Protocol of the Session on August 26, 2021

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Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung. Nach Mitteilung der Fraktionen sind folgende Kollegen erkrankt: aus der CDU-Fraktion der Abgeordnete Klaus Schlie und vom SSW die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering. Wir wünschen von hier gute Besserung.

(Beifall)

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages die Landeselternvertretung der KiTas, Herrn Axel Briege. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 34 auf:

Kinder in Kita und Kindertagespflege nach Corona stärken, Eltern und Kommunen weiter entlasten, Inklusion in der frühkindlichen Bildung voranbringen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/3215

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne somit die Aussprache. Für die CDUFraktion hat die Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Vertreterinnen und Vertreter des Paritätischen und der Landeselternvertretung! Axel und Michael, schön, dass ihr da seid. Ich wähle an dieser Stelle das Du, weil wir uns eigentlich immer gut verstehen.

(Zuruf: Eigentlich?)

Wir haben gute Nachrichten für die Eltern von Kitakindern. Wir haben gute Nachrichten für die Träger. Wir haben auch gute Nachrichten in Sachen Qualität für die Kitas bei uns in Schleswig-Holstein. Die Jamaika-Koalition - das wissen wir alle, aber ich wiederhole das gerne - stellt zwischen 2017 und 2022 1 Milliarde € zusätzlich zur Verbesserung der Kitabetreuung in Schleswig-Holstein zur Verfügung. Das ist

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(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

einen Applaus wert, genau. - Eine erste Kostenabrechnung hat nun aber ergeben, dass nicht alle vorgesehenen Gelder in der SQKM-Förderung der Betreuungsplätze durch das Land von den Kommunen abgeschöpft werden. Wir haben weniger Kinder im System, und wir haben weniger hohe Tarifabschlüsse. Insofern begründen sich die Mittel, die nun zur Verfügung stehen. Deswegen haben wir für dieses Jahr nun 35 Millionen € zusätzlich zur Verfügung, und ab dem nächsten Jahr, 2022, haben wir strukturell 45 Millionen € mehr im System. Diese verbleiben selbstverständlich im System und werden dort verwendet.

Für dieses Jahr bedeutet das konkret, dass wir ein Aufholprogramm in Höhe von 20 Millionen € auf den Weg bringen wollen - und das ziemlich schnell. Das liegt uns besonders am Herzen, um die in den beiden letzten Jahren, die mit vielen Schwierigkeiten, Entbehrungen und Unwägbarkeiten verbunden waren, entstandenen Defizite zu kompensieren.

Dieses Geld ist nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gedacht. Wir wollen Angebote für Supervision schaffen, die auch gefordert werden. Das haben wir zur Kenntnis genommen. Wir wollen Maßnahmen zur Stärkung des Übergangs Kita/Schule auf den Weg bringen. Darüber hinaus wollen wir Angebote zur psychosozialen Unterstützung auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Angebote zur Sprachförderung. Weiterhin wird es Freizeit- und Ferienangebote für Kinder und Eltern in den nächsten drei Jahren geben. Dieses Programm soll drei Jahre lang laufen. 20 Millionen € sind eine Menge Holz.

Zudem wird die Kita-Datenbank mit 2 Millionen € gestärkt. Das ist das Herz der Kitareform. Weil wir diese Kita-Datenbank haben, konnten wir jetzt sehen, dass wir mehr Geld im System haben, als aktuell gebraucht wird. Insofern ist es gut, dass wir sie stärken.

Auch bleibt es bei der zugesagten Kommunalentlastung und beim Konnexitätsausgleich. Von den 35 Millionen € für dieses Jahr erhalten die Kommunen einen Anteil von fast 13 Millionen € für Entlastungseffekte bei den Wohnortgemeinden. Für nächstes Jahr und für die weiteren Jahre haben wir uns verständigt, auch die dann zusätzlichen jährlichen 45 Millionen € wieder im Dreiklang von Kommunalentlastung, Elternentlastung und Quali

tätssteigerung, den wir alle schon kennen, zu verwenden.

