Bernd Voß

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Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Erfolg der Europäischen Union beruht nicht nur auf der Schaffung von Frieden, sondern auch auf dem Konsens über gemeinsame Grundwerte. Auf diesen Konsens haben sich alle Mitgliedstaaten durch Artikel 2 des EU-Vertrags
verständigt und sich ihm so verpflichtet. Es ist zwar richtig, dass die EU gegenüber beitrittswilligen Staaten auf der Grundlage der sogenannten Kopenhagener Kriterien fordernd und disziplinierend auftreten kann und auch strenge Auflage durchsetzen kann. Falsch ist aber, dass dies nicht mehr in der Konsequenz erfolgt, wenn der Beitritt erst einmal erfolgt ist.
Mit dem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020 wurde von der Kommission erstmals eine Bestandsaufnahme der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten durchgeführt. Das beruht im Grunde auf dem Prinzip der internationalen Zusammenarbeit des Namings and Shamings. Viel mehr ist das im Grunde nicht. Und eigentlich setzt sich immer mehr das Prinzip durch: Naming without Shaming, und das wiederholt sich immer und immer wieder. Die EU darf nicht wegsehen, wenn einzelne Regierungen wie neuerdings in Slowenien, besonders aber in Polen und Ungarn die Demokratie in ihrem Land schwächen.
Im November 2020 haben sich die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament nach monatelangen Verhandlungen auf die Einführung einer Rechtsstaatkonditionalität geeinigt, das heißt auf die Verknüpfung der Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien mit dem EU-Haushalt und dem Wiederaufbaufonds Next Generation EU, und das ist auch gut so. Finanzkürzungen können bei Verfehlungen mit qualifizierter Mehrheit der Mitgliedstaaten eingeleitet werden. Der Nachweis von Verfehlungen, wir wissen es alle, ist nicht einfach, er ist schwierig. Aber allein, dass es eine Rechtsstaatskonditionalität geben könnte, stellt im Grunde schon einen Erfolg dar.
Es ist uns wichtig, dass alle Kommunen, Städte und Regionen in den betroffenen Mitgliedstaaten so wenig wie möglich unter diesen autoritären Staatsoberhäuptern leiden müssen. Hartmut hat es eben bereits gesagt: Es sind inzwischen 300 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus Ungarn und Polen, die diesen Brief unterschrieben haben. Eingeleitet wurde er im Grunde durch eine sehr breite Allianz eines grünen Bürgermeisters in Budapest und eines konservativen Bürgermeisters, Rafal Trzaskowski, in Warschau. Das zeigt aber auch, was in diesen Ländern los ist. Ich sage später noch einiges mehr dazu.
Daraus folgt einerseits, dass für die Nationalregierung unliebsame Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Ländern systematisch finanziell beschnitten werden. Andererseits gilt natürlich auch: Wenn es gelingen sollte, Mittel einzubehalten, dann
werden diese auch nicht mehr dorthin fließen. Daher ist es eine Option, dass die EU erheblich mehr als bisher Städten, Regionen und Kommunen direkt den Zugang zu EU-Fonds ermöglichen sollte. Dafür müssen Kommunen und Regionen natürlich jeweils nachweisen, dass eine strikte Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Transparenz sichergestellt ist. So kann Förderung nicht nur schneller, sondern auch zielgenauer gehen. Ich glaube, das sollte man sich auch einmal überlegen. Es ist auch ein Zeichen von Solidarität, nicht alle über einen Kamm zu scheren und rechtsstaatliche Strukturen überall in Europa zu stärken.
Wie ist jetzt die Einigung der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs von gestern zu bewerten? Das Vetorecht einzelner Länder ist an dieser Stelle weg, und damit besteht die Möglichkeit, 1,8 Billionen € auszuteilen. Aber allein aus dem jetzt laufenden EU-Haushalt - denn dafür gilt diese Abmachung nicht - kann Ungarn noch über 10 Milliarden € abrufen, Polen noch über 40 Milliarden €. Wenn im Zusammenhang mit den Mitteln des neuen EU-Haushalts der Europäische Gerichtshof angerufen wird, dann dauert die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit noch einmal Jahre. Es muss endlich aufhören, dass Autokratinnen und Autokraten in Europa sich weiter scheinbar bedingungslos subventionieren lassen und subventioniert werden.
Anders als geplant, und ich glaube, das muss man sich immer wieder vor Augen führen, sind für den neuen Rechtsstaatmechanismus nur Verstöße gegen Haushaltsfragen, nicht aber gegen Pressefreiheit, Meinungsfreiheit oder die Unterdrückung von Minderheiten maßgeblich. Es werden weiter Fakten geschaffen. Kaum ein entlassener Richter wird wiedereingestellt; kaum eine Redaktion wird wiedereröffnet; kein zerstörter Ruf wird wiederhergestellt; und auch kein Unternehmen, das zerstört wird, wird irgendwie wiederaufgebaut werden, wenn der Europäische Gerichtshof Unregelmäßigkeiten bestätigt.
Es ist eine Chance vertan worden, autokratische Länder endlich in rechtsstaatliche Grenzen zu weisen. Bei allem Respekt vor dem gestern Erreichten: Wir tun uns keinen Gefallen, das Beseitigen des Vetos gegen den Haushalt an dieser Stelle als großen Erfolg zu feiern.
Aber ich sage auch etwas Positives: Die Bürgerinnen und Bürger von Polen haben vor 40 Jahren mit der Solidarnosc-Bewegung begonnen, für die Freiheit von einem autokratischen Staat zu demonstrie
ren und für die Öffnung Europas zu streiten. Sie haben es geschafft. Wir brauchen heute in allen Ländern Europas starke Kräfte für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ohne sie ist der Rechtsstaat der Verlierer dieser Entwicklung, und ich glaube, das darf nicht sein. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wundere mich, welche Aufregung dieses moderate Gesetz verursacht, das dafür da ist, bestimmte Fragen zu klären, bestimmte Themen voranzubringen und abzusichern, damit wir die Energieziele im Land bis 2025 erreichen - mehr nicht.
Die Herausforderungen sind erheblich größer, und das wissen Sie, ob es Europa ist, ob es Deutschland ist. Wir sind gerade einmal bei 16 % erneuerbare Energien. Wir haben also innerhalb kürzester Zeit Sie wissen, dass wir nicht über Jahrhunderte, sondern Jahre, vielleicht ein Jahrzehnt reden - noch 84 % vor uns.
Wir brauchen 2025 37,5 TWh erneuerbaren Strom das steht im Gesetz -, und nach dem Gutachten der Landesregierung brauchen wir 2030 ungefähr 60 TWh. Wir haben einen erheblichen Ausbau vor uns und müssen den planen und zügig angehen. Wir sind wirklich gefordert, dass das ein bisschen
schneller geht. 2040 liegen wir bei ungefähr 100 TWh erneuerbaren Strombedarf.
Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil hier wieder alles Mögliche erklärt wird, was nicht geht. Da wird über Freiflächen-PV geredet, damit könnte Geld verdient werden, und alles würde zugepflastert. Jeder, der Freiflächen-PV macht, weiß, dass gut gemacht - das zu einer Bodenverbesserung beiträgt, dass man es optisch eingrünen kann.
Um die Dimension aufzuzeigen - wieder Fraunhofer-Gutachten: Wir brauchen einen Zuwachs von jährlich ungefähr 1 GW PV-Leistung, um die Energie- und Klimaziele zu erreichen. Was bedeutet das für das Land, ist das eine Dramatik? - Nein, ist es nicht. Wenn wir 5 GW auf Dächern zügig ausbauen, wären es 5 GW verteilt auf die nächsten zehn Jahre; das wären 5.000 ha in Schleswig-Holstein, das sind 0,3 % der Landesfläche von 1,5 Millionen Hektar. Das verschwindet im Grunde hinter dem Knick, darüber muss man sich nicht ereifern. Das müssen wir einfach machen, weil wir es dringend brauchen.
Wenn ich die Debatte verfolge, bestätigt sich mein Eindruck: Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, was die Abwägung anbelangt. Wir müssen nicht Naturschutz schlechterstellen, sondern wir müssen endlich die Energiefrage, die Klimafrage obenan stellen. Wenn wir Klimaschutz tatsächlich wollen, muss er in der Abwägung, in der Entscheidung eine ganz neue Bedeutung bekommen.
Sehr gerne.
Ich habe immer noch nicht gehört, warum es in der letzten Wahlperiode so lange gedauert hat und nur ein abstraktes Gesetz entstanden ist. Woran lag das? Können Sie uns das vielleicht sagen; das würde uns sehr interessie
ren. Die Redebeiträge einiger Gruppierungen hier passen nicht ganz zu dem, was in der letzten Wahlperiode gemacht wurde. Vielleicht können Sie das erklären. Ich schätze Sie als ehrlichen Kollegen. Erklären Sie doch einmal: Warum hat das so lange gedauert, und warum sind nur Ziele und keine Maßnahmen beschrieben worden, was wir jetzt nachholen?
- Das ist drei Jahre her - die Debatten darüber sind fünf Jahre her -, und es ging um die grundsätzliche Frage: Brauchen wir überhaupt so ein Gesetz, arbeiten wir das nicht wie seit den 90er-Jahren in Schleswig-Holstein zügig ab? - Nein, damals wurde klarer, wie sich die Situation abzeichnet. Daher wurde ein Gesetz gemacht, das verbindlich ist und das auch für unseren Koalitionsvertrag gut war, weil man sich daran orientieren und sagen konnte: Wir brauchen 10 GW Windausbau onshore, um die Zahl von 37,5 TWh zu erreichen. Das ist Gesetz geworden, sodass man das Ziel sieht. Das ist auch für andere Zielsetzungen maßgeblich, wo man die Ziele nahe gesetzt hat und jährlich sehen kann, wie dicht man dran ist oder ob man es eventuell erst in zehn Jahren schafft oder nicht schafft. Das ist die Stärke des Gesetzes.
All die anderen Fragen bringen wir jetzt sukzessive rein. Ich bin im Übrigen der festen Überzeugung, dass das nicht die letzte Reform dieses Gesetzes sein wird. Die Entwicklung und die gesellschaftlichen Debatten der letzten Jahre zeigen, wie dringend erforderlich es ist, dass man das reinschreibt, damit es sukzessive vorwärtsgeht.
Noch ein letztes Wort! Es wurde darüber geredet, dass es sich rechnen müsse. Natürlich muss sich das rechnen. Ich will hier keinen Kampf um Zertifikatehandel und Besteuerung führen. Es geht darum, dass Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft nicht mehr belastet, sondern anders - an der richtigen Stelle - belastet werden. Das sind Zertifikate, das ist der CO2-Preis, um nur zwei Maßnahmen zu nennen. Entscheidend ist, dass in die richtige Richtung gesteuert wird.
