Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung. Bevor wir in die heutige Sitzung einsteigen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Kollegin Barbara Ostmeier aus der CDU-Fraktion und die Kollegin Kirsten Eickhoff-Weber aus der SPD-Fraktion erkrankt sind. Von dieser Stelle aus wünschen wir gute Besserung.
Beurlaubt ist, ich hoffe, aus freudigem Anlass, der Kollege Christopher Vogt aus der FDP-Fraktion. Auch ihm und seiner Familie wünschen wir von dieser Stelle aus alles Gute.
Auf der Besuchertribüne begrüßen Sie mit mir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Altenholz. - Herzlich willkommen hier bei uns im Landtag und viel Spaß!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren schon ist Schleswig-Holstein für seine humanitäre Flüchtlingspolitik bekannt, und diese wird in diesem Hause auch überwiegend geteilt.
Wir haben die Ermessensspielräume immer für und nicht gegen die Geflüchteten genutzt. So ist es auch in den Wintermonaten 2015/16 geschehen. Aus dem Antrag der Koalitionäre können Sie sehr gut die Haltung der Küstenkoalition sehen. Ich finde, diese ist dort sehr gut wiedergegeben.
Sie können sich also fragen: Warum kommt jetzt der Antrag der SPD zum Winterabschiebestopp? Leider müssen wir feststellen, dass die Realität, die von den Koalitionären in Schriftform festgehalten worden ist, nicht mehr der Realität der Geflüchteten entspricht, denn fast täglich erreichen uns auf sehr unterschiedlichen Wegen Hilferufe aus den Kreisen. Es findet praktisch keine Einzelfallprüfungen mehr statt, die bisher anscheinend gut funktioniert haben.
Über den Fall in Kirchbarkau wurde sehr breit berichtet. Leider müssen wir sehen, dass der dortige Fall mit Pleiten, Pech und Pannen kein Einzelfall gewesen ist. Die Abschiebungen nach Afghanistan und auch in die Balkanländer stehen immer noch aus, und das, was in den Ausländerbehörden passiert, ist wirklich ein buntes Treiben.
An meine Kollegin Herdejürgen ist zum Beispiel ein Fall herangetragen worden, der, so glaube ich, auch an Herrn Bernd Voß und andere Kolleginnen und Kollegen herangetragen wurde. Hierbei geht es um einen Dublin-Fall: Eine irakische Flüchtlingsfamilie soll nach Norwegen abgeschoben werden. Jetzt können wir alle zusammen sagen: Norwegen ist ein demokratisches Land. Wir wissen aber alle, dass Norwegen seit einigen Jahren leider aufgrund seiner restriktiven Flüchtlingspolitik Schlagzeilen gemacht hat. Die Familie sollte nach Norwegen abgeschoben werden. Das ist auch geschehen. Nach vier Wochen ist sie nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt, denn was macht Norwegen? - In Norwegen werden die Familien direkt in den Flieger gesetzt und in den Irak zurückgeschickt.
Wir hatten hier vereinbart und immer gesagt: Wenn wir Menschen nach dem Dublin-Modell in Länder zurückschicken, die die Familien dann in die Herkunftsländer zurückschicken, dann sollen für diese nicht die sogenannten Dublin-Überführungen stattfinden. Diese Familie hat es geschafft. Sie ist nach Schleswig-Holstein zurückgekommen. Eine andere irakische Familie, die auch nach Norwegen abgeschoben worden war, wurde direkt in den Flieger gesetzt und in den Irak zurückgeschickt. Ein Anruf von dieser Familie ergab, dass sie ganz froh seien, denn nur der Mann sei inhaftiert worden. Der Rest sei im Moment im Irak auf freiem Fuß.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind nicht nur einige Einzelfälle, sondern diese Beobachtungen ziehen sich wirklich durch das ganze Land. Ein anderer dramatischer Fall ist der Fall aus Großbarkau, der sich in der letzten Woche ereignet hat. Die Familie sollte abgeschoben werden. Der Vater erleidet einen Nervenzusammenbruch, wird in die Psychiatrie eingeliefert und kann also nicht mehr abgeschoben werden. Was wird entschieden? Das Kind, das Leukämie hat, soll mit der Mutter getrennt abgeschoben werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier noch nie Familien getrennt voneinander abgeschoben!