Mit der Elternentlastung ab 2022 in Höhe von 16,4 Millionen € wird der maximale monatliche Beitragsdeckel für eine Ganztagsbetreuung von acht Stunden im Krippenbereich von 288 € auf 232 € monatlich sinken. Ich finde: Das ist ein sehr gutes Signal für Eltern von kleinen Kindern.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das deckt zum Beispiel schon die Verpflegungskosten, denn monatlich werden 56,40 € eingespart. Das ist ungefähr der Preis, den das Essen in der Kita kostet.

Auch die Kommunen haben Grund zur Freude: Der Wohnortgemeinde- und Konnexitätsanteil der Kommunen wird dann durch zusätzliche 18,6 Millionen € auf etwa 37 % sinken. Vorher betrug dieser Anteil 39 %. Zusätzlich stärken wir die Situation für die Kinder und Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen. Auch hierfür werden wir mehr Geld bereitstellen.

In allen Kreisen, kreisfreien Städten und in der großen kreisangehörigen Stadt Norderstedt wird es Inklusionszentren geben; das ist aus meiner Sicht sehr erfreulich. Multiprofessionelle Teams leisten zusätzliche und präventive Betreuungsarbeit in den Kitas vor Ort, so wie es von der AG Inklusion gewünscht wurde. Was ich hier verkünde, kommt nicht aus heiterem Himmel. Die Inklusionszentren bieten zusätzliche Fortbildungen, Beratungsangebote für Teams, für Eltern und für Träger zu Konzeptentwicklungen und auch zur Barrierefreiheit in Kitas und in der Kindertagespflege.

Die Leistungen der Inklusionszentren sollen für Einrichtungen der frühkindlichen Bildung und Betreuung ohne Antrag und damit direkt in den Zentren abrufbar sein. Hierfür stehen jährlich rund 10 Millionen € zur Verfügung. Das sind weitere wichtige Schritte zur Verbesserung der Betreuungsqualität, der Elternentlastung und der Kommunalentlastung in Schleswig-Holstein. Ich freue mich sehr, dass wir mehr Geld zur Verfügung haben. Das Glas ist bei mir immer halb voll. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir wollen in der Sache abstimmen.

Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 125. Sitzung - Donnerstag, 26. August 2021 9497

(Katja Rathje-Hoffmann)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Abgeordnete Birte Pauls das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Michael Saitner und verehrter Axel Briege! Alle Mitarbeitenden in den Kitas und die Kindertagespflegepersonen leisten den wichtigsten Beitrag für die frühkindliche Bildung unserer Kinder, und in dieser Coronapandemie sind sie eine wichtige Stütze für unsere Kleinsten. Vielen Dank für Ihre so wichtige gesellschaftliche Arbeit.

(Beifall SPD)

Da hat es uns sehr überrascht, dass CDU, FDP und Grüne, ohne vorher mit den Beteiligten, Elternvertretungen, Kommunalverbänden und Kitaträgern gesprochen zu haben, plötzlich in einer Pressekonferenz von übrig gebliebenen Kitamitteln und deren Umschichtung berichten. Ihre eigene Begründung für die übrig gebliebenen 45 Millionen € und die Umschichtung der Gelder kommt einer Bankrotterklärung gleich.

(Lachen Anita Klahn [FDP])

Die Gehälter und die Zahl der Kitaplätze seien doch nicht so gestiegen wie erwartet. Der Tarifvertrag läuft übrigens nur bis zum April 2022. Ich finde: Das ist eine Klatsche ins Gesicht des Kitapersonals, das durch die Pandemie zusätzliche Belastungen erfahren musste. Der Bertelsmann-Ländermonitor mahnt an, dass wir eine Betreuungsquote bei den unter Dreijährigen von 35 % haben, während der Bedarf an Kitaplätzen viel höher ist. Tatsächlich wurden coronabedingt Kinder aus den Einrichtungen genommen, aber sie kommen ja wieder. Die Zahlen sind also für uns sehr nebulös. Unsere Fragen, die wir dazu ans Ministerium gestellt haben, sind leider noch nicht beantwortet.

Die Evaluation der Reform ist noch nicht einmal in Sichtweite. Wir wissen gar nicht, ob wirklich Geld übrig ist. Eigentlich ist viel zu wenig Geld im System - das haben wir von Anfang an gesagt -, um eine richtige Kitareform umzusetzen, zumal auf eine Eingangsbilanz Ihrerseits verzichtet wurde.

