Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und teile Ihnen mit, dass heute die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein erkrankt ist. Wir wünschen gute Besserung.
Auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages begrüßen wir herzlich Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule am Schiffsthal aus Plön. - Herzlich willkommen heute im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Stefan Weber.
Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich habe mir einmal die Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen für verschiedene Maßnahmen des Tierschutzes vom 17. Juli 2019, V 244, durchgelesen. In der Tat sind das für Nichtfachleute beziehungsweise ehrenamtlich Tätige in Tierheimen sehr umfangreiche Anforderungen. So heißt es zum Beispiel unter den Nachweispflichten in Kapitel 7.3:
- Namen und geleistete Stunden der beschäftigten Arbeitskräfte (mit Stundenzettel und Unterschrift) sowie die Höhe der Entlohnung (bis zur Höhe des gesetzlichen Mindest- lohns).“
„Weshalb ist die Durchführung des Vorhabens ohne die Gewährung einer Zuwendung nicht möglich? Aus welchen Gründen wurde
Dies und vieles mehr wird abgefragt und soll ausgeführt werden. Ich frage mich wirklich: Was sollen diese vielen Fragen?
Die Beispiele zeigen: Die Antragsmodalitäten für die Beantragung von Mitteln müssen dringend vereinfacht werden. Es geht nicht an, dass nur ein Bruchteil der Mittel bei den Tierheimen ankommt, weil bürokratische Hürden die Mittelvergabe hemmen.
Dies zeigt sich auch in den Antworten auf die Kleinen Anfragen von Herr Harms, Drucksache 19/1897, und Frau Krämer, Drucksache 19/1906. In der Antwort heißt es unter anderem: Die Landesregierung will die Vereinfachung der Förderrichtlinien prüfen - und das in Abstimmung mit den Akteuren. Das ist ein erster guter Schritt, aber, lieber Minister Albrecht, prüfen allein hilft den Tierheimen nicht.
Auch die 28-Tage-Frist ist nicht mehr zeitgemäß. Die Kommunen bezahlen für die ersten 28 Tage die Unterbringung der Tiere. Das ist absolut nicht ausreichend, denn die Tiere bleiben häufig für einen viel längeren Zeitraum in den Tierheimen. Der Grund liegt unter anderem darin, dass immer mehr alte und kranke Tiere aufgenommen werden, die medikamentös versorgt werden müssen und deren Weitervermittlung schwierig ist. Hier brauchen wir Lösungen für Tier und Tierheim. Die Kommunen in Schleswig-Holstein wissen, was sie an ihren Tierheimen haben.
Über den Vorschlag der Kollegin Krämer, diese Frist auf 90 Tage auszudehnen, wie sie es in ihrer Kleinen Anfrage angefragt hat, können wir ja einmal intensiv diskutieren.
Zu der Antwort der Landesregierung nur so viel: Ja, die Träger der Tierheime, die überwiegend ehrenamtlich geführt werden, sollen mit den Kommunen verhandeln. Ist das aber immer auf Augenhöhe? Dies ist vor allem wichtig im Zusammenhang mit der zunehmenden Problematik von Fällen der Tiersammelwut in Schleswig-Holstein, auch Animal Hoarding genannt.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Rund 160 Tiere wurden vor einem Jahr nach der Zwangsräumung einer Dreizimmerwohnung in Kiel-Gaarden aus der
Wohnung herausgeholt. Für einige Tiere kam die Hilfe leider viel zu spät. Nach Aussagen der stellvertretenden Vorsitzenden des Landestierschutzbundes Schleswig-Holstein Susanne Tolkmitt nimmt vor allem die Zahl der besonders schweren Fälle von Animal Hoarding zu. Das belastet Tierheime in ganz Schleswig-Holstein. Die Tiere sind pflegebedürftig und belasten die Tierheime mit hohen Tierarztkosten.
Die Zustände in den meisten Wohnungen der Sammler sind erschreckend. Kot und Urin auf dem Boden gehören noch zu den leichteren Fällen. Oft liegen tote Tiere wochenlang am Boden und verwesen. Es mangelt an Futter, Wasser, Pflege und tierärztlicher Betreuung, aber auch die psychisch kranken Menschen verwahrlosen meist mit.
