Protocol of the Session on November 26, 2021

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung. Nach Mitteilung der Fraktionen und der Regierung sind erkrankt die Abgeordneten Klaus Schlie, Wolf Rüdiger Fehrs, Regina Poersch, Tobias von Pein, Anita Klahn und Ministerin Dr. Sütterlin-Waack. Wir wünschen gute Besserung.

(Beifall)

Von der Landesregierung sind ganztägig beurlaubt die Minister Dr. Albrecht, Dr. Buchholz und Dr. Garg. Die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein und der Abgeordnete Dr. Brodehl haben nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung verhindert sind.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Lesung des Entwurfes eines Gesetzes zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/2908

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 19/3366

Ich erteile das Wort der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Abgeordneten Barbara Ostmeier. - Sie ist nicht da. Wer ist Stellvertreter?

(Wortmeldung Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Bitte schön, Herr Dr. Dolgner.

Frau Präsidentin, ich verweise auf die Vorlage.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, in Vertretung für Ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen, der soziale Wohnungsbau ist

der Schlüssel für bezahlbares Wohnen in allen Einkommensgruppen. Deshalb haben wir als Landesregierung uns die Aufgabe gestellt, das Wohnraumförderungsgesetz zu überprüfen und nachzubessern. Denn: Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Wir brauchen eine gute finanzielle Ausstattung und praxisnahe Regelungen.

Eine gute finanzielle Ausstattung haben wir. Für die aktuelle Förderperiode 2019 bis 2022 steht ein Budget von über 900 Millionen € zur Verfügung. Das ist ein Spitzenwert. Mit unserer Gesetzesänderung schaffen wir neue praxistaugliche Rahmenbedingungen. Anders als im Jahr 2009, als das Gesetz in Kraft trat, ist Wohnraum knapp und mietpreisgebundener Wohnraum ein besonders begehrtes Gut. Deshalb sorgen wir dafür, dass einkommensschwache Haushalte noch gezielter von der Wohnraumförderung profitieren.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das zieht sich wie ein roter Faden durch unsere vorgeschlagenen Änderungen. Ein Beispiel: Die Gültigkeitsdauer eines Wohnberechtigungsscheines soll von zwei Jahren auf ein Jahr halbiert werden. Dadurch können wir besser gewährleisten, dass bei der Prüfung der Wohnberechtigung die aktuellen Einkommensverhältnisse zugrunde gelegt werden und der günstige Wohnraum von Haushalten bezogen wird, die wirklich auf ihn angewiesen sind.

Die kommunalen Landesverbände unterstützen diesen Vorstoß, auch wenn dadurch etwas mehr Arbeit auf die Städte und Gemeinden zukommt. Gleichzeitig wollen wir die Kommunen noch besser dabei unterstützen, Sozialwohnungen zu erfassen und korrekte Belegungen sicherzustellen. Wir brauchen die Kommunen als Partner, um den Wohnraum vor Ort gut im Blick zu behalten.

Nach unseren Beobachtungen sind die Kommunen auch sehr aktiv. Sie kontrollieren mehr als früher. Sie nutzen Ermessensspielräume, um bei zweckwidriger Belegung einen Ausgleich herzustellen, der dem Wohnungsmarkt vor Ort dient. Das kann beispielsweise erfolgen, indem sie von den Wohnungsunternehmen eine Verlängerung der Belegungsbindungen einfordern oder mit ihnen Maßnahmen zur Aufwertung des Quartiers vereinbaren. Diese Handlungsspielräume werden durch die Gesetzesnovelle weiter abgesichert.

Ein spannender Schritt ist sicher die Aufnahme einer Experimentierklausel in das Gesetz. Ihre Stoßrichtung ist dieselbe wie die der Fehlbelegungsabgabe, die bei uns im Jahr 2004 abgeschafft wurde.

10242 Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 135. Sitzung - Freitag, 26. November 2021

Deren Abschaffung halten wir aufgrund des immensen Verwaltungsaufwandes nach wie vor für richtig.

(Beifall CDU und FDP)

Wir sehen mit gewissem Bedauern, dass sich einige aus diesem Grund gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen haben. Wir müssen uns dabei vor Augen führen, dass im Jahr 2002 44 % der Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe in deren Bearbeitung geflossen ist. Tendenz damals: steigend.

(Unruhe - Glocke Präsidentin)

Hessen hat als einziges Bundesland die Fehlbelegungsabgabe wieder eingeführt. Die Erfahrungen sind nicht ermutigend. Ich möchte kurz begründen, warum das so ist. Die Abgabe entfaltet keine Lenkungswirkung. So gut wie kein Mieterhaushalt zieht aufgrund der Abgabe aus. Es bringt den berechtigten Haushalten keinen zusätzlichen Wohnraum. Die Einnahmen blieben in Hessen hinter den Erwartungen zurück, weil viele Haushalte nach wie vor die Einkommensgrenzen einhalten. In Frankfurt liegen beispielsweise nur rund 10 % der Haushalte über der Grenze, ab der abgeschöpft werden könnte. Hessen hat in diesem Jahr aufgrund des unverhältnismäßigen Aufwandes die Zahl der Gemeinden, in denen die Fehlbelegungsabgabe überhaupt erhoben wird, halbiert. Von ursprünglich 102 Gemeinden verbleiben jetzt noch 51 Gemeinden. Das zeigt: Eine flächendeckende Lösung bietet der Ansatz nicht.