Selbstverständlich. - Wir versündigen uns an der Wirtschaft, wenn wir zu spät deutliche Zeichen setzen, wohin die Entwicklung geht. Darauf wartet man draußen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke dem Minister für den Bericht sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im MELUND und im MLLUR, die mit Hochdruck an der Umsetzung der Düngeverordnung arbeiten. Das ist keine leichte Aufgabe. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausweisung der viel diskutierten roten Gebiete passierte im September 2020 den Bundesrat und ist im Oktober 2020 von der
Bundesregierung bestätigt worden. Sie muss muss! - bis Ende des Jahres umgesetzt werden.
Im Jamaika-Antrag, der hier im Februar 2020 beschlossen wurde, haben wir ein einheitliches Verfahren zur Ermittlung der roten Gebiete gefordert. Das war erforderlich, weil diese unsägliche Diskussion um Messstellen - als ob die Messstellen das eigentliche Problem seien und nicht die Nährstoffüberschüsse - sonst nicht zu einem Ergebnis gekommen wäre.
Der einheitliche Rahmen liegt jetzt vor. Das Ergebnis ist eine erheblich verkleinerte Gebietskulisse ja. Aber daraus einen Rückschritt für den Gewässerschutz abzuleiten wäre falsch. Denn - erstens -: Die Düngeverordnung gilt flächendeckend. Alle Bauern und Bäuerinnen sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie bedarfsgerecht düngen und keine Nährstoffüberschüsse produzieren.
Zweitens. Bilanzüberschüsse treten im Land flächendeckend auf, insbesondere in Regionen mit intensiverer Tierhaltung. Professor Taube und Professor Henning - sie sind bereits mehrmals zitiert worden - haben in ihren Vorträgen zum Nährstoffbericht darauf hingewiesen. Dabei haben sie die entscheidende Bedeutung der betriebsbezogenen Stoffstrombilanzen herausgestellt.
Drittens. Wir haben in Schleswig-Holstein aufgrund der geologischen Gegebenheiten eine hohe Filterwirkung der Böden für Nitrat; aber diese ist endlich. Der Minister hat bereits darauf hingewiesen, dass sehr genau zu prüfen ist, welche Konsequenzen es hat, wenn sich diese Wirkung - Stichwort: Pyrit - weiter abbaut.
Viertens. Es bleibt bei der Vorgabe der Wasserrahmenrichtlinie - die selbstverständlich weiterhin gilt -, Grundwasserkörper mit mehr als 50 mg Nitrat in einen guten Zustand zurückzuversetzen; das betrifft in Schleswig-Holstein nahezu die Hälfte aller Grundwasserkörper.
Nicht allein das Grundwasser, sondern auch die Fließgewässer, die Meere und die Luft sind vor Nährstoffeinträgen zu schützen. Die Fokussierung der Debatte auf die roten Gebiete ist auch deshalb falsch, weil wir nicht allein die Nitratrichtlinie beachten müssen; wir haben ebenso die Wasserrahmenrichtlinie, die Meeresschutzrichtlinie, die Biodiversitätsrichtlinie und die EU-NERC-Richtlinie, mit der Ammoniaküberschüsse reduziert werden
sollen, zu beachten. All das wird in den kommenden Jahren, zum Teil bereits in diesem Jahr, beginnen. Es wird in EU-Klagen enden, wenn wir da nicht konsequent vorgehen.
Richtig ist aber auch, dass sehr viele Bauern und Bäuerinnen nicht erst jetzt, sondern schon immer gewässerschonend wirtschaften. Sie wehren sich natürlich dagegen, pauschal an den Pranger gestellt zu werden. Nach der bestehenden, an den Grundwasserkörpern orientierten Kulisse wären Landwirte und Landwirtinnen, die das Pech haben, in diesen Gebietskulissen zu wirtschaften, durch Auflagen in Mithaftung genommen worden. Das kann man einerseits feststellen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es eine ganze Reihe von Bäuerinnen und Bauern gibt, die nach dem Prinzip „viel hilft viel“ vorgehen, oder es ist nicht genug Fläche in Stallnähe. Wenn die Gülle so ausgebracht wird, ist das eine zentrale Ursache der Probleme. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen.
Gleiches gilt für die Feststellung, dass Beratung notwendig ist. Manche - ich formuliere es einmal freundlich - ignorieren die Fakten bewusst; an der einen oder anderen Stelle ist es auch einfach Nichtwissen. Daran wird in Zukunft intensiver gearbeitet werden müssen; auch das ist Teil dieser Düngeverordnung.
Wir müssen die Kontrollen einerseits verstärken, andererseits aber auch erheblich effizienter machen. Was wir heute feststellen, ist alles ein Ergebnis das muss man auch draußen immer wieder sagen des Verschleppens der Düngeverordnung über mehrere Jahrzehnte. Die Bauern und Bäuerinnen haben leider Gottes die Konsequenz zu tragen, dass erheblich mehr Kontrollen und erheblich mehr Aufzeichnungen auf sie zukommen.
Es kommt jetzt darauf an, wie gut es gelingt, die tatsächlich produzierten Bilanzüberschüsse verursachergerecht dort zu identifizieren, wo sie anfallen, und auch dort zurückzuführen. Die Voraussetzung schaffen wir unter anderem dadurch, dass wir eine Meldepflicht für alle landwirtschaftlichen Betriebe bezüglich der Düngebedarfsermittlung und der tatsächlichen Düngemaßnahmen einführen. Das wird per EDV laufen. Wir haben darüber bereits im Umwelt- und Agrarausschuss diskutiert.
Ich hätte meine Redezeit auch darauf verwenden können, aufzuzählen, was ich alles an den Vorgaben der Düngeverordnung der Bundesregierung und der AVV zur Abgrenzung der belasteten Gebiete auszusetzen habe. Das ist eine ganze Menge. Aber ich
denke, nach dem jahrelangen Gezerre und den Abwehrkämpfen ist es dringend geboten, den Blick nach vorn zu richten und sich auf die Umsetzung zu konzentrieren sowie auf die Einhaltung der geltenden Vorgaben und die Überprüfung ihrer Wirksamkeit. Das wird zusätzliche Personal- und Sachaufwendungen auch im Landeshaushalt erfordern. Aber so schützen wir unsere Gewässer.
Die verfahrene Situation musste zu erfolgreichen Klagen der EU führen. Das war unausweichlich, da die Bundesregierung nicht reagiert hatte. Diese Situation ist das Ergebnis einer inzwischen Jahrzehnte andauernden Verweigerung der Umsetzung von europäischem Gemeinschaftsrecht und einer verschleppten Wirksamkeitsprüfung von Vorgaben. Das muss endlich ein Ende haben.
Zum Schluss noch ein Wort an meine Kollegin von der SPD: Ich hatte den Eindruck, das war eine Rede an die Bundesregierung; sie hat letztlich diese Düngeverordnung auf den Weg gebracht. Was die Nitrat- und die Phosphatkulisse anbelangt, so nehmen Sie bitte wahr: Die Phosphatregeln gelten für das ganze Land. Also ein Fortschritt! - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich darf für die erkrankte Kollegin Marlies Fritzen reden und von dieser Stelle aus gute Besserung wünschen.
In großen Schwärmen ziehende und rastende Gänse werden für Naturliebhaberinnen und Naturliebhaber eine Freude sein, sie richten aber auf landwirtschaftlichen Flächen durch Fraß und Verkotung erhebliche Schäden an. Das ist ein Ärgernis und mehr. Das Problem ist überhaupt nicht neu, es ist durch den Anstieg der Gänsezahlen in den letzten Jahren aber erheblich verschärft worden. Einzelne Betriebe, deren Flächen bevorzugt aufgesucht werden, sind besonders hart betroffen. Das wollen wir nicht wegdiskutieren. Diesen Betrieben muss geholfen werden.
Deshalb gibt es das Angebot im Rahmen des Vertragsnaturschutzes. Die Ausgleichszahlungen für die Duldung der Gänse auf bestimmten Flächen und die Vergrämung auf anderen Flächen wird dadurch ermöglicht. Der Landtag hat - das ist eben schon gesagt worden - 2016 die Landesregierung einstimmig gebeten, ein landesweit abgestimmtes und breit akzeptiertes Handlungskonzept für gänsebedingte Fraßschäden in der Landwirtschaft zu entwickeln. Genau das macht die Landesregierung. Ich nenne das Onlinetool zur Erfassung der Schäden, das eingerichtet wurde. Seitens der Landwirtschaft wird eine Umstellung der Entschädigungszahlungen gefordert. Wir Grüne sind offen dafür. In den Diskussio
nen um die zukünftige EU-Agrarförderung setzt sich das Land dafür ein, dass Entschädigungszahlungen für Gänseschäden in der kommenden Förderperiode auch kofinanzierungsfähig werden. Ich glaube, dass das eine gute Perspektive ist. Wenn dies auch Wunsch der beteiligten Akteure ist, wollen wir die Mittel aus dem Vertragsnaturschutz Gänse künftig dafür in Kofinanzierung verwenden.
Eine immer wieder erhobene Forderung betrifft die Bejagung der Vögel. So sollen Jagdzeiten verlängert und deren Schutzstatus verändert werden. Dazu ist zu sagen: Die Bejagung von Graugänsen findet bisher gar nicht im rechtlich möglichen Umfang statt, es geht also noch mehr. Hier sind demnach nicht die gesetzlichen Regeln, sondern die tatsächlich jagdliche Praxis dafür verantwortlich, wie es im Moment läuft.
Für die Nonnengans gilt in allen EU-Mitgliedstaaten ein strenger Schutz nach der EU-Vogelschutzrichtlinie. In Schleswig-Holstein haben wir das Fenster für mögliche Vergrämungsabschüsse so weit wie irgend möglich geöffnet. Darüber hinaus sind auf Antrag einzelne Schonzeitabschüsse oder Eientnahmen von Grau- und Nonnengänsen möglich und auch ein Verscheuchen durch Schreckschuss, Betreten oder Befahren der Flächen und so weiter.
Das macht aber nur Sinn, wenn die Gänse auf Ruheräume ausweichen können. Diese Vorgänge sind eben geschildert worden.
Fazit: Mit den rechtlich zulässigen und praktisch umsetzbaren jagdlichen Regulierungsmöglichkeiten ist kein Rückgang der Schäden zu erreichen. Das ist eine Scheindebatte, die nicht zur Lösungsfindung beiträgt, ebenso wenig wie der AfD-Antrag. Daher lehnen wir ihn ab. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal ein herzliches Dankeschön an die Landesregierung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Erarbeitung der Strategie und des Maßnahmenkatalogs. Wir Grüne, das betone ich ausdrücklich, setzen uns dafür ein, dass grüner Wasserstoff das Fluidum der Energiewende in allen Sektoren wird.
