Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

(Zuruf SPD)

- Ja, ich meine das ganz ernst. Warum nicht? Ich verstehe die Unkenrufe dazu nicht. Das wäre ja eine Sache, bei der man von Schleswig-Holstein aus wirklich etwas bewirken und die schwarzen Schafe unter den Vermietern erreichen kann, die wir alle erreichen wollen, die Spekulanten und diejenigen, die Wucher betreiben. Wenn wir da zusammenstünden, wäre das eine wirklich gute Sache. Das könnte eventuell für die eine oder andere Mieterin, den einen oder anderen Mieter etwas verändern.

Meine Damen und Herren, das Wichtigste ist, dass wir genügend Wohnraum schaffen; dann können wir die Mieten -

(Zuruf Lars Harms [SSW])

- Ja, das können wir nicht allein; das ist richtig, Herr Harms. Aber wir können politische Rahmenbedingungen schaffen. Wir haben verabredet, dass zum Beispiel bei den Share Deals die Schlupflöcher

(Eka von Kalben)

gestopft werden und dass die Grunderwerbsteuer gesenkt wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP - Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Wir werden den sozialen Wohnungsbau voranbringen. Wir haben ein Programm aufgelegt, das auch ich als diejenige, die der Meinung ist,

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

dass man den Flächenverbrauch nicht steigern soll - - Deswegen haben wir ein Programm -

(Beate Raudies [SPD]: Das gibt dann aber mehr Einfamilienhäuser! - Zuruf FDP: Ist das schlecht, dass Leute Platz zum Wohnen ha- ben?)

- Nein, deswegen haben wir eben ein Programm aufgelegt -

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, darf ich bitte den Satz zu Ende bringen? Deswegen haben wir ein Programm aufgelegt, das unter dem Motto steht: „Jung kauft alt“, damit junge Leute, die nach draußen ziehen wollen, die vielleicht ein Einfamilienhaus haben möchten, gefördert werden, wenn sie in den Altbestand gehen. Wir wollen eben gerade auch die Verdichtung und die Nutzung des Altbestands unterstützen und keine Neuversiegelung fördern. Deswegen ist das eine sehr kluge und richtige Politik, und ich freue mich, dass wir das gemeinsam auf den Weg bringen können. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, Abgeordneter Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den von der SPD-Fraktion gewählten Titel für diese Aktuelle Stunde finde ich richtig gut. Er lautet: „Mieterinnen und Mieter wirksam schützen Verbesserungen beim Mietpreisschutz auch in Schleswig-Holstein konsequent umsetzen!“. Genau das wollen wir auch, und genau deshalb tun wir das auch. Uns eint das Ziel, für alle Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins bezahlbaren und möglichst auch attraktiven Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Das sollte man ebenfalls erwähnen; ich hoffe, auch da herrscht Einigkeit.

Uns trennt aber der Weg dahin. Es geht in der Tat um die Mieten in Schleswig-Holstein, vor allem in Ballungsgebieten, und es geht um die Immobilienpreise allgemein. Viele, die Eigentum haben, profitieren im Zweifelsfall davon; angesichts der Immobilienpreise sind die eigenen vier Wände jedoch für immer weniger Menschen erreichbar. Auch darum muss es gehen; das hängt ja miteinander zusammen.

Wir wollen eben nicht nur das Problem bewundern, hilflos an Symptomen herumdoktern und vor Wahlen Beruhigungspillen verteilen, wir wollen das Problem tatsächlich an der Wurzel packen und die Mieterinnen und Mieter wirksam vor Preissteigerungen schützen.

