Protocol of the Session on July 21, 2017

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Ich eröffne die Sitzung. Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Kollege Peer Knöfler aus der CDU-Fraktion heute erkrankt ist. Wir wünschen ihm gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt ist die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein aus der AfD-Fraktion.

Wir begrüßen auf der Besuchertribüne im Schleswig-Holsteinischen Landtag ganz herzlich fünf Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Paritätischen Freiwilligendienstes aus Schleswig-Holstein. Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Konsens bei Sonn- und Feiertagsöffnungszeiten in Schleswig-Holstein bewahren - Bäderverordnung verlängern

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/69

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/84

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Hiermit eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat für die SPD-Fraktion die Kollegin Regina Poersch.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tourismus in unserem Land boomt. Strände und Cafés sind voll. Die Buchungslage ist mehr als zufriedenstellend, und der Einzelhandel an der Küste freut sich über die Umsätze durch Urlauberinnen und Urlauber. Shoppen im Urlaub, das ist immer öfter und immer stärker Freizeit- und Urlaubsbeschäftigung. Bummeln, Zeit haben, das Portemonnaie einmal etwas lockerer in der Hand als im Alltag. Die Wirtschaft im Lande freut es, und mich als Tourismuspolitikerin auch. Für den Tourismus ist die Bäderregelung einst gemacht worden. Aber sie ist eine Ausnahme, und sie muss eine Ausnahme bleiben. Wenn nämlich die Urlaubsausnahme zum

Alltag wird, bekommen wir mehr als nur ein Problem.

Problem eins: Wenn der Feiertag kein Feiertag mehr ist, haben immer weniger Menschen genau dieses Urlaubseinkaufserlebnis. Der Reiz des Besonderen geht verloren. Problem zwei: Wenn die Ausnahme zur Regel wird, ist der Sonn- und Feiertagsschutz in Gefahr. Berechtigten Klagen würde Tür und Tor geöffnet.

(Beifall SPD)

Problem drei: Die Chancen des kleinen Handels im Wettbewerb mit den Großhandelsunternehmen würden erheblich geschwächt. Eine Abwanderung der Käuferinnen und Käufer von den Innenstädten an die Peripherie wäre die Folge. Die kleine Boutique in der Altstadt, die keine Öffnungszeiten sieben Tage die Woche bieten kann, leidet, und der Discounter am Stadtrand trifft weniger auf Touristen, sondern mehr auf seine örtlichen Stammkunden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach fest kommt ab, so sagt man beim Schrauben. Das gilt aber auch für den von allen Akteuren getragenen Konsens bei den Sonntagöffnungszeiten. Wer hier überdreht, riskiert am Ende Einschränkungen der Sonntagsöffnungen, und zwar nicht nur in unseren Tourismusorten.

(Beifall SPD)

In anderen Bundesländern hat ein zu sorgloser Umgang mit dem Schutz der Sonn- und Feiertage zu erfolgreichen Klagen von Gewerkschaften und Kirchen geführt. Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. So steht es im Grundgesetz.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir lehnen es entschieden ab, den mit Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden gefundenen bewährten Konsens bei den Ladenöffnungszeiten aufzuweichen. Die Regierungskoalition will jetzt diesen Konsens ohne Not aufkündigen. Er wird von allen mitgetragen, offenbar nur nicht von der FDP. Sie will auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die bestehende Rechtssicherheit unnötig aufkündigen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, schadet unserem Land.

(Beifall SPD)

Wenn Sie rund um die Uhr einkaufen wollen, was in Schleswig-Holstein übrigens an sechs Tagen in

der Woche bereits möglich ist, dann machen Sie sich ehrlich. Gehen Sie das Grundgesetz an, streichen Sie dort den Sonn- und Feiertagsschutz. Das wäre ehrlich. Dann brauchen Sie auch nicht mehr den Tourismus als Argument und Begründung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Aufweichung des Arbeitnehmerschutzes ist mit uns als SPDFraktion nicht zu machen.

(Beifall SPD)

Das sehen auch die Gewerkschaften so. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben ein Recht auf Freizeit und Feiertage. Wenn kleine Geschäfte den Wettbewerb gegen die Großen verlieren, gehen am Ende Arbeitsplätze verloren. Natürlich wittert der Einzelhandel bereits Morgenluft. Wenn nämlich eine Ausnahmearbeitszeit keine Ausnahmearbeitszeit mehr ist, dann spare ich doch gleich noch die Sonn- und Feiertagszuschläge.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hören Sie auf die großen christlichen Kirchen als Bewahrer der Sonntagsruhe. Ohne Sonntage gibt es nur noch Werktage.

(Beifall SPD und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Und was macht die CDU? Eben noch groß an der Seite der Kirchen den Gottesbezug in der Landesverfassung gefordert, und heute wird gegen den Sonntag agiert. Scheinheilig ist das.

(Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der von allen, nur nicht von der FDP getragene Konsens der Bäderverordnung von 2013 gilt für fünf Jahre mit der Option auf eine Verlängerung um weitere fünf Jahre. Fünf weitere Jahre Rechtsfrieden, und Sie wollen das einfach aufkündigen! Das darf doch wohl nicht wahr sein!

