Protokoll der Sitzung vom 13.12.2019

Ihr Vorschlag hier ist völlig überflüssig und wird von der Praxis schon lange gelebt.

(Beifall CDU und SPD)

Die eigentliche Zielsetzung des Antrages ist aber nicht die mögliche Beteiligung der Parlamente und der Bürger der EU. Hier zeigt sich die AfD wieder einmal als Wolf im Schafspelz. Die eigentliche Zielsetzung ist die Abschaffung der EU, wie wir sie heute kennen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Nein!)

Sie wollen nicht die EU reformieren, was wir, die CDU und auch die anderen Fraktionen hier in diesem Haus, wollen. Sie wollen nicht das Europaparlament stärken, was wir wollen. Sie wollen das Europaparlament abschaffen und haben dies ja schon vor der Europawahl als Ziel ausgerufen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an Ihre unsägli

chen Äußerungen in diesem Haus zum Brexit. Sie sind Anti-Europäer erster Güte, Sie setzen auf Nationalstaaten, Sie setzen leichtfertig Wohlstand, Freizügigkeit und Währung aufs Spiel. Sie haben nichts, aber auch gar nichts aus der Geschichte gelernt.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sie würden bei Erfolg Ihrer Vorhaben das Wichtigste, was unsere Väter politisch erreicht haben

(Martin Habersaat [SPD]: Und Mütter!)

- die Mütter schließe ich da auch ein, Herr Habersaat

(Beifall CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- unseren Frieden in Europa gefährden. Das ist nicht unsere Politik. Wir verurteilen Ihre Ziele auf das Schärfste. Wir wollen Europa weiterentwickeln und nicht zerstören. Deshalb lehnen wir die Pläne der AfD ab.

Ich beantrage, weil es leider nicht anders möglich ist, die Überweisung des Gesetzentwurfes federführend in den Innen- und Rechtsausschuss, mitberatend in den Europaausschuss. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Mit Freude erteile ich das Wort für die SPD-Fraktion der Abgeordneten Regina Poersch.

(Beifall CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Danke, liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke, liebe Frau Präsidentin! Lassen Sie mich sagen: Es ist schön, wieder hier zu sein. Vielleicht darf ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen und euch ganz herzlich zu bedanken. Sie haben mich am Mittwoch in Ihren Reihen wieder so herzlich begrüßt und mir in den letzten Monaten die Daumen gedrückt, Mut gemacht und Anteil genommen, und das über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg. Das macht dieses Parlament zu etwas ganz Besonderem. Das müssen wir bewahren. Ich bin von Herzen dankbar. Es ist schön, wieder hier zu sein.

(Beifall)

(Hartmut Hamerich)

- Danke schön.

Ja, Hartmut Hamerich, du hast Recht, dieser Gesetzentwurf ist ein Wolf im Schafspelz. Er kommt so harmlos mit der fast sympathischen Überschrift „Zusammenarbeit in Europa“ daher. Die AfD tut gerade so, als läge ihr Europa am Herzen. Aber in Wahrheit will die AfD die Europäische Union in ihre Einzelteile zerlegen. Sie wollen Europa schwächen. Vielleicht ist Ihnen entgangen, wie gut die Regionen längst in die Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene eingebunden sind: über das Frühwarnsystem, über den Bundesrat, über das Parlamentsinformationsgesetz, das Hartmut Hamerich zitiert hat, über den Ausschuss der Regionen. Die Regionen sind über den Ausschuss der Regionen zwingend einzubinden und zu beteiligen, und das übrigens auch schon seit 25 Jahren. Der AdR wurde bereits 1994 mit dem Vertrag von Maastricht etabliert. Fun fact: Die AfD erklärt in Ihrem Europawahlprogramm - ich zitiere -:

„Mit den Verträgen von Schengen, Maastricht und Lissabon wurde das Prinzip der Volkssouveränität ausgehöhlt.“

- Ha ha ha! Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Seit 25 Jahren hat also der AdR und durch ihn die Regionen eine eigene Vertretung mit einem förmlichen Mitspracherecht. Die Regionen sind längst in alle Vorhaben der Europäischen Union eingebunden. Die Regionen, das sind wir. Das sind wir gewählte Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Ich hatte nun die Ehre, dem AdR seit 2013 anzugehören und Schleswig-Holstein dort zu vertreten. Ich habe regelmäßig im Europaausschuss von der Arbeit berichtet. Ich zähle es einfach mal zum Frühwarnsystem hinzu, dass wir miteinander auch leben.

Meine Mandatsperiode endet im Februar des kommenden Jahres. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich für die Unterstützung des Hohen Hauses und des Europareferats der Landtagsverwaltung herzlich zu bedanken.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der Dank gilt der Landtagsverwaltung.

Meinem Nachfolger, dem Kollegen Bernd Voß, wünsche ich viel Erfolg zum Wohle SchleswigHolsteins und eine ebenso spannende Zeit in Brüssel wie ich sie hatte.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Tatsache ist, die Kommission muss zu allen Stellungnahmen des AdR Position beziehen. Ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung sagen, dass dies in Brüssel als mühsam empfunden wird. Es gibt zunehmend Stimmen, die sagen, dass die Kommission, weil sie weiß, wie der AdR tickt, die Regionen von vornherein mitdenkt.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sehr schlau!)

- Das ist in der Tat sehr schlau. Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Gesetzentwurf der AfD heißt es, ich muss das jetzt einfach zitieren:

„Die Eigenständigkeit der Regionen und deren Mitwirkung an europäischen Entscheidungsprozessen ist zu sichern.“

Das ist nun wirklich ein Paradebeispiel für Populismus pur. Populisten machen es genau so. Sie tun so, als stünde die Eigenständigkeit der Regionen zur Disposition, was sie nicht tut. Sie erfinden damit ein Problem, das es nicht gibt, und dienen sich dann noch als Heilsbringer an. Schönen Dank!

