Volker Schnurrbusch
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Verehrtes Präsidium! Verehrte Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal für ein paar Bemerkungen zu dem Thema gemeldet, das sehr wichtig ist. Ich bin für den Antrag auch sehr dankbar.
Ich möchte dem Kollegen Voß nur sagen, dass ich bei der Bezeichnung „Autokratie“ doch ein bisschen vorsichtiger wäre; denn Polen und Ungarn sind immer noch Demokratien, auch wenn wir wissen, dass deren Rechtsstaat in Gefahr ist. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Aber diese beiden Staaten sind doch noch von anderer Qualität als zum Beispiel Weißrussland oder die Türkei.
Zum anderen sehe ich es auch so, dass es ein politischer Fehler war, diese beiden Dinge zu verknüpfen. Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit - ja, unbedingt. Aber warum verknüpft man das mit den doch dringend benötigten Coronahilfen, die ja schon lange durch diese Verhandlungen, durch diese Konditionalität blockiert worden sind? Das hätte man aus meiner Sicht nicht machen sollen, dann wäre das Geld auch schneller geflossen. Die Rechtsstaatlichkeit hätte man auch anders feststellen können. Dafür gibt es andere Instrumentarien.
Der Bericht der EU-Kommission wurde eben schon erwähnt. Auch das finde ich sehr wichtig, dass das einmal untersucht wird. Denn wir wissen schon sehr lange, dass Gelder, die dringend benötigt werden, in manchen Ländern auch durch Korruption abfließen, dass es die Unabhängigkeit der Medien leider nicht überall gibt, in der Slowakei zum Beispiel nicht. Aber lustigerweise ist die Unabhängigkeit der Medien laut Bericht auch in Österreich oder in Luxemburg gefährdet. Und auch Deutschland kommt in dem Bericht vor; das dürfen wir nicht verschweigen. Denn hier wird festgestellt, dass die Staatsanwaltschaften immer noch weisungsgebunden sind. Dies wird also auch negativ festgestellt. Insofern müssen wir uns breiter aufstellen, was das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und deren Überprüfung bedeutet.
Die EU selber - das darf man auch nicht verhehlen; deshalb habe ich hierzu auch einen aktuellen Artikel mitgebracht - hat nicht nur die eigenen Verträge von Maastricht, Schengen, Dublin - ich habe es hier schon öfter gesagt - verletzt, sondern sie verletzt aus Sicht von Experten - ich bin nun kein Jurist auch jetzt mit diesem neuen Finanzpaket - ich rede von den Coronahilfen - die eigenen Regeln. Denn man bezieht sich bei diesen Coronahilfen auf § 122, der für den Katastrophenfall vorgesehen ist. Danach soll die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Aber wir wissen doch auch alle, dass mit den Coronahilfen eben nicht nur der Katastrophenfall sozusagen geheilt werden soll, sondern dass eben auch der Klimaschutz und die Digitalisierung nach vorne gebracht werden sollen. Insofern ist das eine Zweckentfremdung, die durchaus juristisch anfechtbar ist.
Die andere Seite ist die Rückzahlung; diese ist nicht klar geregelt. Die Rückzahlung der Hilfen, die zum Teil aus Zuschüssen und nicht aus Krediten bestehen, soll ja aus den Mitgliedsbeiträgen der Mitgliedstaaten erfolgen. Auch das ist gefährlich; denn das würde gegen das Haushaltsrecht verstoßen.
Zuletzt zitiere ich noch kurz den Europarechtler von der Humboldt-Universität, Herrn Professor Ruffert. Der hat in einem aktuellen Artikel, den ich mit Erlaubnis des Präsidiums zitiere, gesagt:
„Mit dem Finanzpaket soll ein vorher nicht vorhandener Finanzausgleichsmechanismus etabliert werden. Das entspricht qualitativ einer EU-Vertragsänderung.“
Der Bundestag möchte dem Paket mit einfacher Mehrheit zustimmen, nötig wäre jedoch eine Zweidrittelmehrheit.
„Das ist eine Einladung zu einer Verfassungsbeschwerde.“
Ich stelle also fest: Rechtsstaatlichkeit ja, aber das gilt auch für die EU selber. - Danke schön.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD versteht sich als soziale Volkspartei, aber wenn von einer „europäischen Sozialunion“ die Rede ist, bedeutet das in Wahrheit eine gigantische Umverteilung von Geldern zulasten Deutschlands und der anderen Nettozahler.
Bereits der Beitritt der Südländer Griechenland, Spanien und Portugal, aber vor allem die Osterweiterung veränderten die Voraussetzungen für eine Angleichung der Lebensverhältnisse fundamental.
Martin Höpner, Leiter der Forschungsgruppe „Politische Ökonomie der europäischen Integration“ am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, hält die Chance für einen europäischen Sozialstaat für „gleich null“. Ein europäischer Sozialstaat, der gleichzeitig für Bulgarien und Rumänien auf der einen und Dänemark oder Luxemburg auf der anderen Seite passe? „Das kann man sich doch nicht einmal mehr in der Theorie vorstellen“, so Höpner.
Statt alles zu vereinheitlichen, treten wir dafür ein, rechtstaatliche Strukturen, wirtschaftlichen Wohlstand und ein stabiles, leistungsgerechtes Sozialsystem in der Verantwortung souveräner Nationalstaaten zu belassen.
Wir unterstützen Strukturreformen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitglieder zu stärken, wenden uns aber entschieden gegen eine Transfer- und Schuldenunion und zentralistische Tendenzen.
Der Mindestlohn gehört ganz klar in die Verantwortung der Mitgliedstaaten. In Deutschland orientiert man sich der Entwicklung der Tariflöhne - und das soll auch so bleiben! Weitere Kriterien, die die EU dazu aufstellen möchte, brauchen wir nicht. Die EU-Verträge gestehen der EU nur begrenzte Kompetenzen in der Sozialpolitik zu. Das Arbeitsentgelt gehört nicht dazu, wie Artikel 153 ausdrücklich festlegt. Daher sind Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht schon jetzt absehbar, wenn sich die EU anmaßt, die Mitgliedstaaten zu einem einheitli
chen Mindestlohn zu zwingen. Dänemark und Schweden sehen dabei zu Recht einen Eingriff in die Tarifautonomie.
Die Forderung nach einer Europäischen Arbeitslosenversicherung bedeutet, dass die Mitgliedstaaten einen Fonds finanzieren sollen, aus dem die nationalen Arbeitslosenversicherungen im Krisenfall Kredite erhalten können.
Die Probleme bei der Griechenland-Rettung und bei der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sprechen gegen dieses Projekt, denn hier würde noch ein neuer Fördertopf für solche EU-Staaten geschaffen werden, die selbstverschuldet in Not geraten sind. Ernste Zahlungsschwierigkeiten einer nationalen Arbeitslosenversicherung können aber nur entstehen, wenn Beiträge oder Zuschüsse nicht erhöht werden sollen, Leistungskürzungen nicht gewollt werden und der Staat insgesamt nicht mehr kreditwürdig ist. Eine Unterstützung der nationalen Arbeitslosenversicherung wäre willkürlich, würden den jeweiligen Mitgliedstaaten Korrekturen eigener politischer Fehler ersparen und zu einer Verlagerung von Lasten auf die Gemeinschaft führen. Einmal mehr - das scheint das Prinzip der EU zu sein.
Auch die Finanzierung des Fonds ist nicht gesichert. Was passiert, wenn große EU-Staaten als unterstützungswürdig angesehen werden? Große Mitgliedstaaten wie Italien und Spanien weisen schon seit mehreren Jahren zweistellige Arbeitslosenquoten auf.
Vor diesem Hintergrund kann ein Hilfsfonds für nationale Arbeitslosenversicherungen nur zu einer neuen Belastungsprobe für den Zusammenhalt in der EU führen und ist daher ebenfalls abzulehnen.
Nord-Ostsee-Kanal als Schleswig-Holsteins maritime Lebensader stärken
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2548 (neu) - 2. Fassung
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Schleswig-Holstein geht einen Sonderweg“ - So lautete eine der Schlagzeilen von gestern. So erfreulich es ist, dass Nagel- und Kosmetikstudios ab Montag öffnen dürfen, so inkonsequent ist das übrige Handeln oder besser Nichthandeln der Landesregierung. Denn es sind nicht Nagel- und Kosmetikstudios, die unsere Wirtschaft hier im Land stützen, sondern es sind die Hotellerie und die Gastronomie, denen langsam, aber sicher die Luft zum Atmen abgedrückt wird.
Zu Recht haben Vertreter dieser Branchen bei der Anhörung im Wirtschaftsausschuss darauf hingewiesen, dass von Restaurants oder Bäckereicafés keine erhöhte Infektionsgefahr ausgeht. Warum sie jetzt genauso streng bestraft werden wie Bars oder Diskotheken, ist nicht nachvollziehbar.
In einem gemeinsamen Schreiben haben Tourismusverband, IHK und DEHOGA konkrete und
konstruktive Vorschläge zur sicheren Öffnung touristischer Angebote gemacht. Leider ohne Erfolg. Das ist ein schwerer Rückschlag für unsere Wirtschaft und ein gravierender Eingriff in die Berufsfreiheit.
Selbst die ansonsten sehr regierungsfreundliche „Süddeutsche Zeitung“ warnt - ich zitiere mit Erlaubnis -:
„Wenn wirklich jedes Restaurant und jedes Café schließen muss, unabhängig vom Hygienekonzept, so wirkt dies zerstörerisch. … So zerstört man Motivation, Existenzen und Innenstädte.“
Das gilt eben nicht nur für den Hotel- und Gastronomiebereich, sondern zum Beispiel auch für die Reisebusunternehmen.
Der Zusammenhalt der Gesellschaft ist nicht durch Bürger gefährdet, die sich gegen die Einschränkung unserer Grundrechte wehren, sondern durch überzogene Maßnahmen, die kaum noch jemand nachvollziehen kann. Die bisherigen Maßnahmen haben nicht die versprochene Wirkung erzielt.
