Protocol of the Session on August 28, 2019

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 24. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Erkrankt sind die Abgeordneten Barbara Ostmeier, Regina Poersch und Flemming Meyer. Wir wünschen ihnen gute Genesung.

(Beifall)

Der Abgeordnete Claussen hat nach § 47 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung mitgeteilt, dass er an der Teilnahme an der heutigen Sitzung verhindert ist.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Der Schleswig-Holsteinische Landtag trauert um zwei ehemalige Abgeordnete, an die wir uns zu Beginn dieser Tagung gemeinsam erinnern wollen: Wolfgang Fuß und Karl Heinz Luckhardt.

Unser früherer Kollege Wolfgang Fuß verstarb am 3. Juli 2019. Er wurde 73 Jahre alt. Der 1945 im nordrhein-westfälischen Hilden Geborene gehörte dem Schleswig-Holsteinischen Landtag in der 15. Wahlperiode als Mitglied der SPD-Fraktion an. Er vertrat hier den damaligen Wahlkreis LauenburgMitte, in dem er 2000 das Direktmandat errang.

Wolfgang Fuß, ausgebildeter Steuerfachgehilfe und später als Gewerkschaftssekretär tätig, wirkte in diesem Hause im Petitionsausschuss und vor allem im Finanzausschuss mit. Hier bewies sich Wolfgang Fuß als ein Politiker, der um der guten Sache Willen zwar durchaus streitbar war, aber eben nicht verbissen. Ein Abgeordneter, der stets nach pragmatischen Lösungsansätzen strebte, um die Dinge zu verändern, statt sie allzu dogmatisch zu betrachten. Dieser Stil war geprägt von der langen kommunalpolitischen Erfahrung, die Wolfgang Fuß sammeln durfte, und durch sein gewerkschaftliches Engagement.

Wir betrauern auch den Tod des früheren Abgeordneten und langjährigen Kieler Oberbürgermeisters Karl Heinz Luckhardt, der am 11. August 2019 verstorben ist.

Karl Heinz Luckhardt, 1932 in eine Bochumer Arbeiterfamilie hineingeboren, erlernte zunächst das Malerhandwerk und übte diesen Beruf rund elf Jahre lang aus. Weitere drei Jahre war er als Kranfüh

rer in einem Stahl- und Walzwerk tätig, bevor er über den zweiten Bildungsweg Volkswirtschaft studierte. Damit steht der Lebensweg Karl Heinz Luckhardts geradezu mustergültig dafür, dass Bildung der Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und den sozialen Aufstieg ist.

Der Werdegang Karl Heinz Luckhardts scheint aus der Rückschau schon fast vorgezeichnet. Es ist der Lebensweg eines kämpferischen Mannes, der sich nicht mit den gegebenen Verhältnissen abfinden, sondern ungerechte Schranken niederreißen und neue Chancen eröffnen wollte - nicht nur für sich allein, sondern für alle, die in den klassischen Milieus der damaligen Zeit gefangen waren.

Seine politische Heimat fand Karl Heinz Luckhardt in der SPD, der er 1952 beitrat und in der er bereits als junger Mann rasch Verantwortung übernahm: als Kreisvorsitzender und Ratsherr, ehrenamtlicher Stadtrat und Vorsitzender der SPD-Ratsherrenfraktion, wie es damals hieß. Von 1975 bis 1981 war er stellvertretender SPD-Landesvorsitzender. Auch in der gewerkschaftlichen Arbeit bei der IG Bau-Steine-Erden, in der IG Metall und bei der ÖTV war Karl Heinz Luckhardt stark engagiert.

1973 zog er als Kieler Abgeordneter in den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein, dessen Mitglied er bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden 1980 blieb. Ab 1975 wurde er als Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion zu einem der wichtigen Akteure der Landespolitik. Die Schwerpunkte der parlamentarischen Arbeit Karl Heinz Luckhardts lagen beim Ausschuss für die Wahrung der Rechte der Volksvertretung, beim Finanz- und vor allem beim Wirtschaftsausschuss, dessen Vorsitzender er in der 8. Wahlperiode war.

1980 wurde der Kollege Luckhardt zum Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel gewählt. In seiner zwölfjährigen Amtszeit gestaltete er Kiel so maßgeblich, dass die Erfolge seines Schaffens bis heute sicht- und greifbar sind - von der Umgestaltung der Kieler Innenstadt bis zur Erschließung neuer, großer Wohngebiete. Von herausragender Bedeutung ist aber auch die enge Vernetzung Kiels in der Ostseeregion, die fest mit dem Namen Karl Heinz Luckhardt verbunden ist und das Selbstverständnis Kiels über den Tag hinaus prägt.

Karl Heinz Luckhardt war ein hoch erfolgreicher, volksnaher Politiker, der die Dinge gestaltete. Er konnte unbeirrbar für seine Überzeugungen streiten und war Visionär, bewahrte sich jedoch zeitlebens seine Bürgernähe und ausgeprägte Bescheidenheit.

