich oft genug erwähnt. Gut gefallen hat mir, dass Saskia Esken neue Gespräche im Bund angestoßen hat, was Unterstützung für digitales Lernen angeht: nach 500 Millionen € für Schülerendgeräte und 500 Millionen € für Administratoren jetzt noch einmal 500 Millionen € für Lehrergeräte.
Ich wünsche mir Antworten auf die Fragen: Wie wird dort die Datensicherheit gewährleistet? Wir wird der Zugang zum Landesnetz organisiert - nicht mit der Privatadresse der Lehrkräfte, wie ich hoffe?
Das alles kann natürlich ein positiver Impuls für die Schulen sein. Wenn aber Digitalisierung die räumliche Trennung der Schüler von ihnen möglich machen soll, wird die soziale Spaltung der deutschen Gesellschaft erneut sichtbar. PISA 2000 hat uns drastisch vor Augen geführt, wie stark der Zusam
menhang zwischen Bildungs- und Lebenschancen und sozialer Herkunft der Schülerinnen und Schüler ist. Wir haben - zu einem großen Teil gemeinsam viele Schritte unternommen, um das aufzubrechen. Wir fallen aber gerade zurück. Durch die letzte Schulgesetznovelle haben Sie dies noch unterstützt, indem Sie außerschulische fachbezogene Leistungen in die Notenbildung einbeziehen. Wer hat, dem wird gegeben!
Frau Prien, Ihren guten Satz von der ausgestreckten Hand habe ich gehört. Dafür danke ich Ihnen. Ich erinnere aber auch an die Tatsache, dass es die Opposition und auch die größte Oppositionsfraktion war, die seit dem Ausbruch der Pandemie dieser Regierung die Hand gereicht hat und mit ihr über längere Zeit hinweg gemeinsam Maßnahmen erörtert und beschlossen hat, die wir auch in zahlreichen Korrespondenzen und Gesprächen den Menschen erklärt haben. Dadurch haben wir manche Kritik, die an die Regierung adressiert war, auch auf uns gezogen. Das heißt aber nicht, dass wir uns verpflichtet sehen, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag die Regierung auch dort zu unterstützen, wo wir Ihre Politik für falsch halten.
Herr Koch, ich weiß, dass Sie kein Bildungspolitiker sind. Lassen Sie sich aber gesagt sein: Die „Alles-ist-gut“-Rhetorik, die Behauptung, alles sei sensationell perfekt und dass Schleswig-Holstein blühe, wird nicht reichen. Die Lage ist eine andere.
Frau Prien, Sie sagten neulich im Bildungsausschuss, Ihr Sohn gehe Gott sei Dank nicht in Schleswig-Holstein zur Schule.
Das kann ich gut verstehen. Meine beiden Söhne werden aber in einigen Jahren schleswig-holsteinische Schulen besuchen. Deshalb kann ich Ihnen zusagen, dass wir als Opposition unsere Aufgabe verantwortungsvoll wahrnehmen - künftig auch wieder als Regierungsfraktion -, sodass auch Sie eines Tages Ihren Sohn guten Gewissens nach SchleswigHolstein umschulen könnten. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich spreche zum Thema Kultur. Meine Vorrednerin hat nur Richtiges gesagt. Die Bundeshilfen greifen nicht oder nicht ausreichend für viele Kulturschaffende. Deswegen müssen die Länder in diese Lücken stoßen und da auch helfen. Wir haben das in dem Antrag „Hilfe für Kulturschaffende“ formuliert. Da ging es darum, Förderlücken zu schließen, da ging es darum, einen Blick auf die kommunale Infrastruktur zu richten. Immerhin haben Sie sich ja an der Struktur unseres Antrags orientiert - und letztlich auch an den Inhalten. Es hat sich gelohnt, dass wir unseren Antrag vorgelegt haben, sodass Sie am 18. Juni 2020 auch einen Antrag zur Kultur vorlegen konnten.
Hamburg, Baden-Württemberg, Berlin, Bayern und Bremen sind schon in weiterem Umfang tätig geworden. Es freut mich ausdrücklich, dass in Schleswig-Holstein jetzt auch die Summe, die für Kulturschaffende zur Verfügung gestellt wird, auf 2.500 € erhöht wird, weil erst mit dieser Summe die Hilfe in Bereiche kommt, in denen wirklich Existenzen gesichert werden können.
- Oder die Sicherung unterstützt werden kann.
Mir ist noch nicht ganz klar, wie Sie auf der einen Seite ihr Soforthilfeprogramm Kultur als Erfolg loben, auf der anderen Seite unter Punkt drei aber sagen: Reste davon geben wir an die Kommunen, um die Kulturinfrastruktur zu sichern. Entweder war das Programm ein Erfolg, dann ist das Geld da, wo es gebraucht wird, oder das Geld ist noch da, dann kann man damit die kulturelle Infrastruktur vor Ort stützen.
Natürlich.