Protocol of the Session on December 9, 2020

Login to download PDF

Entschuldigen Sie, dass es etwas verspätet losgeht. Es gab noch einige organisatorische Dinge zu klären. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 39. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Erkrankt sind die Abgeordneten Peter Lehnert und Marlies Fritzen sowie die Ministerin Prien. Wir wünschen ihnen gute Genesung.

(Beifall)

Wegen auswärtiger Verpflichtungen seitens der Landesregierung ist Ministerin Dr. Sütterlin-Waack ab 16 Uhr beurlaubt. Der Abgeordnete von Pein und der Abgeordnete Holowaty sind nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung heute entschuldigt.

(Zurufe)

- Der Abgeordnete Holowaty ist ab 15 Uhr beurlaubt. Abwarten und sich dann aufregen! Der Abgeordnete Habersaat ist ebenfalls nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung entschuldigt. Er kommt etwas später.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Benehmen mit dem Ältestenrat habe ich eine Allgemeinverfügung und Dienstanweisung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sowie weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 erlassen. Diese Regelungen sind Ihnen zu Ihrer Unterrichtung am Montag zugeleitet worden. Alle Personen, die sich im Landeshaus und hier im Plenarsaal aufhalten, haben sich an diese Regelungen zu halten.

Gerichtet an die Mitglieder des Landtages möchte ich noch Folgendes hinzufügen: Die Mitglieder des Ältestenrates haben sich nach ausführlicher Erörterung darauf verständigt, dass Abgeordnete, die vor der Plenarsitzung das Angebot einer Testung auf das Coronavirus nicht in Anspruch genommen haben, auf den Verkehrswegen im Plenarsaal, an den Saalmikrophonen und auch an ihren Sitzplätzen zum Schutz der Gesundheit Dritter eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen. Lediglich am Rednerpult kann die Mund-Nase-Bedeckung abgenommen werden. Diese Regeln sollen im Rahmen dieser Plenartagung maßgeblich sein. Verstoßen Abgeordnete gegen diese Regeln, können diese Verstöße mit parlamentarischen Ordnungsmaßnahmen nach

der Geschäftsordnung geahndet werden. Ich bitte diejenigen, die sich nicht haben testen lassen, daher sehr eindringlich, diese Regeln zu beachten - und natürlich alle anderen, wie wir das bisher ja auch gemeinsam gemacht haben. - Widerspruch sehe ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Frau Abgeordnete Dr. Bohn.

Widerspruch erhebe ich natürlich nicht, Herr Präsident. Aber ich gehe schon davon aus, dass diejenigen, die es möchten, freiwillig einen Mund-NaseSchutz zwischendurch zusätzlich tragen dürfen. Es spricht nichts dagegen?

(Heiterkeit)

Dazu habe ich ja keine Ausführungen gemacht. Insofern, Frau Abgeordnete Dr. Bohn, ist es selbstverständlich, dass diejenigen, die die Mund-Nase-Bedeckung weiterhin die ganze Zeit tragen wollen, dies tun dürfen; das ist völlig klar. Das habe ich übrigens auch nicht ausgeschlossen - ganz bewusst. Aber vielen Dank für den Hinweis!

Ich finde sowieso - das will ich gern ergänzend sagen -, dass wir als Schleswig-Holsteinischer Landtag in dieser schwierigen Situation in großer Verbundenheit miteinander die Verantwortung solidarisch wahrnehmen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass dieses Parlament in seiner Gesamtheit tagen kann.

Zu einem weiteren Beitrag hat Herr Abgeordneter Kalinka das Wort.

Herr Präsident, wenn ich es richtig verstanden habe, haben Sie von „Abgeordneten“ gesprochen. Müsste das nicht für alle im Plenarsaal Anwesenden gelten? Oder gilt das schon?

Ich habe versucht, in meinen Eingangsworten deutlich zu machen, dass ich zwei Dinge getan habe: Ich habe eine Allgemeinverfügung und eine Dienstanweisung erlassen. Die Allgemeinverfügung gilt natürlich für alle, die Dienstanweisung nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Mit den weiteren Damen und Herren, die sich hier im Plenarsaal befinden, insbesondere mit den Damen und Herren Journalisten, haben wir diese Ver

7764 Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 102. Sitzung - Mittwoch, 9. Dezember 2020

einbarung auch getroffen. Sie haben sich von Anfang einschließlich heute daran gehalten. Insofern gilt das für alle. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Herr Abgeordneter, ist es eine Dienstanweisung.

(Zuruf: Die Allgemeinverfügung gilt für al- le?)

- Ja, ja. Die Allgemeinverfügung ist für jede und jeden, der sich hier im Raum aufhält, gültig.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 2, 7, 9 bis 13,27, 28, 35, 38 bis 40 und 43 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 17, 25, 41, 42, 45 und 48.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 3 und 4 - Maßregelvollzugsgesetz und Gesetz zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen -, 18 und 20 - Bundesländer in die Mittelvergabe im Rahmen des Aufbauinstruments Next Generation EU einbeziehen und Wende im European Green Deal - sowie 36 und 44 - Kapazitäten und Arbeits- und Gesundheitsbedingungen auf Schlachthöfen und in der Fleischverarbeitung in Schleswig-Holstein.