Deshalb begrüßen wir es, dass die Landesstrategie auch genau darauf abzielt. Wir haben sie gerade deshalb beantragt, um neben den inzwischen verabschiedeten Strategien des Bundes und der EU eine Strategie mit Maßnahmen für das Land zu setzen, die sich an den Potenzialen des Landes orientiert, die bereits getätigte Investitionen gerade in den mittelständischen Unternehmen aufgreift und darauf aufbaut; denn letztlich sind die erneuerbaren Energien unsere einzige wirkliche ökonomische Perspektive hier in Schleswig-Holstein. Wir setzen auf eine Strategie, die in Regionen im industriell geprägten Land Maßstäbe setzt und regulatorische Hemmnisse so weit wie möglich aufgreift, denn gegen eine fehlende Bepreisung von Klimagasen kann überhaupt und nirgendwo dauerhaft ansubventioniert werden. Wir brauchen eine Strategie, die administrative Hemmnisse aufgreift. Eine Erdgasbohrung ist privilegiert. Ein Elektrolyseur, der aus erneuerbaren Energien Wasserstoff erzeugt, ist nicht privilegiert.
Förderleitfäden können helfen, die Möglichkeiten, die sich aus Landesmitteln in Höhe von 30 Millionen € zusammen mit den vielen Mitteln, die von der EU und dem Bund für Wasserstoff bereitgestellt werden, ergeben, für einen optimalen Einsatz zu nutzen. Eine Landeskoordinierungsstelle Wasserstoff und ein Landeskompetenzzentrum Wasserstoffforschung, welches das alles in optimierte Bahnen lenkt, ist sinnvoll.
Den nächsten Punkt hat bereits Herr Kollege Hölck angesprochen: Wir wollen auf erheblich mehr Unabhängigkeit in der Energiebereitstellung setzen. Im Ölbereich werden 98 % importiert. Daher müssen wir bei den Erneuerbaren prüfen und aufmerksam sein, dass wir das beim Wasserstoff nicht genauso wiederholen. Kürzlich war ein Artikel in der „taz“, der sehr deutlich gemacht hat, dass europäische Konsortien im Kongo unterwegs sind und dort die erneuerbaren Energien zum Beispiel aus Wasserkraft ausbauen wollen, um diese Energie dann als Wasserstoff hierher zu exportieren. Dabei werde ich schon ein bisschen unruhig. Wir müssen es selber erzeugen und dürfen nicht anderen Weltregionen ihre Potenziale an erneuerbaren Energien mit unserer Wirtschaftskraft wegkaufen.
Kein anderes Industriegas hat in der Sprache so viele Farben: schwarz, grau, blau, türkis und grün. Dabei ist Wasserstoff farblos, man sieht ihm nicht an, ob er aus fossilen oder aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde, und erst recht nicht, in welchem Elektrolyseur mit welchem Strom er hergestellt wurde. Ich nenne hier nur eine Zahl, um wirklich deutlich zu machen, wie entscheidend es ist, dass er aus erneuerbaren Energien produziert wird. Wasserstoff aus erneuerbaren Energien hat eine Klimabelastung von ungefähr 26 g CO2/kWh, mit Strom aus dem klassischen deutschen Strommix ist die Belastung mehr als das 20-Fache höher, also ungefähr 650 g. Das macht wirklich deutlich, wie entscheidend es ist und wie streng wir sein müssen, dass er wirklich aus den erneuerbaren Energien kommt.
Ausschließlich Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, die sonst nicht hätte verwendet werden können, verdient wirklich das Zertifikat „grüner Wasserstoff“. Nur das hat dauerhaft Zukunft. Daher werden wir sehr genau prüfen, wie die Zertifizierung insbesondere auf europäischer Ebene läuft, um sicherzustellen, dass wir den richtigen Wettbewerbspfad bei der Wettbewerbsfähigkeit gehen, sei es in der Stahlerzeugung, in der schweren Mobilität
oder in der Energiespeicherung. Alles andere ist verkappte fossile oder nukleare Energie und ist damit ein Auslaufmodell, auf das wir auf keinen Fall setzen dürfen. Mit dem Atom- und Kohleausstieg müssen wir auch den nächsten Ausstieg bei den fossilen Gasen anpacken und sie durch erneuerbare Gase ersetzen.
Das uns noch zur Verfügung stehende Budget an Klimagasen ist wahrscheinlich weit vor 2050, eventuell sogar schon vor 2035, verbraucht, wie es im neuesten Gutachten des Wuppertaler Instituts steht. Uns bleibt nur die direkte Stromerzeugung, die Erzeugung aus Wasserstoff mittels Elektrolyse aus neu zu errichtenden erneuerbaren Energiequellen wie PV oder Wind. Wer Wasserstoff sagt, muss letztendlich auch sagen, woher er kommt, wo Energie aus PV oder Wind entstehen soll.
Rund 50 bis 60 kW Strom braucht man für 1 kg Wasserstoff, und das ist ungefähr 1 m2 PV. Das ist zuerst einmal nicht viel. Ein normal benutzter Pkw, das wissen, Sie, braucht ungefähr die zehnfache Energiemenge und somit circa 100 kg Wasserstoff im Jahr. Das sind 100 m2 neue PV. Rund 1,5 Millionen Fahrzeuge in Schleswig-Holstein brauchen daher für den wasserstoffbetriebenen Individualverkehr ungefähr 1 % der Landesfläche für PV. Bei direkter E-Mobilität ist das ungefähr ein Drittel. Man muss sich das so vor Augen halten. Das Land verändert sich, wir müssen wissen, wohin wir wollen. Wir müssen dann aber auch ein klares Bekenntnis dazu liefern und entsprechend engagiert und zeitnah da hinarbeiten.
Dabei gilt immer wieder die Regel, ich denke, das ist uns allen klar: Je weiter und je schwerer das Fahrzeug, desto eher kann Wasserstoff eingesetzt werden. Fern-Lkw, Nutzfahrzeuge, kleine Personenzüge und auch Schiffe werden demnächst dazu gehören und so weiter.
Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Transportierbarkeit und die Speicherfähigkeit von erneuerbaren Energien als Wasserstoff. Genau in dem Bereich werden wir das jetzt vorhandene Erdgasnetz betrachten und zukunftsfähig ausrichten müssen. Es wird uns in die Lage versetzen, Schwankungen im Energienetz, im Stromnetz nachhaltig auszugleichen.
Wasserstoff kann aber eben nicht nur für Fahrzeuge, nicht nur direkt stofflich oder für die Stahlerzeugung genutzt werden, sondern letztlich auch für die Wärme. Bei der Elektrolyse und bei der Nutzung in Brennstoffzellen entsteht Wärme von ungefähr
80 °C, das ist bei Wärme nicht besonders viel, reicht aber zum Heizen.
Wenn wir die Vergangenheit betrachten, haben wir häufig nicht auf die Wärme geachtet, die irgendwo anfiel. Sie geht in die Luft. Damit muss Schluss sein, damit wir das nicht irgendwann in zehn Jahren bedauern. Betrachtet man bisher das alles als Verlust, dann muss man sagen: Richtig aufgestellt ist Wasserstoff ein ganz entscheidender Bestandteil der Wärmewende. Unsere Mittelständler - ich sage: draußen in der Diaspora, Bosbüll, ist plötzlich Mittelpunkt der Welt - haben es vorgemacht, wie man das machen kann, wie man Wärme nutzt, wie man direkt aus einem Solarpark und aus einem Windpark den Strom nutzt. Wir setzen im Grunde auf die richtige Strategie. Ich glaube, das wird an dieser Stelle deutlich.
Der Minister hat es schon gesagt: Wir brauchen die richtigen Regeln, um den Marktkräften zum Durchbruch zu verhelfen und mit den Marktkräften einem klugen, sinnvollen Wasserstoffeinsatz zum Durchbruch zu verhelfen.
Setzen Sie in der Landesregierung mit bewährtem Tempo die Arbeit fort, und lassen Sie uns im Umweltausschuss und im Wirtschaftsausschuss beraten und den Bericht noch einmal diskutieren, vertiefen und die weiteren Erkenntnisse verarbeiten. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die derzeitige Krise in den Schweineställen und auf dem Schweinemarkt kann man als Folge einer Verkettung unglücklicher Umstände begreifen. So konnten wir es auch im „Bauernblatt“ lesen. Mit Sicherheit kommen hier viele nicht geplante Faktoren zusammen. Es gab eine Pandemie und eine Tierseuche. Man kann auch bestätigen, dass die Betriebe, die wir im Schweinebereich in unserem Land haben, auf höchstem technischem Niveau und fachlich hochqualifiziert arbeiten.
Man kann die Situation aber auch - das möchte ich hier einmal tun - als Folge struktureller Probleme begreifen, die durch Corona und ASP noch verschärft werden. Das hat letztlich dazu geführt, dass die schon lange bekannten Missstände bei den Arbeitsbedingungen und bei der Unterbringung der Leiharbeiter seit der Coronapandemie deutlich wurden und mit einer bisher nie gekannten Dringlichkeit angegangen wurden.
Diese Situation hat letztlich auch in den landwirtschaftlichen Betrieben dazu geführt, dass sie diese Versäumnisse ausbaden müssen, die letztlich die
Oligopolisten - das muss man wirklich sagen, denn die haben alle anderen Verarbeiter ziemlich an die Wand gedrückt - der Fleischbranche verursacht haben.
Jetzt wird wieder mit Hochdruck geschlachtet. Der Minister hat sehr deutlich gesagt, welche Facetten das hat, nämlich dass man auf der einen Seite diejenigen, auf deren Rücken das jetzt abläuft, bitten muss, wirklich intensiv mitzuarbeiten, zusätzliche Schichten zu schieben, damit dieser Stau abgearbeitet wird. Man muss zugleich sagen: Man wird auch weiterhin an diesen Missständen arbeiten müssen.
Die Schlachtkapazitäten in unserem Land sind knapp, das wissen wir. Wir wissen auch, dass die Unternehmen gut mitziehen; auch die anderen norddeutschen Unternehmen machen in dieser Notsituation das, was sie machen können.
Eines aber muss man sagen: Wir brauchen eine neue Überlegung, was die Schlachthofstruktur anbelangt. Wir müssen mehr über regionale und über dezentrale Verarbeitungsstätten reden. Das ist letztlich auch eine Grundlage für funktionierende Märkte, für stabile, für funktionierende Erzeugungsstrukturen.
Wir werden, wenn wir die Verwerfungen verhindern wollen, zu allgemeinverbindlichen Anpassungen bei der Erzeugung kommen müssen. Wir können nicht immer nur sagen, die Schweine sollen jetzt nicht mehr aus Dänemark kommen. Wir müssen auch überlegen, was es heißt, wenn man immer nur wieder reagiert und den Schweinezyklus abfeiert und zulässt, dass massenweise Unternehmen aufgeben. Das können wir so nicht mehr länger hinnehmen. Ich hoffe auch, dass Bundesministerin Klöckner es so gemeint hat, als sie Bauern und Bäuerinnen zu vorausschauendem Handeln aufgefordert hat. Die Grundlage dafür, dass die Gestaltung der Märkte überhaupt möglich ist, muss letztlich auch vorausschauend von der Bundesregierung und auf europäischer Ebene gelegt werden, anstatt zu blockieren.