Es ist nun mal so, wie es ist - das kann man gut oder schlecht finden -: Wenn die Nachfrage in bestimmten Gebieten groß ist, muss man das Angebot erhöhen, damit sich die Preise entsprechend reduzieren. Da kann man mit Gesetzen herumdoktern am Ende ist nur wirksam, wenn man das Angebot erhöht, und darum muss es im Zweifel gehen.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir gehen deshalb aus gutem Grund einen anderen Weg als die SPD und auch einen anderen Weg als die - aus historischen Gründen so genannte - Große Koalition in Berlin. Wir haben angesichts der niedrigen Zinsen seit einigen Jahren in Deutschland einen Immobilienboom. Wir erleben nach wir vor einen Drang in die Ballungsgebiete - Großraum Hamburg, Kiel, Lübeck, Rendsburg, Flensburg und so weiter. Die Ansprüche an die Größe der Wohnungen sind gestiegen, und in allen Altersgruppen, aber gerade auch bei Senioren, gibt es mehr Singlehaushalte als früher. Natürlich haben wir in Deutschland auch Zuwanderung; das bringt ebenfalls Druck auf den Wohnungsmarkt. Ich glaube, all das muss man einfach realistisch sehen, und man muss politisch viel zupackender darauf reagieren, als es die SPD im Bund tut und als es die SPD in früheren Landesregierungen in Schleswig-Holstein getan hat.

Uns Liberalen wird ja immer gern vorgehalten Herr Stegner, Sie haben das heute glaube ich, vergessen; ansonsten ist das ja ein Standardsatz in Ihrer Rede -, dass gerade wir Liberale der Meinung seien, der Markt regele schon irgendwie alles. Ich habe das, ehrlich gesagt, bei Liberalen noch nie gehört, aber von Sozialdemokraten wird uns das immer gern vorgehalten. Was in der Tat richtig ist: Der Staat allein wird das Problem nicht lösen; das muss man einfach sehen.

(Eka von Kalben)

(Beifall FDP und CDU)

Die unternehmerischen Fähigkeiten der öffentlichen Hand sind mittlerweile legendär. Es ist kontraproduktiv für eine zügige und nachhaltige Schaffung neuen Wohnraums, wenn man die Marktmechanismen außer Kraft setzen will. Das ist noch nie gutgegangen, und das wird auch niemals gutgehen. Die Mietpreisbremse ist ja alles andere als neu; das gab es ja schon vor vielen Jahrzehnten. Ich will jetzt keine Einordnung vornehmen, wer das in Deutschland eingeführt hat und so weiter, aber dieses Instrument hat am Ende noch nie zu guten Ergebnissen geführt.

Es wurde nun erheblich nachgeschärft, weil auch die Befürworter - Herr Dr. Stegner, auch Sie haben das sehr deutlich gesagt - erkannt haben, dass die Mietpreisbremse nicht wie gewünscht gewirkt hat. Die alte Variante wurde gerade vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, bei der neuen wird man das abwarten müssen.

Die Frage, ob es rechtmäßig ist, ist aber aus meiner Sicht auch nicht der entscheidende Punkt. Man muss gucken: Wohin führt denn dieser Weg der Überregulierung in diesem Bereich? Im Bundesland Berlin wird bereits die nächste Stufe der Regulierung auf dem Wohnungsmarkt sichtbar. Dort liegt jetzt ein Entwurf für einen Mietendeckel vor, mit dem der Staat sehr enge Preiskorridore vorgeben soll. Wenn es nach der linken Stadtentwicklungssenatorin Lompscher geht, soll der Markt quasi komplett außer Kraft gesetzt werden. Die Miete ist in Berlin-Mitte dann im Zweifel, wenn das Baujahr dasselbe ist, genauso hoch wie am Stadtrand. Wenn Frau Lompscher beispielsweise für all die Bundestagsabgeordneten, die in der Innenstadt wohnen, die Mieten senken will, dann ist das aus linker Sicht möglicherweise soziale Politik. Ich jedenfalls halte das nicht für sinnvoll.

Als Liberaler braucht man keine polemischen Sozialismusvergleiche mehr - das ist Sozialismus. Man muss das gar nicht betonen. Das ist völlig überdreht.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt AfD)

Die Stadtentwicklungssenatorin Lompscher - genau da sehen wir das Problem - verhindert und verzögert zudem ein Neubauprojekt in Berlin nach dem anderen. Es soll nur noch Mangelverwaltung stattfinden. Ich bin sehr gespannt, Herr Dr. Stegner, ob SPD und Grüne das in Berlin mitmachen werden. Die haben sich dazu ja zurückhaltend geäußert. Dadurch werden keine neuen Wohnungen geschaffen, und sozial ist das eben auch nicht, weil die, die eine

