Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 31. (au- ßerordentliche) Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß zu dieser Tagung einberufen und beschlussfähig. Wie bereits in der März-Tagung praktiziert, haben die Fraktionen zum Schutz der Abgeordneten vereinbart, auch in dieser Tagung die empfohlene Abstandsregelung einzuhalten, weshalb nicht alle Abgeordneten an dieser Tagung teilnehmen. Ich weiß, dass das eine besondere Herausforderung ist, über die wir uns im Ältestenrat weiter unterhalten werden, weil das natürlich nur ein vorübergehender Zustand sein kann.
Selbstverständlich hat jede und jeder Abgeordnete das Recht und letztendlich auch die Pflicht, an den Sitzungen teilzunehmen. Wir werden im Ältestenrat miteinander beraten, wie wir unter den notwendigen hygienischen Bedingungen sicherstellen, dass das der Fall ist. Ich will das ausdrücklich sagen, weil es natürlich notwendig ist, dass das Parlament in seiner Gesamtheit handlungsfähig bleibt.
Wir haben im Ältestenrat auch miteinander vereinbart, dass diesmal möglichst jede und jeder Abgeordnete eine Maske tragen soll. Das betrifft vor allen Dingen das Hineingehen in den Plenarsaal und das Hinausgehen. Bei Einhaltung der Abstandsregelung, die heute gewahrt ist, ist es nicht notwendig, die Maske die ganze Zeit zu tragen; deswegen werde auch ich sie jetzt abnehmen.
Es ist notwendig, dass wir einerseits deutlich machen, dass das eine Maßnahme ist, die unter bestimmten Bedingungen sinnvoll ist, und andererseits, dass diese Maßnahme nicht vorgeschrieben ist. Bitte denken Sie daran, wenn Sie den Saal verlassen - aus welchen Gründen auch immer -, die Maske wieder anzulegen. Und Sie wissen ja - darauf muss ich Sie nicht hinweisen -, dass Sie das nur an den Stellen machen sollten, die nicht die Vorderfläche betreffen. Auch das ist klar.
Ich habe mich angesichts der besonderen Bedingungen entschieden, auch diese Sitzung ohne Schriftführerinnen und Schriftführer zu leiten. Auch dazu wird es in Zukunft entsprechende Vorkehrungen geben, dass wir das wieder anders sicherstellen können.
Aufgrund der besonderen Situation verzichte ich darauf mitzuteilen, welche Abgeordneten sich im Einzelnen bei mir abgemeldet haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ältestenrat hat sich darauf verständigt, in der heutigen Plenartagung nur den Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zu „Unser Weg aus der Krise - Perspektiven für Schleswig-Holstein“ zu behandeln. Ich höre dazu keinen Widerspruch; dann werden wir entsprechend verfahren.
Ich darf die Damen und Herren auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags begrüßen - im Wesentlichen Journalisten -, die dafür sorgen, dass wir öffentlich tagen und das mitgeteilt wird.
Wir freuen uns ganz besonders, dass Sie uns bei dieser Tagung begleiten. Vielen herzlichen Dank! Ich habe Sie eben nicht gesehen, Herr Möller, es tut mir leid.
Das Wort für die Regierungserklärung hat der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Daniel Günther.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An erster Stelle muss auch heute der Dank stehen: Im Namen der Landesregierung danke ich allen Menschen, die im Gesundheitswesen und an allen anderen Stellen in Schleswig-Holstein die Versorgung sichern, die unser Land und unser Gemeinwesen schlichtweg am Laufen halten, und das trotz aller Einschränkungen und Beschwernisse. Vielen herzlichen Dank dafür!
Gleichzeitig bedanke ich mich bei allen Menschen in Schleswig-Holstein, die sich seit gut einem Monat an die Kontaktbeschränkungen und strengen Regeln halten. Nur auf diese Weise haben wir es gemeinsam geschafft, die Ansteckungskurve zu verflachen. Nur deshalb haben wir unser Gesundheitssystem nicht überfordert, und nur darum können Krankenhäuser derzeit den Normalbetrieb aufnehmen.
In den Kliniken im Land ist aktuell gut die Hälfte der Betten auf Intensivstationen belegt. Die vergangenen Wochen wurden genutzt, um die Zahl beatmungsfähiger Intensivplätze um etwa 300 Betten auf fast 900 Betten zu steigern.
