Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, gratuliere ich unserem Geburtstagskind Flemming Meyer ganz herzlich zum Geburtstag.
Nach Mitteilung der Fraktionen sind folgende Kollegen erkrankt: Peter Lehnert, Thomas Rother und Aminata Touré. Wir wünschen unserer Kollegin und unseren Kollegen gute Besserung.
Für die Landesregierung ist wegen auswärtiger Verpflichtungen beurlaubt unsere Finanzministerin Monika Heinold. Die Abgeordneten Claussen und Kilian haben nach § 47 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung verhindert sind.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf der Besuchertribüne des SchleswigHolsteinischen Landtages Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Altenholz sowie der Kieler Gelehrtenschule. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen!
Erste Lesung des Entwurfes eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes SchleswigHolstein - Bekenntnis zur europäischen Zusammenarbeit unter Einschluss der Anforderungen an die organisatorische Struktur und Kompetenzausübung der Europäischen Union
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne somit die Grundsatzberatung und erteile das Wort dem Abgeordneten Volker Schnurrbusch von der AfD-Fraktion.
Nun wird endlich, Herr Kollege Arp, Volkes Wille umgesetzt und am 31. Januar 2020 der Austritt aus der EU vollzogen. Zum ersten Mal steht der Austritt eines großen Mitgliedstaates bevor, der immerhin beinahe 48 Jahre dazugehört hat. Selbstverständlich werden die EU und mit ihr besonders Deutschland dies finanziell zu spüren bekommen; denn mit dem Brexit verliert die EU ihre zweitgrößte Volkswirtschaft und zugleich den Mitgliedstaat mit der drittgrößten Bevölkerung. Mit Großbritannien wird sich damit auch der bisher drittgrößte Nettozahler des EU-Haushalts verabschieden.
Die Gründe für den Austritt liegen vor allem im Versagen der EU in der Migrationskrise, die bis heute ungelöst ist. Auch die Vorgänge um die Bildung der neuen EU-Kommission haben sehr deutlich gemacht, dass wichtige Entscheidungen eben nicht das Ergebnis demokratischer Prozesse sind. Der Wähler als vermeintlicher Souverän musste mit ansehen, wie keiner der sogenannten Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissars zum Zuge kam, sondern jemand, der sich gar nicht beworben hatte.
Auch das gewählte EU-Parlament wurde durch Personalentscheidungen für die neue Kommission brüskiert. Das Personalkarussell in den Hinterzimmern drehte sich in Höchstgeschwindigkeit, wobei sich der französische Präsident besonders hervorgetan hat.
So wurde eine Weichenstellung für ein immer wieder propagiertes bürgernahes Europa wieder einmal nicht vollzogen. Stattdessen verlieren nationale und regionale Parlamente, also auch dieses, immer weiter an Bedeutung. So nimmt die Umgestaltung der Europäischen Union zu einem supranationalen Staatengebilde ohne Bürgernähe immer konkretere Formen an.
Eigentlich müsste innerhalb der Europäischen Union dem Grundsatz der Subsidiarität eine besondere Bedeutung zukommen, damit in den Nationalstaaten die Kompetenzen von Ländern und Kommunen erhalten bleiben. In Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen, dürften deren Organe nur tätig werden, sofern der Zweck dieser Maßnahmen auf nationaler oder regionaler Ebene nicht ausreichend geregelt werden kann.
Wie aber sieht die gegenwärtige Realität in der EU aus? Die gesetzgeberischen Gestaltungsspielräume der Länderparlamente werden fortlaufend reduziert, zum einen durch die Bundesgesetzgebung, zum anderen durch EU-Richtlinien und -Verordnungen. Darüber hinaus erleben wir eine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit wiederholt missachtet hat. Der EuGH spricht nicht nur Recht, sondern er setzt es selbst, obwohl er dazu nicht demokratisch legitimiert ist. Politisch ist er de facto auch nicht zu korrigieren. Das heißt, die Parlamente können nicht über den EuGH verfügen.
Auch dieses ausgreifende Verhalten war ein Grund für die Briten, der EU den Rücken zu kehren. Vor diesem Hintergrund befürworten wir die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips und dessen Verankerung auch auf landesgesetzlicher Ebene. Wir halten es für sinnvoll, dass der Grundsatz der Subsidiarität nicht nur im Grundgesetz, sondern auch in der Landesverfassung verankert wird; denn neben der Wahrung der gesamtstaatlichen Identität kommt der Subsidiarität auch auf föderaler Ebene eine wachsende Bedeutung zu.