Wir können uns dagegen vorstellen, im Rahmen von Kooperationsverträgen zugunsten einkommensschwacher Haushalte nachzusteuern. Es geht um den Tausch von Bindungen. Wohnungen, die mit zwischenzeitlich besserverdienenden Haushalten belegt sind, können ihre Bindungen an Wohnungen abgeben, in denen wohnberechtigte Haushalte leben. Nicht die Mieterinnen und Mieter verlassen die Wohnungen, sondern der besondere Mieterschutz aus der Wohnraumförderung wechselt auf berechtigte Haushalte über. Es gibt bereits eine kommunale Grundstücksgesellschaft, die Interesse signalisiert hat, an einem solchen Projekt mitzuwirken.

Im Rahmen der Anhörung stieß die vorgeschlagene Experimentierklausel auf Zustimmung. Mit einer gewissen Skepsis wurde aber die praktische Umsetzbarkeit bewertet. Daher sehen es die Verbände als besonders wichtig an, das Modell nur auf vertraglicher und damit auf freiwilliger Basis von Kommunen und Wohnungsunternehmen weiterzuverfolgen. Ebenso wurde eine sorgfältige Evaluierung angeregt. Wir haben das aufgenommen.

Insgesamt sind wir zuversichtlich, hier zu einer guten Weiterentwicklung der sozialen Wohnraumförderung zu gelangen.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Von dem Modell können Wohnungsunternehmen und berechtigte Mieterhaushalte, lieber Herr Habersaat, profitieren, aber auch die Städte und Gemeinden, die eine gute Wohnraumversorgung für ihre Bürgerinnen und Bürger anstreben.

(Zurufe SPD)

Meine Damen und Herren, der Tenor aller Stellungnahmen zu dem Gesetz zeigte, dass wir mit den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen richtigliegen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich bin überzeugt, dass wir weiterhin eine gute rechtliche Grundlage für unsere Forderungen anbieten. Daher bitte ich Sie um die Zustimmung zum Gesetzentwurf und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zuruf AfD: Ohne Regierung in die Wohnraumförderung!)

Vielen Dank, Frau Ministerin Prien. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Peter Lehnert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bauen, bauen, bauen ist das Erfolgsrezept der lobenswerten Wohnungsbaupolitik dieser Landesregierung. Es werden nicht nur jedes Jahr mehr Baugenehmigungen erteilt, sondern es wird erfreulicherweise auch immer mehr gebaut. Dieser Erfolg ist in erster Linie den vielen Wohnungsbaugesellschaften und Bauträgern in unserem Land zu verdanken. Außerdem sind diejenigen Kommunen zu nennen, die nicht nur den politischen Willen artikulieren, mehr für den Wohnungsbau zu tun, sondern die vielmehr auch wirklich aktiv planungsrechtlich die nötigen Rahmenbedingungen dafür schaffen.

Mit dem heutigen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetzes haben wir einen wichtigen Baustein dieser erfolgreichen Wohnungsbaupolitik gesetzt. Dabei liegt der Schwerpunkt der

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(Ministerin Karin Prien)

Neuregelung auf einer noch gezielteren Versorgung einkommensschwacher Haushalte.

Weiterhin macht das neue Datenschutz- und Mietrecht Änderungen notwendig. Außerdem fordern insbesondere Kommunen mehr Rechtssicherheit im Rahmen der Ermittlung und Sanktionierung von Rechtsverstößen. Die zur Lösung dieser Probleme vorgeschlagenen Änderungen halten wir für sachgerecht und zielführend. Diese Einschätzung wird übrigens auch von der überwiegenden Zahl der in der schriftlichen Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses befragten Fachleute geteilt.

So führt etwa die Investitionsbank aus, dass mit den im Entwurf des Gesetzestextes vorgenommen Änderungen erreicht wird, dass einkommensschwache Haushalt noch gezielter von der Wohnraumförderung profitieren als bisher. Der Entwurf wird ausdrücklich begrüßt.

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen hält nicht nur einige Änderungen für nachvollziehbar und begrüßt zahlreiche Einzelregelungen, sondern gibt auch konkrete Hinweise auf eine noch bessere Praxistauglichkeit.

Der Städteverband und der Landkreistag begrüßen zahlreiche Regelungen und insbesondere die Einführung der Experimentierklausel.

Die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände begrüßt grundsätzlich die durch die Änderung des Gesetzes beabsichtigte bessere Versorgung einkommensschwacher Haushalte mit Wohnraum. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit blickt sie erwartungsvoll auf dieses Gesetz und hofft insbesondere auf die nachhaltige Bindung von sozialem Wohnraum. Auch hier wird die Experimentierklausel ausdrücklich begrüßt.

Der Sozialverband schließt sich grundsätzlich dieser Beurteilung an.