Von daher plädieren wir heute erneut und nachdrücklich für eine Politik mit Augenmaß. Es kann nicht sein, dass in Ostholstein dieselben Maßnahmen angewendet werden sollen wie im Ostallgäu.
Die Aufgabe der Landesregierung ist es, Politik für unser Land zu machen und nicht alles mitzutragen, was in Berlin an Verschärfungen ausgeheckt wird. Unsere Selbstständigen, unsere mittelständischen Unternehmer, unsere Arbeitnehmer und unsere kulturinteressierten Bürger dürfen nicht weiter unter den ungeeigneten Einschränkungen leiden.
Lassen Sie uns gemeinsam zu einer Politik mit Augenmaß zurückkehren, lassen Sie uns unsere Landgasthöfe wieder öffnen, sodass unsere Bürger dort verantwortungsvoll wieder einkehren und so dieser Branche bei ihrem Existenzkampf unter die Arme greifen können. Denn schon jetzt verlautet aus Berlin, dass die Bundeshilfen nicht ewig verlängert werden können. Daher ist es besser, wenn die Hotels und Gaststätten, die Cafés und die Theater wieder eigene Einnahmen erwirtschaften können, statt auf immer neue Hilfen angewiesen zu sein, die dann noch nicht einmal unbürokratisch und schnell bereitstehen.
Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Da Tierparks, Zoos und Wildgehege ab Montag wieder öffnen dürfen, können wir diese Bereiche herausnehmen. Ansonsten: Stimmen Sie bitte zu, damit es für die Leute in Schleswig-Holstein
keinen so düsteren Winter gibt, wie ihn die Bundeskanzlerin angekündigt hat. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht und für die Hilfen, die Sie bisher der Kulturszene haben zukommen lassen.
Wir haben es gehört: Kunst und Kultur, Ausstellungen und Veranstaltungen liegen darnieder. Das ist im gesamten Bundesgebiet leider so. Aber auch das muss aus unserer Sicht nicht so sein. Es gibt genügend Beispiele dafür, wie man mit reduzierter Besucherzahl und unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln auch diesen wichtigen Bereich am Leben erhalten kann.
Wenn es möglich ist, den Besucherverkehr in Kaufhäusern oder Möbelmärkten zu regulieren, sollte das auch in einem Museum oder in einem Theater möglich sein. Viele Bühnen haben das im Sommer auch schon erfolgreich praktiziert.
Die Kulturnation Frankreich öffnet ab dem 15. Dezember wieder seine Kinos, seine Theater und seine Museen, obwohl die Zahlen dort weit höher sind als bei uns.
- Ja, aber die Zahlen sind trotzdem noch hoch. Insofern kann man das nur schwer vergleichen. Aber es
ist ein wichtiger Schritt, um auch die Stimmung in der Bevölkerung wieder zu heben.
Kinobetreiber - das haben wir am Mittwoch in der Anhörung gehört - sind ein Sonderfall, denn ihnen fehlen die großen Neustarts, die genügend Zuschauer in die Säle locken könnten. Aber wer weiß - wir werden es ja auch vielleicht in Frankreich sehen -: Die Film-Fans sind so ausgehungert, dass sie vielleicht auch für gute Wiederaufführungen auf der großen Leinwand in die Kinos zurückkehren würden.
Gerade im Bereich von Kunst und Kultur und in der Veranstaltungsbranche sind sehr viele Soloselbstständige unterwegs. Das weiß ich aus eigener Anschauung, aus eigener beruflicher Erfahrung. Auch wenn sie in den Statistiken der Ministerien oder Arbeitsagenturen keine so große Rolle spielen, sind sie für unser kulturelles Leben doch enorm wichtig. Sie sind es, die den Kultur- und Veranstaltungsbetrieb auf den Bühnen, aber auch hinter den Kulissen am Laufen halten und so unseren Bürgern Gelegenheit zu künstlerischer Bildung, für Entspannung, für Anregung und Unterhaltung bieten. Und wer bräuchte das nicht in einer Zeit, in der die Bundesregierung selbst Kontakte zwischen Familienmitgliedern unterbinden möchte!
Kultur - wir haben es eben gehört - hält unsere Gesellschaft auf vielfältige Art und Weise zusammen. Daher ist der vorliegende Antrag auch wichtig. Wir stimmen ihm gerne zu uns danken der Ministerin für ihren Bericht und ihre Initiativen. Noch besser jedoch wäre es für unsere Kulturtreibenden und unsere Kulturwirtschaft, wenn alle Leute schon bald wieder unsere Kulturstätten besuchen könnten. Vielen Dank.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Regionale Schlachthöfe sind als Grundinfrastruktur unabdingbar, um unserem Bundesland Standortvorteile in der Fleisch- und Viehwirtschaft
zu garantieren. Noch steht Schleswig-Holstein mit den regionalen Schlachthöfen ganz passabel da. Aber man darf sich nicht täuschen. Die derzeitigen freien Kapazitäten fußen hauptsächlich auf aktuellen Marktschwankungen, nicht auf einem systematisch aufgebauten Netz von regionalen Schlachtstätten. Doch genau so ein Netz gilt es - so unser heutiger Antrag - seitens der Landesregierung zu unterstützen, vorzuhalten und im Verbund mit den lokalen Betrieben auszubauen. Das ist nicht einfach; denn regionale Schlachtstätten sind nur bei optimaler Auslastung rentabel. Die oftmals fehlenden Rinder- und Schweinemastbetriebe im Umkreis führen den Regionalbegriff ad absurdum und zwingen viele Schlachthöfe zur Aufgabe. Das ist im Moment angesichts des Schlachtstaus bei Schweinen ein großes Problem. Die „allgemeine fleischer zeitung“ führte aus - ich zitiere -:
„Rinder- und Schweinemäster streichen immer öfter wegen hoher Auflagen für Tierwohl, Umweltschutz und Haltungsbedingungen die Segel, kämpfen wie kleine Schlachtbetriebe mit mangelnder Akzeptanz ihrer Nachbarn. Denn trotz vollmundiger Verbraucherbekenntnisse zur Regionalität: Vor der eigenen Haustür möchte man weder die einen noch die anderen haben.“
An genau diesem Punkt ist aber die Politik gefragt; denn es ist keine Option, dem Sterben regionaler Schlachtstätten zuzusehen, es sei denn, den Landwirtschaftsminister interessiert es nicht, wenn in Zukunft Tausende von Rindern aus Schleswig-Holstein in andere Bundesländer zur Schlachtung transportiert werden müssen. Über das Thema Tiertransporte haben wir hier ja auch schon oft diskutiert.
Wenn es nach seinen Parteifreunden geht, soll unsere Landwirtschaft total umgekrempelt werden. Dabei wird vielleicht gelegentlich auch in Kauf genommen, dass Betriebe auf der Strecke bleiben; denn für diese Leute sind die Bauern sowieso an allem schuld. Über das Grundwasser und die Rolle, die die Bauern dabei spielen, haben wir erst gestern gesprochen. Hier hat sich gezeigt, dass sich die pauschalen Vorwürfe, die erhoben wurden, als falsch erwiesen haben.
Aber zurück zu den Schlachthöfen. Schlachthöfe vor Ort sind nur ein Pfeiler dezentraler Vermarktung und regionaler Wirtschaftskreisläufe. Für das Tierwohl, die Fleischqualität und damit für den Verbraucher, aber auch für die regionale Wertschöpfung ist die Schlachtung auf dem Haltungsbetrieb sinnvoll und zukunftsweisend, im besten Fall sogar mobil direkt auf der Weide. Wir begrüßen daher
ausdrücklich die Entschließung des Bundesrates vom 5. Juni 2020, mit der er sich für die Erweiterung der tierschutzgerechten Weideschlachtung einsetzt.
Wir fordern die Landesregierung heute darüber hinaus auf, soweit noch nicht geschehen - wir wissen, dass es da schon gute Ansätze gibt -, die Direktvermarktung von vor Ort geschlachteten Tieren verstärkt als Instrument der Wirtschafts- und Agrarpolitik zu fördern.
Lassen wir die Vieh- und Landwirte in SchleswigHolstein nicht allein. Machen wir gemeinsam den Bürgern klar, wie wichtig es ist, regional zu schlachten und direkt zu vermarkten; denn das kommt allen zugute. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für Ihren Bericht und auch für Ihren Einsatz in Berlin für unsere Wirtschaft. Die gestrige Expertenanhörung hier im Plenarsaal hat ja gezeigt, in welch schwerer Krise wir uns befinden, allerdings nicht wegen eines Virus, sondern wegen der staatlichen Maßnahmen, die der Wirtschaft alle paar Wochen neu aufgezwungen werden.
Die Rechtsgelehrten wiesen gestern darauf hin, dass hier vom Bundesgesetzgeber eine Zentralisierung, eine Entparlamentarisierung und eine Entindividualisierung stattfinde. Jetzt seien die Landesparlamente gefragt, dieser unheilvollen Entwicklung entgegenzutreten, und zwar selbstbewusst entgegenzutreten.
Aber was passiert hier im Land? - Relativ wenig. Der Ministerpräsident ist gerade nicht da, aber entgegen seiner vollmundigen Ankündigungen, unser Hotel- und Gastgewerbe zu schützen - die hat er Ende Oktober 2020 noch verkündet -, ist er eingeknickt, als es dann in einem Gremium aus Bundeskanzleramt und Ministerpräsidenten darum ging, flächendeckende bundeseinheitliche Maßnahmen durchzusetzen.
Da hat der Ministerpräsident eine zentrale Branche in unserem Land schlichtweg im Regen stehen lassen, und daran ändern auch die ganzen Nachbesserungen nichts, die hier jetzt gefeiert werden. Wie kann es sein, dass unsere Betriebe, die sich so vorbildlich verhalten haben, jetzt erneut bestraft werden? Wie kann es sein, dass Einschränkungen, die vielleicht in Berchtesgaden sinnvoll sein mögen, per Gesetz auf Ostholstein, Plön oder Nordfriesland übertragen werden, obwohl die Infektionszahlen dort so niedrig sind? Kollege Dr. Tietze, Nordfriesland ist nicht durch die Pandemie so stark betroffen, sondern von den staatlichen Maßnahmen. Das ist doch der Punkt. Die Infektionszahlen dort sind niedrig, das wissen Sie auch. Von der Landespolitik erwarten die Bürger zu Recht, dass sie die Bedürfnisse des Landes in den Fokus stellt und sich nicht einem Gremium fügt, das keine gesetzgeberische Kompetenz hat.
