Als Faustformel gilt, Herr Kollege Dolgner, dass 1 % Tarifsteigerung zu Mehrausgaben von rund 40 Millionen € im Landeshaushalt führen. Der Tarifabschluss sieht, kumuliert für die nächsten 33 Monate, lineare Erhöhungen um insgesamt rund 7,5 % vor. Das bedeutet für das Jahr 2021 eine Mehrausgabe von rund 300 Millionen € für das Land. 300 Millionen € - das ist mehr als eineinhalbmal so viel wie die Kita-Reform in dieser Wahlperiode an zusätzlichen Ausgaben im Landeshaushalt jährlich verursachen wird. 300 Millionen € - das ist schon fast der Betrag, den wir bräuchten, um das Ziel einer kostenlosen Kita in Schleswig-Holstein zu erreichen.
Herr Dr. Stegner, da ich mir gut vorstellen kann, mit welchem Punkt die Sozialdemokraten gleich in diese Debatte kommen werden, sei mir schon an dieser Stelle folgender Vergleich gestattet: 300 Millionen € Mehrausgaben im Jahr 2021 - das ist doppelt so viel, wie eine vollständige Rückkehr zum Weihnachtsgeld kosten würde.
Anders ausgedrückt: Mit diesem Tarifabschluss werden die Beamtinnen und Beamten ab dem Jahr 2021 Jahr für Jahr zweimal so viel Geld auf dem Konto haben, wie ihnen eine Rückkehr zum vollen Weihnachtsgeld bringen würde.
Ich glaube, diese Vergleiche machen schon deutlich, welcher Kraftakt es ist, den die Länder mit diesem Tarifabschluss zu bewältigen haben.
Das führt gleichzeitig dazu - das gehört zur Wahrheit dazu -, dass der Spielraum für weitere Verbesserungen der Besoldungsstruktur deutlich eingeengt wird. Wir werden sehr genau rechnen müssen, welche zusätzlichen Verbesserungen unter diesen Voraussetzungen möglich sind, sei es bei Anwärterbezügen oder Einstiegsgehältern, sei es bei der Angleichung von Besoldungsstrukturen zwischen den norddeutschen Bundesländern und sei es selbstverständlich auch im Hinblick auf die Sonderzahlungen.
Klar ist dabei aber: Wir wollen dieses zusätzliche Besoldungspaket schnüren. Der Fahrplan dafür steht. Wir haben immer gesagt: Wir warten zu
nächst einmal den Tarifabschluss ab, ebenso die Mai-Steuerschätzung und werden bis zum Ende des zweiten Quartals 2019 entsprechende Entscheidungen treffen. Dazu stehen wir unverändert. Das ist mit allen Beteiligten so besprochen und öffentlich kommuniziert worden.
Dieses zusätzliche Besoldungspaket im zweiten Quartal fügt sich in eine ganze Reihe von Entscheidungen ein, die wir bereits zugunsten des öffentlichen Dienstes getroffen haben: angefangen bei dem Beförderungspaket zu Beginn der Legislaturperiode über die Erhöhung der Erschwerniszulagen und die Arbeitszeitreduzierung bei Wechselschichtdiensten bis hin zur verbesserten Besoldung für Grundschullehrinnen und -lehrer. Zudem haben wir Maßnahmen zur Verbesserung der Attraktivität der technischen Berufe im Landesdienst beschlossen. Nicht zuletzt erinnere ich an die vielen, vielen Hundert neuen Stellen, die wir geschaffen haben und die auch dazu dienen, die Arbeitszeitverdichtung für die vorhandene Belegschaft zu reduzieren.
