Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

zusätzliche Rahmenbedingungen herbeiführen, um weiteren Wohnraum in angespannten Gebieten zu schaffen.

Die Förderung von Wohneigentumsbildung, insbesondere für junge Familien, ist ein wichtiger Schwerpunkt, um durch deren Umzug in die eigengenutzte Wohnimmobilie nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Altersvorsorge zu treffen, sondern vor allem auch Mietwohnraum frei zu machen für andere Familien, die ihn dringend benötigen.

Eine deutlich erhöhte Zahlung von Wohngeld ab dem 1. Januar nächsten Jahres ist ein wichtiger Punkt, den auch wir hier im Landtag bereits als Jamaika-Koalition in unserem Siebenpunkteprogramm nicht nur beschlossen, sondern auch schon umgesetzt haben. Der Bund hat das dankenswerterweise aufgegriffen.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Hören Sie mir doch zu! Wenn Sie mir nicht zuhören, können Sie es wohl auch nicht verstehen. - Das ist die Grundlage. Damit ermöglichen wir es vor allem den Beziehern von kleinen und mittleren Einkommen dauerhaft, in ihrem Wohnumfeld bleiben zu können. Das ist ein Punkt, den Herr Dr. Stegner völlig zu Recht angesprochen hat, deswegen handeln wir in diesem Bereich. Ich finde, das kann man hier einmal durchaus positiv erwähnen.

Ein Wohnungsbauprogramm zu finanzieren und umzusetzen, das mit 800 Millionen € in den nächsten Jahren einzigartig in Schleswig-Holstein ist, hat diese Landesregierung auf den Weg gebracht, um insbesondere in Kiel, in Lübeck und in den Hamburger Randkreisen den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Sie sehen ein in diesem Umfang einzigartiges Programm zur aktiven und vor allem effektiven Bekämpfung von Wohnraummangel in unseren Ballungsräumen. Damit wird der Anstieg von Mieten nachhaltig begrenzt. Ein großes Problem bleiben allerdings die überproportional ansteigenden Mietnebenkosten, die vielerorts inzwischen viel stärker die Mietkosten beeinflussen als die Miete selbst.

(Beifall Werner Kalinka [CDU])

Hier brauchen wir vor allen Dingen Initiativen auf Bundesebene, um diese für Mieterinnen und Mieter nachteilige Entwicklung endlich zu stoppen. Die von der SPD und anderen geforderten zusätzlichen staatlichen und bürokratischen Eingriffe in den

Wohnungsmarkt sind dagegen weder zielführend noch glaubwürdig, waren es doch gerade schleswig-holsteinische Sozialdemokraten, die durch leichtfertige und selbstherrliche Vorgehensweise Zehntausende Wohnungen zu Schleuderpreisen an große Immobilienkonzerne verkauft haben.

(Zuruf CDU: Hört, hört!)

Insgesamt sind somit fast 43.000 landes- und stadteigene Wohnungen von Sozialdemokraten forciert an private Immobilien- und Finanzunternehmen zu Tiefstpreisen abgegeben worden.

(Zuruf Werner Kalinka [CDU]: Unglaub- lich!)

Dass sich die gleichen Sozialdemokraten jetzt versuchen, als Beschützer von Mietern aufzuspielen, ist an Dreistigkeit kaum noch zu überbieten.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf SPD: Sie hät- ten das Manuskript an die Rede, die Sie ge- hört haben, anpassen sollen!)

Trotz massiver Warnungen und Hinweise des Mieterbundes, von CDU und FDP wurden nicht nur 10.000 Werkswohnungen im Rahmen des HDWDeals ohne Wertfeststellung an den Käufer quasi verschenkt, sondern dabei wurde ausdrücklich auch noch auf die Möglichkeit einer Rückübertragung nach Weiterveräußerung oder auf eine finanzielle Nachvergütung verzichtet.

Außerdem hat Herr Dr. Stegner als damaliger Finanzminister den Ausverkauf der Landesentwicklungsgesellschaft politisch zu verantworten und hierbei massiv zulasten der Mieterinnen und Mieter in Schleswig-Holstein gehandelt. Dass Ihnen das nicht gefällt, kann ich verstehen. Ich denke aber, es gehört zur Ehrlichkeit der Debatte dazu, hier auf die geschichtliche Verantwortung der Sozialdemokratie für die derzeitige Wohnraumlage in Schleswig-Holstein hinzuweisen.