Unsere Wirtschaft befindet sich in einer staatlich verordneten Rezession, wie es Herr Professor Felbermayr gestern richtigerweise ausdrückte. Alle Maßnahmen des Gesetzgebers müssen daher regional angepasst sein, denn sonst sind sie schlichtweg nicht angemessen und nicht verhältnismäßig, und dann sind sie auch verfassungsrechtlich sehr problematisch und anfechtbar.
Die Überbrückungshilfen seien unsystematisch, wurde gestern gesagt, sie seien unausgegoren, und sie schafften sogar perverse Anreizeffekte. Ich zitiere Herrn Professor Felbermayr mit diesen Ausdrücken. Betriebe kommen jetzt vielleicht zu dem Schluss, Leute zu entlassen. Das heißt, wir werden im März 2021, wenn die Insolvenzantragspflicht endlich wieder gilt, die jetzt ausgesetzt ist, zu einer Entlassungswelle kommen. Wir werden höhere Arbeitslosenzahlen haben, wir werden eine Pleitewelle haben, wir werden Probleme mit den Banken haben, die Kredite gegeben haben.
Das heißt, wir schieben die Wirtschaftskrise vor uns her. Da ist es mit Stückwerk und mit Flickwerk nicht getan. Hier im Land müssen Gesetze verabschiedet werden, die für unser Land passend sind
- und sich nicht einem bundesweiten Gesetz fügen. - Danke.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für Ihren Bericht. Ein langfristiger Vergleich über die Ausbildungszahlen in ganz Deutschland zeigt, dass das ganze Ausbildungswesen, dass die Zahlen komplett erodiert sind. Wir haben einen Negativtrend zu verzeichnen.
Entschuldigung, die Zeit stimmt so nicht. Ich hatte die Rede angemeldet, es müssten 4 Minuten sein. Alles gut!
Das liegt zum einen an der demografischen Entwicklung, aber auch an einem scheinbar widersprüchlichen Phänomen: Einerseits gibt es seit Jahren mehr Bewerber als Lehrstellen, und andererseits gibt es in manchen Bereichen mehr Lehrstellen, als besetzt werden können. Angebot und Nachfrage finden in vielen Bereichen des Marktes nicht mehr zusammen. Ein Grund ist die unterschiedliche regionale Verteilung von Schulabgängern und Lehrstellen. Ein weiterer Grund ist, dass die Ausbildungswünsche der Schulabgänger oft nicht zu den angebotenen Lehrstellen passen. Das ist das berühmte Passungsproblem - wir hörten es eben -, das inzwischen zu einem echten Verhinderungsfaktor geworden ist.
Darüber hinaus entsprechen Bewerber auch oft nicht den Vorstellungen der Arbeitgeber. Überhaupt einen geeigneten Auszubildenden zu finden, stellt häufig große Anforderungen an die Unternehmen, heißt es in einer Umfrage des Deutschen Industrieund Handelskammertages. Für leistungsstarke Jugendliche sind überzeugende Argumente für eine betriebliche Ausbildung ausschlaggebend. Leistungsschwächere Jugendliche wiederum benötigen eine besondere Förderung, um Prüfungen überhaupt bestehen zu können. Bei der Ausbildungsreife - insbesondere bei Mathematik- und Deutschkenntnissen - sahen 2019 nahezu 90 % der Betriebe in Deutschland - ganz Deutschland, wohlgemerkt, nicht Schleswig-Holstein - Mängel bei den Auszubildenden.
Besonders große Probleme, Lehrstellen zu besetzen, bestehen seit jeher in der Baubranche sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo in der Folge von Corona und Lockdown auch das Lehrstellenangebot deutlich verringert wurde.
Nach wie vor lauten daher die wichtigen Fragen: Wie wirken wir diesem Trend entgegen, der sich jetzt seit zehn Jahren fortsetzt? Wie stärken wir die Nachfrage in denjenigen Branchen, bei denen regelmäßig zahlreiche Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können? Denn oft sind es Ausbildungsberufe, in denen die Vergütungen im Bundesdurchschnitt sogar deutlich gestiegen sind, zum Beispiel im Bereich des klassischen Handwerks. Gerade die guten Verdienstmöglichkeiten in einem soliden Beruf können gar nicht oft genug hervorgehoben werden.
Der Negativtrend bei der Zahl der Auszubildenden wird jetzt in Zeiten von Corona und Lockdown weiter zunehmen. Daher ist es notwendig, dass die Akzeptanz klassischer Ausbildungsberufe besonders im Handwerk weiter gesteigert werden muss. Diese für den Mittelstand besonders wichtigen Berufe verdienen dauerhafte Perspektiven - Motto: Meister statt Master.
In den vergangenen Jahren wurden bereits zahlreiche Initiativen gestartet, zum Beispiel im Rahmen der assistierten Ausbildung. Dabei soll solchen Bewerbern der Zugang zu einer Ausbildung erleichtert werden, die bislang aufgrund ihrer Voraussetzungen nur geringe Chancen haben. Das Landesförderprogramm ist auch ein richtiger Schritt. Wichtig ist auch die Förderung der Berufsorientierung schon während der Schulzeit, und zwar an allen weiterführenden Schulen einschließlich der Gymnasien.
Maßnahmen wie diese müssen ergänzt und kontinuierlich fortgeführt werden, denn wir brauchen eine grundsätzliche Stärkung der Ausbildung und gute Auszubildende für unseren Mittelstand, auch und gerade in Zeiten wie diesen.
Der Minister wies gerade darauf hin: Der Fachkräftemangel wird uns leider auch nach der aktuellen Krise erhalten bleiben, denn auch wenn wir leider im nächsten Frühjahr mit steigenden Arbeitslosenzahlen rechnen müssen, können wir nicht davon ausgehen, dass die betroffenen Arbeitnehmer in den Betrieben der Medizintechnik oder im Fahrzeugbau oder in spezialisierten Hightech-Betrieben unterkommen. Das heißt, es ist weiterhin wichtig, die Ausbildung attraktiv zu gestalten und dafür zu werben; denn das ist die Zukunft unserer Wirtschaft, und davon haben wir in Schleswig-Holstein immer noch viel zu wenig. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Das Opernhaus Zürich hat gerade mit großem technischen Aufwand dafür gesorgt, dass sein Orchester und sein Chor nicht im Opernhaus selbst, sondern auf einer Probebühne, auf der die Coronaabstände eingehalten werden können, aufspielten, während auf der Hauptbühne die Sänger den Boris Godunow gaben. Das Publikum war begeistert; der Betrieb kann, wenn auch eingeschränkt, weitergehen. Ohne den Tonmeister und seine Kollegen von der Technik wäre dieses Kunststück an Improvisation nicht möglich gewesen. Die Hardware kam übrigens von einem Familienbetrieb aus dem Badischen, die Software vom Fraunhofer-Institut in Ilmenau. Das hat also deutsche Ingenieurskunst möglich gemacht.
Doch wie wir wissen, können Übertragungen aus der Distanz niemals das Live-Erlebnis ersetzen. Konzerte, ganz gleich ob Orchester oder Rock, und Theateraufführungen leben nun einmal von der Nähe und von der kompletten Kommunikation zwischen Künstlern und Publikum. Die Atmosphäre ei
ner Live-Aufführung lässt sich nicht durch das Internet übertragen.
Musik- und Tanzveranstaltungen in geschlossenen Räumen sind schon seit Monaten tabu. Die Betreiber von Hallen und Clubs bleiben ohne Einnahmen und können ihre Mitarbeiter nicht mehr beschäftigen. Auf Demonstrationen hat die Veranstaltungsbranche in den vergangenen Wochen zu Recht darauf hingewiesen, dass sie in einer wirtschaftlichen Notlage steckt.
Trotzdem ist es auch hier notwendig, eine pragmatische Haltung einzunehmen. Der Staat darf und kann nicht den Eindruck erwecken, sämtliche negative Folgen der Coronakrise durch finanzielle Unterstützung ausgleichen zu können; denn wir werden nicht alle retten können.
Auch das Ansinnen der SPD, wie es im Antrag steht, landeseinheitliche Festlegungen zur Durchführung von Veranstaltungen zu treffen, halten wir für diskutabel. Gerade die aktuelle Entwicklung zeigt doch, dass es notwendig ist, im Einzelfall individuelle Lösungen zu entwickeln, weil Veranstaltungen nun einmal einen sehr unterschiedlichen Charakter haben.
Dass das durchaus gelingen kann, erleben wir in diesen Tagen am Beispiel des Philharmonischen Orchesters Lübeck. Dort wurde den Zuschauern erfolgreich das Gefühl vermittelt, nicht nur einem coronabedingten Kompromiss beizuwohnen. Es gelang, Abstands- und Hygieneregeln so einzuhalten, dass es dem Publikum nicht mehr auffiel, dass dort Einschränkungen herrschten. Vielmehr konnte es fast schon den Eindruck gewinnen, dass die Transparente und Trennwände, die aufgestellt worden waren, zu Teilen der Ausstattung geworden sind.
Beispiele wie diese zeigen, dass es möglich ist, auch in der Veranstaltungsbranche kreative Lösungen zu finden und das Publikum damit erneut anzusprechen.
Das alles ändert nichts daran, dass eine Hilfe für die Branche notwendig ist. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die Verlängerung der Corona-Überbrückungshilfen, die mit einer Lockerung der Bedingungen einhergeht. Gerade für Unternehmen, die aufgrund behördlicher Einschränkungen ihre Geschäftsmodelle nicht oder nur teilweise umsetzen können, ist diese Hilfe weiter notwendig. Diesem Anliegen tragen auch die Flexibilisierung der Eintrittsschwelle sowie die Erhöhung der Fördersätze angemessen Rechnung.