Gerade darum genoss er über alle Parteigrenzen hinweg großes Ansehen.

Meine Damen und Herren, wir sind den früheren Abgeordneten Wolfgang Fuß und Karl Heinz Luckhardt dankbar für die von ihnen geleistete parlamentarische Arbeit und werden ihnen ein ehrendes Andenken bewahren. Ihren Angehörigen spreche ich im Namen des ganzen Hauses unsere Anteilnahme aus.

Ich bitte Sie, einen Moment innezuhalten im Gedenken an die ehemaligen Abgeordneten Wolfgang Fuß und Karl Heinz Luckhardt. - Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen erhoben. Ich danke Ihnen!

Der Abgeordnete Rasmus Andresen hat sein Mandat im Schleswig-Holsteinischen Landtag niedergelegt. Als Nachfolger hat der Landeswahlleiter Herrn Joschka Knuth festgestellt. Herr Knuth hat sein Landtagsmandat am 1. Juli 2019 angenommen. Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Kollege Knuth, zur Verpflichtung nach vorn zu kommen. Die Anwesenden bitte ich, sich zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Ich spreche Ihnen die Eidesformel vor und bitte Sie, die rechte Hand zu heben und mir nachzusprechen:

(Joschka Knuth wird nach folgender Eides- formel vereidigt: „Ich schwöre, meine Pflich- ten als Abgeordneter gewissenhaft zu erfül- len, Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich und ohne Eigen- nutz zu dienen.“)

Ich verpflichte Sie und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit für die Menschen in SchleswigHolstein. Alles Gute!

Vielen Dank, Herr Präsident!

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 4, 6, 7, 10, 14, 20, 23, 25, 34 bis 40 und 46 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 22, 26, 29, 30 und 42 bis 45.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 24 und 32, Tierwohllabel und Nutztierstrategie jetzt umsetzen und Tierexporte in tierschutzrechtlich problematische Staaten stoppen, sowie 14 und 25, Vertretung des Landes SchleswigHolstein im Ausschuss der Regionen für die 7. Mandatsperiode 2020 bis 2025.

Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung in der 24. Tagung.

Wir werden heute und morgen unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen und am Freitag bereits um 9 Uhr beginnen und ohne Mittagspause bis circa 12 Uhr tagen. Wie Sie wissen, haben wir im Anschluss die Feierstunde. Ich bin sicher, dass wir uns dort alle wiedersehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie bitte gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages Schülerinnen und Schüler des Sophie-Scholl-Gymnasiums, eine russische Delegation aus der Region Woronesch, die zu einem mehrtägigen Besuch in Schleswig-Holstein weilt, und den Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbandes Schleswig-Holstein, Herrn Arp. - Seien Sie uns alle ganz, ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir freuen uns, dass eine so große Delegation aus Woronesch sich insbesondere um die Fragen der Landwirtschaft hier in Schleswig-Holstein bemüht; die Region Woronesch ist auch für ihre Landwirtschaft bekannt. Wir freuen uns sehr, dass Sie alle, meine Damen und Herren, bei uns sind.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Mieterinnen und Mieter wirksam schützen Verbesserungen beim Mietpreisschutz auch in Schleswig-Holstein konsequent umsetzen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1653

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Oppositionsführer, der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

(Präsident Klaus Schlie)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Politik ist keine exakte Wissenschaft. Auf bestimmte Aktionen folgt nur selten eine genau vorherzusehende Reaktion. Das wissen alle, die Verantwortung tragen. Je größer das Problem ist, welches man lösen will, desto schwieriger ist es, die richtige Lösung zu finden. Fällt sie zurückhaltend aus, gibt es keinen Effekt. Geht sie zu weit, schießt man über das Ziel hinaus, verschlimmert das Problem vielleicht.

Was man sagen muss, ist, dass die stetig steigenden Mietpreise eines der größten sozialen Probleme unserer Zeit sind. Wir haben die Verpflichtung, es zu lösen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Anstieg hat in vielen Regionen jeden Bezug zum realen Wert verloren, ist Ausdruck eines defekten Marktes, hochattraktiv für Renditejäger und Spekulanten - ein Markt, auf dem die Mieterinnen und Mieter unter die Räder kommen. Es gibt kein Allheilmittel, nicht einen Schalter, den man nur umlegen müsste, sodass es klappt. Aber es gibt die dringende Notwendigkeit - und unsere politische Verantwortung -, Wohnraum bezahlbar zu machen. Das ist ein Menschenrecht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch ein Grundrecht. Deshalb unterstützen wir, die SPD, übrigens die Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum, die von anderen Fraktionen zwar freundliche Worte, aber sonst nur die kalte Schulter gezeigt bekommt,

(Zurufe CDU: Oh!)

nämlich dann, wenn es darum geht, darüber abzustimmen. Das werden wir am Ende leider feststellen müssen, wie ich fürchte. Wenn Sie mich positiv überraschen, freue ich mich umso mehr und gratuliere Ihnen, Herr Arp. Ich fürchte aber, es wird nicht so sein.