(Beifall CDU und FDP)

Schließlich hat die Stadt Kiel auf Initiative von SPD-Oberbürgermeister Gansel die städtischen Wohnungen zu unfassbar niedrigen Preisen an Immobilienunternehmen veräußert. Dass jetzt ausgerechnet die für die derzeit in einigen Bereichen des Landes angespannte Wohnraumlage verantwortliche SPD für die Korrektur ihrer eigenen politischen Fehlentscheidung lautstark eine zusätzliche steuerfinanzierte Landesförderung verlangt, ist dann doch ziemlich dreist.

(Peter Lehnert)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Bernd Heinemann?

Ja, ich wollte ihn gerade erwähnen. Bitte schön.

Herr Abgeordneter, ich wollte Sie fragen, ob Sie wissen, dass der Verkauf der KWG seinerzeit auf Vorschlag der CDU in Gang gesetzt wurde und dass die CDU darauf bestanden hat, dass man den Wohnungsbestand in Mettenhof nicht durch Abstockung von Gebäuden, sondern durch den Verkauf der KWG realisiert - so wortwörtlich. Der damalige Fraktionsvorsitzende hat seinerzeit dazu gestanden und sich auch öffentlich dazu bekannt. Insofern verstehe ich Ihre Rede nicht.

- Herr Heinemann, das sind drei Blöcke gewesen. Ich wollte gerade zu dem Block kommen, der Sie betrifft. Es hat dazu einen NDR-Beitrag gegeben. Das hat mit den HDW-Wohnungen, die kostenlos an Spekulanten abgegeben worden sind, und dem Verkauf der landeseigenen LEG gar nichts zu tun. Das liegt allein in der Verantwortung der Sozialdemokraten. Da können Sie die Protokolle gern nachlesen. CDU und FDP haben hier im Plenum ausdrücklich davor gewarnt, und wir haben auch dagegen gestimmt.

Zu dem Block Kiel wollte ich gerade komme, Herr Kollege Heinemann. Insofern passt diese Frage, da ich Sie hier ausdrücklich loben wollte, da wir ja den NDR-Beitrag sehr interessiert zur Kenntnis genommen haben.

Meines Wissens hatten seinerzeit die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit hier in der Stadtvertretung. Aber Sie haben Recht, die CDU in Kiel hat es auch stark forciert. Ich habe es damals für einen Fehler gehalten und es auch gesagt. Wir haben aber die kommunale Selbstverwaltung. Die Entscheidung war falsch.

Ich möchte Sie ausdrücklich loben, Herr Kollege Heinemann, nicht weil Sie diese gute Frage gestellt haben,

(Heiterkeit CDU)

sondern weil Sie vor allen Dingen in diesem NDRBeitrag in ziemlich entwaffnender Offenheit klargestellt haben, dass damals Fehler gemacht worden sind. Bis auf den kleinen Halbsatz von Herrn Dr. Stegner in seiner heutigen Kampfrede habe ich

von den Sozialdemokraten so etwas nicht gehört. Meine Hochachtung vor Ihnen persönlich, dass Sie das so deutlich gemacht haben.

(Zurufe SPD)

Ich wünsche mir diese kritische Selbstreflektion auch beim anderen Teil der SPD-Fraktion, nicht nur in Zwischenrufen, sondern auch in klaren Äußerungen, dass Sie für die Fehler, die Sie begangen haben, mit denen wir heute als Jamaika umgehen müssen, die Verantwortung tragen. Das wäre sehr schön.

Ich habe deutlich gemacht, dass die Jamaika-Koalition die Mietsteigerungen mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog deutlich begrenzen wird. Wenn sich die Sozialdemokraten - ich weiß das von Frau Ünsal - in vielen Punkten dem anschließen oder wir gemeinsamer Auffassung sind - wollen wir das einmal so formulieren -, wäre es schön, wenn wir weiterkommen. Solche sozialistischen Kampfreden wie die von Herrn Dr. Stegner helfen uns da überhaupt nicht weiter. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP, Aminata Touré [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Lasse Petersdot- ter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, begrüßen Sie bitte gemeinsam mit mir Vertreter und Vertreterinnen des Sozialverbandes und des Mieterbundes zu dieser Diskussion. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, dass das Thema Wohnen verbunden mit den Fragen: „Wie bezahle ich meine Miete? Finde ich überhaupt eine Wohnung?“, und der Sorge, das nicht zu können, so ernst ist, dass wir alle gemeinsam überlegen müssen, wie man das Problem gemeinsam lösen kann. Da hilft es wenig, sich an bestimmten Stellen vorzuwerfen, was einst gewesen ist, was die Abgeordneten, die jetzt neu im Landtag sitzen, nicht mehr nachvollziehen können.

Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass wir diese Frage ernst nehmen - bezogen auf diejenigen, die wirk

lich von zu teurem Wohnraum oder von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Mein Eindruck ist, dass vieles, das wir an Politikverdrossenheit, an Angst vor der Zukunft und Wut über Politik haben, auch damit zusammenhängt, dass die Leute, selbst wenn sie eine bezahlbare Wohnung haben und auch gar nicht umziehen wollen, Ängste haben, wenn sie sich die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt ansehen.

Da kommt die Entscheidung, die Mietpreisbremse in Schleswig-Holstein auslaufen zu lassen, bei den Menschen als eine Beunruhigung an. Ich bekomme auch Briefe von Leuten, die von Mieterhöhungen zurzeit zwar noch nicht betroffen sind, aber Angst haben, wenn jetzt diese Bremse wegfällt, dass die Mieten auf einmal explodieren. Sie fragen, warum wir uns im Koalitionsvertrag so entschieden haben. Mietpreisbremse ist ein sehr wirkungskräftiges Wort. Es suggeriert, dass dadurch, dass sie vorhanden war, irgendjemand auf die Bremse drückt und die Mieten dadurch nicht weiter steigen. Jetzt wird diese Bremse ausgebaut, und das Auto kann die Schussfahrt nehmen und gegen den Baum fahren. Das ist aber ein Trugschluss. Die Mietpreisbremse hat zumindest bisher - wenn die Verschärfung eine stärkere Wirkung hat, werden wir uns alle das gespannt ansehen -

(Zurufe SPD: Außer in Schleswig-Holstein!)

- Außer in Schleswig-Holstein, wo sowieso nicht viele Städte einen Mietspiegel haben, wie Sie wissen. Unser Koalitionsvertrag wurde im Jahr 2017 verhandelt. Es gab damals sehr viele Menschen, die der Meinung waren - wie meine Koalitionspartner -, dass die Mietpreisbremse ein stumpfes Schwert ist und zum Teil sogar negative Auswirkungen für Menschen mit sehr niedrigem Einkommen hat. In dem Zusammenhang haben wir uns darauf verständigt, uns gemeinsam auf den Weg zu machen, um nach besseren Möglichkeiten zu suchen. Es ist meines Erachtens auch unstrittig, dass die beste Möglichkeit, niedrige Mieten zu erhalten und die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, ist, genügend Wohnraum zu schaffen. Wenn es genügend Wohnraum gibt, können die Mieten nicht steigen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir ein Programm initiiert - Herr Lehnert hat es schon vorgestellt -, das wir bereits zigmal im Landtag präsentiert haben. Es ist keine neue Debatte, sie ist lediglich durch die Verschärfung durch die Bundesregie

rung oder durch einzelne Äußerungen in der Presse, die nicht neu sind, wieder in den Blick gekommen.

Dass wir Grüne diesen Teil des Koalitionsvertrages nicht besonders lieben, ist keine neue Erkenntnis und auch nicht aktuell.

Sie sagen, nichts gefunden zu haben. Darauf muss ich Ihnen entgegnen, dass Sie nicht ausreichend gesucht haben. Es wurde dargestellt: Wir haben den sozialen Wohnungsbau - ein Programm, das wir übrigens auf den Weg gebracht haben und wir auch in der Küstenkoalition schon stark hatten - weiter ausgebaut und fortgeführt.

Mir ist wichtig, was wir vereinbart haben und woran das Innenministerium arbeitet: Wir wollen eine Antwort auf die Frage suchen, wie wir auch ordnungsrechtlich etwas verändern können. Dass wir alle miteinander mehr Wohnungen bauen wollen, ist keine Frage. Dass wir nicht wissen, woher wir die Flächen dafür nehmen sollen, ist auch keine Frage. Auch keine Frage ist, dass die Baupreise steigen. All das wurde hier schon oft diskutiert. Aber die interessante Frage ist, ob man einen ordnungsrechtlichen Rahmen braucht und welcher am besten wirkt. Wir wollen deshalb an das Strafrecht gehen und zum Thema Mietwucher eine Strafverschärfung fordern. Das wäre beispielsweise ein Punkt - hierfür brauchen wir dann ja auch Mehrheiten im Bundesrat und im Bundestag -, bei dem wir möglicherweise wieder Seite an Seite kämpfen können. Da wünsche ich mir eine Unterstützung auch vonseiten der SPD auf Bundesebene, damit wir einen Schritt weiterkommen.

(Zuruf SPD)