Protocol of the Session on September 23, 2021

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Werte Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung. Nach Mitteilung der Fraktionen beziehungsweise der Regierung sind von der CDU-Fraktion die Abgeordneten Klaus Schlie und Lukas Kilian erkrankt. Von der SPD-Fraktion ist die Abgeordnete Kathrin Bockey und von der FDP-Fraktion der Abgeordnete Marcus Rossa erkrankt. Von der Landesregierung erkrankt sind der Ministerpräsident Günther sowie Minister Claussen. Wir wünschen alle gute Besserung.

(Beifall)

Für die Fraktionen der CDU und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben die Abgeordneten von der Heide und Voß nach § 47 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung des Landtages mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme an der heutigen Sitzung verhindert sind.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 1, 4, 29 und 31 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Regierungserklärung zu „Gemeinsam erfolgreich gegen die Pandemie - Schleswig-Holsteins Weg zurück in die Normalität“

Drucksache 19/3306

b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beteiligung des Schleswig-Holsteinischen Landtages beim Erlass von Rechtsverordnungen nach § 32 Infektionsschutzgesetz (Schles- wig-Holsteinisches Infektionsschutz-Parla- mentsbeteiligungsgesetz - IfSPBG SH)

Gesetzentwurf des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD Drucksache 19/2698

Bericht und Beschlussempfehlung des Innenund Rechtsausschusses Drucksache 19/3275

c) Verhältnismäßigkeit von Corona-Schutzmaßnahmen wiederherstellen - Anlasslose Massen-Tests an Schulen beenden

Antrag des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD Drucksache 19/3283

d) Paradigmenwechsel im Pandemiemanagement - Schleswig-Holstein auf dem Weg zurück in die Normalität

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/3291

Freedom Day am 30. Oktober

Alternativantrag des Abgeordneten Dr. Brodehl (fraktionslos) Drucksache 19/3316

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht, somit erteile ich zunächst zu b) das Wort der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Abgeordneten Barbara Ostmeier.

Frau Präsidentin! Ich würde gern auf die Vorlage verweisen.

Ich danke. - Ich erteile dann für die Landesregierung dem Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die meisten Menschen in Schleswig-Holstein haben in den vergangenen 19 Monaten mit norddeutscher Besonnenheit die Herausforderungen der Coronapandemie bewältigt. Sie haben sich an Regeln gehalten. Sie haben die Einschränkungen auf sich genommen. Sie haben sich impfen lassen.

Auch hier im Landtag haben wir ruhig und ernsthaft die in der Pandemiebekämpfung erforderlichen Schritte besprochen und gemeinsam mit den demokratischen Oppositionsfraktionen meistens große Einigkeit herstellen können.

Meine Damen und Herren, fast immer fragen mich Länderkolleginnen und -kollegen, was bei uns in der Pandemie sowohl bei den Inzidenzen, die niedrig waren, als auch bei den Impfquoten, die hoch sind, das Erfolgsrezept in Schleswig-Holstein war. Ich habe dann immer gern darauf hingewiesen, dass dieses konstruktive Miteinander in dieser besonderen Situation auch ein Erfolgsfaktor ist. Ich finde, die Menschen im Land haben ein Recht darauf, dass in einer solchen Ausnahmesituation Demokra

Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 128. Sitzung - Donnerstag, 23. September 2021 9719

tinnen und Demokraten zusammenarbeiten. Das kann man auch drei Tage vor der Bundestagswahl sagen.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir waren in Schleswig-Holstein mit den Maßnahmen insgesamt stringenter und in den entscheidenden Phasen der Pandemie konsequenter als viele andere. Vor allem: Wir hatten immer einen konkreten Fahrplan, und den haben wir auch für den Weg aus der Pandemie heraus. Im Ergebnis ist Schleswig-Holstein besser durch die vergangenen anderthalb Jahre gekommen als viele andere Länder um uns herum. Ich bin für diese Gemeinschaftsleistung in großer Demut dankbar.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der norddeutsche Blick auf das Notwendige ist uns auf diesem Weg stets ein guter Begleiter gewesen. Ihm verdanken wir, dass wir sowohl bei den Erstals auch bei den Zweitimpfungen unter den drei besten Bundesländern sind. 72 % der Menschen hier bei uns sind mindestens einmal geimpft, und über zwei Drittel der Menschen in Schleswig-Holstein sind inzwischen vollständig geimpft. Auch bei den Jugendlichen liegt Schleswig-Holstein bei der Impfquote vorn: 54 % der 12- bis 17-Jährigen in Schleswig-Holstein sind inzwischen mindestens einmal geimpft. Weitere Impffortschritte hängen jetzt maßgeblich von der mittleren Altersgruppe ab. Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto sicherer kommen wir alle gemeinsam durch Herbst und Winter.