Wohnung suchen, am Ende leer ausgehen werden. Die Situation wird für sie noch schwieriger als bisher.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, die Politik - und somit auch die Landespolitik - ist in der Verantwortung, die richtigen Weichen zu stellen und sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, damit deutlich mehr, schneller und damit auch günstiger gebaut wird. Genau das tun wir in Schleswig-Holstein. Es wurden ja schon einige Maßnahmen genannt: Mit dem neuen Landesentwicklungsplan werden wir in vielen Kommunen mehr Neubau ermöglichen - Neubau, der heute zum Teil unterbunden wird. Viele Gemeinden in Schleswig-Holstein, in denen Nachfrage besteht, dürfen den Wohnungsbau nicht mehr vorantreiben. Es ist doch völlig irre, wenn wir beklagen, dass es ein Riesenproblem gibt, gleichzeitig aber unterbinden, dass dieses Problem gelöst wird!

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Wir entrümpeln die Landesbauordnung, um vor allem in den Städten aufzustocken und zu verdichten. Da kann man natürlich sagen, dass dadurch Lebensqualität verlorengeht. Viele Anwohner sind genervt, wenn Grünflächen verschwinden. Wenn wir aber in Städten mehr Nachfrage haben, müssen wir dort trotzdem mehr bauen.

Herr Dr. Stegner, Mietwucher - es gibt dort tatsächlich schwarze Schafe; das ist ja unbestritten - wollen wir wirksam bekämpfen und werden eine entsprechende Bundesratsinitiative starten. Es gibt aber gerade in Schleswig-Holstein viele private Kleinvermieter, die teilweise übrigens auf Mieterhöhungen verzichten, obwohl die Immobilienpreise steigen; das sollte man an dieser Stelle vielleicht auch einmal anerkennen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen wollen wir uns um die schwarzen Schafe kümmern und wollen nicht die Vermieter gängeln.

Wir haben die Förderprogramme verbessert und stärken insbesondere den sozialen Wohnungsbau in Schleswig-Holstein, den auch die SPD in den letzten Jahren sehr vernachlässigt hat.

Monika Heinold hat es vor Kurzem noch einmal gesagt: Das Land wird Flächen für den Wohnungsbau günstig abgeben. Da muss man vielleicht auch mal gucken: Was machen eigentlich viele Kommunen? Die finden das mit den gestiegenen Marktpreisen gar nicht so schlecht. Ich kann verstehen, wenn vie

(Christopher Vogt)

le Kommunalpolitiker sagen: „Wir verkaufen unsere Baugrundstücke möglichst teuer“, weil sie damit den kommunalen Haushalt verbessern wollen. Das ist ja nachvollziehbar. Trotzdem muss man sagen, dass viele Kommunen ihre Grundstücke günstig verkaufen. Gerade die Städte haben es vielfach versäumt, Gebiete zu entwickeln, und da muss nachgeschärft werden.

Zu all diesen Maßnahmen, die die Landesregierung und die die Koalition ergreifen, sagt die SPD nun entweder gar nichts, oder sie ist dagegen.

(Widerspruch SPD)

Wir müssen doch die Investitionsbremse lösen und dürfen keine neue schaffen. Wir als FDP wollen übrigens auch kein Volkseigentum - kommunale Wohnungsbaugesellschaften gelten bei der SPD ja auch irgendwie als Schlüssel zum Erfolg -, sondern wir wollen ein Volk von Eigentümern.

Wir müssen auch - das sollte an dieser Stelle ebenfalls erwähnt werden - die ländlichen Räume stärken. Das hat mit Infrastruktur zu tun, mit Kitas und Schulen, mit Verkehrsinfrastrukturen und Breitbandanschlüssen.

(Beifall FDP und CDU)

Mich stört schon sehr, Herr Dr. Stegner, dass diese Wohnungsbaudebatte nicht ehrlich geführt wird; denn leider ist es immer noch so, dass der Staat der große Kostentreiber beim Thema Wohnen ist durch Unterlassung, durch zu viele Auflagen, aber auch durch die Steuern- und Abgabenpolitik. Aktuell diskutieren wir über die Grundsteuer. Ich finde das Scholz-Modell kontraproduktiv. Wenn es so umgesetzt wird, wird es das Wohnen weiter verteuern. Darüber diskutieren wir munter in der Koalition.

(Werner Kalinka [CDU]: So ist es!)