Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

(Beifall SPD - Lachen Hans-Jörn Arp [CDU])

Die Große Koalition hat in Berlin 2015 als eine Maßnahme gegen explodierende Mieten die Mietpreisbremse eingeführt. Auch hier muss man sagen: Die Mietpreisbremse hat weniger stark gewirkt, als dies die Befürworter gehofft haben. Allerdings kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsord

nung zu einem klaren Ergebnis. Selbst in der ursprünglichen Form konnte die Mietpreisbremse eine messbare Bremswirkung entwickeln.

Auf Druck der Sozialdemokraten gibt es seit Januar dieses Jahres eine Verschärfung. Vermieter, die deutlich über den ortsüblichen Mieten liegen, müssen gegenüber ihren neuen Mietern unaufgefordert offenlegen, was der Vormieter gezahlt hat. Das schafft Transparenz, und das stärkt die Position der Mieterinnen und Mieter.

Auch die Beschlüsse des Koalitionsausschusses ich hebe dies besonders gern hervor, Herr Kollege Koch, weil das sogar mit den Konservativen in Berlin möglich gewesen ist - zeigen, dass die Mietpreisbremse jetzt zu einem schärferen Schwert gemacht wird. Für die ortsübliche Vergleichsmiete werden künftig sechs und nicht mehr nur vier Jahre herangezogen. Die Mietpreisbremse wird um fünf Jahre verlängert, und es wird eines der größten Probleme angegangen, das wir bisher hatten. Denn bislang war es so, dass Vermieterinnen und Vermieter bei Verstößen nicht belangt worden sind, sondern erst, nachdem der Verstoß angezeigt worden ist. Jetzt wird es so sein, dass bis zu 30 Monate zu viel gezahltes Geld zurückgezahlt werden muss. Das nimmt schon einmal den Anreiz und sorgt für Waffengleichheit. Ich bin froh, dass wir das durchgesetzt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Außerdem - auch das war mit der Union in Berlin möglich, Herr Kollege Koch - sind wir noch andere Punkte angegangen, die ein großes Ärgernis sind. Künftig wird es schwerer, aus Spekulationsgründen Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Auch das ist richtig.

Künftig zahlen Mieter maximal die Hälfte der Maklerkosten. Das ist ein Thema, das die SPD hier auch schon einmal auf die Tagesordnung gesetzt hatte, leider ohne Erfolg. Aber in Berlin ist das in der Weise durchgesetzt worden.

Das sind alles gute Nachrichten für Menschen, die auf bezahlbares Wohnen angewiesen sind.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das ist ein Problem, das längst die Mitte der Gesellschaft trifft, von der ja viele so gerne reden. Menschen mit ganz normalem Einkommen können sich Wohnraum nicht mehr leisten, weil die Einkommen nicht schnell genug steigen, um mit der Mietpreisspirale mitzuhalten.

Ich zitiere, was das Bundesverfassungsgericht gesagt hat:

„Es liegt im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken.“

Das ist die Begründung des Bundesverfassungsgerichts, mit der die Klage gegen die Mietpreisbremse richtigerweise abgewiesen worden ist.

(Beifall SPD)

Also ist die Verschärfung der Mietpreisbremse eine gute Nachricht für die Menschen in Deutschland, allerdings nicht für die in Schleswig-Holstein; denn diese Koalition aus Schwarz, Gelb und Grün hält an dem Irrweg fest und will das Kind mit dem Bade ausschütten.

Ja, die Mietpreisbremse hat in der Vergangenheit nicht optimal funktioniert, eine Nachbesserung war nötig. Aber genau das passiert jetzt. Aber Sie können die Mietpreisbremse gar nicht schnell genug abschaffen. Sie machen genau das Gegenteil dessen, was wir in Deutschland insgesamt vernünftigerweise vorangebracht haben.

Während CDU und FDP diese Mietpreisbremse aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen, hat man doch den Eindruck, dass da ein Instrument rechtzeitig abgeschafft werden soll, bevor es wirklich wirkt, damit sich der Aufschrei in Grenzen hält. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Das ist leider die traurige Wahrheit.

