Protocol of the Session on September 24, 2014

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Schauen wir nach Bayern, zu dieser super 10H-Regel, die Herr Seehofer dort durchgesetzt hat: Würde diese in Bayern konsequent umgesetzt - und ich hoffe nicht, dass das so geschehen wird -, hätte Bayern gerade noch 0,05 Prozent seiner Landesfläche zur Verfügung, um Windkraftanlagen zu bauen, also fast nichts mehr. Die Energiewende wäre erledigt, ad acta gelegt. Auch das lassen Sie völlig außen vor. Meine Vorredner haben ja schon dargestellt, was Ihre Regelung für das Saarland real bedeuten würde: Wir hätten so gut wie keinen Ausbau der Windkraft im Saarland mehr, wir würden uns im Saarland von der Energiewende komplett verabschieden. Das scheint ja nun wirklich das doch etwas seltsame Ziel der Linkspartei in diesem Landtag zu sein.

Sie verkennen auch völlig, wie viele Arbeitsplätze gerade auch im Saarland in diesen erneuerbaren Energien drinstecken. Eine ganze Menge! Die Wertschöpfung wird hier vor Ort generiert. Auch das wurde eben schon angesprochen, ich will es aber noch einmal betonen, denn das ist ein wichtiges Argument: Wir tun nicht nur etwas für die Umwelt, hier im Saarland und global, nein, wir tun auch unseren Kommunen, die unter massiver Finanznot leiden, etwas Gutes, da sie mit diesen Windkraftanlagen Geld

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

verdienen. Auf diesem Wege werden die kommunalen Haushalte und der Landeshaushalt auf direktem und indirektem Weg entlastet. Das alles muss man doch sehen!

Sie verkennen auch, dass es saarländische Unternehmen gibt - ich denke beispielsweise an das Unternehmen TimberTower -, die mittlerweile Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 150 bis 160 Meter bauen. Es hat aber auch seinen Grund, dass diese Anlagen so hoch sind: Diese hohen Anlagen haben mittlerweile Jahresbetriebsstundenwerte von bis zu 3.000 Stunden; das geht schon in die Nähe der Grundlast. Das ist also genau das, was wir brauchen, um Energielücken zu stopfen. Das alles wollen Sie kaputt machen! Alle Innovationen, jeden Fortschritt in diesem Bereich, versuchen Sie mit dieser schon sehr einfach gestrickten Diskussion zu verhindern.

Denken Sie auch an die Firma Vensys, die man immer wieder erwähnen muss, eine Firma mit Sitz in Neunkirchen. Halb China steht voll mit Windkraftanlagen, die von der Vensys konzipiert wurden. Aber das alles ist Ihnen völlig egal, das alles zählt nicht. Nein, Sie ergehen sich in billigem Populismus, Sie versuchen, die Menschen, die gegen Windkraftanlagen opponieren, auf diesem sehr einfach gestrickten Weg auf Ihre Seite zu bringen. Ich halte Ihr Vorgehen für völlig falsch. Sie gehen das Problem an nach dem Motto -

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist schon längst überschritten!

Ja, ich komme zum Ende. - Sie greifen das Thema auf nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Ich bin zwar für die Energiewende, aber doch nicht bei mir vor Ort!“ Herr Lafontaine, so kann es nicht gehen. Aus diesem Grunde lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. Dieser Gesetzentwurf ist ein Ritt in die Vergangenheit - nicht mehr und nicht weniger. - Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE und PIRATEN.)

Vielen Dank. - Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Oskar Lafontaine.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Debatten sollen ja dazu da sein, auf die Argumente der anderen einzugehen. Das will ich versuchen.

Zunächst einmal zur Argumentation von Herrn Gläser für die CDU-Fraktion. Er hat zwei bemerkens

werte Sätze gesagt in diesem Kontext. Einmal: Viele Menschen fühlten sich bedrängt - so haben Sie es formuliert. Die Frage ist natürlich: Warum fühlen wir uns als Abgeordnete nicht verpflichtet, diesen Menschen Antworten zu geben, also ihre Bedrängnis aufzugreifen und zu sagen: „Wir suchen eine Lösung, die ihren Befürchtungen Rechnung trägt“? Es ist doch erstaunlich, dass man hier in einer Volksvertretung sitzt - so nennt sich ein solches Parlament - und sagt: Viele Menschen fühlen sich bedrängt. Aber es die Schlussfolgerung aller Redner ist: Es ist uns egal, wir bleiben bei der jetzigen Regelung, egal auch noch wie hoch die Windkraftanlagen zukünftig werden. - Für uns ist eine solche Haltung völlig unverständlich, meine Damen und Herren!

(Beifall von der LINKEN.)