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) : So ist es! Am Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen - (Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

- Ich bin gleich fertig. Ich bin gespannt, was Sie dazu gleich noch sagen. - Lassen Sie mich sagen: Am Ende hat niemand etwas davon, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht, die Familien nicht, der Einzelhandel nicht. Der muss sogar um seine geltenden Möglichkeiten bangen. Das ist schlecht für den Tourismus, schlecht für die Wirtschaft, schlecht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Herr Ministerpräsident, setzten Sie diesem Spuk ganz schnell ein Ende! - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Klaus Jensen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der SPD hat zum Ziel, die Landesverordnung über den Verkauf von Waren an Sonn- und Feiertagen in Kur-, Erholungs- und Tourismusorten - so heißt diese Verordnung, die sogenannte Bäderverordnung - über das Jahr 2018 hinaus um weitere fünf Jahre zu verlängern.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Exakt! Das haben Sie erkannt!)

- Das ist doch okay.

(Zurufe SPD)

Ich sage immer, wer lesen kann, ist im Vorteil. Ich möchte noch einmal an die schwierige Diskussion erinnern, die wir 2013 hier im Landtag geführt haben. Es musste eine Regelung gefunden werden, die zum einen eine hinreichende Rechtssicherheit gewährleisten sollte, das heißt, dass sie keine Klagen der Kirchen oder Gewerkschaften wegen unzureichender Sonn- und Feiertagsruhe nach sich ziehen durfte, zum anderen aber auch die berechtigten Interessen des Einzelhandels, der Akteure in den Tourismusgemeinden besonders an den Küsten Rechnung tragen sollte. Das heißt, dass zwei unterschiedliche Ziele unter einen Hut zu bringen waren. Insofern war das Ergebnis ein klassischer Kompromiss, der zumindest - das war auch so gewollt - Planungssicherheit bedeutet. Aber die Reduzierung der Saisonzeiten und vor allen Dingen der täglichen Öffnungszeiten hat zu spürbaren Einschränkungen für die touristischen Anbieter geführt.

Meine Damen und Herren, was hat sich nun seit 2013 im Spannungsfeld dieser Bäderverordnung geändert? Ich meine, eine ganze Menge. Da erscheint es zum heutigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, die Verordnung über 2018 hinaus schon jetzt eins zu eins zu verlängern. Ich will das auch gern begründen. Das Verhalten der zum Glück vielen Menschen, die bei uns im Land zwischen Nord- und Ostsee Urlaub machen, verändert sich. Das Einkaufserlebnis als eine der Top-Urlaubsaktivitäten hat deutlich an Bedeutung zugenommen. Die Gäste erwarten neben der Erholung in einer intakten Natur eben auch die Möglichkeit entspannten Einkaufens in ihren Urlaubsorten. Dies führt zu zusätzlichen Umsätzen, einer Belebung der Innenstädte und eröffnet die Chance für weitere Gästegruppenge

(Regina Poersch)

winnung. Das Einkaufsverhalten hat sich aber auch grundsätzlich in einem anderen Punkt verändert. Der Online-Handel entwickelt sich zunehmend zu einer echten Konkurrenz für den Einzelhandel. Auch deshalb müssen wir uns gemeinsam Gedanken machen, wie auf solche Entwicklungen reagiert werden kann.

Der Koalitionsvertrag des Jamaika-Bündnisses trägt dieser Entwicklung Rechnung und regt an - wie in unserem Antrag formuliert -, gemeinsam mit den Akteuren - das sind neben den Kirchen auch die Gewerkschaften, die Kammern, die Verbände, und ich ergänze: auch die Kommunen - die Frage der weiteren Flexibilisierung der Sonntagsöffnungszeiten zu erörtern. Das sollten wir tun, und das sollten wir zielstrebig und, Herr Minister, wie Sie gesagt haben, auch mit Behutsamkeit tun. Beides schließt sich nicht aus.

(Beifall CDU und FDP)

Vielleicht zum Schluss noch ein Wort zu dem von der IHK beauftragten Gutachten zum Gesetz über die Ladenöffnungszeiten, die nicht direkt mit der Bäderverordnung zu tun haben. Mittelbar steht es aber doch in einem gewissen Zusammenhang. Auch diese Initiative sollte in die oben genannten Gespräche einbezogen werden. Es geht nicht in erster Linie um eine massive Ausdehnung der Sonntagsöffnungen, sondern um eine flexiblere Handhabung der bestehenden Regelungen und last, but not least um eine Behebung rechtlicher Verunsicherung, besonders in den Kommunen.

(Beifall CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb werden wir heute Abstimmung in der Sache beantragen und keine Ausschussüberweisung. Wenn entsprechende Ergebnisse oder Vorschläge vorliegen, können wir in den Ausschuss gehen. Heute bitten wir um Abstimmung in der Sache. Es gibt eine Menge zu tun, packen wir es an! - Danke.

(Beifall CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe SPD, Sie fordern uns auf, festzustellen, dass sich