Protocol of the Session on February 20, 2020

Login to download PDF

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung des Schleswig-Holsteinischen Landtags.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von den Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Heute Nacht erreichte uns die erschütternde Nachricht von einer unglaublichen Gewalttat in Hanau. Elf Menschen ließen dabei ihr Leben. Die Hintergründe dieser Tat sind noch nicht restlos aufgeklärt. Es scheint jedoch, dass verschwörungstheoretische und ausländerfeindliche Motive eine Rolle gespielt haben. Angesichts dieser Tat stehen wir fassungslos und tief erschüttert vor dem Geschehen. Unsere Gedanken sind bei den Ermordeten und ihren Angehörigen.

Gestern noch haben wir in diesem Haus über den wachsenden Hass gesprochen, der sich in Teilen unserer Gesellschaft ausbreitet. Wir nehmen mit großer Sorge zur Kenntnis, dass dieser irrationale Hass immer öfter in Gewalt umschlägt. Wir Demokratinnen und Demokraten stehen vereint gegen diesen Hass, diese Gewalt und ein politisches Klima, das Täter wie jenen von Hanau in seinem Entschluss möglicherweise bestärkt hat.

Ich bitte Sie, eine Minute innezuhalten im Gedenken an die Opfer von Hanau. - Sie haben sich erhoben. Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, nach Mitteilung der Fraktionen ist heute die Abgeordnete von SaynWittgenstein erkrankt. Wir wünschen gute Besserung.

(Vereinzelter Beifall)

Wegen auswärtiger Verpflichtungen ist der Abgeordnete von Pein nach § 47 Absatz 2 Geschäftsordnung an der Teilnahme an der heutigen Vormittagssitzung verhindert.

An der Teilnahme an der heutigen Sitzung nach § 47 Geschäftsordnung sind verhindert der Abgeordnete Habersaat, der Abgeordnete Meyer und der Abgeordnete Kumbartzky.

Begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Besucherinnen und Besucher von der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung sowie der Bereitschaftspolizei Schleswig-Holstein aus Eutin sowie Schülerinnen und

6178 Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 81. Sitzung - Donnerstag, 20. Februar 2020

Schüler der Gemeinschaftsschule am Schiffsthal in Plön. - Herzlich willkommen hier im SchleswigHolsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Mit verstärkter Tarifbindung gute Löhne und Arbeitsstandards sichern!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1978

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPDFraktion hat der Abgeordnete Wolfgang Baasch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Arbeit ist keine Ware, deren Preis und deren Bedingungen willkürlich festgelegt werden dürfen. Gute und faire Arbeitsbedingungen können nur entstehen, wenn starke Gewerkschaften mit den Unternehmen für ausgewogene Tarifentscheidungen sorgen.

Gute und faire Arbeitsbedingungen brauchen eine aktive Mitbestimmung im Betrieb und in den Aufsichtsgremien der Unternehmen. Zur Umsetzung guter Arbeit gehören beispielsweise auch zukunftsweisende Arbeitszeitkonzepte, Weiterbildung und Altersvorsorge, um nur einige Stichpunkte zu nennen. Dafür braucht es starke Gewerkschaften und Unternehmen, die bereit sind, sich an flächendeckende Tarifverträge zu halten. Denn flächendeckende Tarifverträge nützen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, weil sie damit einen guten Lohn und mehr Urlaubstage erhalten.

(Beifall SPD und SSW)

Flächendeckende Tarifverträge stärken die Gleichberechtigung von Männern und Frauen zum Beispiel in dem Bereich der Entgeltgleichheit.

(Beifall SPD und SSW)

Flächendeckende Tarifverträge sind wichtig für Arbeitgeber, weil sie ein gutes Betriebsklima und motivierte Beschäftigte schaffen und für fairen Wettbewerb unter Unternehmen sorgen. Flächendeckende Tarifverträge stärken soziale Standards. Flächendeckende Tarifverträge sind ein wirksames Gegenmittel, um Egoismus, Dumpinglöhne und ruinösen Wettbewerb zu bekämpfen.