Der Gesetzentwurf zu Tagesordnungspunkt 8, Änderung des Hochschulgesetzes, Drucksache 19/2500, wurde von der SPD-Fraktion zurückgezogen.

Ein Antrag zu einer Fragestunde liegt nicht vor.

Wann die einzelnen Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 39. Tagung.

Wir werden heute und morgen unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr und Freitag mit einer einstündigen Mittagspause bis circa 15:30 Uhr tagen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Ich begrüße die Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages ganz herzlich!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Akzeptanz in der Bevölkerung und Gemeinsamkeit im Parlament nicht gefährden: Nachgipfelkommunikation zum Coronamanagement von Bund und Ländern muss besser werden!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2639

Ich gehe davon aus, wenn ich jetzt die Rednerliste eröffne, dass zuerst der Herr Oppositionsführer das Wort hat, Herr Abgeordneter Dr. Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum machen wir diese Aktuelle Stunde? Auf der einen Seite machen wir sie deswegen, weil wir in der vorletzten Woche eine Sondersitzung hatten. Damals ist das Parlament gut beteiligt worden. Wir haben über Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Effektivität der Maßnahmen gesprochen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass Schulen und Kitas möglichst offenbleiben und dass die Novemberhilfen großzügig als Dezemberhilfen verlängert werden. Wir haben über einen bundesweit einheitlichen Maßstab gesprochen, der zu unterschiedlichen Maßnahmen führen soll. - So weit, so gut.

Dann trat am 1. Dezember 2020 die bis zum 20. Dezember 2020 gültige Verordnung der Landesregierung in Kraft. Am 2. Dezember 2020 trafen sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin. Sie redeten über andere Themen, unter „Verschiedenes“ auch über Corona, und sagten dann mir nichts, dir nichts: Jetzt verlängern wir die Maßnahmen bis Mitte Januar 2021.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: So nachvollziehbar und verständlich das in der Sache sein mag - ich komme zur eigentlichen Aktualität, die ja diese Woche noch stärker gegeben ist, gleich zurück -, so ist es in der Form nicht in Ordnung. Das ist eine Überrumpelung von Parlament und Öffentlichkeit, das ist verkorkste Kommunikation, und das hilft eben gerade nicht, wenn man die Bevölkerung bei dem mitnehmen will, was man eigentlich möchte.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Ministerpräsident Günther, das hat die Kollegin Schwesig besser gemacht. Sie hat nämlich an dem Tag öffentlich klipp und klar gesagt: „Wir werden am 20. Dezember 2020 entscheiden, wie es bei uns in Mecklenburg-Vorpommern weitergeht.“ Das haben Sie nachher auch getan, nachdem sich der Kollege Vogt und auch andere zu Wort gemeldet

Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 102. Sitzung - Mittwoch, 9. Dezember 2020 7765

(Präsident Klaus Schlie)

haben - der Fraktionsvorsitzende der FDP hat ja doch viel Einfluss in der Fraktion der FDP; das finde ich gut -,

(Beifall FDP)

Sie haben das korrigiert. Aber in der Sache war das nicht gut, denn es ist ein kostbares Gut, die Bevölkerung mitzunehmen.

Was wir inzwischen allerdings haben - und da sind wir bei der Aktualität -, ist kommunikatives Chaos bundesweit. Es gibt einen Profilierungswettbewerb einzelner Ministerpräsidenten, PR-Maßnahmen wie in Bayern, die man vor 14 Tagen längst hätte machen können, wenn man das gewollt hätte, statt die Bevölkerung hier zu beeindrucken mit diesen Alone- und Cowboy-Attitüden: Ausgangssperren, Lockdown, Silvester so rum oder anders rum, Ferien so oder anders rum, Weihnachten und Silvester. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Die Bevölkerung weiß gar nicht mehr, was wann und wo passieren soll, und das ist schlecht. Wir müssen nämlich die Menschen mitnehmen, wenn wir wollen, dass wir gut durch die Krise kommen. Es muss nachvollziehbar, transparent und effektiv sein.

(Beifall SPD und SSW)

Und ja, in der Sache haben wir die Maßnahmen mitgetragen, Herr Ministerpräsident; denn die Entwicklung ist besorgniserregend. Bundesweit steigen die Zahlen, auch die schleswig-holsteinischen Zahlen liegen inzwischen bei einer Inzidenz von über 50. Man sollte daran denken: Wir haben Beherbergungsverbote für diejenigen ausgesprochen, die inzwischen einen Inzidenzwert haben, den wir selber erreichen.

590 Tote pro Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind unsere Eltern und Großeltern. Das kann man nicht einfach als statistische Größe behandeln; denn sonst können wir uns die Sprüche über Weihnachten wirklich sparen.

(Beifall SPD)

Das ist besorgniserregend, das kann man nicht achselzuckend zur Kenntnis nehmen, sondern da muss man etwas tun.