Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung und führe somit die Tagung fort. Von der SPD-Fraktion wurde mir mitgeteilt, dass die beiden Kolleginnen Kirsten Eickhoff-Weber und Regina Poersch erkrankt sind. Wir wünschen beiden baldige Genesung.
Wegen auswärtiger Verpflichtungen sind für die Landesregierung Minister Jan-Philipp Albrecht und Minister Hans-Joachim Grote beurlaubt. Die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein hat nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung unseres Landtags mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme an der heutigen Sitzung verhindert ist. Der Abgeordnete Kilian hat nach § 47 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung ebenfalls mitgeteilt, dass er an der Teilnahme an der heutigen Sitzung verhindert ist. Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Stegner mitgeteilt, dass er an der Teilnahme an der heutigen Sitzung ab 12:30 Uhr verhindert ist.
Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, gratuliere ich ganz herzlich unseren zehnjährigen Jubilaren. Ich hoffe, ich habe sie hier vollzählig. Wie es bei uns üblich ist, machen wir hier keine Unterschiede nach den Fraktionen. Die Reihenfolge ist willkürlich. Ich gratuliere ganz herzlich zum zehnjährigen Dienstjubiläum Dr. Kai Dolgner, Marlies Fritzen, Martin Habersaat, Flemming Meyer, Serpil Midyatli, Birte Pauls, Ines Strehlau, Dr. Andreas Tietze, Christopher Vogt, Hans Hinrich Neve, Heiner Rickers, Hauke Göttsch, Anita Klahn, Dr. Marret Bohn, Barbara Ostmeier, Katja Rathje-Hoffmann, Oliver Kumbartzky und unserem Ministerpräsidenten Daniel Günther. Habe ich jemanden vergessen? - Herzlichen Glückwunsch!
Begrüßen wir aber auch, wie es bei uns üblich ist, auf unserer Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Käthe-Kollwitz-Schule, Kiel. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Somit eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile das Wort unserem Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Auch von mir herzlichen Glückwunsch zu allen Jubiläen, die es heute so zu feiern gibt.
Die Landesregierung legt dem Parlament heute den Entwurf für eine Reform des Kita-Systems vor. Die Kita-Reform 2020 ist eines der wichtigsten Vorhaben dieser Landesregierung, mit der wir SchleswigHolstein zu einem familienfreundlicheren Bundesland machen werden. Wir lösen damit eines unserer zentralen Wahlversprechen ein. Wir schaffen bessere Startchancen für die jüngsten Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, und wir schaffen einheitlichere Lebensverhältnisse in unserem Bundesland.
Die Reform ist damit nicht nur ein Beitrag zu mehr frühkindlicher Bildung und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sie ist auch ein deutlicher Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit in Schleswig-Holstein.
Mehr als zwei Jahre hat mein Haus im gemeinsamen Austausch mit Eltern, Trägern und Kommunen an dieser Reform gearbeitet. Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch meinem Staatssekretär sehr herzlich für diesen Kraftakt und für diese Arbeit danken. Dieser Dank gilt selbstverständlich auch den Verfahrensbeteiligten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dieser Reform realisieren wir im Wesentlichen drei Ziele: Erstens entlasten wir die Familien von zum Teil viel zu hohen Kita-Gebühren. Zweitens sorgen wir für bessere Qualität in den Einrichtungen, und drittens entlasten wir die Kommunen bei der Finanzierung des Kita-Systems.
Diese Reform ist das Ergebnis eines unglaublichen finanziellen Kraftakts des Landes. 1 Milliarde € zusätzlich fließen in dieser Legislaturperiode. Das ist so viel wie nie zuvor. 1 Milliarde € wird in diesen fünf Jahren zusätzlich für Reformen aufgebracht.
Darin enthalten sind 191 Millionen € an Bundesmitteln, bei denen allerdings in jüngster Zeit nach wie vor offen ist, ob der Bund bereit ist, diese Mittel nach 2022 zu verstetigen.
Im Einzelnen stellen wir für die Jahre 2018 bis 2022 zusätzlich insgesamt 481 Millionen € zur Verfügung, um die vereinbarten politischen Ziele der Kita-Reform zu erreichen. Im gleichen Zeitraum werden wir die Kommunen mit 135 Millionen € entlasten und für Konnexitätsausgleiche weitere Mittel in Höhe von 328 Millionen € zur Verfügung stellen. Die durchschnittliche Landesförderung inklusive der Bundesmittel pro Kind wird sich in dieser Legislaturperiode mehr als verdoppeln: von durchschnittlich etwa 2.000 € im Jahr 2017 auf etwa 4.400 € im Jahr 2022.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, während im Jahr 2017 245 Millionen € an Landes- und Bundesmitteln in die Kindertagesstätten und in die Kindertagespflege flossen, wird diese Summe allein im Jahr 2022 mit 568 Millionen € mehr als doppelt so hoch sein. Das ist für das Konsolidierungsland Schleswig-Holstein ein einmaliger Erfolg, ein klares Signal für frühkindliche Bildung und ein finanzieller Kraftakt.