Wie darüber hinaus weitere Hilfe möglich sein kann, sollten wir gemeinsam im Wirtschaftsausschuss erörtern. Ich bin auch dafür, dass wir beide Anträge überweisen.
An dieser Stelle möchte ich aber abschließend noch auf eine Branche hinweisen, die gern vergessen wird, obwohl sie für unsere Wirtschaft auch sehr wichtig ist.
Das sind die Messebauer. Die Messebauer haben gemeinsam mit den Veranstaltungsunternehmern demonstriert. Sie sind es doch, die unter hohem Zeitdruck und mit großem technischen Geschick und sehr viel Kreativität dafür sorgen, dass Deutschland seit jeher Messeland Nummer eins ist. Auch wenn Schleswig-Holstein nicht mit den ganz großen Messestandorten mithalten kann, so ist es doch auch für unsere Wirtschaft wichtig, dass sie ihre Produkte einem interessierten Fachpublikum in einem attraktiven Rahmen präsentieren kann.
Messen sind Motoren für den Umsatz. Hier werden Aufträge geschrieben, hier werden Innovationen geboren, hier werden Geschäftskontakte geknüpft, die sich oft in langjährige Geschäftsbeziehungen verwandeln. Daher ist es für unser Land wichtig, dass wir wieder Fachmessen veranstalten können. Die NordBau wurde gerade angesprochen. Dafür brauchen wir entsprechende Erleichterungen, die mindestens genauso wichtig sind wie die für Konzerte und Theater.
Lassen Sie uns auch darüber gern gemeinsam im Wirtschaftsausschuss sprechen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Ich streue einmal ein bisschen Sand ins Getriebe. Der Landtag stellt fest, dass das Fahrrad während der Coronapandemie an enormer Attraktivität gewonnen hat. So steht es im vorliegenden Antrag. Hier hat offensichtlich grünes Wunschdenken den Antragstellern den Stift geführt. Was bitte heißt denn „enorm“, lieber Herr Kollege Dr. Tietze? Einer großen Mehrheit der Bevölkerung, heißt es da weiter, sei endlich bewusst geworden, wie toll Radfahren sei,
als ob Corona nun dieser Erkenntnis Bahn gebrochen hätte. Das halte ich für ein Gerücht; denn nach einer repräsentativen Studie des Wissenschaftszentrums Berlin - aktuell - blieb der Anteil des Fahrrads unter den genutzten Verkehrsmitteln im Mai, also während Corona, mit 10 bis 12 % stabil. Von
einem sprunghaften Anstieg der Nutzung kann also gar keine Rede sein, schon eher davon, dass während der verordneten Einschränkungen mehr zu Fuß gegangen worden ist.
45 % aller Verkehrswege allerdings wurden immer noch mit dem Pkw zurückgelegt. Vorher war es weniger; das ist richtig. Aber viele Pendler stiegen vom ÖPNV auf das Auto um, und daran wird sich auch in Zukunft wenig ändern; denn Busse und Bahnen werden in Zeiten von Corona und nach einer möglichen zweiten Welle aus Sorge vor Infektionen weiterhin gemieden werden.
Nach einer deutlichen Delle im Frühjahr erreichten die Zulassungszahlen für Pkw im Juli bei einigen Herstellern fast das Vorjahresniveau. Ein bayerisches Motorenwerk konnte sogar mehr Fahrzeuge absetzen als 2019. Einzelne Kleinwagen- und Mittelklassemodelle, aber auch Transporter fanden ganz entgegen dem Trend - mehr Käufer als im letzten Jahr.
- Ich komme gleich zu dem Punkt. - Dabei wurden alle Antriebsmodelle nachgefragt, Verbrenner, Hybrid und Elektro. - Das passte so gut zu Ihren Ausführungen, Herr Dr. Tietze, was die Verkaufszahlen für Fahrräder angeht. Das gilt eben auch für manche Autos.
Die immer wieder propagierte Verkehrswende bleibt also auch trotz Corona reines Wunschdenken, da ein Rückgang des Autoverkehrs nicht absehbar ist und das Fahrrad nach wie vor kein Bestandteil des Massenverkehrs ist, von einzelnen Großstädten einmal abgesehen, in denen das Liniennetz des ÖPNV sehr dicht ist. Es ist deshalb vollkommen illusorisch, in Schleswig-Holstein darauf zu setzen, dass das Fahrrad im Berufsverkehr eine Alternative zum Auto werden könnte. Denken Sie einfach einmal ein paar Wochen weiter. Wenn sich das Wetter ändert, wird sich noch einmal einiges Richtung Auto ändern.
Viele Berufspendler seien angeblich auf das Fahrrad umgestiegen. „Viele“, was heißt das? Wird das irgendwo nachgewiesen? Das glaube ich, ehrlich gesagt, nicht. Die Statistik spricht eine andere Sprache. Zudem haben die Radwege in den Städten auch nicht die Aufgabe, den Autoverkehr zu ersetzen, sondern sie bilden nur eine Ergänzung der Infrastruktur. Es soll hier bitte nicht darum gehen, einzelne Mobilitätsformen gegeneinander auszuspielen. Das hatte Herr Kollege Richert auch erwähnt.
Aber - jetzt komme ich zum positiven Teil - wirkliche Perspektiven für das Fahrrad gibt es in Schleswig-Holstein vor allem im Bereich des Tourismus. Hier liegen daher auch die Schwerpunkte der Radstrategie, die wir als AfD gerne unterstützen. Nach wie vor muss das Radwegenetz im Land ausgebaut werden, da Landesstraßen nur zu 64 % und Kreisstraßen lediglich zu 41 % mit Radwegen ausgestattet sind. Die Nutzung von Straßen, die nicht über Fahrradwege verfügen - das ist bei mir in Ostholstein auch der Fall -, stellt für die Radfahrer oft ein hohes Risiko dar, und das zieht auch leider die Touristen, die wir an der Küste in Unmengen haben, nicht ins Binnenland. Das ist leider ein großes Problem. Herr Minister hat auf meine Anfrage hin darauf hingewiesen, dass natürlich der Baumbestand leiden müsste, wenn man mehr Radwege baut. Also muss man eben abwägen, was man will.
Wir begrüßen es, dass die für die Radstrategie zur Verfügung stehenden Mittel zunächst mit einem besonderen Schwerpunkt auf den Radwegeausbau eingesetzt werden sollen. Die Investition in Radwege ist grundsätzlich richtig und hat das Potenzial, den Binnentourismus weiter nach vorne zu bringen. Deswegen unterstützen wir die Radstrategie insgesamt. Das ist ein ganz richtiger und wichtiger Schritt in diese Richtung.
Von den insgesamt sieben Handlungsfeldern im Aktionsplan befürworten wir daher vorrangig die Weiterentwicklung des Radverkehrsnetzes, die Verbesserung der Qualität der Radwege sowie neben dem Ausbau der Radfernwege die Förderung radtouristischer Angebote.
Dass Schleswig-Holstein zu den Top 3 im Radtourismus gehören soll, ist sehr ambitioniert, aber ein sinnvolles Ziel, das wir auch sehr gerne unterstützen. Entscheidend ist und bleibt, dass SchleswigHolstein seine Potenziale im Radverkehr mit den richtigen Schwerpunkten nutzt. Diese Schwerpunkte liegen aus unserer Sicht ganz klar im Tourismus. Dem Antrag insgesamt können wir trotz einiger Abstriche gerne zustimmen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Vor wenigen Wochen hatte ein schwerer Unfall auf der A 7 für Entsetzen gesorgt. In der darauf einsetzenden Debatte hat sich insbesondere die Gewerkschaft der Polizei für den Bau einer Verkehrsbeeinflussungsanlage in Fahrtrichtung Norden eingesetzt und den Schutz von Polizeibeamten an Unfallstellen ins Blickfeld gerückt.
Obwohl diese Forderung sehr verständlich ist, ist auch zu berücksichtigen, dass diesem schweren Unfall ein individuelles Fehlverhalten von zwei Autofahrern zugrunde lag. Der eine bemerkte die Unfallstelle zu spät und steuerte abrupt nach links; der an
dere versuchte, auf der linken Spur, offenbar mit viel zu hoher Geschwindigkeit, die Unfallstelle zu passieren. Es handelt sich an dieser Stelle nicht um ein Ereignis an einem Unfallschwerpunkt, wo es regelmäßig zu Unfällen kommt. Es handelt sich vielmehr um einen bedauerlichen Einzelfall.
Die Befürworter einer Verkehrsbeeinflussungsanlage verweisen auf statistische Untersuchungen, nach denen die Unfallzahlen um bis zu 30 % dort zurückgegangen seien, wo eine solche Anlage aufgebaut worden ist.
Die Statistik ist richtig, zumal auch die verkehrslenkende Funktion von solchen Anlagen bei der Warnung vor Gefahren, besonders bei Staus und Unfällen, unbestritten ist. Daher ist seinerzeit richtigerweise entschieden worden, auf der A 7 in Fahrtrichtung Süden eine solche Anlage zu installieren, um den sich vor Hamburg verdichtenden Verkehr regulieren zu können. Hier bestanden ein entsprechend hohes Verkehrsaufkommen und daraus folgend auch ein erhöhter Regulierungsbedarf.
Eine vergleichbare Situation besteht auf der A 7 in Fahrtrichtung Norden eben nicht, dies ist eben kein auffälliger Autobahnabschnitt, sodass eine Anlage weder in verkehrstechnischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht sinnvoll wäre. Tragische Unfälle ändern daran nichts, solange sich an dieser Stelle nicht ein negativer Trend zu schweren Unfällen abzeichnet. Dies ist dort bislang nicht der Fall.
Wir teilen daher die Auffassung des Wirtschaftsund Verkehrsministers, dass die weitere Entwicklung auf diesem Streckenabschnitt der A 7 zwar sehr aufmerksam zu beobachten ist, dass derzeit aber kein aktueller Handlungsbedarf in Sachen Anlagenbau besteht.