Meine Damen und Herren, all das bringt unsere Wertschätzung gegenüber dem öffentlichen Dienst und gegenüber der Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ausdruck. Die Tatsache, wie wir jetzt mit dem Tarifabschluss 2019 umgehen, nämlich dass wir dafür im Vorfeld ausreichende Tarifvorsorge geschaffen haben und diesen Abschluss jetzt unmittelbar auf die Beamtinnen und Beamten übertragen, unterstreicht diese Wertschätzung noch einmal ganz deutlich. Ich finde, nach gerade einmal zwei Regierungsjahren von Jamaika können wir darauf richtig stolz sein. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Tarifparteien haben am Wochenende eine Einigung für die Angestellten der Länder erzielt. Das hat wieder einmal gezeigt, dass unser System funktioniert. Tarifvereinbarungen, Tarifverträge, das klappt in Deutschland. Ich finde, es ist schon bezeichnend, Herr Koch, wenn Sie hier drohende Streiks als Gefahr für die Bevölkerung in diesem Bundesland darstellen. Sie sind Mittel des Tarifkonflikts, sie sind legitim, und oft bleibt den Gewerkschaften kein anderes Mittel. Deswegen sollen sie sie gern einsetzen.
Wir alle haben gesehen, der Abschluss, und zwar auch dessen Höhe, war dringend erforderlich, damit der öffentliche Dienst wenigstens noch eine kleine Chance hat, im allgemeinen Wettbewerb um die besten Köpfe mitzuhalten.
Wir sollten aber nicht vergessen, dass die Tarifrunde auch gezeigt hat, dass unsere Beschäftigten mit ihrer Geduld am Ende sind; denn, liebe Landesregierung, das, was die Frau Finanzministerin auf der Demonstration im Februar hören musste, nämlich die Androhung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens, ist, auch wenn es nur symbolisch gemeint war, schon etwas, worüber eine Beamtin oder ein Beamter sehr sorgfältig nachdenkt, weil es ein weitreichender Einschnitt wäre. Es sollte Ihnen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, zu denken geben, wenn die Beamtinnen und Beamten dieses Instrument wählen, um Ihnen ihre Forderungen deutlich zu machen.
Nicht ganz überraschend, Herr Koch, feiern Sie sich jetzt dafür, dass Sie die Übernahme des Abschlusses - zeit- und wirkungsgleich - für die Beamtinnen und Beamten ankündigen. Das höre ich mit Freude. Sie haben selber gesagt, Herr Koch - das will ich Ihnen auch zugutehalten -, dass das früher eine Selbstverständlichkeit war. Als ich vor 30 Jahren im öffentlichen Dienst angefangen habe, wurde jede Tariferhöhung, die für die Angestellten vereinbart wurde, für alle Beamtinnen und Beamten übernommen. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen ist diese Praxis aber in allen Bundesländern und unter allen Landesregierungen, egal welcher Couleur, aus der Mode gekommen. Da sollten Sie nicht so tun, als ob Sie Ihr Licht unter den Scheffel stellen; denn auch Sie und Ihre Partei haben ihren Anteil dazu beigetragen. Umso besser ist es, dass wir jetzt einhellig zu dieser Selbstverständlichkeit zurückkehren können.
Die Beamten in Schleswig-Holstein sind gegenüber den Kolleginnen und Kollegen anderswo in Deutschland sowieso schon benachteiligt.
Direkt nach dem Tarifabschluss ist der Besoldungsreport des DGB erschienen. Er zeigt einmal mehr, dass das Besoldungsniveau in unserem öffentlichen Dienst unter dem anderer Bundesländer liegt. Rechnen wir dann noch die Arbeitszeit dazu, die für unsere Beamtinnen und Beamten 41 Stunden beträgt,
dann sieht es richtig schlimm aus. Da steht Schleswig-Holstein fast überall auf dem letzten oder vorletzten Platz. Wir müssen also alle zusammen aufpassen, dass Schleswig-Holstein im öffentlichen Dienst nicht den Anschluss verliert. Das ist doch unsere Pflicht und Schuldigkeit.