Dennoch gab es in den vergangenen Wochen auch in Schleswig-Holstein 59 Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert waren und daran gestorben sind, denen keine Medizin helfen konnte. Das zeigt noch einmal: Aus gutem Grund nehmen wir alle miteinander diese Pandemie sehr ernst. Wir können nicht verhindern, dass Menschen an diesem Virus sterben, doch wir können es schaffen, dass sie nicht deshalb sterben, weil die medizinischen Kapazitäten fehlen.
Dementsprechend diszipliniert haben sich die allermeisten in den vergangenen Wochen verhalten. Darüber habe nicht nur ich mich richtig gefreut, darauf können wir alle gemeinsam stolz sein. Auch dafür sage ich an diesem Tag Danke.
Aber gerade weil das jedem von uns viel abverlangt, kann ich alle verstehen, die zurück in ihr unbeschwertes Leben wollen und sich deshalb bei den Erleichterungen einen größeren Wurf erhofft haben. Denn es geht schließlich um Existenzen, um Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen.
Aber es geht auch um Menschenleben. Wir sehen, was das Virus in Krankenhäusern und Pflegeheimen anrichtet. Deshalb führen nur kleinere Etappen in mehreren Schritten zurück ins vertraute Leben, damit wir die erreichten Erfolge bei der Eindämmung der Coronapandemie nicht gefährden, damit wir Gesundheit und Leben schützen.
Die Perspektive ist: Rückkehr in den vertrauten Alltag, nicht von heute auf morgen, sondern Schritt für Schritt. Wir reden beim Zeitraum für die schrittweisen Erleichterungen nicht von Tagen oder Wochen, wir sprechen von Monaten.
rerseits vom Verhalten jedes Einzelnen. Jeder von uns nimmt mit dem Befolgen einfacher Regeln Einfluss auf den Fortschritt. Sich an die Regeln zu halten, das ist solidarisch - nicht um der Landesregierung einen Gefallen zu tun, es geht einzig darum, sich und die Mitmenschen zu schützen.
Deshalb wiederhole ich: Halten Sie die Hygienevorgaben, wie regelmäßiges Händewaschen, weiterhin streng ein, und verzichten Sie, auch wenn es schwerfällt, auf geselliges Freizeitvergnügen! Halten Sie weiterhin 1,5 m Abstand, und verwenden Sie, wo dies nicht möglich ist, beispielsweise in Bus, Bahn oder im Geschäft, nach Möglichkeit eine Alltagsmaske für Mund und Nase - die kann gern selbstgenäht sein - oder einfach einen Schal oder ein Tuch. Denn medizinische Schutzausrüstung muss denen vorbehalten bleiben, die sie dringend benötigen, in den Kliniken, in der Pflege, im Rettungsdienst. Weltweit ist das ein knappes Gut. Der Bund und das Land unternehmen gemeinsam große Anstrengungen, um Schutzausrüstung zu beschaffen.
Meine Damen und Herren, die Zahlen zu Ausbreitung und Ansteckung lassen uns mittlerweile schon wieder etwas Raum für Optimismus. Doch wir bewegen uns nach wie vor auf dünnem Eis und gehen nur vorsichtige Schritte, bis wir die Krise hinter uns haben. Wenn wir zu vorschnell sind, brechen wir ein und fallen weit zurück. Deshalb bewerten Bund und Länder ab jetzt alle 14 Tage neu, ob das Eis trägt oder ob es brüchig wird und wir nachjustieren müssen. Begleitend müssen wir Sicherungsleinen einziehen, mit denen wir uns weiter vorwagen können.
Dazu wollen wir die Testkapazitäten so schnell wie möglich erhöhen. 650.000 Tests pro Woche sind bundesweit schon möglich. Diese Zahl wollen wir weiter steigern. Damit wir zielgenau testen können, sollten wir digitale Unterstützung nutzen, die uns helfen kann, die Ausbreitung des Virus nachzuvollziehen. Wenn wir mit einer App anonymisierte Daten erheben können, um Kontaktketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen, lassen Sie uns diese Möglichkeit unter Einhaltung des Datenschutzes nutzen. Derzeit entwickelt der Bund eine solche App.
Wir wollen planvoll, peu à peu zu einem Leben kommen, das so frei wie möglich ist, und das für alle Bürgerinnen und Bürger, ob Risikogruppe oder nicht. Das ist für die Landesregierung der Maßstab des Handelns. Deshalb beobachten wir täglich die Situation im Land und passen bei Bedarf Verordnungen oder Erlasse an.