Wir sehen daher auch keinen Sinn darin, jetzt erneut eine Grundsatzdebatte über ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen anzuzetteln, wie es die SPD hier versucht.
Der ADAC wies kürzlich in einer Anhörung des Umweltausschusses richtigerweise darauf hin, dass die Unfallzahlen in Ländern mit allgemeinem Tempolimit zum Teil höher liegen als bei uns. Ein Tempolimit ist kein Allheilmittel.
Ein grundsätzliches Tempolimit lehnt die AfD daher auch weiterhin aus gutem Grund ab, ebenso wie diesen SPD-Antrag. - Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Albrecht, vielen Dank für Ihren Bericht und Ihre bisherigen Anstrengungen, den Plastikmüll in der Landesverwaltung zu vermeiden.
Wir wissen, wir haben es gehört, Plastik ist überall, Plastik ist nützlich, Plastik ist ein wertvoller Rohstoff, den es gilt, sinnvoll einzusetzen und so oft es geht wiederzuverwenden. Wer Plastik wegwirft, verschwendet diesen Rohstoff und handelt unverantwortlich.
Laut einer aktuellen Studie des Verbandes kommunaler Unternehmen geben deutsche Städte und Gemeinden jedes Jahr 700 Millionen € aus, um Parks
und Straßen von Zigarettenresten, Einwegbechern und anderen Plastikeinwegprodukten zu reinigen und diesen Abfall zu entsorgen. 120 Millionen € gehen allein auf das Konto der allgegenwärtigen Getränkebecher aus Plastik.
Plastik und sonstiger Verpackungsmüll gehören nicht in die Umwelt, sie gehören nicht einfach nur verbrannt und schon gar nicht in unsere Meere. Darüber herrscht hier Konsens, genauso wie bei der großen Mehrheit der Bürger draußen. Es sollte wohl klar sein, dass, sofern vorhanden, die bessere Alternative gewählt wird. Das ist in der Politik so, sonst stünde ich heute nicht hier, aber natürlich auch bei Verpackungen aller Art.
Das, was im Antrag steht, ist nicht verkehrt. Natürlich ist es immer besser, Verpackungsmüll von vornherein zu vermeiden, statt Verpackungsabfälle aufwendig zu recyceln. Denn auch hier gilt das Vorsorgeprinzip. Konsequente Abfallvermeidung muss der erste Schritt sein. Der zweite Schritt wäre der Einsatz von einfach abbaubaren oder leicht recycelbaren Verpackungsmaterialien. Aber, fragen Sie einmal Gärtnereibetriebe, ob sie einfach Plastikträger durch Pappe ersetzen können oder Plastikfolien durch … Wodurch? Durch Stoff? - Da werden Sie schnell merken, dass es nicht in allen Bereichen funktionieren kann, Plastik so einfach zu ersetzen.
Insgesamt brauchen wir Alternativen, darüber ist gesprochen worden, und das sehen wir auch so. Wir brauchen Verpackungsmaterialien oder Kunststoffe, die leichter abbaubar sind und sich etwa unter UVLicht zersetzen oder auch kompostierbare Kunststoffe aus pflanzlichen Stoffen wie Hanf oder Flachs oder auch aus Erdölpolymeren. Solche Materialien gibt es bereits. Sie sind jedoch noch sehr teuer. Herr Weber wies gerade richtigerweise darauf hin, dass die herkömmliche Herstellung von Polyethylen und Polyestern auch durch die gesunkenen Ölpreise auf Dauer günstig bleiben wird. Heute machen die sogenannten Biokunststoffe gerade einmal 0,1 % der gesamten Kunststoffe aus, die in Europa verwendet werden.
Die alternativen Materialien sind aber nicht nur viel teurer, sondern sie bieten bisher laut einer Studie der University of Plymouth keine ökologischen Vorteile gegenüber herkömmlichen Produkten aus Polyethylen. Die Forschung dazu sollte daher weiter intensiviert werden. Sowohl die BASF in Ludwigshafen mit einem biologisch abbaubaren Polyester als auch die Firma Pyramid Bioplastics in Guben, Brandenburg, mit dem Ersatzstoff Polymilchsäure wollen ihre Produktion erhöhen - immerhin. Doch solange der ökologische Nutzen, und zwar
über den gesamten Lebenszyklus des Produktes, noch unbewiesen ist, bleibt die Hoffnung auf schnellen Ersatz für erdölbasierte Produkte sehr vage. Da nutzt auch eine Quote nichts, Frau Fritzen. Das hilft dann nicht, was die Ökologie betrifft. Im Übrigen gebe ich Ihnen jedoch völlig recht, dass wir nicht zu Maisstärke als Ersatzstoff greifen sollten; denn Mais haben wir in den letzten Jahren wahrlich lange genug übermäßig gefördert. Das hat, wie wir gesehen haben, nicht so viel gebracht.
Allerdings gibt es ein weiteres Problem, das Herr Bornhöft gerade schon angesprochen hat: Diese alternativen Stoffe werden nämlich im Recyclingprozess oftmals als Störfaktor, als Störstoff identifiziert, infolgedessen aussortiert und nicht recycelt, sondern wieder nur verbrannt. Da muss also noch mehr getan werden. Bis es so weit ist, dass wir wirklich mehr umstellen können, sollte jeder bei sich anfangen. Jeder kann sein eigenes Verhalten hinterfragen und konsequent Kaufentscheidungen aufgrund besonders umweltgerechter Verpackungen treffen. Damit wäre schon ein wichtiger erster Schritt gemacht. Wir sollten alle damit anfangen, soweit es noch nicht geschehen ist. Die Landesverwaltung ist offenbar schon auf einem guten Weg. Wir werden diesen Weg weiter aufmerksam verfolgen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt kommt der angekündigte Kontrapunkt in dem schönen harmonischen Konzert mit vielen Stimmen, aber kaum differenzierten Meinungen - bis auf die letzte. Über den Beitrag habe ich mich sehr gefreut. Ich komme auch noch einmal darauf zurück, fange aber erst einmal mit meiner vorgefertigten Rede an.
Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem ist aus unserer Sicht ein System, das aus der Zeit gefallen ist. Es ist über 70 Jahre lang zu einem riesigen Apparat gewachsen mit neun Landesrundfunkanstal
ten, zwei Dutzend Fernsehsendern und über 60 Radioprogrammen. Dem steht ein komplett verändertes Nutzungsverhalten gegenüber, bei dem ARD und ZDF nur noch eine Nebenrolle spielen. Das geben die Zahlen auch her. Die Zeit von Corona muss man davon ausnehmen; das ist ganz klar. Wir haben aber auch schon im Mai oder Juni 2020 gesagt, dass die Anstalten da einen sehr guten Job gemacht haben, genau wie übrigens auch die Zeitungskollegen.
Gemessen am Budget ist die ARD heute der größte nichtkommerzielle Programmanbieter der Welt. Man könnte die ARD angesichts der milliardenschweren Rücklagen für die Luxuspensionen der festen Mitarbeiter aber auch als Rentenkasse mit angeschlossenem Sendebetrieb bezeichnen.
Dass es ein nichtkommerzielles Fernseh- und Hörfunkangebot geben sollte, das die Bürger mit Informationen, Kultur und Bildung versorgt, hält - entgegen anderslautender Falschmeldungen - auch die AfD für wichtig. Wir wollen hier keine amerikanischen Verhältnisse, wo nur Kommerz und Propaganda durch den Äther rauschen. Natürlich, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, stellen wir ganz bestimmt nicht die Pressefreiheit infrage. Wir sind diejenigen, die froh darüber sind, dass wir inzwischen alternative Medien in Deutschland haben. Wir setzen genau auf diesen Punkt der Meinungsund Pressefreiheit. Wer etwas anderes behauptet, der verbreitet Fake News.
Abgesehen davon hängt die Finanzierung nur von wirtschaftlichen Erfordernissen ab, die von der KEF geprüft werden, und nicht von Programminhalten. Sie, Herr Ministerpräsident, haben in Ihrer Rede Dinge vermischt, die ausdrücklich getrennt zu betrachten sind. Die Formel, seriöser Journalismus gleich teuer, stimmt nicht mehr, schon lange nicht mehr. Dafür gibt es genügend Gegenbeispiele.
Zwangsbeiträge, wie sie derzeit eingetrieben werden, sind angesichts der sinkenden Zuschauerzahlen - abgesehen von der Coronazeit - schlicht unsozial. ARD und ZDF entwickeln sich immer mehr zu Spartenkanälen für Senioren. Die über 70-Jährigen verbringen zwischen fünf und sechs Stunden täglich vor dem Fernseher und schalten überwiegend ARD und ZDF ein. Man erkennt das gut an der Werbung im Vorabendprogramm. Die 14- bis 29-Jährigen verbringen gerade einmal 1 Stunde 20 Minuten am Tag vor dem Fernseher, und 60 % bevorzugen heute schon Videoangebote aus dem Netz. Aber auch von den 30- bis 49-jährigen Zuschauern nutzen nur noch 55 % täglich lineares Fernsehen, Tendenz abnehmend. Die Marktanteile von „Erstem“ und „Zweitem“ liegen zusammengenommen nur noch
bei 24 % und erreichen ganze Alterskohorten nicht mehr. Trotzdem gibt es immer noch drei Informations-, zwei Kultursender und zwei Angebote für junge Zuschauer. Immer noch kopieren ARD und ZDF Unterhaltungsformate, die genauso gut oder besser von den Privaten produziert werden können. Immer noch geben ARD und ZDF Millionen an Beitragsgeldern für Sportübertragungen aus.
Vor diesem Hintergrund ist es geradezu aberwitzig, dass der Gesetzgeber beharrlich an den Zwangsbeiträgen festhält und dazu sogar noch Werbung erlaubt. Die Finanzierung muss genauso auf den Prüfstand wie das ganze System. Die bisherigen Einsparvorschläge der ARD sind marginal. Und: Was ist das für ein Einspardruck, wenn man auf der einen Seite 300 Millionen einsparen muss, auf der anderen Seite aber wieder eine Beitragserhöhung kassiert?