Fest steht: Inzwischen hatten und haben alle Menschen in Schleswig-Holstein die Möglichkeit, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Bundesregierung und wir, die Landesregierung, haben damit das Versprechen gehalten, dass jede und jeder Erwachsene im Sommer ein Impfangebot erhalten hat. Dafür, dass das gelungen ist, möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bei allen bedanken, die daran ihren Anteil hatten. Ich sage zunächst einmal ausdrücklich Dank an die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsministerium von der Projektgruppe Impfen, an die Menschen in den Impfzentren, in den Praxen, in den Krankenhäusern, in den mobilen Teams und in den Schulen. Sie alle haben dazu beigetragen, dass Schleswig-Holstein beim Impfen so gut dasteht. Dafür mein herzlicher Dank!

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, ich will mich auch ausdrücklich bei der Hamburger Kollegin für die stets exzellente Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein in dieser schweren Zeit bei der Krankenversorgung und beim wechselseitigen Unterstützen beim Impfen bedanken. Das ist auch nicht selbstverständlich, dass das 19 Monate lang so reibungslos, so kollegial und so im Sinne der Bevölkerung gegangen ist.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, dass wir in dieser Woche einen großen Schritt in Richtung Normalität machen können, haben sich die Menschen im Land mit ihrer Umsicht erarbeitet. Es gibt neben der hohen Impfquote weitere handfeste Gründe, die Grundrechtsbeschränkungen nicht weiter zu verlängern. Nur sehr wenige Prozent der Intensivbetten sind mit Coronapatientinnen und -patienten belegt.

Die Inzidenz bei den Geimpften lag am 19. September bei knapp unter 20, während die Inzidenz bei den nicht Geimpften bei über 90 lag. Das heißt: Für die Geimpften ist die Pandemie weitgehend vorbei. Wir haben es mit einer Pandemie der Ungeimpften zu tun. Bei allen noch geltenden Einschränkungen müssen wir uns das stets vor Augen halten. Wir werden die Lage weiter kontinuierlich beobachten. Im Moment sind wir in der Lage, für Geimpfte, Genesene und Getestete weitgehend die Beschränkungen wegfallen zu lassen. Mit weiter steigender Impfquote und einer weiter niedrigen Krankenhausbelastung sollen alle Beschränkungen wegfallen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist das Ziel und muss das Ziel aller Anstrengungen bleiben.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Selbstverständlich haben wir uns auch für den Fall vorbereitet - so kennen Sie die Landesregierung, meine Damen und Herren -, dass etwas Unvorhergesehenes eintritt, sprich, dass die Dinge sich verschlechtern. Das wünscht sich niemand; aber darauf muss man vorbereitet sein. Bei negativer Tendenz erwägen wir ein 2-G-Modell - mit Wahlmöglichkeit zu 3-G - mit wieder reduzierten Kapazitäten.

Die Entwicklung der vergangenen Wochen zeigt in Richtung Freiheit. Die Inzidenz hat als Indikator zwar ausgedient; doch als Frühwarnwert findet sie nach wie vor Beachtung. In den letzten sieben Wochen schwankte die Inzidenz zunächst einige Zeit um 50. Seit einigen Tagen sinkt dieser Wert; inzwi

(Minister Dr. Heiner Garg)

schen liegt er unter 35. Auch das zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg.