Ja, es ist richtig und ist sehr klar gesagt worden: Die Situation in den Betrieben ist dramatisch. Wir müssen Tierleid verhindern. Es ist eine sehr problematische Situation, die sich durch diese Just-intime-Kette, die wir haben, in der alles eng genäht ist, ergeben hat. Wir wissen alle - Heiner Rickers hat das eben noch einmal geschildert -, dass man Schweine nicht einfach irgendwo „aufstauen“ kann, bis die strukturellen Probleme beseitigt sind.
Es ist auch Krisenmanagement angesagt. Deshalb ein herzliches Dankeschön an die Landesregierung,
an den Minister und an alle Beteiligten dafür, dass sie intensiv nach Lösungen suchen und mit Hochdruck daran arbeiten.
Eines möchte ich betonen: Die Landesregierung bereitet sich mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit Jahren vorausschauend auf den hoffentlich nicht eintretenden Fall eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest vor, um diese zu verhindern oder in einer solchen Situation überhaupt reagieren zu können. Vor einigen Jahren wurde man noch belächelt, wenn man dieses Thema intensiv thematisiert hat. Es ist nähergekommen, es steht bereits vor der Haustür. Deshalb noch einmal vielen Dank an die vielen Mitarbeiter, die sich hier seit Jahren engagieren, um auf diesen Fall vorbereitet und handlungsfähig zu sein. Ich glaube, das darf man nicht unterschätzen.
Alle haben hier keine richtige Antwort auf die Frage geliefert, wie man in dieser Krise richtig reagieren kann, auch ich nicht. Aber ich glaube, die Konsequenzen werden jenseits der Gespräche gezogen werden müssen, um die Kette jetzt so gut es geht am Laufen zu halten. Man muss intensiv daran arbeiten, die Kette resilient aufzustellen. Ich glaube, dies ist unsere Verpflichtung den Verbrauchern und den Unternehmen gegenüber, damit wir bei dieser Thematik wirklich auf solideren Füßen stehen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg: Bei aller Kritik, die immer wieder aufkommt, sind Europa und die Europäische Union mehr als die Förderung und die Subventionen. Seit fast 70 Jahren ist sie Garantie für Frieden, Freiheit und gemeinsamer Entwicklung, offene Grenzen und eine Währung, Freizügigkeit zwischen den Ländern - all das ist inzwischen Selbstverständlichkeit. Eine ganze Generation kennt das nicht anders. Es geht um gemeinsame Werte, Rechtsetzung, Erasmus-Programm, das sehr viele junge Menschen in allen Berufs- und Ausbildungsgruppen geholfen hat, Europa kennenzulernen. Es geht auch darum, endlich die Flüchtlingsfrage zu klären und gemeinsame Regeln zu finden. Es geht um einen Wirtschaftsraum mit 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern.
Europa ist auch mehr als die Fördersumme, die in die Regionen, Städte und Kommunen der EU fließt und deren Rahmen im siebenjährigen Finanzrahmen jedes Mal festgelegt wird. Da sind wir natürlich schon gespannt, was herauskommt. Die Entscheidungen werden bald gefällt werden müssen. Nach Schleswig-Holstein sind in der letzten Förderperiode circa 800 Millionen € an Mitteln der Regionalentwicklung geflossen, Geld, das für viele Projekte und viele Entwicklungen bei uns im Land unverzichtbar ist.
Neu bei der anstehenden Ausrichtung des mittelfristigen Finanzrahmens ist - das müssen wir uns auch nach der letzten Woche noch einmal vor Augen führen -: In der Vergangenheit waren unter anderem große Positionen wie der Agrarhaushalt - ein Drittel des Haushalts - nicht von den Zielen der aktuell amtierenden EU-Kommission unabhängig. Wir haben jetzt eine Kommission, die alle Fonds und politischen Aktivitäten - auch die Verwendung der Finanzmittel - für das Green-Deal-Konzept als europäische Wachstumsstrategie ausgerichtet haben will. Ja, um die neue Förderperiode und den MFR, den mittelfristigen Finanzrahmen der Europäischen Union, haben wir uns in den verschiedensten Gremien schon sehr viele Gedanken und Sorgen gemacht. Spätestens seitdem klar ist, dass der Brexit vor der Haustür steht, wird es noch schwieriger vorherzusagen, wo es genau hinlaufen wird. Sehr wahrscheinlich ist, dass erheblich weniger Mittel zur Verfügung stehen werden. Unklar ist nach wie vor, an welcher Stelle und bei welchen Förderbedingungen bei den neuen Fonds gespart wird.
Die Kollegen der SPD machen an dieser Stelle den Vorschlag, dass wir den sehr wichtigen Punkt im Koalitionsvertrag auflösen. Dort haben wir ja ganz klar gesagt, dass Mittel, die auf EU-Ebene wegfallen, nicht eins zu eins durch Landesmittel ersetzt werden können. Herr Hamerich hat vorhin schon sehr deutlich gesagt, warum so etwas einfach gar nicht anders als in der Deutlichkeit in einem Koalitionsvertrag stehen kann. Ich bitte trotz aller Dramatik, die die Kürzungen haben werden, nicht nahezulegen, dass all das wegrasiert wird, was an wichtigen und guten Projekten finanziert wird. Sie haben gerade aus dem Sozialfonds Beispiele genannt.
Dennoch ist es wie in der Vergangenheit selbstredend, dass wir uns trotz der offenen Fragen über die Verteilungsmodalitäten der zu erwartenden Fördergelder Gedanken machen, und die Prioritäten sind auch hier in Schleswig-Holstein klar: Wir haben bereits 2012 im Koalitionsvertrag gesagt: 40 % der Mittel für Energiewende und Klima. Die Prioritäten sind jenseits dessen klar: Klima, Umwelt, Wirtschaftsstrukturen, nachhaltige Nutzung der Ressourcen, Innovation, Forschung und - ganz oben an natürlich - Wettbewerbsfähigkeit. Zur Beteiligung der Wirtschafts- und Sozialpartner sowie der Kommunen schon ist einiges gesagt worden. Ähnliches gilt auch, was die Beteiligung des Parlaments in Schleswig-Holstein anbelangt, die Möglichkeit, über den Europabericht und andere Berichte der Landesregierung insbesondere in den Ausschüssen zu beraten und das Parlament zu beteiligen. Ich
glaube, dass wir an dieser Stelle in Schleswig-Holstein ziemlich gut aufgestellt sind.
Die EU hat - zuletzt beschlossen vom Europäischen Rat - über den regulären mehrjährigen Finanzrahmen mit circa 1,07 Billionen € hinaus 750 Milliarden € für den Next-Generation-Fonds beschlossen, zu dem hoffentlich jetzt die Weichen gestellt werden. Die nächste Generation wird das abtragen, sie wird das bezahlen müssen. Die Hälfte davon ist als Zuschuss für besonders von Corona betroffene Länder gedacht.
Ich weise auf diesen Fonds noch einmal besonders hin, denn wir werden ziemlich genau schauen müssen, wohin die Mittel fließen und dass sie auch wirklich kohärent sind und es zusätzliche Maßnahmen mit dem Green Deal sind, dass damit nicht alte Haushaltslöcher in den nationalen Haushalten gestopft werden, dass damit keine Steuern gesenkt werden oder - wenn man nach Deutschland schaut -, dass man sehr genau schauen muss, dass nicht Altlasten wie bereits der eigentlich finanzierte Kohleausstieg darüber finanziert werden.
Wir als Landtag und die Landesregierung werden ziemlich genau darauf achten müssen, wo diese 750 Milliarden € in Deutschland verwendet werden und welche Möglichkeiten es dafür in SchleswigHolstein gibt. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass wir es sehr schnell hinbekommen haben, noch vor Veröffentlichung des Zwischenberichts und Bekanntwerden der Teilgebiete diesen Antrag gemeinsam einzureichen. Damit erteilen wir denjenigen Landes- und Regionalfürsten eine deutliche Absage, die sich in populistischer Weise hinstellen und „nicht bei uns“ sagen, obwohl sie oder jedenfalls die Parteien, denen sie angehören, in der Vergangenheit immer auf Atomkraft gesetzt haben.
Der Einstieg ins Atomzeitalter in den späten 50erJahren, in den 60er- und 70er-Jahren war eine gigantische Fehlentscheidung, wie wir wissen. Die große damalige Pro-Atom-Koalition aus CDU, CSU, SPD und FDP war dabei und hat letztlich mit zur Gründung der Grünen geführt.
Es war eine Fehlentscheidung, die nicht nur uns, sondern vielen nachfolgenden Generationen Lasten aufbürden wird. Es hilft aber nichts, zu jammern und mit Fingern auf andere zu zeigen.
Wir stellen uns als Grüne, auch wenn wir diese Technologie nicht gewollt haben, nicht ins Abseits, sondern übernehmen Verantwortung für diese hochgefährlichen Hinterlassenschaften des Atomzeitalters, um sie sicher zu verwahren.
Ja.
wesen sind, die damals für die Atomenergie eingetreten sind, dann ist das zutreffend. Ich würde Sie aber gern darauf aufmerksam machen, dass die schleswig-holsteinische Sozialdemokratie zu einem Zeitpunkt den Ausstieg aus der Atomenergie gefordert hat, als die Grünen noch gar nicht gegründet waren.
Das wollte ich Ihnen nur einmal gern sagen, und es wäre schön, wenn Sie es zur Kenntnis nehmen würden.
- Vielen Dank für den Hinweis. Ich wollte mich nicht weiter in die Facetten der Parteienlandschaft der 60er-Jahre und 70er-Jahre hineinbegeben. Wir wissen aber doch: Es war bundesweit eine große Koalition. Die Rolle auch gerade starker Sozialdemokraten aus Schleswig-Holstein in dieser Zeit habe ich selbst erleben dürfen, insbesondere aber auch die starke Position und Ansprechbarkeit des Abgeordneten Meyer damals. Das einmal zur Historie.
Wir kommen nicht drum herum und müssen aus der Historie lernen, wie wichtig es jeweils ist, Technologien kritisch zu hinterfragen und keinem Mainstream hinterherzurennen.
Ein sicherer Ort, der sicherstmögliche Ort, den es überhaupt geben kann, wird letztlich niemals im politischen Gerangel unterschiedlicher Interessen ausgemacht werden. Darum haben wir als Grüne uns immer für ein wissenschaftsbasiertes, transparentes, ergebnisoffenes und partizipatives Verfahren stark gemacht. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung hat uns im Umweltausschuss in der letzten Woche sehr deutlich gemacht, wie das Verfahren läuft. Im Grunde habe ich wieder einmal bestätigt bekommen, dass das Ganze sehr durchdacht ist und sehr gewissenhaft und objektiv vorgegangen wird.
Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist bereits angelaufen. Wir können es immer verfolgen. Weitere Veranstaltungen werden nachfolgen.
Später, wenn die nächsten Vorschläge für einen Standort zur übertägigen Erkundung vorliegen, werden Regionalkonferenzen eingerichtet, die eine kontinuierliche Beteiligung der Öffentlichkeit der Standortregionen möglich macht. Parallel wird, wie im Gesetz zur Standortwahl vorgesehen, anhand der Daten ein weiteres Lager für schwach- und mittelaktiven Müll als Ergänzung zum Schacht Konrad gesucht werden müssen. Heiner Rickers hat eben die Asse angesprochen, wo über 200.000 t darauf warten, untergebracht zu werden.
Das alles, aber besonders die strikte Einhaltung des Zeitplans, ist dringend geboten, um 2031 einen Beschluss von Bundestag und Bundesrat über den Standort herbeizuführen und 2050 ein Endlager fertig zu haben. Die Castoren mit den hochradioaktiven Hinterlassenschaften der Atomkraftwerke liegen an den Zwischenlagern an den AKW-Standorten. Deren Genehmigung läuft Mitte der 40er-Jahre, also schon vorher, aus. Diese Zwischenlager dürfen nicht schleichend zu hochriskanten Endlagern werden.
Sie wissen: Ich bin im Widerstand gegen das Atomkraftwerk Brokdorf politisch groß geworden. Es läuft immer noch und produziert immer noch strahlenden Müll. Auch das muss man sich einmal vor Augen halten. Trotzdem waren wir erfolgreich: Der Ausstieg aus dieser Hochrisikotechnologie ist unumstößlich beschlossen, und die Restlaufzeit ist bis Ende 2021 begrenzt. Immerhin haben wir es geschafft, dass die erneuerbaren Energien und ihre Leistungen überall im Land durch den erfolgreichen Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern und vielen unternehmerischen Pionieren sichtbar geworden sind. So weit waren wir bei Tschernobyl noch nicht, so weit waren wir bei Fukushima.
Zur Frage: Hätten Sie es gedacht? - Ja, die Hoffnung war schon da, die Alternativen waren sichtbar. Das war die Grundlage für diese starken Entscheidungen, die wir gemeinsam gefällt haben, und warum wir auch die Erneuerbaren stark und zügig ausbauen müssen.
Wir werden es schaffen, einen Standort für ein Endlager zu finden. Das sage ich, auch wenn mir bewusst ist, dass uns in den kommenden zehn Jahren schwierige Diskussionen bevorstehen. Die Sorge der Menschen im Umkreis möglicher Standorte wird mit jedem weiteren Schritt der Eingrenzung der Standorte größer werden. Damit das Verfahren nicht aus dem Ruder läuft, muss jederzeit die Nachvollziehbarkeit aller Entscheidungen gewährleistet sein. Sie erinnern sich an das Geodateninformationsgesetz und das Gerangel darum, wie wichtig es ist, alles transparent zu halten. Alle herangezogenen Daten müssen öffentlich zugänglich sein. Die Beteiligungsprozesse werden Zeit brauchen. Die Menschen in den betroffenen Regionen müssen sich einarbeiten und brauchen Unterstützung in Form unabhängiger Expertise. Hier im Land wird auch diese Unterstützung sichergestellt.
Letztes Wort. - Aber wir sind zum Erfolg verdammt: Der hochgefährliche Müll ist da. Aber eines, so glaube ich, ist der entscheidende Faktor: Wir leben in einer starken Demokratie und in einer starken Gesellschaft. Ich glaube, das ist das stärkste Pfund, das wir hier haben. Eine Verbringung irgendwohin ins Ausland ist keine Alternative. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen es alle: Deutschland hat sich nach einem langen, quälenden Diskussionsprozess auf den Kohleausstieg bis 2038 verständigt und das modifiziert ins Gesetz reingebracht. Hart umstritten auch, weil lange Bestandsgarantien dabei sind, zu wenig Zwischenchecks dabei sind und über 40 Milliarden € Kosten angesetzt sind.
Deutschland ist bei diesem Prozess alles andere als Vorreiter; andere Länder um uns herum sind da erheblich weiter.
Jetzt nimmt der schwedische Vattenfall-Konzern für das Kohlekraftwerk Moorburg an der ersten Stilllegungsausschreibung der Bundesnetzagentur teil. Wird der Zuschlag erteilt, werden die Kapazitäten Mitte des nächsten Jahres heruntergefahren - und das nach hohen Abschreibungen und Verlusten. Dieser Schritt ist danach logisch, richtig und wichtig für eine fossilfreie Energieversorgung in Norddeutschland. Man sieht, dass ein bisschen ideologiegetriebene Investitionsentscheidungen für Unternehmen letztlich alles andere als erquicklich sind. Wir begrüßen sehr, dass Vattenfall erkannt hat, dass Kohle in Deutschland politisch und wirtschaftlich tot ist. Das ist gut so.
Die Stilllegung des Kohlekraftwerks Moorburg wäre ein weiterer aktiver Beitrag zum Klimaschutz in Norddeutschland und zur Erreichung des Pariser Klimaziels. Anscheinend erkennen Unternehmen der alten Energien zunehmend, dass die Zukunft der Energieversorgung bei den Erneuerbaren liegt und nur da wirklich saubere Energie erzeugt wird. Erneuerbare Energien - wir haben es oft diskutiert sind wettbewerbsfähig, sie sind rentabel. Das wird durch eine dringend notwendige steigende Bepreisung der Emission von Klimagasen durch eine CO2-Steuer und den Zertifikatehandel in den nächsten Jahren noch erheblich befeuert werden. Das ist gut für die Wirtschaft, gut für die Gesellschaft; nur
so werden Gewinne erwirtschaftet werden können. Es gibt keine saubere Kohle.
Sie kennen die Zahlen - sie sind hier mehrfach genannt worden -, wie viel da rauskommt, wie viele Arbeitstage durch die Abgase verloren gehen, weil Menschen davon krank werden, zusätzlich zu den ganzen Klimaauswirkungen.
Um noch einen anderen Punkt zu nennen: Durch den Ausstieg aus der Kohle, insbesondere der Steinkohle, haben wir eine geringere Importabhängigkeit von Kohle aus Russland, den USA und Kolumbien. Der Kohleausstieg verringert die energiepolitische Abhängigkeit. Über 90 % unserer Energie werden importiert. Das macht deutlich, wie dringend erforderlich die Energiewende ist.
Der Klimaschutz wird umso teurer, je später er kommt. Das wird bei dieser kostengetriebenen Entscheidung, Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre aufzuholen, sehr deutlich.
Ich verweise noch einmal auf den Antrag, den wir im Landtag im Mai 2020 beschlossen haben, was das Kohlekraftwerk Wedel anbelangt. Wir drängen seit Jahren darauf, dass Hamburg in Wedel endlich seine Hausaufgaben macht, die Wärmeversorgung im Westen Hamburgs durch eine engagierte Umsetzung durch erneuerbare Quellen, durch saubere Quellen und durch nachhaltige Quellen gesichert bekommt und das Kraftwerk endgültig abgeschaltet werden kann. Auch das können Sie im Antrag vom Mai nachlesen.
Wir drängen darauf, dass das Kraftwerk nur noch so lange betrieben wird, wie es für die Wärmeversorgung im Westen Hamburgs unerlässlich ist. Die Kostenstruktur ist natürlich etwas anders, und es ist mit höheren Kosten verbunden, aber es kann nicht sein, dass ein kostenoptimiertes Kraftwerk in Wedel läuft. Da besteht erheblicher Handlungsbedarf. Wir sind sehr optimistisch, dass das in den kommenden Jahren erfolgen wird.
Wir haben Freitag, am 25. September 2020, wieder „Fridays for Future“. Wir haben den weltweiten Klimastreiktag. Es ist gut und wichtig, diese Bewegung hinter uns zu wissen, die uns stärkt auf dem Weg, rauszugehen aus den Fossilen, rauszugehen aus der Atomenergie.
Daher lehnen wir den AfD-Antrag ab. Er macht wieder deutlich, mit welcher Politik Sie den Leuten Sand in die Augen streuen. So kann es nicht gehen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg ein herzliches Dankeschön
an die Frau Ministerin, an die Landesregierung und besonders an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Erarbeitung und Vorlage des Entwurfs der Landesverordnung. Hier haben wenige hochspezialisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Land und die Kriterien wie ihre Westentasche kennen, in den letzten Jahren unermüdlich gearbeitet, um diese Pläne zu erstellen und nachzuarbeiten. Das wird auch in den nächsten Monaten noch so weitergehen. Hut ab!
Es kann nach dem dritten Entwurf und dessen Aufstellung davon ausgegangen werden, dass sich die Grundlagen und Kriterien der Planung in diesem Abschnitt der Landesplanung nicht mehr ändern werden und er festgesetzt werden kann. Wir brauchen diese Landesplanung für den geordneten Ausbau der Windenergie im Land. Und wir brauchen 2 % Förderfläche, um die Ausbauziele 2025 für erneuerbare Energien zu erreichen. Damit endet hoffentlich eine über fünfeinhalb Jahre dauernde unendliche Hängepartie für den Ausbau der Windenergie. Der Koalitionsvertrag konnte sich in diesem Punkt letztendlich einer Umsetzung nähern.
Mit dem Urteil des OVG Schleswig wurden im Januar 2015 die bis dahin geltenden Landespläne aus den Jahren 2010 und 2012 für nichtig erklärt. Belastend kommt aber hinzu - das will ich hier auch nicht verhehlen -, dass in den Jahrzehnten davor die tragenden Parteien hier im Land, egal ob sie damals in der Regierung oder in der Opposition waren, beim Ausbau der Windenergie konstruktiv an einem Strang gezogen haben. Spätestens jedoch mit der Vorlage eines ersten, dem OVG-Urteils folgenden, neuen Vorschlags der Landesregierung im Jahre 2016 stellten sich die damaligen Oppositionsparteien CDU und FDP gegen den geplanten Ausbau. Aussagen im Wahlkampf, beispielsweise über Abstände und Planungsoptionen, belasteten die anschließenden Koalitionsverhandlungen.
Wir haben uns aber trotzdem einigen können. Nach dem Versuch der Klärung, wie Koalitionsvertrag und Versprechen im Wahlkampf umgesetzt werden könnten, konnte die Planung mit modifizierten Kriterien fortgesetzt werden.
Welche Bedeutung hat Onshore-Windenergie in Schleswig-Holstein und darüber hinaus? Sie ist die entscheidenden Quelle, um kostengünstig erneuerbare Energie zu erzeugen und die Klima- und Energiewendeziele kostengünstig und fristgerecht zu erreichen.