Das bringt die Intendanten nicht ins Schwitzen; das kann ich Ihnen sagen.
Die Bürger sollen also mehr für etwas bezahlen, was sie immer weniger nutzen. Wenn das nicht unsozial und weltfremd ist, dann weiß ich es nicht. Zum Glück regt sich wenigstens in Sachsen-Anhalt Widerstand. Dort wird eine starke AfD-Fraktion zusammen mit der CDU die Beitragserhöhung voraussichtlich ablehnen.
Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem ist ein Dinosaurier, der durchs Land schwankt, während rechts und links von ihm schon die Meteoriten einschlagen. Unsere Nachbarn in Dänemark zeigen, wie man ohne Zwangsgebühren einen schlanken, nichtkommerziellen, qualitativ hochwertigen Rundfunk organisieren kann, mit weniger Sport, weniger Unterhaltung, weniger Lifestyle. Da fallen drei von sechs öffentlich-rechtlichen Sendern einfach mal weg, und trotzdem haben die Dänen immer noch ein gutes Programm. In Norwegen und Großbritannien sind die großen Staatssender auf demselben Weg.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Nur unsere Landesfürsten hegen und pflegen ihre liebgewonnenen Schaubühnen, die sie für ihre Auftritte gerne nutzen. ARD und ZDF sind aus der Zeit gefallene Scheinriesen, die nicht mehr künstlich beatmet werden dürfen, sondern dringend eine Frischzellenkur brauchen. Eine völlig ungerechtfertigte Anhebung der Zwangsbeiträge lehnen wir aus voller Überzeugung ab.
Jetzt zurück zum Thema. Wir reden über Finanzen. Es ist viel Richtiges gesagt worden; ich möchte nur ein paar Dinge klarstellen, die vielleicht nicht richtig gesagt worden sind. Ich fange mit Herrn Brockmann an.
Sehr geehrter Herr Brockmann, Sie haben Ihrer Sorge Ausdruck verliehen, dass durch die Einsparmaßnahmen, die der NDR unter anderem vornimmt, Personal auf die Straße gesetzt wird. Das ist meiner Kenntnis nach nicht der Fall. Alle ARD-Anstalten und das ZDF haben angekündigt, mehrere hundert Angestellte freizusetzen, aber das ist auf sozialverträglichem Weg geschehen.
- Ja, es ist zwar ein Abbau, aber der erfolgt sozialverträglich. Es gibt keine Härtefälle, es werden nur Stellen nicht mehr nachbesetzt. Das ist ja auch richtig so, wenn man einmal überlegt, dass der Auftrag, wie Herr Rossa eben richtig ausgeführt hat, in Zukunft wahrscheinlich etwas schmaler gefasst werden muss. Insofern ist das kein Argument.
Jetzt zu Herrn Weber. Sie haben gesagt, Ihnen sei neu, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten marktwirtschaftlich agieren müssten, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Auch da gilt ja das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Genau das untersucht doch die KEF. Die KEF muss untersuchen, ob die Beiträge vernünftig und wirtschaftlich verwendet werden. Insofern müssen die da genauso auf den Euro gucken wie die anderen.
Zu Herrn Harms. Sehr geehrter Herr Harms, Sie haben auf Dänemark abgehoben. So viel ich informiert bin - Sie mögen mich korrigieren, wenn ich falsch liege -, gibt es in Dänemark den Sender TV 2, der auf ein Pay-System umgestellt hat. Das ist ein absolutes Qualitätsprogramm und läuft sehr gut, wie ich höre. Das heißt, die Leute sind bereit, für einen kleinen Extraobolus ein Qualitätspro
gramm zu abonnieren. Das ist ein System, über das wir nachdenken können.
Wir müssen offen sein, was die Finanzierung betrifft. Ich sage nicht, dass Steuern der Weisheit letzter Schluss sind, absolut richtig. Es gibt auch Mischsysteme wie in Dänemark.
Zu Herrn Rossa. Vielen Dank für Ihren Beitrag, der den Rahmen richtig gesetzt hat. Genau in dem Rahmen bewegen wir uns, und den stellen wir nicht infrage. Es gibt genug höchstrichterliche Urteile darüber, dass die Finanzierung so sein muss, wie sie ist. Der Beitrag steht und bleibt auch, den können wir nicht wegdiskutieren. Aber Sie haben den richtigen Begriff genannt: Er muss auskömmlich sein, auskömmlich für die Aufgaben, die das öffentlichrechtliche System wahrnimmt.
Es geht darum, dass man sagt: Die Finanzierung bleibt so, wie sie ist, es gibt Beiträge. Aber wie sieht der Auftrag aus, und wie sieht die Struktur aus? Das ist doch die entscheidende Frage, die wir uns alle stellen müssen. Da höre ich aus dem Kreise der Ministerpräsidenten durchaus Bewegung, dass man sagt: Konzentration auf Information, Kultur und Bildung. Das bedeutet, dass man mit weniger Geld als den bisherigen 8 Milliarden € auskommen muss. Insofern sehe ich da keinen großen Widerspruch. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie das einmal in den großen Rahmen gesetzt haben.
Ja, bitte.
- Nein, das bedeutet es nicht. Ich habe gesagt: Wir stellen den Beitrag an sich nicht infrage. Wir stellen nur infrage, ob eine Gebührenerhöhung sinnvoll ist, wenn gleichzeitig gesagt wird, von allen Seiten, sowohl aus dem Kreis der Ministerpräsidenten als auch von den Intendanten selbst, dass gespart werden muss. Das ist für uns unlogisch. - Ja, bitte.
- Ich habe eine weitere Anmerkung. Darf ich?
- Ja, gern.
- Ich muss etwas zu dem klarstellen, was ich vorhin gesagt habe. Wenn wir in die Verfassung gucken, wenn wir uns bewusst sind, wie der Rundfunkauftrag heute ausgestaltet ist, dann ist der Finanzbedarf, den die Rundfunkanstalten angemeldet haben, höher als das, was die KEF festgestellt hat. Das heißt, der Beschluss der KEF führt dazu, dass ein erhebliches Einsparpotenzial gehoben werden muss. Das ist auch nicht geleugnet worden.
Vor dem Hintergrund, dass wir alle auf dem Boden der Verfassung stehen sollten, verstehe ich nicht, dass Sie dieser Beitragserhöhung nicht zustimmen können. Es ist meines Erachtens die Pflicht, wenn man verfassungskonform über die finanzielle Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschließen möchte, dieser Beitragserhöhung zuzustimmen. Sehen Sie das anders?
- Nein, ich sehe das genauso. Es wurde ja eben auch ausgeführt, dass, wenn die Beitragserhöhung nicht durch alle Landesparlamente geht - SachsenAnhalt ist ja im Moment noch offen, wie man hört -, dann wahrscheinlich wieder eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht landet.
- Das ist nicht die Antwort auf meine Frage.
- Moment, ich bin ja noch nicht fertig. - Dann werden die Anstalten wahrscheinlich recht bekommen, weil sich der Sachverhalt ja nicht verändert hat. Wir möchten, dass politisch mehr Druck auf die Anstalten ausgeübt wird, damit sie verstehen, dass sie in Zukunft einen anderen Auftrag übernehmen müssen.
- Damit nehmen Sie einen Verfassungsbruch in Kauf.
Nur eine Klage, keinen Bruch. Eine Klage ist ja wohl noch zulässig.
Noch eine Bemerkung an Herrn Harms.
Wir sind superfein. - Herr Harms, Sie haben kritisiert, dass wir kritisieren, dass es immer noch mehrere Informationskanäle gibt. Ich habe damit nicht die regionalen Informationskanäle gemeint, im Gegenteil, Regionalität finden wir super. Wir sagen in unserem eigenen Konzept: Wir brauchen Heimatverbundenheit und Regionalität. Aber warum muss es Phoenix, Tagesschau24 und ZDFinfo geben? Das hat mir noch keiner beantworten können - obwohl die ein gutes Programm liefern, gar keine Frage.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag behandelt ein wirklich wichtiges Thema, das zu Recht auf großes Interesse in der Öffentlichkeit stößt. Im Handel und in der Produktion gibt es im Zuge der globalisierten Wertschöpfungs- und Lieferketten immer wieder Verstöße gegen Menschenrechte. Dazu zählen besonders in Schwellenländern die Arbeit von Kindern, Dumpinglöhne und nicht selten auch ein völlig unzureichender Arbeitsschutz. Regelungen, wie sie die deutsche Arbeitsstättenverordnung vorsieht, über die wir auch in dieser Sitzung diskutiert haben, sind in anderen Regionen der Welt nicht vorstellbar.
Der Antrag setzt nun dieses bundespolitische Thema zu einem Zeitpunkt auf die Tagesordnung, an dem noch nicht einmal Details eines zukünftigen Bundesgesetzes bekannt sind. Bisher ist bekannt, dass nach dem Wunsch der Bundesminister Heil und Müller in Zukunft Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern dafür verantwortlich gemacht werden sollen, dass Lieferanten im Ausland soziale und ökologische Mindeststandards einhalten. Vorgesehen ist dabei eine vorrangig zivilrechtliche Haftung, und das Gesetz soll schon 2020/21 in Kraft treten.
Trotz der Bedeutung, die der Kampf gegen Dumpinglöhne und Kinderarbeit auch für uns hat, stellt sich hier zunächst eine zentrale Frage: Warum wird die Initiative für das Lieferkettengesetz gerade jetzt, inmitten von Zeiten von Corona, Wirtschaftskrise und Lockdown, gestartet? Hier können wir dem Wirtschaftsrat der CDU, die vielleicht doch nicht so geschlossen ist, nur zustimmen, der vor Kurzem erklärte, dass das Lieferkettengesetz zur denkbar schlechtesten Zeit ein Zeichen des Misstrauens an die Wirtschaft aussendet und sie einmal mehr unter Generalverdacht stellt.