Das Kirchenasyl ist ein gutes Stichwort, denn diese Familie ist in der Tat jetzt im Kirchenasyl aufgenommen worden; zu Recht, wie ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir alle machen Politik mit Zahlen. Das ist auch richtig. Diese Zahlen sollten aber auch wirklich stimmen. Ich konnte in einem Artikel als Überschrift lesen: Mehr Kirchenasylfälle, Kiel kritisiert die Praxis. Der zweite Untertitel lautete: 169 Flüchtlinge in Schleswig-Holstein unter dem Schutz von Kirchengemeinden. Um die Zahlen genauer anzusehen, würde es fast reichen, wenn man die Pastorin Bruweleit, die hier bei uns im Hause zuständig ist, oder Frau Bäumer von der katholischen Kirche gefragt hätte, was die Anzahl von 169 Fällen des Kirchenasyls für Schleswig-Holstein bedeutet. Stand 8. Dezember: Hamburg, 77 Personen, Schleswig-Holstein, 60 Personen, Mecklenburg-Vorpommern: 28 Personen. Das heißt, dass die Zahl, die in dem Artikel wiedergegeben worden ist, nicht der Realität entspricht, denn die Zahl hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht erhöht. Man hat einfach die Zahlen addiert. Dann kommt man auf ungefähr 160 Personen, die aber nicht allein in
Die Kirchenvorstände in den einzelnen Gemeinden entscheiden darüber, welche Familien sie im Kirchenasyl aufnehmen. Uns ist bewusst, dass es nach den Jahren, in denen wir sehr viele Geflüchtete aufgenommen haben, zu mehr Abschiebungen kommen muss. Das hätte wahrscheinlich auch in unserer Regierungsverantwortung nicht anders sein können. Wir plädieren jedoch dafür, deshalb auch unser Antrag, dass die humanitären Standards, die wir hier in Schleswig-Holstein gesetzt haben, auch eingehalten werden. Wenn die Regelung, die wir damals für die Wintermonate getroffen haben, nicht mehr funktioniert, dann müssen wir alle gemeinsam sehr genau darauf gucken.
Die Landesregierung hat immer - das auch im Wort von Daniel Günther - Torsten Albig für seine humanitäre Flüchtlingspolitik gelobt. Davon konnten wir hier oft genug Zeuge sein. Das war richtig, und dafür bedanken wir uns auch.
Ich habe den Wunsch, dass Sie den warmen Worten, die Sie hier schon öfter gefunden haben, jetzt auch Taten folgen lassen. Sie wollten SchleswigHolstein für die Unternehmen sexy machen. Sie wollten die Infrastruktur als Möglichmacher möglich machen. Sagen Sie jetzt ein starkes Wort: Geben Sie diesen Familien Hoffnung, zumindest für die nächsten drei Monate, um die betreffenden Fälle vernünftig einzeln zu prüfen und zu gucken, wie Sie eine Rückführung in Anstand und Würde vollziehen können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Ich möchte jetzt gern auf den Antrag zurückkommen, den die SPDFraktion gestellt hat. Wir haben ja eben eine Menge anderer Dinge gehört.
Mit dem vorliegenden Antrag fordert die SPDFraktion den Innenminister auf, während des Winters 2017/2018 bis Anfang April 2018 aus humanitären Gründen einen pauschalen Winterabschiebestopp einzuführen. Das bedeutet, dass Sie die Rückkehr zu einer Regelung fordern, die Sie selber im September 2015 abgeschafft haben.
Bis zum 31. März 2015 gewährte die SPD-Fraktion bestimmten Flüchtlingen aus humanitären Gründen einen Abschiebestopp.
Herr Kollege Clausen, erstens war es ja nicht die SPD, die den Winterabschiebestopp gewährte, sondern das Land Schleswig-Holstein.