(Beifall SPD und SSW)

Wir wollen faire und gute Arbeitsbedingungen sichern, und das Schleifen des Tariftreue- und Vergabegesetzes durch die Jamaika-Regierung in Schleswig-Holstein war hier ein total falsches Signal.

(Beifall SPD und SSW)

Ein Signal, das dem Handeln von selbstherrlichen Egoisten und skrupellosen Unternehmern Vorschub leistet. Hierzu passt die aktuelle Meldung des Deutschen Gewerkschaftsbundes: Immer mehr „Armut trotz Arbeit“.

Viele Beschäftigte, gerade im Niedriglohnbereich, müssen neben ihrem Hauptjob noch einen Nebenjob haben, um über die Runden zu kommen. Nach aktuellen Daten ist die Zahl der Mehrfachbeschäftigten in Schleswig-Holstein von 2018 auf 2019 um über 4.000 auf knapp 117.000 angestiegen. Dies macht deutlich: Die prekäre Beschäftigung weitet sich aus, und das dürfen wir nicht weiter hinnehmen.

(Beifall SPD und SSW)

Hier wollen wir gegensteuern, und hier muss gegengesteuert werden. Wir wollen Egoismus und Skrupellosigkeit sowie Willkür in der Arbeitswelt überwinden. Wir wollen, dass alle von guten und fairen Arbeitsbedingungen profitieren und dass alle Unternehmen sich an flächendeckende Tarifverträge halten beziehungsweise sie mit den Gewerkschaften aushandeln.

(Beifall SPD und SSW)

Nur ein starkes Tarifsystem hilft gegen Niedriglohn und prekäre Beschäftigung. Dass in immer weniger Betrieben Tarifverträge gelten, hat eine immer stärkere Differenzierung von Löhnen und Gehältern zur Folge. In tarifgebundenen Unternehmen verdienen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 20 % mehr. Es ist also unerträglich, dass Unternehmen aus der Tarifbindung fliehen. Nicht einmal mehr 50 % der Unternehmen in Deutschland sind an Tarifverträge gebunden. Die Reichweite von Tarifverträgen ist in westdeutschen Bundesländern zwischen 1998 und 2018 um 19 Prozentpunkte gesunken.

Um diese Entwicklung umzudrehen, braucht es das Engagement des Staates, braucht es auch die Verantwortung des Landes Schleswig-Holstein. Das Land Schleswig-Holstein muss hier aktiv werden. Wir müssen die Unternehmen belohnen, die tarifgebunden sind, und den Dumpingwettbewerb bestrafen, indem öffentliche Aufträge und Fördergelder

Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 81. Sitzung - Donnerstag, 20. Februar 2020 6179

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

nur noch an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden.

(Beifall SPD und SSW)

Abschließend möchte ich noch einmal den Deutschen Gewerkschaftsbund zitieren:

„Wir brauchen mehr Druck auf die Privatwirtschaft und klare Kriterien in der Wirtschaftsförderung, zum Beispiel durch ein“

- wirksames

„Tariftreuegesetz.“

(Beifall SPD und SSW)

In diesem Sinne bitte ich Sie um Unterstützung für unseren Antrag. Ich finde, dass wir es den Beschäftigten und den Arbeitnehmern in Schleswig-Holstein schuldig sind, uns um ihre Arbeitsbedingungen ganz aktiv zu kümmern. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der SPD-Fraktion! Man könnte fast etwas Sorge um Sie haben; denn manchmal ist es schon bedenkenswert, wenn jemand ein und dasselbe Thema immer wieder spielt, immer wieder gegen die gleiche Wand rennt. Da frage ich mich: Haben Sie es noch nicht verstanden, dass bei der Landtagswahl 2017 die SPD abgewählt wurde?

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Sie hätten am lieb- sten gar keine Opposition! Es ist die Aufgabe der Opposition, darauf hinzuweisen!)

- Herr Dr. Dolgner, ich habe sehr gerne eine Opposition. Am besten wäre es, wenn man eine Opposition hätte, die kritisch-konstruktiv die Regierungsarbeit begleitet,