Die Artikel 5 und 12 des EU-Vertrages enthalten hierzu Regelungen, wonach es Aufgabe der nationalen Parlamente einschließlich deren Länderparlamente ist, die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips durch die Organe der EU zu kontrollieren.
Die von uns beantragte Ergänzung der Landesverfassung würde diese Rechtslage unterstreichen und damit das Subsidiaritätsprinzip auf föderaler Ebene stärken. Der Freistaat Bayern ist diesen Weg bereits vor mehr als 20 Jahren gegangen. Wir finden, das ist ein Beispiel mit Vorbildcharakter.
Wir brauchen nicht mehr Europa, sondern starke Nationen in der EU. Denn nur sie folgen demokratischen Prinzipien und können ihre Angelegenheiten am besten selbstbestimmt regeln.
Wir beantragen die Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss sowie den Europaausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Großbritannien hat gewählt, Herr Schnurrbusch, aber nicht, weil das, was Sie angesprochen haben, der ausschließliche Grund dafür ist. Die Migrationskrise spielt in Großbritannien überhaupt keine Rolle. Sie haben überhaupt keine Ahnung.
Sie reden sehr viel dummes Zeug. Leute wie Sie, populistische Demagogen, haben dafür gesorgt, dass in Großbritannien so gewählt worden ist, nichts anderes.
Da ist bei Ihnen noch ein bisschen Luft nach oben. Die populistischen Demagogen in England waren am Ende noch erfolgreicher als Sie. Aber das wird hier sicherlich nicht eintreten.
Wenn Sie davon ausgehen, dass das mit dem Austritt jetzt reibungslos vonstattengeht, dann muss ich Ihnen sagen: Eine Mehrheit hatten die Tories in der Koalition vorher auch.
Wenn Sie sich die Abstimmungsergebnisse im House of Commons zu Gemüte führen, werden Sie feststellen: Nicht ein Antrag in diesen denkwürdigen Sitzungen im Unterhaus hat je eine Mehrheit gefunden. Wir werden sehen. Es gibt ein Sprichwort: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns liegt heute mal wieder ein Populismusantrag der AfD vor, der inhaltlich so schlecht begründet ist, dass er einer intensiven Behandlung gar nicht bedürfte.
Sie wollen ein Europa als Wirtschafts- und Interessengemeinschaft souveräner Staaten. Sie wollen kein gemeinsames Europa. Sie stellen hier einen Antrag auf Änderung der Landesverfassung, um eine konsequente Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und dessen Verankerung auf landesgesetzlicher Ebene vor dem Hintergrund, den Föderalismus in Deutschland zu stärken, zu erreichen. Diese Forderung ist allerdings seit Bestehen der Lissaboner
Verträge der EU gelebte Praxis. Das haben Sie wahrscheinlich noch nicht gemerkt. Ich frage Sie: Wo sind Sie gewesen, wenn wir uns im Europaausschuss konkret mit Prüfungsfragen der Subsidiarität bei Richtlinienentwürfen der EU befassen? Sogar Sondersitzungen hat es dank meiner Kollegin Poersch dazu schon gegeben. Die Zuarbeit und der Austausch zwischen Landesregierung und Landtag sind exzellent und ausführlich in § 9 Parlamentsinformationsgesetz geregelt. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
„(1) Das fachlich zuständige Ministerium unterrichtet den Landtag unverzüglich schriftlich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die für das Land von erheblicher landespolitischer Bedeutung sind und wesentliche Interessen des Landes unmittelbar berühren...“
Es gibt ihm unmittelbar Gelegenheit zur Stellungnahme. Weitere Einzelheiten zu Verfahrensfragen bis zur Behandlung im Bundesrat und zur Klage beim Europäischen Gerichtshof sind detailliert in diesem Gesetz festgeschrieben.
Das Verfahren ist nicht nur juristisch im Gesetz formuliert, sondern wird auch seit Jahren aktiv gelebt. Als Beispiel verweise ich auf die geplante Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen der Wasserversorgung, bei der eine Privatisierung der Wasserversorgung befürwortet wurde. Hier haben Subsidiaritätsbedenken der Länder und die europäische Bürgerinitiative mit rund eineinhalb Millionen Unterschriften diese Richtlinie gekippt.