Das zweite Argument, das hier vorgetragen worden ist, lautet, ästhetische Kategorien könne man hier nicht heranziehen. - Das hat mich nun wirklich erschüttert, meine Damen und Herren. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass hier solche Argumente vorgebracht werden können! Ich dachte, die Ästhetik sei bei allen Fraktionen in irgendeiner Form eine Kategorie, der sie sich in irgendeiner Form verpflichtet fühlen. Natürlich ist die Ästhetik keiner naturwissenschaftlichen Beweisführung zugänglich, aber es gibt sie nun einmal, und es gibt viele Menschen, die beispielsweise das Landschaftsbild sehr schätzen und eine starke Beeinträchtigung des Landschaftsbildes nicht so ohne Weiteres akzeptieren. Warum gibt es nicht wenigstens eine Stimme in diesem Hause außerhalb der Linksfraktion, die fragt: Was ist denn mit der ästhetischen Dimension?

Der Verweis darauf, dass frühere Industriebauten, um ein Argument des Kollegen Ulrich aufzugreifen, die Landschaft negativ beeinflussen - das steht außer Frage -, kann doch nicht dazu führen -

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Reden Sie jetzt von der Ästhetik von Ensdorf oder von Völklingen?)

Ich habe Ihnen zugehört. Bitte hören Sie mir auch zu. - Sie sagen: Wir haben so viele Industriebauten im Saarland, da setzen wir einfach immer mehr dazu. Das ist doch überhaupt keine Argumentationsbasis! Wie wird denn hier argumentiert? Irgendwann haben wir dann die ganze Landschaft verschandelt! Es geht doch hier darum, einen Rest von schöner Naturlandschaft zu erhalten. Und selbst wenn das altmodisch klingt oder rückwärtsgewandt, wie es jemand formuliert hat, fühlt sich unsere Fraktion dieser Aufgabe nach wie vor verbunden und verpflichtet, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich sage hier, was die ästhetische Kategorie angeht: Es ist für mich wirklich erschütternd - ich wiederhole

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

das noch einmal -, dass eine Skulpturenstraße, auf die der Landkreis und die Stadt Merzig so stolz waren, auf die auch viele Saarländer stolz sind, zerstört wird, ohne dass ein einziger Abgeordneter außerhalb unserer Fraktion darauf hier ein Argument verwendet. Es ist für mich erschütternd. Dass der Hilferuf eines renommierten saarländischen Künstlers, von Herrn Professor Schneider: „Mein Lebenswerk wird zerstört!“, überhaupt nichts auslöst, ist für mich eine erschütterndes Erlebnis, ich will das hier nur noch einmal feststellen. Ich will das Wort vom Banausentum nicht noch einmal bemühen.

Nun kommen wir zur Argumentation von Herrn Neyses. Er hat gesagt, unser Antrag würde die Erreichung der CO2-Klimaziele verhindern. Also nun wollen wir das kleine Saarland mal wirklich nicht überbewerten. Dass die saarländische Entscheidung die Erreichung des Klimaziels entscheidend beeinflusst, ist sicherlich etwas weit hergeholt. Zudem müssen Sie wissen, dass die europäische Regelung dazu führt, dass die deutschen Bemühungen bisher kein einziges Gramm CO2 eingespart haben! Das können Sie in allen wissenschaftlichen Studien nachlesen. Sie hätten auch heute in der Saarbrücker Zeitung nachlesen können, dass bei uns das CO2 sogar ansteigt. Vielleicht sollten Sie darüber nachdenken, woher das eigentlich kommt. Aus Zeitgründen kann ich das jetzt hier nicht alles ausführen. Aber es ist doch merkwürdig, dass so etwas gesagt wird.

(Sprechen.)

Sie haben ja recht, dass Kohlekraftwerke mittlerweile billiger geworden sind als Gaskraftwerke. Es ist aber doch die Frage, ob wir bei dem jetzigen Gesetzesregelwerk bleiben! Auch dazu haben wir einiges gesagt. Man erzählt solche Dinge, aber es wird nicht darauf eingegangen. Dass in der Bundesrepublik ein Gesetzesregelwerk aufgebaut worden ist, das Kohlekraftwerke billiger macht als Gaskraftwerke, haben Sie als Grund genannt, warum der CO2Ausstoß wieder nach oben geht und nicht nach unten. Aber dann müsste man doch nach Lösungen suchen, wie das geändert werden kann.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Die haben wir: Die Windkraft.)

Hier wurde also weder die ästhetische Frage noch die Bedrängnis der Bürger behandelt. Wir setzen ja auf Bürgerbeteiligung! Es ist erstaunlich, dass Sie dazu kein einziges Wort sagen. Es ist wirklich eine Anmaßung nicht nur dieses liebenswerten Parlaments, es ist eine Anmaßung der Parlamentarierinnen und Parlamentarier in vielen Parlamenten -

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wo war denn Ihre Bürgerbeteiligung beim Bergbau, Herr Lafontaine? Das können Sie ja mal beantworten. Wo haben Sie denn die Bürger beim Bergbau beteiligt?)

Ich habe Ihnen doch schon mal gesagt, Sie sollen mich bitte ausreden lassen.

Herr Abgeordneter Ulrich, Herr Lafontaine hat das Wort. Sie können sich gerne zu Wort melden, wenn Sie etwas zu sagen haben.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wenn Sie mir Redezeit geben, gern.)