Sie schaffen nicht nur die Mietpreisbremse ab, sondern auch die ungeliebte Kappungsgrenzenverordnung. Es ist schade, dass diese Verordnung einen so sperrigen Titel hat; in Wahrheit ist es so, dass diese Verordnung dafür sorgt, dass den Mietern, die in einer Wohnung leben, die Mieten nicht sozusagen um die Ohren fliegen. Das wirkt noch stärker als die Mietpreisbremse. Dass Sie auch das nicht wollen, spricht sehr gegen Sie und zeigt, dass Sie den sozialen Kompass verloren haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD und SSW)

Es ist, wie ich sagen muss, ein trauriger Kniefall vor Spekulanten und Renditejägern; denn man muss schon sagen: Natürlich betrifft die Mietpreisbremse nicht ganz Schleswig-Holstein. Von den 1.106 Orten im Lande sind gerade einmal zwölf betroffen. Aber immerhin wohnen dort 14 % der Bevölkerung von Schleswig-Holstein. Das ist nicht wenig, meine

sehr verehrten Damen und Herren. Denen zeigen Sie die kalte Schulter, statt ihnen zu helfen.

(Beifall SPD)

Wir sind übrigens die Letzten, die Vermieter unter Generalverdacht stellen. Wir bekennen uns ausdrücklich zur Vielfalt dessen, was wir haben. Genossenschaftswohnungsbaugesellschaften, kommunale Wohnungsbaugesellschaften, auch unsere Vermieter sind meistens ordentliche Leute. Aber viele sind es eben auch nicht. Es gibt nicht nur schwarze Schafe, sondern man muss meiner Meinung nach auch in einen Markt eingreifen, der jedes Maß an Vernunft verloren hat. Wir haben es damit zu tun, dass spekuliert wird. Das ist meiner Meinung nach etwas, an dem man nicht vorbeigehen darf. Bei aller Selbstkritik: Auch der Verkauf öffentlicher Wohnungsbestände war falsch. Das sage ich ausdrücklich als Sozialdemokrat. Wir haben schließlich auch Fehler gemacht, das will ich hier nicht verhehlen.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Trotzdem ist es wichtig, aus Fehlern zu lernen und nicht mit dem Irrweg fortzufahren. Das ist das, was uns allen gut ansteht; aber das tut leider die Mehrheit in diesem Hause nicht.

(Beifall SPD und SSW)

Im Grundgesetz übrigens, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht keineswegs der Satz: „Jeder ist sich selbst der Nächste“. Einen solchen Satz, das können sie googeln, werden Sie dort nicht finden. Aber „Eigentum verpflichtet“ steht da sehr wohl. Das könnte man ja auch einmal aus den Verfassungstexten in die Verfassungswirklichkeit umsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich habe ja sehr viel Respekt vor Vertragstreue; ich halte mich immer an Verträge. Aber ich muss Ihnen schon sagen, dass allein der Verweis auf den Koalitionsvertrag ein bisschen wenig ist; denn in Ihrem Koalitionsvertrag - wir haben ihn nachgelesen steht der schöne Satz; ich zitiere:

„Mietpreisbremse und Kappungsgrenzenverordnung … werden wir … durch geeignetere Instrumente ersetzen.“

Jetzt haben wir einmal nach den Mitteln gesucht. Wir haben dies mit der Lupe und allem, was man ansonsten dafür zur Verfügung hat, getan, haben aber gar nichts gefunden, was Sie da stattdessen eingeführt haben. Sie haben nichts gemacht. Sie

(Dr. Ralf Stegner)

lassen die Mieterinnen und Mieter in SchleswigHolstein hängen. Das, finde ich, ist ziemlich traurig.

(Beifall SPD und SSW)

Stattdessen kündigen Sie den größten Bauboom aller Zeiten an. Das ist ja super. Solche Versprechungen kennt man sonst eher aus der Religion, nicht aus der Politik. Aber man kann nicht nach dem Motto verfahren: „Was scheren mich eure Probleme im Diesseits; im Jenseits wird es besser.“ Das Bauen muss in der Tat stattfinden. Aber alleine löst es die Probleme nicht, und es dauert im Übrigen viel zu lange. Es gibt keinen Grund, die anderen Maßnahmen, die man machen könnte, nicht zu machen.

