Protocol of the Session on March 6, 2019

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 20. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Erkrankt sind die Abgeordneten Peer Knöfler, Regina Poersch und Thomas Hölck. Allen drei wünschen wir gute Genesung.

(Beifall)

Die Abgeordnete Dr. Bohn hat nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme an der heutigen Sitzung verhindert ist.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag trauert um seinen früheren Abgeordneten Hans-Jürgen Wolter, der am 25. Februar und damit nur einen Tag vor seinem 78. Geburtstag verstorben ist.

Nach einer Verwaltungsausbildung und erfolgreichem Bestehen der zweiten Verwaltungsprüfung schloss Hans-Jürgen Wolter ein Volkswirtschaftsstudium an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik ab. Es folgte die sogenannte Begabtenprüfung, die ihm auch ohne Abitur das Studium der Rechtswissenschaften ermöglichte. Auch hier war Hans-Jürgen Wolter erfolgreich, sodass er sich ab 1976 in eigener Kanzlei als Rechtsanwalt in seiner Geburtsstadt Lübeck niederlassen konnte.

Hans-Jürgen Wolter war ein Mensch, der sich zeitlebens durch seine Beharrlichkeit auszeichnete. Auch Hürden, die ihm in den Weg gestellt waren, entmutigten ihn nie. Bereits sein beruflicher Werdegang lässt dies in aller Deutlichkeit erkennen. Diese Zielstrebigkeit hatte ganz gewiss etwas damit zu tun, dass Hans-Jürgen Wolter eine klare Vorstellung davon hatte, wohin sich die Gesellschaft entwickeln muss, um toleranter und gerechter zu werden und den Menschen auch immer neue Aufstiegschancen zu eröffnen. Ganz in diesem Sinne arrangierte sich Hans-Jürgen Wolter nicht einfach mit dem Bestehenden, sondern war ein stets couragierter, durch und durch politischer Vorkämpfer für Veränderungen.

60 Jahre war Hans-Jürgen Wolter Mitglied der SPD. Von 1970 bis 1975 gehörte er der Lübecker

Bürgerschaft an, bevor er - von 1975 bis 1983 - als stets direkt gewählter Abgeordneter in den Schleswig-Holsteinischen Landtag einzog. In diesem Haus wirkte er vor allem im Innenausschuss und im Eingabenausschuss mit, dessen stellvertretender Vorsitzender er in der 9. Wahlperiode war. Darüber hinaus gehörte Hans-Jürgen Wolter verschiedenen Untersuchungsausschüssen an.

Langjährig und verdient ist auch das soziale Engagement, das Hans-Jürgen Wolter außerhalb des Landtages unter Beweis gestellt hat: als Vorsitzender des Rechtsfürsorge-Vereins Lübeck, der sich seit fast 180 Jahren in der Resozialisierung straffällig gewordener Menschen engagiert oder im Regionalverband Lübeck des Arbeiter-Samariter-Bundes, dem er ebenfalls vorsaß. Sein Engagement galt auch der Vorstandsarbeit im Lesben- und Schwulenverband Schleswig-Holstein, über den er bis zum Schluss wertvolle Beiträge in die gesellschaftspolitische Debatte einbrachte.

Meine Damen und Herren, wir erinnern uns in Dankbarkeit an Hans-Jürgen Wolter, der ein mutiger, verantwortungsbewusster und uneigennütziger Streiter vor allem für die Schwachen, die allzu oft an den Rand der Gesellschaft Gedrängten, war. Ich bitte Sie, einen Moment innezuhalten im Gedenken an den ehemaligen Abgeordneten Hans-Jürgen Wolter. - Sie haben sich zu Ehren von Hans-Jürgen Wolter erhoben. Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 3, 7, 8, 16, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39 und 40 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 2, 5, 10, 13 sowie 41, 42 und 44.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 6 und 29, Änderung des Gesetzes über die Hochschulen und Antrag zum Thema Gesichtsschleier, die Tagesordnungspunkte 12 und 43, Kosten für Dienstleistungen im Rahmen von Stützung und Verkauf der HSH Nordbank und Beteiligungsbericht 2018, und die Tagesordnungspunkte 18 und 27, Tierexporte in tierschutzrechtlich problematische Staaten.

Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 20. Tagung.