Zur Gesamtbetrachtung gehört auch, dass die Pandemie nicht nur medizinische Folgen hat. Wenn die medizinische Lage gut beherrschbar ist, bekommen andere Aspekte mehr Gewicht - und sie müssen bei der Abwägung auch mehr Gewicht bekommen. Wenn Menschen in einer wirtschaftlichen Notlage sind, ist dies eine Belastung, die auch unmittelbar auf die Gesundheit schlägt. Und dass bei vielen Kindern nicht nur Bildungsdefizite auflaufen, zeigt der Andrang bei den Kinder- und Jugendpsychologen im Land.

Unser Paradigmenwechsel ist gut begründet. Sämtliche Zahlen geben es her, dass die Eigenverantwortung wieder höheren Stellenwert bekommt. Der Montag ist für alle Menschen in Schleswig-Holstein ein großer Schritt in Richtung zurück zur Normalität gewesen - weniger Grundrechtseinschränkungen in einer weitgehend geöffneten 3-G-Welt. Genau für diesen Paradigmenwechsel war es Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren. Trotz der neuen Freiheiten setzen wir in der jetzigen Phase auf das 3-G-Modell, weil Tests erforderlich bleiben, um die Verbreitung des Virus bei denen einzudämmen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, und für die Menschen, für die es noch keine Impfempfehlung gibt. Hier liegen jetzt unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung und die Verantwortung jedes Einzelnen, die oder der sich impfen lassen kann. Jede und jeder ist aufgerufen, ihren beziehungsweise seinen Beitrag zu leisten.

Schulen, der öffentliche Nahverkehr und der Einzelhandel bleiben zunächst die Ausnahmen, wo die Maskenpflicht weiterhin gilt. Die neue Verordnung bringt aber eine spürbare Lebensleichtigkeit nach Schleswig-Holstein zurück. Kinos, Konzerte, Restaurants und Stadien können mit der 3-G-Regel wieder jeden Sitz- und jeden Stehplatz belegen. Das Leben kehrt zurück in die Cafés, in die Vereine, in die Kultur.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wirtschaft freut sich laut der Industrie- und Handelskammern über den neuen Handlungsspielraum. Insbesondere die Gastronominnen und Gastronomen im Land haben auf dieses Signal gewartet.

An unseren Schulen ist trotz der zunächst weiterhin bestehenden Maskenpflicht ebenfalls mehr Pragmatismus eingezogen. Ich bin froh, dass die Länder für

die Quarantäne eine alltagstaugliche Regelung miteinander verabreden konnten: Tritt ein positiver Fall auf, braucht nicht mehr die gesamte Klasse zu Hause zu bleiben; dann müssen nur die Sitznachbarn in Quarantäne, und auch sie können sich nach fünf Tagen freitesten. Wir haben angekündigt, gerade mit Blick auf die Reiserückkehrerinnen und Reiserückkehrer an der Maskenpflicht festzuhalten. Unser gemeinsames Ziel ist - Stand heute - aber, dass wir diese Pflicht Ende Oktober auslaufen lassen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alles in allem beschreitet Schleswig-Holstein mit diesem Konzept einen der aktuellen Entwicklung angepassten und vor allem einen verantwortungsvollen Weg - wie schon während der gesamten Pandemie. Dieser Weg bedeutet auch mehr Eigenverantwortung: Dort, wo wir in der Verordnung vorher Verpflichtungen hatten, gelten nun Empfehlungen zu Abständen und zum Masketragen. Dies bedeutet, in vielen Bereichen selbst zu entscheiden, zum Beispiel wo man, obwohl die Pflicht zum Tragen einer Maske weggefallen ist, diese trotzdem weiterhin trägt, weil man sich damit im Moment noch sicherer fühlt.

Stärker auf Eigenverantwortung zu setzen bedeutet auch, dass die meisten nicht Immunisierten ihre Tests künftig selbst bezahlen müssen, meine Damen und Herren. Die kostenlose Alternative bleibt bestehen: die Impfung. Sie schützt uns selbst. Sie schützt unsere Familien. Vor allem leistet sie einen Beitrag dazu, dass wir gemeinsam als Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner die Pandemie schneller überwinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Lars Harms, aus schleswig-holsteinischer Perspektive ist es natürlich naheliegend, auch zu unserem Nachbarn Dänemark zu schauen. Dort sind mittlerweile sämtliche Coronabeschränkungen aufgehoben.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])