Ich höre hier, wie Frau Metzner Herrn Engels zitiert. Das habe ich seit dem Untergang der DDR
nicht mehr gehört. Marx-Engels-Werke - das habe ich zuletzt von kommunistischen Kommilitonen im Studium gehört. Wenn das Ihre Basis ist, um Unternehmen zu beurteilen, dann ist dieser Generalverdacht in den Reihen der Sozialdemokratie wohl immer noch lebendig.
- Herr Kollege, ja, ich bin schon so alt. MEW Marx-Engels-Werke - die musste man in der DDR lesen.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Bundesverband der Deutschen Industrie, die deutsche Industrie- und Handelskammer und der Handelsverband Deutschland warnen gemeinsam vor ungerechtfertigten Zusatzbelastungen, die deutschen Unternehmen in Zukunft aufgebürdet würden. Selbst das Wirtschaftsforum der SPD, man höre und staune, warnt vor nationalen Alleingängen und einer Zersplitterung des EU-Binnenmarktes. Das ist ausnahmsweise einmal etwas Vernünftiges aus dieser Ecke.
Aber es geht hier nicht um den fragilen Zustand der Wirtschaft in Zeiten von Corona und Lockdown. Wir reden ja im Moment von einem aktuellen Minuswachstum von 10 %. Nein, auch inhaltlich bringt das Vorhaben massive Probleme mit sich, denn der Mittelstand sagt zu Recht: Wir haben keine Compliance-Abteilung wie große Unternehmen.
Herr Kilian hat eben von großen, global agierenden Unternehmen gesprochen. Das klingt immer so nach Siemens, Daimler, BMW und Bayer, aber es gibt auch viele mittlere Unternehmen, die 501 Mitarbeiter haben. Diese müssen dann eine Compliance-Abteilung einführen. Sie müssen dann irgendwo auf einem indischen Baumwollfeld neben der Pflückerin stehen und gucken, ob vorher Pflanzenschutzmittel gesprüht worden sind. Sie müssen nach Pakistan, Bangladesch oder Vietnam fliegen und in den Textilunternehmen nachsehen. In Kambodscha habe ich damals auch vorbeigeguckt, weil es auch dort gebrannt hatte. Dort hat man für Nike gearbeitet, und die Näherinnen haben 5 ct. pro Stunde bekommen. Aber das kann ein Mittelständler nicht leisten, nämlich danebenzustehen und jeden Tag nachzusehen, was der Subunternehmer des Subunternehmers des Subunternehmers macht, denn so läuft das in der Praxis in diesen Ländern. Deswegen ist es unrealistisch, anzunehmen, dass Betriebe ab 500 Mitarbeitern das leisten können. Ich bin nun kein Jurist, Herr Kilian und Herr Minister, das wissen Sie wahrscheinlich besser, aber eine
zivilrechtliche Haftung wird dort sehr schwierig durchzusetzen sein.
Weiter geht es natürlich mit der Frage, die auch schon Herr Richert angesprochen hat, nämlich: Wie gehen wir mit China um? Wir wissen, wie China seine ethnischen Minderheiten behandelt, zum Beispiel die Uiguren, aber nicht nur die. Sollen wir jetzt die Handelsbeziehungen kappen? Sollen wir nicht mehr dort produzieren? - Gut, dann müssen wir das so machen. Das müssen wir den Betrieben dann aber auch rechtzeitig sagen. Das sollten wir aber auch in Bezug auf die Türkei, Katar, die Emirate und Saudi-Arabien einführen. Überall dort werden die Menschenrechte mit Füßen getreten und Minderheiten unterdrückt.
Also: Weg mit der Produktion dort und zurück nach Europa, womit wir zum Beispiel gar kein Problem hätten, denn gerade im Zeichen der Coronakrise haben wir erlebt, dass die Versorgungssicherheit durch die Lieferketten nach Ostasien und Südasien durchaus gefährdet war. Ich habe also nichts dagegen, wenn wir das wieder zurückholen. Man muss nur wissen, was das bedeutet, und man muss jetzt vielleicht nicht mit einem Lieferkettengesetz als Schnellschuss aus der Hüfte schießen.
Das Thema ist komplex. Es ist etwas komplexer, als Frau Metzner es dargestellt hat. Deshalb wäre ich sehr dafür, dass wir es sehr ausführlich im Ausschuss beraten, möglichst im Wirtschaftsausschuss. Da gehört es aus meiner Sicht hin. Ansonsten kann ich nur hoffen, dass es auf Bundesebene nicht zu Schnellschüssen kommt. - Vielen Dank.
Verehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Knuth, gestatten Sie mir zwei Bemerkungen in Ihre Richtung. Sie haben natürlich völlig recht, wenn Sie auf die europäische Dimension abheben. Das ist ja auch genau einer meiner Kritikpunkte gewesen. Denn was bringt es unseren Unternehmen, wenn wir jetzt ein nationales Gesetz durchprügeln - ich sage bewusst „durchprügeln“, weil es eigentlich schon Anfang 2021 gelten soll -, während wir ein solches Gesetz auf europäischer Ebene nicht haben? Dann haben wir wieder eine innereuropäische Konkurrenz; das bringt ja nichts. Das war einer meiner Punkte. Insofern gebe ich Ihnen recht.
Das andere war: Natürlich haben auch Mittelständler - ich sage auch hier bewusst „Mittelständler“; denn es gibt ja die Definition, dass der Mittelstand bis 1.000 Mitarbeiter geht, und dann gibt es auch noch die Umsatzzahlen, die dazugehören - ein Supply-Chain-Management, wenn sie 15 Leute in ihrer Lieferkette haben. Aber ich habe gesagt, die haben kein Compliance-Management. Das ist der Unterschied. Das ist auch der Unterschied zu den Großunternehmen, Herr Kilian.
Natürlich haben große Unternehmen, die weltweit agieren und riesige Lieferketten haben, andere Maßstäbe, weil sie auf andere Betriebe nicht unbedingt Rücksicht nehmen wollen, was ja auch vernünftig ist. Ich meine, es wäre gut, wenn ein Mittelständler so etwas auch macht.
Wir sind ja gar nicht so weit auseinander. Ich habe doch nur gesagt, dass die Initiative zur Unzeit kommt. Das sagt nicht nur der Wirtschaftsrat der Union, sondern auch Ihre Wirtschaftsvereinigung. Alle sagen, das komme zur Unzeit und passe jetzt überhaupt nicht. Wir haben ein negatives Wirtschaftswachstum und wissen nicht, wie es weitergeht. Wir wissen auch nicht, wie die Lieferketten funktionieren. Dann kommt noch so eine Belastung dazu. Nur das habe ich zum Ausdruck bringen wollen.
Das Prinzip ist ja völlig richtig. Ich habe nur gesagt, es muss realisierbar sein, auch für kleine Unternehmen. Und dazu zähle ich auch den Betrieb mit 501 Mitarbeitern, der eine überschaubare Lieferkette hat.
Was China und so weiter betrifft, habe ich gesagt: Es ist ein Problem, wenn wir jetzt alle gleichbehandeln und Menschenrechtsverletzungen ahnden; dann müssten wir konsequenterweise auch aus diesen Ländern raus. Das fände ich richtig, und ich habe auch nichts dagegen, wenn wir wieder mehr in Europa oder in anderen Ländern produzieren, wo die Menschenrechte eingehalten werden. Das wäre auf jeden Fall besser.
Bei alledem besteht insoweit gar kein Dissens. Mir geht es nur darum, dann auch konsequent zu sein.
Ich hoffe, das war alles verständlich. - Vielen Dank.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bedeutung, die das Hotel- und Gaststättengewerbe mit seinen mehr als 5.000 Betrieben und über 80.000 Beschäftigen für Schleswig-Holstein besitzt, ist unbestritten. Die Unterstützung dieses wichtigen mittelständischen Gewerbes bleibt daher in Zeiten von Corona vorrangiges Ziel aller Entscheidungsträger in der Politik. Trotzdem ist es notwendig, auch in diesen Zeiten eine pragmatische Haltung einzunehmen.
Ja, der Tourismus hat in den Städten und im Binnenland mit besonders großen Problemen zu kämpfen; das war bereits vor dem Lockdown der Fall. Schon in den letzten Jahren mussten zahlreiche Landgasthöfe aufgeben und schließen. Die Urlaubsorte an Nord- und Ostsee dagegen haben einen klaren Standortvorteil, der sich auch jetzt wieder gezeigt hat. An den Küsten schrumpften die Zahlen nicht so stark wie anderswo. Der Juni war in Schleswig-Holstein „so wenig schlecht“, wie es nirgendwo anders war; wir liegen da an der Spitze aller Urlaubsdestinationen in Deutschland.
Die Nachfrage hat sich verändert, die Trends sind andere, und die klassische Pension mit Übernachtung und Frühstück kann heute mit Hotels oder anderen Beherbungsbetrieben, die ein Rund-um-Erlebnis bieten, nicht mehr mithalten. Diejenigen Touristen, die bewusst das Binnenland für ein Wander-, Fahrrad- oder Kanuurlaub ansteuern, sind leider immer noch eine Minderheit. Wir müssen uns deshalb ehrlich eingestehen, dass nicht jeder Umsatzeinbruch in diesem Gewerbe ein Resultat des Lockdowns ist.
Es gilt jetzt vielmehr - das klang eben schon an -, solchen Betrieben zielgenau zu helfen, die für die Branche unverzichtbar sind, und dort zu helfen, wo es nachhaltig sinnvoll ist.
Andererseits reichen die negativen Folgen des Lockdowns in der Gastronomie weit über die bishe
rigen Einschnitte hinaus. Auch wenn die Beschränkungen teilweise gelockert wurden, müssen wir dauerhaft mit einer erhöhten Zurückhaltung der Kunden rechnen.