Die Tiere können sich nicht wehren. Sie können nicht einfach zum nächsten Tierheim gehen und um Hilfe bitten. Das klingt zynisch, aber das ist die Lebenssituation dieser armen, wehrlosen Geschöpfe. Das Elend der Tiere, die bei einem Tiersammler leben, ist unbeschreiblich groß. Animal Hoarding bedeutet unfassbares Leid. Wenn es dann gelungen ist, die Tiere aus ihrem Martyrium zu befreien, sind es die Tierheime, die den verwahrlosten und kranken Geschöpfen Hilfe und Schutz bieten. Dafür benötigen die Tierheime schnelle, unbürokratische Hilfe. Ich denke, darüber sollten wir noch einmal ausführlich reden. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen! Tierheime effizient unterstützen oder besser unterstützen, als wir das heute tun? - Sehr geehrter Herr Weber, Sie selbst sind ehrenamtlich gewählter Bürgermeister, und Sie wissen, wie es vor Ort läuft. Deswegen bin ich von Ihrer Rede ein wenig enttäuscht.
- Jetzt komme ich zum Punkt: Wir sind uns doch einig. Wir wollen das gute Verhältnis zwischen Kommunen und Tierheimen auf keinen Fall gefährden oder in irgendeiner Form in Abrede stellen.
- Das hat gar nichts mit lieber nicht aufmucken zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass die Kommunen nicht mit Ideen überfallen werden dürfen, die aus Ihrer Feder stammen, obwohl sie Tierheime über Jahre finanziell begleiten und diese unterstützen und das Thema mit angeschoben haben.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie ein wenig dankbar gewesen wären für das, was Sie zu Recht auch in der Küstenkoalition mit dem Programm für die Katzenkastration positiv eingeleitet haben; denn die Programme haben gewirkt - durchaus kritisch betrachtet von der CDU.
Was will ich damit sagen? - Wir sind als Gesetzgeber verpflichtet, wenn wir mit öffentlichen Mitteln umgehen, diese so zu verwenden, dass kein Verdacht entstehen kann, diese Mittel würden in irgendeiner Form zweckentfremdet oder nicht vernünftig eingesetzt. Dazu gehört in eine Richtlinie auch der Arbeitsschutz. Gerade die SPD, die hier nun bemängelt, dass das alles so kompliziert sei und wir die Messlatte viel zu hoch legten, auch im Bereich ehrenamtlicher Arbeit, gerade diese Fraktion - das verwundert mich - beschwert sich über Arbeitsbedingungen oder Arbeitsschutz und sagt, das alles müsse in der Richtlinie gelockert werden. Darüber sollten Sie vielleicht noch einmal nachdenken; denn egal, ob ehrenamtlich oder nicht ehrenamtlich: Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen sollten auf alle Fälle eingehalten werden.
Das gute Verhältnis zu den Kommunen, die für Fundtiere und für abgegebene Tiere aus Not verantwortlich sind, die letztendlich in den Tierheimen aufgenommen werden, wollen wir nicht gefährden. Beschlössen wir heute, die 28 Tage auf 90 Tage zu verlängern, dann - da können Sie sicher sein - kämen die Kommunen in der Kürze Zeit gedanklich gar nicht mit und würden sich zu Recht bedrängt fühlen. Das Ergebnis könnte sein - muss nicht, könnte aber, Herr Weber -, dass die Kommunen blockieren, dass sie die Tiere nicht mehr in Tierheime bringen - die Verträge sind ja freiwillig geschlossen worden -, sondern vor Ort unterbringen, was es in einzelnen Kommunen ja auch heute schon gibt. Warum? - Weil es vermeintlich mit kurzen Wegen und schlanken Strukturen wesentlich günsti
ger gehen kann. Deswegen meine Empfehlung: Gefährden Sie das gute Verhältnis zu den Kommunen nicht; denn die haben nach wie vor Bedenken, dass sie damit Konnexität auslösen und wir letztendlich als Landesgesetzgeber die Zeche selbst zahlen müssen.
Sehr geehrter Herr Kollege, ich weiß jetzt nicht genau, worauf Sie hinauswollen. Aber in unserem Antrag haben wir geschrieben, dass dies gemeinsam mit den Kommunen erörtert und beraten werden soll. Es ist nicht so dargestellt worden, dass hier eine Vorgabe geschaffen werden soll, nach der die Kommunen das machen müssen. Ich bitte Sie deshalb, den Text des Antrages vielleicht doch noch einmal genauer nachzulesen.