Um die Dekarbonisierung der Wirtschaft und Gesellschaft bis 2040 zu erreichen, werden wir über die Sektorenkopplung - ich erinnere an die Wasserstoffstrategie - noch einen erheblichen Strombedarf haben. Wir liegen bei uns in Deutschland - das muss man sich immer wieder vor Augen führen, auch in der EU - gerade mal bei einem Anteil von 15 % erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch. Wir haben also noch viel Arbeit vor uns.
Das alles wird nach Abschluss dieser Planung in meinen Augen zwingend eine Festlegung von neuen Ausbauzielen und eine neue Planung erforderlich machen.
Die Energiewende und die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft ist unsere einzige ökonomische Perspektive, um letztlich mobil zu bleiben, gute Arbeitsplätze zu haben, ein gutes Leben zu führen und auch Spaß zu haben. Ich weiß auch: Bei diesen Fragen wird es in dieser Koalition auch weiterhin keinen Spaziergang geben.
Ja, das Land verändert sich durch erneuerbare Energieanlagen und ihre Infrastruktur. Wenn wir uns aber auf Basis der Fakten, wie schnell wir den Ausbau der Erneuerbaren hinbekommen müssen, einmal anschauen, wie schnell wir den Ausbau der erneuerbaren Energien hinbekommen und wie wir die Abwägung setzen, dann habe ich noch sehr viele Fragen.
Man hat manchmal den Eindruck, eine Windenergieanlage dürfe erst dann gebaut werden, wenn sich überhaupt kein Kriterium mehr dagegen finden lässt. Das kann doch nicht richtig sein, wenn der Druck durch den Klimawandel so groß ist.
Dann haben wir noch einen Gesetzentwurf für eine Clearingstelle Windenergie, der ebenfalls ein Ergebnis des Koalitionsvertrags ist. Ich sehe es anders als der Kollege Hölck. Der Gesetzentwurf macht sehr deutlich, wie groß das Vertrauen in unsere Verwaltung und in unsere Gerichte ist. Ich sage deshalb ausdrücklich: Diese Clearingstelle für Gemeinden, für die Bürgerinnen und Bürger, für planende Unternehmen greift ausdrücklich nicht in die rechtlichen Verfahren ein.
Es ist wichtig, dass wir diesen Punkt im Koalitionsvertrag hatten und jetzt endlich - und zwar unabhängig beim Landtag - umsetzen, um das Vertrauen in den Ausbau der Erneuerbaren hier im Land voranzubringen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal vorweg ein herzlicher Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesregierung für diesen Bericht, der neben all der Arbeit, die im Bereich Energiewende ist, wirklich wieder detailliert Auskunft gibt. Herzlichen Dank an die Landesregierung und herzlichen Dank an den Minister für diese wirklich klaren und deutlichen Worte ohne jedes Rumgeschnörkel.
Wer in diesem Sommer im Speicherkoog vor Meldorf oder in Heiligenhafen im Strandkorb lag und ein bisschen gefröstelt hat, hat sich schon gewundert, dass wir anscheinend auf dem Weg sind, wieder einen der heißesten Sommer zu bekommen und einen der großen Hitzerekorde aufzustellen. Der Minister hat es bereits gesagt, und wir haben viele Belege dafür: Das Eis wird - auch sprichwörtlich verdammt dünn. Die Zeitdimension ist entscheidend, und es ist entscheidend, aus der Lethargie herauszukommen - und sich nicht immer in Verzögerungen hineintreiben zu lassen -: Wird schon klappen, 2050! - Nein, wir können nicht 2049 anfangen, wir müssen jetzt - in den nächsten zehn Jahren - viel schaffen. Was man jetzt wegschafft, schafft nach hinten hin auch Luft, wo noch ganz spezifische Probleme gelöst werden müssen.
Ich sage noch einmal ganz klar: Ich habe immer sehr große Schwierigkeiten und immer mehr mit diesem Spruch: „Wir wollen Ökonomie und Ökologie versöhnen.“ - Darum geht es nicht. Ökonomie und Ökologie zu versöhnen, klingt so, als gäbe es da einen Kompromiss, aber keine Notwendigkeit. Eine Ökonomie, die Unternehmen und die Gesellschaft werden nur Zukunft haben, wenn man sich an die planetaren Grenzen hält, wenn man sich an die ökologischen Vorgaben hält. Das ist kein Ökoschnickschnack, das ist einfach Fakt.
Dafür muss man sich einfach angucken, wo wir im Moment leben.
Eines hat Corona sehr deutlich gemacht, wo es immer heißt, die Menschen gingen nicht mit, und das sei bedenklich. Ich glaube, Corona hat deutlich gemacht, wie Leute mitgehen, wie sie Entscheidungen wollen, dass sie auch Zukunftsperspektiven wollen, dass sie handeln wollen - jetzt und nicht irgendwann in Zukunft - und dass sie auch kein Rumgeeier sehen wollen.
Ich kann nur wiederholen: Wir alle wollen zukünftig gut leben, mobil sein, wir wollen Spaß haben. Das werden wir nur, wenn wir zügig in eine dekarbonisierte Gesellschaft hineingehen, wie es so schön im Politikdeutsch heißt, wenn wir da wirklich vorangehen und nicht herumzaudern. Das ist unsere einzige ökonomische Perspektive, die wir hier in Schleswig-Holstein haben, die wir weltweit haben. Der Energiewende- und Klimaschutzbericht, den wir zum Glück durch das Gesetz bekommen haben, das wir auf den letzten Metern in Jamaika erstellt haben,
macht sehr deutlich, dass etwas passieren muss und wo etwas passieren muss. Er macht aber zugleich deutlich, wo wir in Schleswig-Holstein stehen, was wir in Schleswig-Holstein im Grunde schon alles auf den Weg gebracht haben. Das 95-%-Szenario, das das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung im Februar vorgelegt hat, zeigt ja im Grunde, wo es langgehen muss. Wir brauchen den Ausbau von Windenergie, von Solarstrom, wir brauchen viele Optionen, aber die brauchen wir vorne an. Wir brauchen ein Vielfaches an erneuerbarer Energie, die erzeugt werden muss, denn wir brauchen zukünftig Strom für alles: Mobilität, Wärme, Industrie, für grünen Wasserstoff, um nur ein paar zentrale Bausteine zu nennen. Wir brauchen darüber eine offene und ehrliche Diskussion draußen. Ich glaube, die Bevölkerung ist erheblich weiter, als wir es hier häufig sind, wenn wir so rumeiern.
Ich komme ja so ein bisschen aus der Anti-AKWBewegung, deshalb eines noch einmal,
wenn wir meinen, ein Horror aus Windkraft machen zu müssen: Wenn ein Windrad einmal irgendwie stören sollte, kann man es abmontieren. Alle
anderen Technologien oder auch beim Klima kann man nichts rückgängig machen. Ich glaube, das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.
Wir wissen, dass ein entscheidendes Stichwort Wärme ist. Entscheidend ist, dass im Bereich der Wärme viel passieren muss. Wir streben einen Anteil von 22 % in 2025 an. Es wird verdammt hart, das noch zu schaffen. Auch der Rechnungshofbericht hat das bereits mehrfach angemahnt. Ich halte es für geboten, an dieser Stelle ganz klar zu sagen: Wir müssen das Gesetz hier ändern, nicht um die Kommunen irgendwie zu ärgern, sondern wir brauchen eine verbindliche Klimaplanung, wir brauchen eine Wärmekartierung, um zu sehen, was los ist und was jeweils möglich ist. Wir müssen das anpassen.
Wir müssen auch - ähnlich wie es Jamaika in Rendsburg-Eckernförde, da war es, glaube ich, durchgesetzt hat - kommunale Klimaschutzagenturen viel weiter vor Ort im Land voranbringen, damit Wärmespeicher und Solarthermie, also die neuen Formen, erneuerbar Wärme zu speichern und zur Verfügung zu stellen, genehmigungsfähiger werden und zügig vorankommen. Wir müssen heraus aus dem Kreislauf, dass immer überall erklärt wird, was alles nicht geht oder vielleicht nicht geht. Wir müssen Wege finden, wie es gehen kann.
Ich sage ganz klar: Dänemark - wir feiern dieses Jahr das 100-jährige Jubiläum der Grenzziehung ist von der Struktur her verdammt vergleichbar. Dänemark hat aber 60 % erneuerbare Energien im Wärmebereich, während wir irgendwo bei 14 % herumdümpeln. Ich denke, das macht deutlich, wie man durch eine andere Politik und andere Regularien und durch Marktgestaltung - um den Begriff hier bewusst hineinzubringen - erheblich erfolgreicher sein kann, als wir das im Bereich der erneuerbaren Energien sind.
Ich weiß, dass wir fix unterwegs sind, was Bundesratsinitiativen anbelangt. Aber da werden wir hier noch einiges rütteln müssen, damit hier endlich auch wesentlich und effizient etwas passiert.
Für den Klimaschutz hat der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Unabhängigkeit von fossilen Energiequellen in den Bereichen Wärme, Strom
und Verkehr die alleroberste Priorität. Ich will jetzt überhaupt nicht auf das Sorgenkind Mobilität eingehen. Man könnte noch sehr viel dazu sagen, wo es da überall hapert. Wir wollen auch mobil bleiben und eine Individualmobilität behalten. Aber wie wir da herumtoffeln, gefährden wir das hochgradig.
Es geht vor allem auch darum, dass Landwirtschaft einen Beitrag leisten kann. Es geht um Methan und Lachgas, was in Schleswig-Holstein eng - das ist gesagt worden - mit dem Rinderbesatz, mit der Düngung und mit dem hohen Anteil landwirtschaftlicher Flächen zusammenhängt. Den Einwand aus landwirtschaftlichen Fachkreisen bestätige ich ohne Weiteres und unumwunden, dass es im Grunde bei der Nahrungsmittelerzeugung immer CO2-Freisetzung geben wird, dass sich da nicht so einfach eine positive Bilanz einstellt.
Es stimmt aber nicht, wenn sich der Bauernverband hinstellt und sagt nach dem Motto: Lass uns mal machen, wird schon alles gut werden. - Ich glaube, es ist schon deutlich geworden. Das war wie bei der Düngeverordnung - die ist mit ein Baustein gewesen -, die torpediert wurde, bei der herumgeeiert und verzögert wurde. Zum Schluss musste man als Agrarpolitiker - so sage ich das einmal aus meiner Sicht - bundesweit die Bundesländer ablaufen, damit die Düngeverordnung endlich mit einer Stimme Mehrheit durchgeht.
Schleswig-Holstein konnte da leider nicht mitstimmen. Das sage ich, um an dieser Stelle etwas Selbstkritik aus der Koalition heraus anzubringen.
Es geht um Ernährungsgewohnheiten, Exportorientierung, Futtermittelimporte. Ich könnte viele weitere Dinge nennen. Es geht auch um die Entwässerung der Moore, um kluges Wasserstandsmanagement.