Sie sollten sich mal die Frage stellen, warum oft Parlamentsentscheidungen über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg getroffen werden und warum wir mittlerweile Wahlbeteiligungen unter 50 Prozent haben. Der Grund ist, dass viele Parlamente Entscheidungen treffen gegen die mehrheitlichen Auffassungen der Bürgerinnen und Bürger. Und wie sich die Auffassung der Bürgerinnen und Bürger hier entwickeln wird, können wir in der nächsten Zeit sehen. Ich muss aus Zeitgründen meine Rede leider ziemlich abkürzen.

Der Kollege Jung hat hier Argumente angeführt, die letztendlich darauf hinauslaufen, dass wir dann Einnahmeverluste hätten. Ja ist denn die Landschaft nicht auch ein Wert? Ist das ästhetische Erleben der Landschaft kein Wert? Sind Erholungsräume für die Menschen kein Wert? Wenn wir die ganze Debatte darum führen, ob die Gemeinden oder irgendwelche Unternehmen Einnahmen verlieren, ist das doch eine Katastrophe, meine Damen und Herren! Der Wert der Landschaft muss doch auch eine Bedeutung haben für die politische Debatte hier an der Saar. Ich kann solche Argumentationen einfach nicht nachvollziehen.

(Beifall von der LINKEN.)

Nun haben Sie, Herr Kollege Ulrich, sich ja zu dem Thema der Energieversorgung geäußert. Einen Grundfehler haben Sie natürlich wiederholt. Es geht hier überhaupt nicht um die Energiewende, über die wir diskutieren. Es wird immer der Missbrauch getrieben, dass eine Neuregelung der Stromerzeugung als Energiewende bezeichnet wird. Man müsste doch die wichtigeren Sektoren mit einbeziehen, wenn man über Energiewende diskutiert. Da möchte ich Ihnen sagen, warum wir weniger Windkraft für vertretbar halten - ich kann das jetzt aus Zeitgründen nicht weiter ausführen -: Einsparprogramme mit demselben Mittelaufwand im Milliardenbereich würden den CO2-Ausstoß deutlich stärker reduzieren als der Weg, den Sie hier vorschlagen. Deswegen ist Ihr Weg nach unserer Überzeugung technisch falsch! Und gegen die Technik kann man leider nicht argumentieren. Die kann man messen, aber man kann nicht gegen sie argumentieren! Sie sollten da

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

zu mal etwas sagen. Aber dazu kommt kein einziges Wort von Ihnen.

Sie haben davon gesprochen, dass der Strom aus der Steckdose kommt. Sie haben da etwas übersehen, Herr Kollege Ulrich. Es ist so: Der Strom muss auch aus der Steckdose kommen!

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Klar, in zweiter Linie.)

Aber Ihre Windräder garantieren das nicht, begreifen Sie das doch endlich! Es ist kompletter Unsinn, Strom zu erzeugen, wenn er nicht gespeichert werden kann. Es führt zu gewaltigen Überschüssen, die dann sogar gegen Zahlungen Deutschlands an andere Länder abgeschoben werden. Die Kohlekraftwerke, die Sie hier angeprangert haben, müssen ja weiterlaufen, weil sonst - Herr Kollege Ulrich, das können Sie ja verstehen -, wenn kein Wind weht, kein Strom aus der Steckdose kommt. Und dann würde selbst die GRÜNEN-Fraktion protestieren, da bin ich sicher. Überdenken Sie also noch einmal das Argument „Strom aus der Steckdose“. Wir sagen: Der Strom muss aus der Steckdose kommen, aber dafür brauchen wir Speicherkapazitäten. Ansonsten ist der zügige Ausbau der Windkraft schlicht technologischer Nonsens! Deswegen halten wir diesen Weg nicht für nachvollziehbar.

(Beifall von der LINKEN.)

Sie haben ja auf einen Aufsatz von mir Bezug genommen, in dem steht - für 2012 liegen die Zahlen ja vor -, dass Windenergie gerade mal 1,3 Prozent der Primärenergie ersetzt. Und dafür sollen wir die ganze Landschaft zerstören?

(Zuruf des Abgeordneten Neyses (PIRATEN).)

Selbst wenn wir das verdoppeln, ist das von den Zahlen her so unverhältnismäßig, ein solch fachpolitischer Unsinn, dass man eben nur sagen kann: Sie brauchen ja unsere Argumentation nicht nachzuvollziehen, aber Ihre Argumente tragen schlicht und einfach nicht und sind deshalb in keiner Weise überzeugend.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende von B 90/GRÜNE Hubert Ulrich. Sie haben die Redezeit der Fraktion der PIRATEN, 1 Minute 35 Sekunden,

(Zuruf von der CDU-Fraktion)

plus die Redezeit der CDU-Fraktion.

(Lachen und Sprechen. - Beifall von den PIRA- TEN. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Was ist denn das für ein Rückfall?)

Erst einmal bedanke ich mich bei der Fraktion der PIRATEN, aber auch der Christdemokraten, dass sie so freundlich waren, mir etwas Redezeit zur Verfügung zu stellen, damit ich dem Kollegen Lafontaine hier noch einmal antworten kann.