Mir geht es so: Mein Wahlkreis liegt im Hamburger Rand; das wissen Sie. Wenn ich da Landesbehörden oder Landeseinrichtungen besuche, bekomme ich immer öfter zu hören, dass sich Menschen, die gerade ihre Prüfung bestanden haben, im Anschluss daran für eine Tätigkeit in der Freien und Hansestadt Hamburg entscheiden. Dort ist die Arbeitszeit geringer und die Besoldung höher. Wie gesagt, dem sollten wir nicht tatenlos zusehen. Es kann uns alle nicht befriedigen, dass wir da hinten runterfallen. Gut, dass Sie jetzt vermehrt in die Nachwuchswerbung investieren. Da haben Sie uns auf Ihrer Seite.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie wissen aber auch, dass die Beschäftigten mehr von Ihnen erwarten als die Übernahme des Tarifabschlusses, nämlich das, was Sie Ihnen immer vollmundig versprochen haben. Ich rede da nicht nur von den Sonderzahlungen, dem Weihnachtsgeld, sondern von dem großen Wurf, den Herr Koch auch gerade wieder angekündigt hat. In seiner Rede auf dem Verbandstag des dbb im September hat der Herr Ministerpräsident eine Entscheidung für das Ende des zweiten Quartals 2019 angekündigt, also in vier Monaten. Angesichts der Strukturen im öffentlichen Dienst und der Vielzahl von Regelungen, die da zu beachten sind, ist es wirklich ein sportliches Projekt, was Sie sich da vorgenommen haben. Ich warte gespannt. Das heißt aber auch, vor 2020 wird sich nichts tun.
Ja, Herr Koch, Sie haben bisher eine Reihe von Änderungen im Beamtenrecht und in der Besoldungsstruktur auf den Weg gebracht, aber Sie haben sich jedes Mal im Kleinklein verloren. Für sich betrachtet, ist jede dieser Maßnahmen sinnvoll, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern. Niemand hat etwas gegen höhere Einstiegsgehälter, die Wiedereinführung der Jubiläumszulage, die Einführung eines Krankenversicherungszuschusses in der Elternzeit,
höhere Wechselschicht- oder Außendienstzulagen. Dagegen kann niemand etwas haben. Wenn ich aber sehe, wie Sie diese Maßnahmen über den öffentlichen Dienst verteilen, dann stellt sich mir doch die Frage, was die große Besoldungsstrukturreform
denn inhaltlich noch bringen soll, wenn Sie diese Maßnahmen alle schon im Vorwege umsetzen. Mit Heimarbeit, der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie flexiblen Arbeitszeiten werben heute auch andere Arbeitgeber. Das ist nichts Neues. Es wird auch nicht reichen, nur auf die unteren Besoldungsgruppen zu gucken, um dort zu Verbesserungen zu kommen. Dem stehen das Abstandsgebot und der Anspruch auf eine amtsangemessene Besoldung entgegen.
Einmal mehr wird deutlich - das ist jetzt mehr eine persönliche Anmerkung -, dass es ein Fehler war, die Entscheidung über die Besoldung der Landesbeamten von der der Bundesbeamten abzukoppeln.
Das haben wir hier nur zum Teil zu verantworten. Trotzdem, wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es die Rückkehr zu einem einheitlichen Besoldungssystem in Deutschland; denn es ist nicht nachzuvollziehen, warum ein neu verbeamteter Polizeimeister in Niedersachsen jährlich mehr als 2.660 € weniger verdient als vergleichbare Beamtinnen und Beamte in Bayern.
Immer häufiger müssen Beamtinnen und Beamte die Frage, ob ihre Besoldung verfassungskonform ist, vor Gericht klären lassen. Das Bundesverfassungsgericht prüft aktuell die Besoldung der Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Niedersachen, Saarland und Sachsen-Anhalt. Auslöser ist - Sie haben es gesagt, Herr Koch; ich bin auch schon darauf eingegangen - die andauernde Abkopplung der Tarifentwicklung der Beamten von der der Angestellten. Das ist - da beißt die Maus kein Faden ab - ein Armutszeugnis für die öffentlichen Arbeitgeber und ein schlechtes Vorzeichen in Zeiten von Fachkräftemangel.
Was ist jetzt mit Ihrem Versprechen, nach Abschluss der Tarifrunde über Verbesserungen für den öffentlichen Dienst zu reden?
spricht davon, die Spielräume würden enger. Herr Koch will mit spitzem Bleistift rechnen - das kennen wir ja von Ihnen -, wenn die Mai-Steuerschätzung vorliegt.
Herr Koch, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann rechnen Sie jetzt die Tariferhöhung gegen das Weihnachtsgeld auf. Das ist ja nun wirklich an den Haaren herbeigezogen. Das heißt, die Beamtinnen und Beamten erhalten für drei Jahre eine Erhöhung, und damit ist alles abgegolten? Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.