Protokoll der Sitzung vom 20.02.2020

(Zurufe Dr. Kai Dolgner [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

eine Opposition, die kritisch-konstruktiv die Regierungsarbeit begleitet und immer wieder neue Impulse gibt, aber nicht retortenhaft einen Antrag - ich meine, zum dritten oder vierten Mal in dieser Legislaturperiode - stellt, weil offensichtlich die Kreativität derart leidet, dass man immer wieder die

gleichen Anträge hervorholt und versucht, immer wieder die gleichen Debatten zu führen.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe Dr. Kai Dolgner [SPD] und Birte Pauls [SPD] - wei- tere Zurufe SPD)

Dabei den Eindruck zu vermitteln, dass es an Druck auf Unternehmer fehle, die skrupellos und egoistisch handeln würden, zeigt die Problematik im Wirtschaftsbereich bei Ihnen - ganz massiv.

(Beifall CDU und FDP)

Es fehlt überhaupt nicht an Druck auf Unternehmer.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nein, das gibt es gar nicht! - weitere Zurufe SPD)

Es ist ja auch bei Weitem nicht so, wie Sie es dargestellt haben, dass wir in irgendeiner Weise Lohndumping in Schleswig-Holstein vorantreiben würden.

(Beate Raudis [SPD]: Na, da wäre ich mir nicht so sicher!)

- Da wären Sie sich nicht so sicher, das sehen Sie gar nicht. Das ist überraschend, das trägt die SPD jetzt vor. Das ist die gleiche SPD, die den Vergabemindestlohn auf 9,99 € festgesetzt hat. Das war damals ein vergabefremdes Kriterium im Tariftreuegesetz und wird jetzt weiterhin im Vergaberecht Schleswig-Holsteins festgehalten. Sie haben das festgesetzt, jetzt sind Sie in der Opposition und tun so, als ob Sodom und Gomorra herrsche. Irgendwie passt das nicht zusammen.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Birte Pauls [SPD])

Herr Baasch, faktenfrei und Spaß dabei so zu tun, als ob -

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ihre Überheblich- keit holt Sie noch ein, Herr Kollege!)

- Das mag sein. Sie holen die Fakten ein, mich holt die Überheblichkeit ein, das ist schön, dass wir alle von irgendetwas eingeholt werden.

Aber das, was Sie hier vorgetragen haben, dass hier gar nichts gelten würde, wir im Lohndumping-Land Schleswig-Holstein leben würden, stimmt ja nicht. Im neuen Vergaberecht Schleswig-Holsteins, das wir eingeführt haben, ist zum Beispiel die tarifvertragliche Bindung im öffentlichen Personennahverkehr eindeutig vorgesehen. Es gibt den Vergabemindestlohn, und es gibt das ganz klare Leitbild dieser Jamaika-Koalition, das mittelstandsfreundlichste Bundesland zu werden, indem wir es Unter

(Wolfgang Baasch)

nehmen ermöglichen, sich an öffentlichen Aufträgen zu beteiligen, wobei Mittelständler nicht einen solchen Wust an Erklärungen abgeben müssen, sondern erst einmal mit einer Eigenerklärung versichern, dass sie sich an die Standards halten.

Die Standards sind hoch gesetzt. Wie gesagt, der Vergabemindestlohn ist von Ihnen festgesetzt worden. Jetzt in einen Überbietungswettbewerb einzutreten, weil einem in der Opposition offensichtlich keine neuen Ideen einfallen, und tatsächlich jedes halbe Jahr diese Debatte im Landtag zu wiederholen, erinnert ein wenig an sich wiederholende A-20Debatten. Das scheint Ihr Thema zu sein.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Das ist mir überhaupt nicht unangenehm. Das Unternehmerbild, das Sie hier predigen, sollte Ihnen unangenehm sein, und dass Sie so tun, als seien Unternehmer skrupellos und egoistisch.

(Beifall CDU und FDP)

Gestern waren wir bei einer Veranstaltung des Handwerks. Dort wurden - so glaube ich - fünf oder sechs Forderungen an die Politik gestellt, und bei allen Forderungen drehten sich alle Anwesenden im Raum in Richtung der anwesenden SPD-Landtagsabgeordneten.

(Beate Raudies [SPD]: Die ja so viel zu be- stimmen haben in diesem Land! Das passt Ihnen auch nicht!)

- Genau, Frau Kollegin, die haben im Land gar nichts zu bestimmen. Das merken wir, und das genießen wir auch.

(Beifall CDU)

Sie sind Teil der Bundesregierung, das ist korrekt. Die CDU stellt Forderungen zum Thema Bonpflicht: die Bonpflicht abschaffen oder reduzieren. Dazu sagt Scholz: Da machen wir nicht mit. Das ist Scholz.

(Zurufe SPD)

Die CDU sagt: Wir wollen Arbeitszeitflexibilisierung, wir wollen die EU-Arbeitszeitrichtlinie. - Die SPD sagt: Da machen wir nicht mit.

So war das bei jedem Thema. Ich empfehle Ihnen, bei solchen Veranstaltungen dabei zu sein.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Ich empfehle Ihnen dringend, zu solchen Veranstaltungen zu gehen, denn dann werden Sie Ihr Bild vom skrupellosen Unternehmer hoffentlich revidieren. Das geht so auf jeden Fall nicht.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Beate Raudies?

Aber liebend gern.

(Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

Alter vor Schönheit! Sehr geehrter Herr Kollege Kilian, -

(Zurufe)

- Ich bin älter!

(Heiterkeit)

- Sie sehen beide nicht alt aus.

- Das war charmant, vielen Dank.

Sehr geehrter Herr Kollege Kilian, ich war gestern nicht bei der Veranstaltung des Handwerks, ich war beim Parlamentarischen Abend der Freien Berufe. Wir hörten dort einen Vortrag vom Institut für Weltwirtschaft. Fragen Sie Herrn Buchholz, er war auch dabei, oder fragen Sie Ihren Fraktionsvorsitzenden. Eine der Botschaften war: Das Lohnniveau in Schleswig-Holstein liegt bei 88 % des Bundesdurchschnitts. Wie passt das zu Ihrer Aussage?

- Das ist ganz einfach, das kann ich Ihnen erklären. Wir kommen aber am Nachmittag noch auf dieses Thema. Wir haben in Schleswig-Holstein im Vergleich zu allen anderen Bundesländern einen unfassbar geringen Anteil an Industriearbeitsplätzen.

(Beifall CDU und FDP)

Die werden deutlich besser bezahlt. Frau Kollegin, Sie sind deutlich länger im Landtag als ich, und Sie waren hier auch schon einmal in Regierungsverantwortung. Ich frage mich, warum man in den letzten Jahren so wenig getan hat. Wir kommen am Nachmittag noch einmal dazu, aber jetzt, da wir eine Industriestrategie vorlegen, fällt der SPD nichts anderes ein, als die Industriepolitik mit Arbeitsmarktpolitik zu verwechseln. Das passt alles nicht. Sie hätten hier Industrie ansiedeln können, dann wäre das Lohnniveau in Schleswig-Holstein deutlich höher.

(Beifall CDU und FDP)

(Lukas Kilian)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenbemerkung der Abgeordneten Beate Raudies?

(Unruhe)