Damit komme ich zum zweiten Punkt: Vielen Dank, dass hier ein Bericht über einen Bereich vorgelegt wurde, der in der Bilanzierung - die deckt ja immer nur einen kleinen Teil ab - nicht so aufgetaucht ist. Das ist der biologische Klimaschutz, der Moorschutz, die Neuwaldbildung und besonders der Grünlanderhalt.
Es geht gerade - das mag sich für einen Grünen konservativ anhören - in diesem Bereich viel darum, Dinge zu erhalten. Wenn Grünland erst einmal umgebrochen worden ist, habe ich fix die Freisetzung von im Boden gebundenen CO2.
Zum Bericht: Wenn wir durch gute Fruchtfolgen Humus im Boden anreichern, den Wasserstand von
Mooren mit einem Wasserstandsmanagement, das an die Anforderungen des Klimaschutzes angepasst ist, wieder anheben oder von Moorland zu Grünland umwidmen, ist unheimlich viel erreicht und wird wieder Kohlenstoff im Boden gehalten und gebunden. Wir wirken so dem jetzigen Kreislauf entgegen. Darin liegt ein ganz wichtiger Ansatz für den Klimaschutz, wenngleich dieser Bereich der Landnutzung und Landnutzungsänderung - ich habe es bereits gesagt - bei der Bilanzierung überhaupt nicht auftaucht. Man muss sich immer wieder vor Augen halten, wo da die Grenzen liegen. Jede Tonne eingespartes CO2 trägt zum Klimaschutz bei. Aus dem Bericht wird sehr deutlich: Man kann durch Mix-Maßnahmen noch erheblich mehr Flächen erfassen, die in Bewirtschaftung sind und bleiben können.
Allein die sehr konservative Annahme, die in diesem Bericht steht, besagt: 700.000 t sind in diesem Bereich möglich. Es ist richtig, Heiner Rickers, es ist jeweils nur halb so viel, wie das Kraftwerk Wedel ausstößt. Es ist aber trotzdem ein wichtiger Baustein.
Das andere gilt für den Waldumbau. 12.500 t sind nicht ganz so viel, es ist aber auch ein Bereich, in dem wir vorankommen müssen.
Zugleich ist der Finanzbedarf da. Auch darauf wird im Bericht intensiv eingegangen: die unterschiedlichen Finanzquellen, auf die wir achten müssen, um es wirklich finanziert zu bekommen - egal, ob es Bund oder Land ist.
Der Herr Minister hat es sehr klar gesagt: Auch Bäuerinnen und Bauern werden intensiv beteiligt. Das Know-how ist da, die Fähigkeiten sind da, die Klimaschutzpotenziale der Landwirtschaft wirklich zu heben. Ich bin richtig optimistisch. Ich denke auch, wir müssen als Landesregierung und über die Verbände Einfluss nehmen, dass wir bei der GAP konstruktiv in die Ausgestaltung der nationalen Strategie gehen. Sie wissen, dass die gemeinsame Agrarpolitik der EU entscheidend dafür ist, was in der Fläche agrarpolitisch passiert. Da müssen wir rein: Die Vorschläge der Eco-Schemes bieten große Chancen, Potenziale, gerade auch im Bereich des biologischen Klimaschutzes, zu aktivieren und eine Win-win-Situation herbeizuführen.
Ich fasse zum Schluss noch einmal zusammen: Ich glaube, es ist wirklich deutlich geworden, dass es hier nicht um irgendein grünes Spielfeld beim Klimaschutz geht. Es geht auch nicht um irgendwelche Angstszenarien, sondern darum, dass wir in Zukunft gut klarkommen. Jeder Tag, den wir später
handeln und die Maßnahmen später umsetzen, wird verdammt teuer. Vielen Dank für den Bericht. Ich wünsche weiterhin eine spannende Debatte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg ein herzliches Dankeschön an die Landesregierung, an den Minister und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diesen Ostseebericht. Er gibt einen hervorragenden Überblick über die umfangreichen und vielfältigen Aktivitäten unseres Landes im Ostseeraum. Die Zahl der vielen, besonders auch zivilgesellschaftlichen Netzwerke, die in den letzten Jahren daraus hervorgegangen sind, liegt im deutlich zweistelligen Bereich. Ich glaube, wir müssen hervorheben, dass es besonders die unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Europa waren. Genau das bringt Europa erst richtig zusammen.
Das ist die Perspektive auch für die wachsende Zusammenarbeit und die Stabilisierung. Erst am Montag wurde uns in der digital abgehaltenen Ostseeparlamentarierkonferenz erneut deutlich gemacht, wie wichtig der kontinuierliche Dialog ist. Das Verständnis von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Bürgerbeteiligung ist in den Ländern ziemlich unterschiedlich, insbesondere was die russische Region anbelangt.
Es gilt, die Kontakte in der Ostseezusammenarbeit, die über Jahrzehnte gewachsen sind, stetig zu pflegen. Der Gesprächsfaden sollte nicht abreißen. Wenn die Spannungen zwischen Russland, dem Baltikum und Polen sichtbar ansteigen, muss der Kontakt auf der regionalen Ebene umso mehr gestärkt werden. Man sollte nicht unterschätzen, was die unmittelbaren persönlichen Kontakte bringen. Die Netzwerke auf regionaler Ebene haben vor allem im Zeichen der im Jahre 2014 erfolgten Annexion der Krim durch Russland - Sie erinnern sich und der sich nicht beruhigenden Situation eine tragende Funktion. Die politische Lage konnte ein Stück weit durch die unmittelbar existierenden Kontakte beruhigt werden.
Die Spannungen in der Region nehmen weiter zu; Sie wissen das. Neuestes Beispiel ist die Situation in Belarus. Wir sollten auch die besonders bedrängte Lage der großen polnischen Minderheit und der baltischen Minderheit in Weißrussland im Blick behalten. Da spielen ziemlich viele problematische Facetten hinein. So schwer es auch fällt: Auch hier helfen nur Dialog und Kontakte in die Zivilgesellschaft, um eine Bewegung für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit überhaupt zu stärken. Wenn ich die letzten Jahrzehnte zurückblicke, kann ich sagen: Kontakte im Rahmen der Tschernobyl-Hilfe oder auch zwischen den Hochschulen Kiel und Minsk und deren Umfeld sind im Grunde die Vorreiter da
für, dass hier immer wieder Kontakte aufrechterhalten werden konnten.
Ich komme jetzt zur Konferenz zur Zukunft Europas. Sie geht ja zurück auf einen Vorschlag des Präsidenten Macron. Angekündigt wurde sie bereits 2019 infolge der Wahlen zum Europaparlament und der Bildung der neuen Kommission sowie der Wahl zur neuen Kommissionspräsidentin. Trotz der Beschlüsse von Parlament und vom Ausschuss der Regionen zu Beginn 2020 war lange Zeit unklar, ob es nur ein Wahlversprechen der neuen Präsidentin war oder das Anliegen wirklich engagiert verfolgt werden würde.
Wir haben daher in der Tagung im Juni in unseren Landtagsbeschluss unter anderem die Aufforderung an die deutsche Ratspräsidentschaft aufgenommen, darauf hinzuwirken, dass eine angemessene Beteiligung von Regionen und Kommunen sichergestellt wird. Außerdem haben wir noch den weitergehenden Schritt in Richtung eines EU-Verfassungskonvents nach Artikel 48 mit dem Ziel aufgenommen, Verträge fortzuschreiben.
Die Bundeskanzlerin und der französische Präsident haben dieses Anliegen im Rahmen der Initiative „Next Generation EU-Fonds“ aufgegriffen und das im EU-Rat bestätigen lassen. Eine wirksame Beteiligung der Regionen, Städte und Kommunen ist - ich glaube, das ist uns allen klar - unverzichtbar. Die Kommunen und Regionen tätigen die Hälfte aller öffentlichen Investitionen in der EU sowie ein Drittel der öffentlichen Ausgaben. Gleichzeitig werden mehr als ein Viertel der Steuereinnahmen unmittelbar generiert. Große Teile der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Coronakrise werden in den Kommunen und Regionen getragen. Nur mit den Kommunen und Regionen können große Teile der Energiewende und des Klimaschutzes zeitnah und effizient in der EU umgesetzt werden. Der schnelle Erfolg des Europäischen Green Deals als integrierende Wachstums- und Erfolgsstrategie hängt daran, dass viele mitgenommen werden. Daher wird man auch über konkrete Vorschläge wie die eines direkten Zugangs von Städten und Regionen zu EU-Fonds reden müssen, damit Mittel schneller abgefordert werden können und besonders Staaten mit rechtsstaatlichen Problemen ein bisschen mehr an die Kandare genommen werden können.
Gehen wir in eine neue Beteiligungskultur der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kommunen und Regionen. Setzen wir den nationalistischen und populistischen Wellen etwas entgegen. Sie tragen immer EU-kritische Schaumkronen und sorgen durch
ihre Fakes für ziemlich unruhiges Fahrwasser. Europa verändert sich. Wir müssen Antworten darauf haben und mitgestalten. Die Vorschläge, in welchem Format die Konferenz stattfinden soll, sind vielfältig. Sie beinhalten Elemente der Bürgerbeteiligung wie einen Bürgerrat mit gewählten Mitgliedern.
Im Ergebnis wird ein Konvent die gemeinsamen Verträge Europas fortentwickeln. Nehmen wir die Herausforderung an.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, nach dem aufgeregten Beitrag muss man wieder runterkommen und deutlich machen: Die Möglichkeiten ändern sich, die Zeiten ändern sich, und auch ein Landesplanungsgesetz muss letztlich durch die Digitalisierung und die Experimentierklausel angepasst und fit für die Zukunft gemacht werden.
Ich darf die einzelnen Punkte zur Digitalisierung aufführen: Mit der Änderung des Landesplanungsgesetzes regeln wir, dass bei fertigen Verordnungen nur bekannt gegeben werden muss, dass und wo sie im Netz steht. Sie können dann digital eingesehen werden. Das wird unter anderem bei der Veröffentlichung des LEP und den dazugehörigen Regionalplänen, aber auch bei den Teilplänen erhebliche Papiermengen sparen. Das, was hier geändert wird, das gilt im Grunde auch für andere Punkte -, entspricht dem Stand zeitgemäßer Verwaltung und dem Informationsverhalten von Bürgerinnen und Bürgern.
Ja, man kann darüber diskutieren, inwieweit man sich auch in den Ämtern und in den Kreisen der Zeit entsprechend anpassen sollte und dass man Räume braucht, in denen jeweils Einsicht gegeben werden kann. Ich glaube aber nicht, dass Sie hier von irgendwelchen Kellern reden und so ein Gruselgesetz aufzeigen sollten - was Sie anscheinend gern machen.