(Beifall SPD - Zurufe CDU: Oh!)

Wieder einmal schieben Sie nun die Interessen der Einzelnen gegeneinander und hinterlassen breite Frustration - nicht nur bei den Mitgliedern des Fachgremiums, sondern auch bei den Mitarbeitenden in jeder einzelnen Kita. Sie werden die gleichen

Schreiben bekommen haben wie wir auch. Daraus können Sie genau diesen Frust entnehmen. So sieht die Beteiligungskultur von Jamaika aus, nämlich ohne Beteiligung der Betroffenen.

Zweitens. Elternentlastung: Okay, 50 € weniger sind für viele Familien mit Krippenkindern eine wirklich gute Hilfe. Viel besser wäre natürlich die Beitragsfreiheit, aber diese gibt es nur mit der SPD, wie man an den SPD-geführten Nachbarländern sehen kann.

(Beifall SPD - Zurufe CDU: Oh!)

Drittens. Kommunale Entlastung: Die Reduzierung von wenigen Prozentpunkten reicht überhaupt nicht aus, um die Defizite auszugleichen, die in den letzten Monaten entstanden sind. Und dann die Qualität: Mit einer Einmalsumme von 20 Millionen € wollen Sie ein Corona-Aufholprogramm auflegen. In der Tat haben wir Kinder und Jugendliche während der Pandemie aus den Augen verloren. Viele von ihnen brauchen jetzt zusätzliche Unterstützung. Aber die für die zusätzlichen Angebote benötigten Fachkräfte stehen überhaupt nicht zur Verfügung. Woher wollen Sie die jetzt nehmen? Schon jetzt müssen Gruppen zeitweise schließen, weil nicht genügend Personal da ist. Jetzt rächt sich wieder, dass die Koalition bei der Kitareform die Fachkräfteoffensive nicht berücksichtigt hat.

Unser Antrag zur Reform der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung schmort seit 2019 im Bildungsausschuss, weil Sie sich wieder nicht einigen können und wieder alles in Richtung Bund schieben. So kommt unser Land auch im Bereich Kita nicht voran.

(Beifall SPD)

Dieser Koalition fehlen der Wille und die Kraft, die notwendigen Dinge anzugehen. Da ist es einfacher, in blindem Aktionismus die eigene Kitareform zu torpedieren. Diese Einmalsumme von 20 Millionen € entspricht in keiner Weise der Zusage des Ministeriums an die Träger, strukturell die Qualität zum Beispiel durch höhere Verfügungszeiten oder eine weitere Erhöhung des Fachkraft-Kind-Schlüssels zu stärken, und ignoriert die vereinbarte Prioritätenliste. Sie haben sich von allem verabschiedet, was Sie irgendwann einmal vereinbart hatten.

Die Landesregierung hatte in der Kitareform das Thema Inklusion ausgeklammert. Stattdessen wurde eine „Arbeitsgruppe Inklusion in der frühkindlichen Bildung“ eingesetzt. Diese Arbeitsgruppe tagt seit über einem Jahr und diskutiert, wie man Inklusion und eine pädagogisch fachgerechte Betreuung

in jeder Kita umsetzen kann. Es gab bisher, Frau Kollegin, keine abschließende Empfehlung oder Konzepte dieser AG. Trotzdem verkünden CDU, FDP und Grüne, und zwar ohne es vorher zu kommunizieren, dass sie jetzt in allen Kreisen und kreisfreien Städten plus Norderstedt Inklusionszentren einrichten wollen. Dahinter steht noch nicht einmal ein richtiges Konzept. Das soll jetzt erst alles anschließend bearbeitet werden. Was ist das bloß für eine Art und Weise, mit den Betroffenen umzugehen? Für uns ist das Ganze eher Wahlkampfgetöse als verantwortungsvolles Regieren zum Wohle der Kleinsten in unserem Bildungswesen.

(Zuruf Dennys Bornhöft [FDP])

Wir müssen fachlich über den Antrag im Sozialausschuss sprechen, um alle zu beteiligen und die Expertise der Fachöffentlichkeit zu hören. Wir beantragen deshalb Überweisung in den Sozialausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)