Das passt im Übrigen auch nicht zusammen. Auf der Bundesebene werfen die Grünen der Großen Koalition Stillstand vor, weil die Mietpreisbremse nicht noch verstärkt wird. Na prima, kann ich sagen. Im Lande Schleswig-Holstein aber machen die Grünen genau das Gegenteil. Das ist nicht glaubwürdig, sondern das ist das Gegenteil von Glaubwürdigkeit, wenn man dieses tut. Sie lassen sich von CDU und FDP an die Wand spielen. Das ist keine gute Sache. Der Bund macht große Schritte voran, und das Land folgt eben nicht.

Ich hatte vor Kurzem das Vergnügen, mit Herrn Blazek von Haus & Grund zu sprechen. Das war ein kontroverses, aber durchaus freundliches Gespräch. Wir haben zusammen ein Interview gemacht. Was ich damals gar nicht wusste: Ich hätte ihm eigentlich dazu gratulieren sollen, dass Haus & Grund die Staatskanzlei übernommen hat; denn den Eindruck muss man ja haben, wenn man Ihre Politik betrachtet, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Lachen CDU)

Das ist das, was dabei herauskommt, wenn man sich einseitig festlegt. Sie wissen, dass über reuige Sünder die Freude noch viel größer ist als über andere. Deswegen kann ich nur sagen: Verlassen Sie den Irrweg. Sie werden keine Kritik mehr von uns hören und auch keine Aktuellen Stunden zu diesem Thema mehr haben, wenn Sie sich entschließen sollten, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren, um wenigstens das mitzumachen, was Ihre konservativen Kolleginnen und Kollegen im Bund mit der Sozialdemokratie hingekriegt haben. Zumindest das können Sie auch einmal tun, Herr Kollege Koch.

Lange Rede, kurzer Sinn: Bezahlbares Wohnen ist ein Menschenrecht. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wenn man die Leute so hängen lässt, wie Sie das

tun, dann fehlt Ihnen der soziale Kompass. Die Sozialdemokratie in diesem Hause wird dafür sorgen, dass sich dies ändert. - Vielen herzlichen Dank.

(Starker Beifall SPD und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Peter Lehnert.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt alle sinnvollen und effektiven Maßnahmen gegen übermäßige Mietpreissteigerungen. Wir erkennen die schwierige Situation in einigen Bereichen des Wohnungsmarktes in Schleswig-Holstein. Diese Situation nachhaltig zu verbessern ist das gemeinsame Ziel unserer Jamaika-Koalition.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Deshalb, Herr Stegner, kann ich Sie beruhigen: Sie werden - das hoffe ich jedenfalls - nach der Rede die Lupe nicht mehr brauchen, weil wir die Gelegenheit zur Erläuterung ergreifen werden, wie auch die Kollegin von Kalben und der Kollege Vogt Ihnen dies noch näherbringen werden. Wenn das dann zum wiederholten Male nicht fruchtet, müsste ich vielleicht auch noch mit Karin Prien darüber sprechen, ob meine pädagogischen Fähigkeiten vielleicht noch ein wenig verbesserungswürdig sind. Wir versuchen es ein weiteres Mal.

Wir nehmen die Ängste und Sorgen des Sozialverbandes und des Mieterbundes als Initiatoren der Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum sehr ernst. Die dabei gesammelten 32.500 gültigen Unterschriften sind ein wichtiger Hinweis für uns. Sie sind ein Ansporn, die Anliegen, die die Initiative für bezahlbaren Wohnraum in Schleswig-Holstein angestoßen hat, weiterhin zügig umzusetzen.

Wir wollen durch den ausreichenden Neubau und die Aufstockung von Wohngebäuden die Mietpreise nachhaltig begrenzen. Wir wollen außerdem die zusätzliche Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau durch einen weiterentwickelten Landesentwicklungsplan. Die Anhörungen dazu finden ja bereits durch das Innenministerium, federführend durch Herrn Minister Grote, statt.

Eine deutliche Vereinfachung der Landesbauordnung ist in Arbeit. Wir wollen in Kürze die Verabschiedung. Wir wollen insbesondere in den Bereichen Nachverdichtung und Dachgeschossausbau

(Dr. Ralf Stegner)

zusätzliche Rahmenbedingungen herbeiführen, um weiteren Wohnraum in angespannten Gebieten zu schaffen.