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Noch einmal zum Mitschreiben: Die Eigenständigkeit Schleswig-Holsteins steht nicht auf dem Spiel.

(Beifall Stephan Holowaty [FDP])

Schleswig-Holstein ist über mehrere institutionalisierte Verfahren in europäische Entscheidungsprozesse eingebunden. Sowohl die Landesregierung als auch der Landtag haben Vertretungen in Brüssel. Unser Land ist bis heute Vorreiter und Vorbild beim europäischen Frühwarnsystem auf der Grundlage einer guten und funktionierenden Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung. Das ist deshalb so wichtig, weil Europa in Schleswig-Holstein wirkt. Wie sollte es auch anders sein? Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner profitieren von der Europäischen Gemeinschaft. Wir alle profitieren von einer gemeinsamen Politik, die seit Jahrzehnten den innereuropäischen Frieden sichert, Grenzen öffnet für Studium, Arbeit, Urlaub. Ich brauche da gar nicht erst die EU-Förderprogramme aufzuzählen. Arbeitnehmerfreizügigkeit, Verbraucherschutz, freier Handel ohne Zölle, grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, europaweite Anstrengungen im Klimaschutz - das ist europäischer Zusammenhalt, und der ist Rechtspopulisten wie Ihnen natürlich ein Graus.

(Regina Poersch)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die AfD will die EU in ihre Einzelteile zerlegen. Ich sage Ihnen: nicht mit uns! - Vielen Dank.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Bernd Voß.

Verehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich empfand es wieder als eine Unverschämtheit, wenn ich gleich so anfangen darf, dass Sie sich in Ihrer Begründung dahinter verstecken, Bayern hätte einen ähnlichen Passus in seiner Verfassung. Ja, Sie haben ein bisschen da abgeschrieben, haben es umformuliert. Aber der entscheidende Unterschied ist: Bayern bekennt sich zu einem zusammenwachsenden Europa. Sie hingegen wollen Europa zerschlagen, das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Von daher: Hören Sie auf mit diesem Populismus und mit diesem Streuen von Unwahrheiten und Lügen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Auch wenn durch die - ja, man muss sagen - demokratische Entscheidung im Vereinigten Königreich heute wahrscheinlich ein ziemlich schwarzer Tag für das Zusammenwachsen Europas ist, bleibt es dabei: Die Entwicklung der EU ist eine Erfolgsgeschichte. Die Europäische Union ist ein inzwischen generationenübergreifendes Friedensprojekt. Sie sichert Freiheit, Entwicklung und Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Ja, es gibt Rückschläge. Es gibt Rückschläge durch Brexit und durch rechtspopulistische Stimmungsmache in vielen Ländern. Europa ist jedoch das demokratische Zukunftsprojekt, das es auf dem Kontinent bleiben muss. Ich sage das auch, gerade weil es den Ländern möglich ist, in einem geordneten Verfahren auszutreten.

Durch unsere Verfassung in Schleswig-Holstein haben wir als Landtag 2014 beschlossen, die grenzüberschreitende Partnerschaft im vereinten Europa zu vertiefen. Ich glaube, das reicht wirklich als zentrale Botschaft.

Wenn ich jetzt einmal genau hingucke, was Sie überhaupt mit Ihrem Antrag erreichen wollen, was in Wirklichkeit dahintersteckt und was Sie an Änderungen erreichen wollen, dann wird klar: Unter dem Deckmäntelchen der Subsidiarität geht es Ih

nen um die Eigenständigkeit der Nationen. Im MaiPlenum haben Sie es so formuliert: ein Europa der Vaterländer. Damit zitieren Sie eine Haltung der frühen 50er-Jahre. Als wären die Uhren stehengeblieben und als hätten Sie nichts gelernt, verharren Sie im Gestrigen, in der Vergangenheit.

Wenn Sie in Ihrem Verständnis souveräne Staaten fordern, stellen Sie die gesetzgebende Kompetenz der EU infrage. Sie wollen die EU abwracken. Ihr Verständnis von Subsidiarität ist ein gefährlicher Widerspruch in sich. Sie wollen nicht, dass das von Ihnen gehasste und abgelehnte Parlament und der Rat in Europa mit Mehrheit für ein gemeinsames erfolgreiches Zusammenwachsen arbeiten. Das sollen nur die Nationen tun. Aber dann haben wir nur noch irgendwelche Abkommen zwischen den Nationen, und das Recht auf Subsidiarität schlagen Sie damit den Regionen weg. Das ist genau das, was Sie uns hier unter dem Deckmäntelchen der Subsidiarität vortragen; genau das kommt dabei heraus. Es gibt dann keine Subsidiarität mehr, und es gibt dann auch keine gemeinsame europäische Rechtsetzung mehr.

Die AfD listet im Grunde nur auf, was die EU alles nicht machen soll. Was die AfD Subsidiarität nennt, ist in Wahrheit ein Zurück in Nationalismus. Wir brauchen an dieser Stelle überhaupt keine Änderung. Wir haben das Subsidiaritätsprinzip in Artikel 23 des Grundgesetzes ganz klar und verbindlich geregelt. Es gilt auch hier in Schleswig-Holstein: Was vor Ort geregelt werden kann, wird vor Ort geregelt. Ich glaube, meine beiden Vorrednerinnen haben sehr deutlich gemacht, wie hervorragend es gerade in Schleswig-Holstein läuft und wie hervorragend es auf der europäischen Ebene läuft.