Pandemien sind Extremsituationen, die auch für die Landesregierung herausfordernd sind. Trotz intensiver Beratung mit den Experten lernen wir täglich dazu - auch ich natürlich -, und wir werden mögliche Fehleinschätzungen auch zukünftig klar benennen und zeitnah korrigieren. In dieser für uns alle schwierigen Situation sind wir darauf angewiesen, dass die Medien differenziert berichten, um Klarheit zu schaffen und Unsicherheiten entgegenzuwirken. Wir tragen hier eine gemeinsame Verantwortung.
Die Landesregierung wird in der kommenden Zeit durchaus mit Kritik an den einzelnen Schritten rechnen und umgehen müssen. Denn ein schrittweises Vorgehen setzt zwangsläufig immer wieder neue Grenzen, die nicht jeder gerecht finden kann. Ich will die einzelnen Schritte erläutern, die in Schleswig-Holstein ab Montag greifen.
Alle Geschäfte, deren Verkaufsfläche 800 m² nicht übersteigt oder die ihre Verkaufsfläche auf diese Zahl reduzieren, dürfen unter Auflagen wieder öffnen, mit klaren Hygiene- und Abstandsvorgaben. Unabhängig von der Verkaufsfläche dürfen Auto-, Fahrrad- und Buchhandel wieder öffnen.
Wie geplant starten wir in der nächsten Woche mit den Abiturprüfungen an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe. An den prüfungsfreien Tagen wird es ab dem 22. April in allen Gemeinschaftsschulen eine Vorbereitung auf die Prüfungen zum Ersten allgemeinbildenden Abschluss und zum Mittleren Schulabschluss geben. Auch an den Hochschulen können ab Montag Prüfungen abgenommen werden; erforderlich dafür ist, wie an den Schulen, die Vorlage eines Hygieneplans.
Für alle anderen Schüler, auch an den beruflichen Schulen, wird es frühestens ab dem 4. Mai eine etappenweise Rückkehr in die Schulen geben, beginnend mit den Übergangsjahrgängen, also denjenigen, die die Schulart wechseln, wie die Grundschülerinnen und -schüler und diejenigen, die im kommenden Jahr Prüfungen ablegen werden.
Auch hier gilt: Wir müssen genau abwägen, wie groß die Schritte sind, die wir verantworten können. Dazu beraten aktuell die Kultusminister der Länder. Definitiv braucht es vor der Öffnung von Kindergärten, Schulen und Hochschulen einen gewissen Vorlauf, damit vor Ort die notwendigen hygienischen Vorbereitungsmaßnahmen getroffen und zum Beispiel Schülerbeförderungen organisiert werden können.
erweitern, um insbesondere Alleinerziehenden zu helfen. Deshalb dürfen zukünftig alle berufstätigen Alleinerziehenden ihre Kinder in die Kitas bringen und Familien, in denen ein Elternteil in einem Bereich der kritischen Infrastruktur arbeitet.
Der Schutz von Senioren- und Pflegeheimen ist in dieser Situation besonders wichtig. Das Sozialministerium arbeitet daran, schrittweise auch hier soziale Kontakte wieder zu ermöglichen. Die Rückkehr in den Alltag wird für diese besonders schutzbedürftigen und gefährdeten Einrichtungen jedoch erheblich länger dauern.
Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen sowie religiöse Feierlichkeiten und Veranstaltungen sind weiterhin nicht erlaubt. Hier sind wir natürlich im Austausch und werden schnell umsetzen, was Bund und Länder mit den großen Religionsgemeinschaften vereinbaren.
Die Spielplätze können wir ebenfalls noch nicht wieder freigeben. Dafür können ab Montag die Tier- und Wildparks unter Auflagen in SchleswigHolstein öffnen. Zum 4. Mai wollen wir dann Individualsport im Freien wie Reiten, Angeln, Leichtathletik oder Wassersport ermöglichen - immer unter dem Vorbehalt niedriger Infektionszahlen.
Friseurbetriebe können sich ebenfalls darauf vorbereiten, ab dem 4. Mai wieder zu öffnen, sofern die Hygieneauflagen eingehalten und die persönliche Schutzausrüstung gewährleistet werden können.
Bis Ende August bleiben Großveranstaltungen untersagt, aber beginnend mit dem 4. Mai wollen wir in Schleswig-Holstein erste Veranstaltungen nach klar definierten Kriterien wieder ermöglichen. Die Größenordnungen hängen von der Entwicklung der Pandemie ab. Solange die Ansteckungsrate niedrig bleibt, werden wir die zulässige Teilnehmerzahl nur behutsam steigern können, sodass erst Ende August bestimmte Veranstaltungen mit möglicherweise bis zu 1.000 Gästen möglich sind.