In einem nächsten Punkt geht es um die Anpassung der Beteiligungsfristen. Okay, bei Flexibilisierung werden wir Grüne erst einmal ein bisschen nervös und horchen auf. Es geht bei der Möglichkeit zur Fristverkürzung darum, dass wir eine Höchstfrist bekommen. Die Mindestfrist ergibt sich aus dem Raumordnungsgesetz. Das wissen Sie alle. Es ist
richtig, dass Umweltverbände und verschiedene Akteure sich zeitlich an die Frist halten müssen. Sie wissen aber genauso, dass es letztlich im Ermessen der Landesplanungsbehörde liegt, wie weit die Frist verkürzt wird.
Wenn sich etwas überhaupt nicht bewährt, dann kann ein Gesetz geändert werden. Ich glaube aber, das ist gut und richtig, um Landesplanung schneller zu machen und auch um schneller mehr Rechtsklarheit zu schaffen.
Eine weitergehende Änderung ist hier bereits mehrfach angesprochen worden: Im Gesetzgebungsverfahren besteht die Möglichkeit, die Auslegung von Planungsunterlagen ausschließlich auf das Internet zu begrenzen. Das ist von der Jamaika-Koalition eingebracht worden. Wenn man genau schaut, was dort steht, dann sieht man: Es muss bekannt gegeben werden, dass diese Veröffentlichung jetzt im Internet erfolgt. Diese Veröffentlichung reduziert auf das Internet kann nur bei fortgeschrittener Planung und erneuter Auslegung sowie in der jetzigen Situation von landesweiten und/oder lokalen Ausgangsbeschränkungen erfolgen.
Ich glaube, das ist wichtig: Das ist eine Kann-Bestimmung. Damit kann die Landesplanungsbehörde im Ermessen verantwortungsbewusst darangehen, handeln und genau die Punkte ansehen, bei denen man auf Digitalisierung und Verkürzung setzt. Ich glaube, man muss einmal sehen, wie weit die Menschen in der digitalen Welt angekommen sind und dort arbeiten und welche Möglichkeiten wir durch sie haben, Prozesse rechtssicher zu machen und zügiger abzuarbeiten.
In zwei Jahren gibt es einen Bericht der Landesregierung. Um es im Klartext zu sagen: Das ist dann der Zeitpunkt, an dem das Gesetz wieder angepasst werden kann, wenn es sich nicht bewährt hat.
Im Antrag der SPD sehe ich, dass eine öffentliche Auslegung in Papierform bei den Ämtern und amtsfreien Gemeinden wieder eingeführt werden soll. Wenn ich dann sehe, dass wir 84 Ämter und 64 amtsfreie Gemeinden plus Verwaltungsgemeinschaften haben, dann sind das 148 Druckexemplare bei 3.500 Seiten Papier. Das ist - bei Teilauslegung - am Ende ein Lkw, der unnötig mit Papier gefüllt wird.
Es passt nicht in die Wirklichkeit, die Digitalisierung in politischen Sonntagsreden heilig und groß zu reden sowie dazu zu stehen, wenn es dann aber konkret um die Umsetzung geht, die in diesem Gesetz angepackt wird, alles doch beim Alten zu lassen.
Auf die Experimentierklausel will ich nur ganz kurz eingehen. Ich habe es das letzte Mal schon sehr eindringlich gesagt: Sie entstammt unserem Wahlprogramm, und sie ist auch in der Landesentwicklungsstrategie intensiv angemahnt und durch den Koalitionsvertrag jetzt in den Gesetzentwurf aufgenommen worden. Es ist schon gesagt worden: 15 Jahre sind eine lange Zeit. Wir werden erheblich schnellere Anpassungen brauchen, allein wenn wir an die Energiewende und das Klima denken. Insofern ist es einfach richtig und gut, die Experimentierklausel hier einzuführen. Ich will keinen Hehl daraus machen, dass wir alles andere als glücklich darüber sind, dass nur in der Begründung steht, dass wir eine angemessene fachliche und wissenschaftliche Evaluierung brauchen.
Zum Schluss: Wenn ich sehe, wie die SPD an das Thema Experimentierklausel herangeht, dann verstehe ich die Haltung der SPD einfach nicht. Sie erinnert mich ein bisschen an die Kernbotschaft anno 1957. Ich glaube, es war im Adenauer-Wahlkampf der CDU: keine Experimente! Ich glaube, so an dieses Thema heranzugehen, das geht nicht. Dafür sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu groß. - Vielen Dank.
Velen Dank eerstmal, dat dat hier jümmers wedder schier maakt warrt. - Herr Präsident! Leve Kolleginnen und Kollegen! Wi hebbt hüüt dat Thema Plattdüütsch, un wi snackt Plattdüütsch ahn Synchronöversetten. Aver de Reed hebbt wi bi de Stenografischen Deenst aflevert; ik hööp, dat warrt ‘n beten hölpen.
Plattdeutsch gehört zum echten Norden ebenso wie der Nationalpark Wattenmeer – dat is nich de JeverWerbung, dat steiht op de Internetsiet vun de Landsregeren un is im Grunde de Bidrag vun Johannes Callsen bi’t 20-jährige Jubiläum vun uns Beopdragten för de Minnerheiten to Beginn vun dit Johr. De Coronakris is schuld, dat wi uns eerst jetzt bedanken köönt bi de Plattdüütschen Raat för de lange Tiet; 20 Johr hebbt se hieran arbeit.
De Initiative vun’t Plattdüütschen Raat geiht torüch op de Europäische Sprachencharta. Bernd Heinemann hett eben schildert, worüm so’n Sprachencharta wichtig is un dat wi in Europa en heel Barg Länner hebbt, wo dat en ganz Stück anners afgeiht as bi uns. Dat is 1992 ok vun de Bunnsregeren ünnerschreven worrn. 1998 - man marke, dor hebbt de
Grönen eerstmals in de Bunnsregeren kamen möten - is dat ratifiziert worrn un 1999 in Kraft sett worrn. Un dordörch kunn denn de Schleswig-Holsteinische Heimatbund de Plattdüütsche Raat maaken, de jetzt jümmers maßgeblich bedeligt is bi de Nedderdüütsche Biraat in’n Landdag. In’n Biraat Nedderdüütsch sünd se nich, um de Landdagspräsident Plattdüütsch bitobringen - dat maakt he hervorragend sülven -, nee, se sünd dorför dor to networken; ik weet gor nich, ob se dat Woort kennt, aver se maakt dat richtig goot. Dorbi is rutkamen - 2014 weer dat, glööv ik -, dat wi as Küstenkoalitschoon en Handlungsplan Sprachenpolitik maakt hebbt; dat weer en richtig groot Schritt na vörn, dormit dat Thema mal baven steiht. Dorut is denn de Runderlass vun uns Ministerin förgahn.
Wenn ik dat seh, denn sünd dat eenmal de Modellscholen Nedderdüütsch - över 30 sünd dat, glööv ik, an de Tahl -, de dat Plattdüütsche intensiv föranbringen schöölt. Un wat noch veel wichtiger is: In de Erlass steiht utdrücklich, dat ok all de annern Scholen dat Thema intensiv begleiten schöölt. Im Grunde weer kloor: Plattdüütsch is quer dörch die Bildung en wichtige Spraak un mutt entsprechend stütt warrn.
Wenn ik de Ümfraag vun dat Institut för Nedderdüütsche Spraak seh, denn geiht dorut hervör, dat 60 % vun de Öllern ehr Kinner, wenn dat nich to wiet weg is, in en plattdüütschen Kinnergoorn, wo man Plattdüütsch lehren deit, schicken worrn. Dat is wirklich wichtig, dat Kinner Plattdüütsch lehren. Dor geiht dat nich blots darüm, mal en Gedicht to könen, mal ‘n Woortschatz to hebben, sünnern dat geiht um aktiven Spraakerwerb un letztlich darüm, de Spraak aktiv zu benutzen.
Wenn ik de Ümfraag wieder ankiek, is dat so, dat 60 % angeevt, se verstaht Platt. So ganz wichtig sünd Synchrondolmetscher denn wull nich. 25 % sünd dat aver blots noch, de seggt, se snackt Platt. Un wenn wi uns denn de Alterskohorten ankiekt, denn warrt dat leeg: Bi de ünner 20-Jährigen kuum noch welche, de angeven doot, dat se Plattdüütsch snacken doot.
In de Erlass vun de Ministerin steiht, dass „das Niederdeutsche für Schleswig-Holstein eine kulturund identitätsprägende Bedeutung“ hat. Dat is genau de Punkt, und dat is wichtig. Dorüm is dat ok entscheidend, dat dörch all Bildungsgänge hindörch bit to de berufliche Bildung en Plattdüütschangebot maakt warrt, ob in Arbeitsgemeinschaften oder
sonstwie, dormit de Spraak in’t Leven kummt un in’t Leven blifft. Birte Pauls bringt dat ja jümmers wedder op’n Punkt, wi wichtig dat to’n Bispeel in Berufe wie de Pleeg is, wie sehr dat hölpen deit, wenn dor noog sünd, de Plattdüütsch köönt.
Wenn Lüüd tweesprachig opwassen doot, de Hochdüütsch un Plattdüütsch köönt, dann köönt dat mit Sekerheit keen Döösbaddel ween. Wokeen eerstmal twee Spraaken kann, de kann gau de dritte un veerte. Un wi weet in Sleswig-Holsteen, wie goot dat is, wenn man Dänisch kann, Englisch kann un manchmal noch en poor Wöör vun Französisch beherrschen deit.
Aver dat geiht im Grunde nich dorüm, wenn man Plattdüütsch kann, dat man blots mal so’n Balken lesen kann över de Kark oder mal ‘n poor Dööntjes versteiht. Dat geiht dorüm, Theater, Musik, Kultur to verstahn. Un wat noch veel wichtiger is, dat geiht dorüm, de Kommunikation un de Spraak to beherrschen as regionales Bindeglied. Regionales Bindeglied is ok en Stück Heimat för teemlich vele. Vun dorher is wichtig, dat de Spraak wiederleven deit.
To’n Schluss will ik mit en Satz enden, de ik bi’t Landeszentrum för Nedderdütsch funden heff: Platt hört to uns as de Immen to de Blomen un de Bööm. Dat möögt de Honigimmen, dat möögt de wilden Immen ween; ik glööv, dat is egal. Genauso wie wi dat Insektensterben bekämpfen, mööt wi dorgegenanarbeiden, dat de Plattdüütsche Spraak utstarven deit. - Velen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einen herzlichen Dank an die Landesregierung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Vorlage des Europaberichts 2019 bis 2020. Er gibt einen guten Überblick über die
europapolitische Arbeit Schleswig-Holsteins und über die Zusammenarbeit mit den benachbarten Regionen und Netzwerken. Somit gibt er die Koordinaten vor, wo dieses Land in Europa zu verorten ist. Ich denke, wir sollten ihn in die Ausschüsse überweisen.
Einen herzlichen Dank auch an den Minister, dass er bei seinem ersten Besuch an der Grenze - klar: es gab einen aktuellen Anlass - deutlich gemacht hat, dass wir über ein Europa reden, in dem seit einer Generation offene Grenzen und vieles mehr selbstverständlich ist.