Protocol of the Session on October 13, 2017

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Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle ganz herzlich.

Erkrankt sind die Abgeordneten Kirsten EickhoffWeber und Martin Habersaat. Wir wünschen gute Besserung.

(Beifall)

Dann teile ich Ihnen mit, dass die Abgeordnete Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtags mitgeteilt hat, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung des Landtags verhindert ist.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich dem Kollegen Thomas Rother im Namen aller Abgeordneten ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren. - Alles Gute im neuen Lebensjahr!

(Beifall)

Begrüßen Sie mit mir gemeinsam Besucherinnen und Besucher der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung aus Altenholz. - Ganz herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD und die Abgeordneten des SSW haben mit Drucksache 19/277 einen Dringlichkeitsantrag vorgelegt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 30 a auf:

Keine Aufweichung der Dokumentationspflichten beim Mindestlohn

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/277

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Dann lasse ich über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 19/277 abstimmen. Es gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen. Die Zweidrittelmehrheit wurde erreicht.

Ich schlage Ihnen vor, den Antrag als Tagesordnungspunkt 30 A in die Tagesordnung einzureihen.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer mögen sich bitte über die Redezeiten verständigen und mir einen Vorschlag für den Zeitpunkt des Aufrufs machen.

(Unruhe)

- Ich bitte darum, dass insgesamt ein bisschen mehr Aufmerksamkeit von allen Seiten kommt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Landesstrategie zur Sicherung der biologischen Vielfalt entwickeln

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/227

Zukunft sichern: Zerstörung unserer biologischen Vielfalt verhindern

Alternativantrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/270

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Antragsteller hat Marlies Fritzen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Der dramatische Rückgang an Arten, an naturnahen Lebensräumen, an genetischer Vielfalt ist eine zentrale globale Herausforderung. Aus meiner Sicht ist sie nicht weniger brisant als der Klimawandel.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Verlust ist von uns Menschen gemacht. Wir nutzen unsere natürlichen Ressourcen nicht nachhaltig, sondern sägen mit zunehmender Kraft an dem Ast, auf dem wir sitzen. Die Sicherung der biologischen Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Überlebensfrage der Menschheit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch ist der Flächenverbrauch durch Siedlungsund Straßenbau mit fast 90 Fußballfeldern pro Tag viel zu hoch. Der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln belastet Böden und Gewässer. Die intensive Nutzung vernichtet die Lebensräume von Säugetieren, Vögeln, Insekten, Spinnen, Amphibien, Wildpflanzen und Pilzen. Die Fakten sind nicht zu leugnen.

Ebenso wissen wir aber, dass durch gezielte Maßnahmen gegengesteuert werden kann. Die Erfolge beim Schutz von großen und populären Tieren wie Seeadler und Weißstorch oder etwa bei Otter und Luchs zeigen, dass eine Umkehr möglich ist.

Aber, meine Damen und Herren, es geht nicht nur um solche Symboltiere, es geht um ein Gesamtgefüge. Es geht um Ökosysteme, die aus dem Takt geraten - mit dramatischen Folgen auch für unser Überleben. Beispiel Landwirtschaft: Einerseits trägt die immer intensivere Nutzung erheblich zum Verlust der biologischen Vielfalt bei. Andererseits ist die Landwirtschaft selbst Opfer dieser Entwicklung. Das aktuell viel diskutierte Insektensterben führt nämlich nicht nur dazu, dass Vögel und Fledermäuse kein Futter mehr finden. Ohne Insekten keine Blütenbestäuber, keine natürlichen Schädlingsbekämpfer, keine Nützlinge für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und keine nachhaltige und ertragreiche Landwirtschaft.

Biologische Vielfalt heißt aber nicht nur, einzelne Arten zu erhalten. Biologische Vielfalt ist auch der Erhalt von Lebensräumen, und zwar von wilden und natürlichen ebenso wie von Kulturlandschaften. Auch da ist Landwirtschaft gefragt. Naturschutz und Landwirtschaft müssen und sollen keineswegs immer nur als Gegenspieler begriffen werden, sondern man sollte mehr denn je im eigenen Interesse Hand in Hand arbeiten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und vereinzelt SPD)

- Es freut mich, dass insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der CDU dies richtig finden.

(Zuruf SPD: Das war ein Reflex!)

- Nein, das war kein Reflex, sondern wir sind gemeinsam auf einem sehr guten Weg, so will ich es einmal nennen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Schleswig-Holstein ist eines von zwei Bundesländern, die noch keine eigene Landesstrategie zur biologischen Vielfalt haben. Das heißt nicht, meine Damen und Herren, dass wir in den letzten fünf Jahren untätig gewesen wären. Wir haben in der vergangenen Wahlperiode den Vertragsnaturschutz ausgeweitet. Wir haben das Landesnaturschutzgesetz novelliert, 15 % Biotopverbund beschlossen und wertvolles Dauergrünland als geschütztes Biotop dauerhaft gesichert. Wir haben den Moorschutz ausgebaut und ein Auenprogramm auf den Weg gebracht.

(Vizepräsident Oliver Kumbartzky)

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

- Das spielt ja keine Rolle mehr. Wir wollen ja nach vorn schauen, Frau Kollegin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir haben Naturwaldflächen ausgewiesen, und zwar die 10 %, die in der nationalen Biodiversitätsstrategie gefordert wurden. Wir waren das erste Bundesland, das das umgesetzt hat. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir hier mehr Waldwildnis entstehen lassen können. Niedersachsen ist diesem Weg jetzt gefolgt.

Aber, meine Damen und Herren, jetzt muss es weitergehen. Um den Trend umzukehren, müssen wir ressortübergreifend zusammenarbeiten. Das meint nicht nur parteiübergreifend oder lagerübergreifend, wie Sie es vielleicht nennen würden, sondern tatsächlich ressortübergreifend. Gewässerunterhaltung, Waldwirtschaft, Fischerei, landwirtschaftliche Nutzung, Flächeninanspruchnahme durch Siedlung und Verkehr sowie Energieerzeugung - all dies hat Einfluss auf die Entwicklung der biologischen Vielfalt. Es ist keine rein naturschutzfachliche Aufgabe, das betone ich ausdrücklich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Es geht nicht nur um Schutzgebiete und um Biotopverbund, es geht um Schutz und nachhaltige Nutzung. Wir brauchen eine Gesamtstrategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt für Artenvielfalt und Landschaftsqualität, aber auch für einen leistungsfähigen Naturhaushalt; damit verbunden natürlich auch für unsere Gesundheit und unsere Lebensqualität.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich wird eine solche Strategie nicht im stillen Kämmerlein gemacht. Selbstverständlich werden alle Akteure, die dort Fachwissen beisteuern können und Interessenvertretungen darstellen -

(Zuruf Sandra Redmann [SPD])

- Frau Kollegin Redmann, wir hätten das gern machen können. Es hat ja nicht geklappt, Sie wissen, warum. Es ist implizit. Sie schauen auf die anderen Landesstrategien, Sie schauen auf die nationale Strategie. Das Ding muss durchs Kabinett. Sie sind schon lange genug dabei: Allein aufgrund dieses Verfahrens wissen Sie, dass man das ohne Anhörung nicht machen kann.

Ich glaube, hier ist alles gesagt. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Noch einmal: Selbstverständlich wird dies auf breiter Basis entwickelt.