Allein die Tatsache, dass bestimmte Veranstaltungen jetzt wieder zulässig sind, führt nicht dazu, dass die Leute auch kommen. Corona hat zu einer massiven Verunsicherung der Bevölkerung geführt, und es liegt auf der Hand, dass viele Feste, Hochzeitsfeiern, runde Geburtstage, Familienfeiern und Betriebsfeiern nach wie vor sehr zurückhaltend gebucht werden. Hier wird zum einen auf Personen Rücksicht genommen, die wegen Corona aus gesundheitlichen Gründen vorsichtig reagieren. Zum anderen dürfen wir nicht vergessen, dass die Kaufkraft gesunken ist und weiter sinken wird. Das wird auch für unser Hotel- und Gaststättengewerbe ein Problem sein.
Das Gleiche gilt für den Tagungs- und Seminartourismus. Wir haben gestern die entsprechenden Zahlen gehört. Da gibt es viel nachzuholen, und gerade die Städte leiden besonders unter dem Lockdown.
Das alles ändert nichts daran, dass eine größtmögliche Hilfe für das Hotel- und Gaststättengewerbe gerade im Tourismusland Schleswig-Holstein weiter notwendig ist. Als AfD-Fraktion haben wir diese Priorität von Anfang an vertreten und bereits am 14. April 2020 eine konkrete Exit-Strategie aus den Coronabeschränkungen und großzügige Steuererleichterungen gefordert.
Der vorliegende Antrag der Jamaika-Fraktionen fasst zusammen, was auf Bundesebene Konsens ist und auch hier auf breiten Konsens stoßen dürfte. Die Überbrückungshilfe für kleinere Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern, die Gewährung von Soforthilfe für den Zeitraum März bis Mai, unabhängig vom Datum der Antragstellung, und die Forderung nach Überbrückungshilfen durch den Bund über den Monat August hinaus sind sinnvoll.
Der Landtag kann heute ein wichtiges Signal an das Hotel- und Gaststättengewerbe senden. Das ist auch deshalb sehr wichtig, weil wir jetzt auf die Nebensaison zurollen, und wir wissen, dass dort weniger Gäste zu uns kommen.
An der Stelle danke ich nicht nur dem Wirtschaftsund Tourismusminister, der uns im Ausschuss immer super informiert und dem mittelständischen Gewerbe zur Seite gestanden hat, sondern auch dem Tourismusverband Schleswig-Holstein und der Tourismusagentur, die uns gestern zum Runden
Tisch eingeladen hat. Auch da haben wir tolle Informationen bekommen, 67 Rundschreiben zum aktuellen Stand der Dinge. Es gibt eine neue Marketingkampagne, die speziell auf die Nebensaison zugeschnitten sein soll. Die Damen, die das leiten, Frau Dr. Homp und Frau Dr. Bunge, verbreiten Optimismus, trotz allem, und das brauchen wir alle.
Wir sollten bei dem Thema zusammenstehen und das Tourismusland Schleswig-Holstein wieder auf die Beine stellen. - Vielen Dank.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Die Entscheidung von Galeria Karstadt Kaufhof, 62 von 172 Standorten in insgesamt 47 Städten zu schließen und damit rund 6.000 Arbeitsplätze bundesweit abzubauen, bedeutet für den Wirtschaftsstandort und natürlich die Mitarbeiter einen schweren Rückschlag. Das ist auch hier im Land eine dramatische Situation.
Aber wir dürfen nicht vergessen, dass dies nur der Schlusspunkt einer krisenhaften Entwicklung ist, die bereits seit 20 Jahren andauert; denn schon vor 20 Jahren musste Karstadt mit Quelle fusionieren. Dann kam die Übernahme durch den ArcandorKonzern, und das Unheil nahm seinen Lauf. 2004 wurde bekannt, dass Karstadt damals schon, vor 16
Jahren, in finanziellen Schwierigkeiten steckte und schon damals mit den Strukturen des Einzelhandels kämpfen musste. Die Anpassung gelang nicht; wir haben es eben gehört. Dann kam 2009 der Insolvenzantrag. Nicolas Berggruen entpuppte sich als Heuschrecke und nicht als Heilsbringer, als der er in den Medien immer gefeiert wurde, und am Ende des Insolvenzverfahrens mussten rund 40.000 Gläubiger auf nahezu 2 Milliarden € verzichten, darunter auch zahlreiche Kommunen. Man sollte dem Herrn vielleicht mal in seine Stiftung in die Karibik folgen und ihn haftbar machen.
Die Trendwende gelang auch nicht unter Berggruen, sondern der Konzern erwirtschaftete weiterhin hohe Verluste, und dann war es zu Ende, und die Premium- und Sporthäuser gingen zu 75 % an die österreichische Signa-Holding des Investors René Benko. Auch dieser Investor war ein Finanzinvestor und am Handel nur marginal interessiert. Er hatte stattdessen von Beginn an einen Plan B für den Fall, dass die Kaufhäuser nach wie vor keinen Erfolg haben würden, und dieser Plan B bestand von Anfang an in der Verwertung der attraktiven Immobilien. Genau dieser Fall ist jetzt leider eingetreten.
Es ist hilft daher überhaupt nichts, wenn der SPDAntrag jetzt die pauschale Forderung erhebt, dass Galeria Karstadt Kaufhof seiner Verantwortung als Arbeitgeber gerecht werden sollte. Dieser Zug ist abgefahren. Auch an politischen Hilfsangeboten, besonders zum weiteren Betrieb einzelner Kaufhäuser an den bisherigen Standorten, hat es vor allem seitens der Kommunen in den vergangenen Monaten nicht gefehlt. Das hat nur nichts genutzt, weil der Plan ein anderer war.
Es muss jetzt Klartext gesprochen werden. Es ist zu konstatieren, dass den staatlichen Einflussmöglichkeiten an dieser Stelle Grenzen gesetzt sind. Auch die Verlängerung der Zeit für die Transfergesellschaft von sechs auf zwölf Monate, wie die SPD es sich vorstellt, gehört in diese Kategorie. Die Politik darf nicht den Eindruck erwecken, hier mehr ausrichten zu können, als tatsächlich möglich ist. Hier sollte jetzt endlich ein Schnitt gemacht werden. Ein Sofortprogramm hilft an dieser Stelle nicht. Zu der vorgeschlagenen Anmietung leerstehender Ladenlokale durch Kommunen hätte ich gerne einmal gewusst, wie Sie sich das vorstellen, woher die Kommunen, die im Moment mit sinkenden Steuereinnahmen zu kämpfen haben, dafür das Geld nehmen sollen. Das funktioniert einfach nicht. Das ist pauschal herbeigeträumt, hat aber mit der wirtschaftlichen Situation im Lande nichts zu tun.
Die Existenz von Warenhäusern in den Innenstädten - damit kommen wir zum interessanteren Teil der Debatte - hat in der Tat eine große Bedeutung für deren Einzugsbereich gehabt. Aber es trifft nicht mehr zu, dass die Innenstädte von der Existenz solcher Warenhäuser leben. Dafür gibt es genügend Gegenbeispiele. Sie müssen vielleicht doch einmal über das Land hinausgucken, nicht nur nach Husum und Eckernförde, sondern auch in andere Länder. In Schweden ist das nämlich schon lange so, ebenso in Dänemark. Ich will jetzt gar nicht von den USA, Australien oder asiatischen Metropolen reden. Da spielen große Kaufhäuser keine Rolle mehr. Da gibt es ein völlig anderes Konzept. Kaufhäuser wie Karstadt Kaufhof sind Dinosaurier aus einer anderen Zeit. Sie sind jetzt massiv vom Aussterben bedroht. Das ist Fakt. Damit muss man sich jetzt abfinden.
Gut. Aber der Negativtrend ist ein wichtiges Thema, das Sie ansprechen. Darüber sollten wir wirklich beraten; denn es ist wichtig, dass wir diesen Negativtrend gemeinsam, also durch die Landesund die Kommunalpolitik, aufhalten. Dieser hat sich durch Corona natürlich noch verschärft. Dieser hatte aber schon begonnen - das muss man ehrlicherweise auch sagen - durch den Bau von OutletCentern an der Peripherie. Die dortigen Kommunen und Kreise waren über die Gewerbesteuereinnahmen sehr froh. Aber auch das Konsumverhalten des Bürgers, der immer mehr online bestellt, hat dazu geführt, dass die Innenstädte leerer geworden sind. Der Onlinehandel ist letztes Jahr wieder um 9 % gewachsen, und ich vermute einmal, dass es dieses Jahr noch stärker sein wird.
Es gibt auch Bereiche im Einzelhandel, die profitiert haben. Denken wir nur an die Bau- und Gartenmärkte und auch andere Branchen, deren Zahlen durchaus nicht nach unten zeigen.
Es liegt auf der Hand, dass der Onlinehandel gerade durch die Corona- beziehungsweise Lockdown-Krise seine Marktmacht ausbauen konnte. Das Konsumverhalten der Bürger wird sich durch staatliche Eingriffe sicher nicht ändern lassen. Das kann in einer freien und sozialen Marktwirtschaft auch nicht gewollt sein. Vielmehr sollten die Einzelhändler viel stärker die Chancen ergreifen, die der Onlinehandel auch für sie bietet, denn auch stationärer Einzelhandel kann Onlinehandel für sich gewinnbringend nutzen. Gleichzeitig muss dem Kunden auch ein Einkaufserlebnis im Einzelhandel geboten werden, denn wegen des Erlebnisses kommt der Kunde nach wie vor in die Innenstädte. Wir haben es gerade bereits von den anderen Kollegen gehört.
Ein weiterer Punkt, der auch vom Wirtschafts- und Tourismusminister forciert und immer wieder betont wird: Der Städte- und Binnentourismus liegt im Moment weit hinter dem Küstentourismus - so nenne ich ihn einmal. Auch da sollten wir versuchen, die Verkehrsströme auch nach Corona wieder in die Städte zu lenken. Eine Umkehr im Verbraucherverhalten und eine grundsätzliche Trendwende weg vom Versand- zum stationären Kaufhaushandel können wir nicht mehr erwarten. Deshalb stellen Warenhäuser auch sicher nicht mehr die Lösung für die Belebung leerer Innenstädte dar.