Wir werden heute und morgen unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist keine Mittagspause vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der Grundund Gemeinschaftsschule Boostedt und den Landesvorstand der Förderzentren. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Heute zum ersten Mal auf der Regierungsbank Platz genommen hat Udo Philipp als neuer Staatssekretär im Finanzministerium. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Herr Philipp!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Ergebnisse des Tarifabschlusses des öffentlichen Dienstes und deren Umsetzung in SchleswigHolstein

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1328

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Tobias Koch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Tarifabschluss für die Angestellten im öffentlichen Dienst der Länder ist zuallererst eine gute Nachricht für die Bürgerinnen und Bürger. Mit der Tarifeinigung am vergangenen Wochenende konnte ein weiterer Tarifkonflikt mit drohenden Streikmaßnahmen vermieden werden. Davon profitieren alle Patienten unseres Universitätsklinikums. Davon profitieren alle Studierenden an unseren Hochschulen. Davon profitieren alle Antragsteller bei den Landesbehörden oder wo immer es ansonsten zu streikbedingten Ausfällen gekommen wäre.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Was bedeutet dieser Tarifabschluss nun konkret für Schleswig-Holstein und unsere Landesbeschäftigten? Es ist gerade einmal drei Monate her, da wollte die SPD-Landtagsfraktion die im Haushalt 2019 eingeplante Tarifvorsorge noch um 40 Millionen € kürzen, weil sie offenbar glaubte, dieses Geld werde nicht benötigt und könne für andere Zwecke ausgegeben werden. Hätten wir auf diesen Vorschlag der Sozialdemokraten gehört, stünden wir heute hier mit heruntergelassener Hose vor Ihnen.

(Heiterkeit CDU - Lachen SPD - Zuruf Mar- tin Habersaat [SPD] - Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ungebeten!)

- Herr Präsident, ich bitte, mir diesen Vergleich zu verzeihen. - Aber es wäre tatsächlich so: Wären wir dem Vorschlag der Sozialdemokraten gefolgt, dann wären wir heute finanziell nicht in der Lage, diesen Tarifabschluss in Schleswig-Holstein umzusetzen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Glücklicherweise haben wir als Jamaika-Koalition nicht auf die Sozialdemokraten gehört, sondern das Gegenteil gemacht: Wir haben die Tarifvorsorge auf 3 % erhöht und damit gegenüber früheren Jahren, in denen ein Ansatz von 1,5 % gang und gäbe war, glatt verdoppelt. Nur dank dieser erhöhten Tarifvorsorge sind wir jetzt gerade so in der Lage, diesen Tarifabschluss, der in den Jahren 2019 und 2020 sogar knapp oberhalb von 3 % Zuwachs liegt, umzusetzen. Deswegen gilt mein Dank an dieser Stelle unserer Finanzministerin Monika Heinold für ihre bewährte, umsichtige Haushaltsplanung.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Höhe dieses Tarifabschlusses ist geradezu historisch. Es ist der höchste Tarifabschluss, der seit Inkrafttreten des Tarifvertrags der Länder - TV-L -, also seit 2006, jemals abgeschlossen worden ist. Das ist die erste gute Botschaft für unsere Landesbeschäftigten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vollkommen zu Recht sprechen deshalb die Gewerkschaften von einem spektakulären Ergebnis. Das ist übrigens nicht nur dem Verhandlungsgeschick der Gewerkschaften zu verdanken, sondern es liegt auch daran, dass die Länder ein originäres eigenes Interesse daran haben, für einen attraktiven öffentlichen Dienst zu sorgen; denn der vielzitierte Fachkräftemangel ist zunehmend auch in den öf

(Präsident Klaus Schlie)

fentlichen Verwaltungen zu spüren. Beim Kampf um die besten Köpfe am Arbeitsmarkt haben wir Länder als Arbeitgeber Interesse daran, dass der öffentliche Dienst attraktiv ausgestaltet ist. Dazu gehört ganz selbstverständlich auch eine gute Bezahlung.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die zweite gute Botschaft für unsere Landesbediensteten ist, dass wir den Tarifabschluss für die Angestellten auch auf die Beamtinnen und Beamten übertragen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wann hat es das jemals gegeben, dass nur einen Tag nach einem Tarifabschluss, also unmittelbar danach, sowohl vonseiten der Landesregierung als auch vonseiten der regierungstragenden Fraktionen unmissverständlich klargestellt wurde, dass wir diesen Tarifabschluss für die Beamtinnen und Beamten übernehmen werden?

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Dank der von uns geschaffenen Tarifvorsorge sind die Voraussetzungen gegeben, diesen Abschluss zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen. Unsere Landesregierung wird dafür umgehend gesetzgeberisch tätig werden. Auch dafür herzlichen Dank!

Ich kann mich an ganz andere Zeiten erinnern, an Zeiten, in denen das überhaupt nicht selbstverständlich war, sondern in denen darüber politisch heftig gestritten worden ist. Zu Zeiten, in denen die SPD hier Regierungsverantwortung trug, konnten sich unsere Beschäftigten eben nicht darauf verlassen, dass Angestellte und Beamte gleichermaßen von einer Tariferhöhung in Schleswig-Holstein profitieren. Dieses Vertrauen in die Landesregierung haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damals nicht haben können.

(Widerspruch SPD)

Auch das macht den Unterschied zu Jamaika heute in Schleswig-Holstein aus.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Martin Ha- bersaat [SPD])

Dies gilt umso mehr, wenn man sich die Dimension des jetzigen Tarifabschlusses vor Augen führt. Umso bemerkenswerter ist nämlich die sofortige Übertragung auf die Beamtinnen und Beamten.