Wir tun das aus voller Überzeugung. Wir setzen diese massiven Investitionen in die frühkindliche Bildung unter anderem ein, um die Elternbeiträge zu senken. In der Ü-3-Betreuung gilt ab 2020 eine Deckelung von rund 141 € pro Monat für eine fünfstündige Betreuung und von rund 226 € pro Monat für eine ganztägige Betreuung. Für die Krippenbetreuung eines Kindes unter drei Jahren gilt eine Obergrenze von 180 € pro Monat für eine fünfstündige Betreuung und ein Deckel von 288 € pro Monat für eine ganztätige Betreuung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die bislang sehr unterschiedlich geregelte Finanzierung von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege unterliegt zukünftig ein und demselben Finanzie
rungsprinzip. Auch die Tagespflege wird in Zukunft anteilig durch das Land, die Eltern und die Wohngemeinden finanziert werden. Eltern, deren Kinder in Tagespflege betreut werden, zahlen zukünftig ebenfalls höchstens den landesweit einheitlichen Maximalbeitrag, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir werden darüber hinaus Familien mit niedrigem Einkommen entlasten, indem wir endlich eine landeseinheitliche Sozialstaffel einführen. Die unterschiedlichen Kreissozialstaffeln werden damit der Vergangenheit angehören.
Wir führen für Familien mit mehreren Kindern außerdem eine Mindestvorgabe bei der Geschwisterermäßigung ein: Besuchen mehrere Kinder eine Kita oder eine Tagespflegeeinrichtung, müssen in Zukunft die Eltern für das zweitälteste Kind nur die Hälfte des Beitrags zahlen. Weitere jüngere Kinder sind komplett beitragsfrei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um das auch in aller Deutlichkeit zu sagen: In Bezug auf die Berücksichtigung von Schulkindern bei der Anrechnung können wie bislang auch die örtlichen Jugendämter weitergehende Regelungen treffen.
Mit der Kita-Reform erhalten die Eltern zudem endlich ein echtes Wahlrecht. Wir haben die Finanzierungsstruktur so gestaltet, dass ein gesondert zu vereinbarender interkommunaler Kostenausgleich zukünftig entfällt. Soweit Plätze vorhanden sind, können Eltern ihre Kinder in einer Kita außerhalb ihrer Wohngemeinde anmelden, ohne sich deswegen erklären zu müssen.
In der Vergangenheit scheiterte dies häufig daran, dass die Wohnsitzgemeinde die Kostenübernahme verweigerte, wenn dort ein freier Platz vorhanden war.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Mutter, die nicht an ihrem Wohnort berufstätig ist, kann ihr Kind künftig besser an ihrem Arbeitsort betreuen lassen. Auch das ist insbesondere für Alleinerziehende ein unglaublicher Fortschritt. So sieht moderne Familienpolitik in Schleswig-Holstein aus.
Um es ganz deutlich zu sagen: Wir verbieten es, dass Kinder in Zukunft aus den Einrichtungen geworfen werden, wenn die Familie über die Stadtgrenze hinaus ins Umland zieht, im Zweifel ohne dort einen Betreuungsplatz im gleichen Umfang vorzufinden. Betreuungskontinuität ist nicht nur pädagogisch wichtig für die Kinder, sondern auch unverzichtbar für die Planbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern.
Wir stärken die Einfluss- und Beteiligungsmöglichkeiten der Eltern. Zukünftig ist die Einhaltung der Beteiligungsrechte der Elternvertretung Voraussetzung dafür, dass eine Kita öffentliche Mittel erhält. Auch Eltern, deren Kinder in einer Tagespflegeeinrichtung betreut werden, können künftig in der Kreis- und Landeselternvertretung mitwirken.
Bei den Schließzeiten pro Jahr bestand bislang überhaupt keine Regelung. Auch hier sorgen wir jetzt für Berechenbarkeit. Die Schließzeiten werden auf 20 Tage im Kalenderjahr begrenzt. Wir haben den Wunsch der Landeselternvertretung, dass die Einrichtungen maximal drei Wochen am Stück schließen dürfen, explizit in den Gesetzesentwurf aufgenommen. Ich sage in aller Deutlichkeit: Natürlich gibt es auch eine Vorgabe für kleinere Einrichtungen mit bis zu drei Gruppen; diese Einrichtungen dürfen bis zu 30 Tage im Jahr schließen. Bei weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fällt es nun einmal schwerer, Vertretungen zu organisieren. Auch in diesem Punkt bin ich fest davon überzeugt, dass uns ein fairer Ausgleich zwischen den Bedürfnissen der Eltern auf der einen Seite und den Erwartungen der Einrichtungen - sprich: der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch Kinder haben gelingt. Deswegen findet auch niemand im Gesetzentwurf seine Maximalposition wieder.
Wir erhöhen die Qualität der Einrichtungen, indem wir erstmals im Rahmen des Standard-QualitätsKosten-Modells verbindliche Standards oberhalb der heimaufsichtsrechtlichen Vorgaben festlegen und uns damit an den Erfordernissen guter Arbeit orientieren.
Der Fachkraft-Kind-Schlüssel im Elementarbereich wird von 1,5 auf 2,0 Fachkräfte angehoben. Die künftige Gruppengröße wird faktisch reduziert, indem im Ausnahmefall die Gruppe nur auf 22 Kinder vergrößert werden kann. Gruppengrößen von 25 Kindern wie bisher wird es mit Inkrafttreten dieser Reform nicht mehr geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.