Hubert Ulrich
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bringen heute ein Thema ein, das von existenzieller Bedeutung für die Zukunft des Saarlandes ist, ein Thema, das für einen der größten Sündenfälle der Großen Koalition in dieser Wahlperiode steht, ein Thema, das nicht nur von den direkt Betroffenen, sondern auch von sehr vielen Menschen im Lande mehr als kritisch gesehen und auch begleitet worden ist.
Wir haben dieses Thema, den Sparkurs der Großen Koalition bei den Hochschulen im Saarland, heute, in der letzten Sitzung vor dem Wahltag 26.03., ganz bewusst erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Am 26.03. wird nämlich in diesem Lande mit darüber entschieden, ob dieser Sparkurs so weitergeführt wird, wie ihn die Große Koalition eingeleitet hat, oder ob dieser Sparkurs nach dem 26.03. beendet wird.
Wir wollen ihn beenden, das sage ich hier ganz offen. Natürlich werden die Vertreter der Großen Koalition jetzt sagen: Na ja, ihr versprecht den Leuten was im Wahlkampf, was ihr nicht halten könnt. - Ich darf aber in aller Bescheidenheit daran erinnern, dass wir als GRÜNE in diesem Lande bis zum Jahre 2012 mitregiert haben. In dieser Zeit wurde gerade über die Hochschulen sehr viel diskutiert, über die Universitäten, über den Bildungsbereich insgesamt. Ich darf daran erinnern: In unserer Regierungszeit wurde an den Hochschulen kein Euro gespart an den Hochschulen, weder an der Universität noch an der HTW noch sonst wo. Wir haben auch im Schulbereich nicht gespart. Zu unserer Zeit wurde keine Lehrerstelle gestrichen. Das war Grundlage unseres Koalitionsvertrages, den wir als GRÜNE durchverhandelt hatten: Im Bildungsbereich wird nicht gespart. Und genau darum wird es bei der Wahl am 26.03. auch gehen.
Wir konnten diesen Kurs damals trotz der Schuldenbremse realisieren. Die Schuldenbremse galt in der
von uns mitgestalteten Koalition für uns ganz genauso, wie sie heute gilt. Vor dem Hintergrund der Situation an der Universität werden Sie mir vielleicht vorhalten: Haben Sie denn heute noch keine Zeitung gelesen? Es ist doch ein schönes neues Projekt angekündigt worden! - Das ist so und das ist ein gutes Projekt, das wir voll unterstützen und über das wir uns freuen. Das neue Helmholtz-Institut hier im Saarland ist eine gute Entwicklung. Aber - diese Frage muss man schon stellen - was bedeutet das denn für den Gesamtkörper der Universität des Saarlandes? Es werden 50 Millionen Euro in das Land fließen und 5 Millionen Euro wird das Land aufbringen. Aber was bedeutet das denn für den Rest der Universität? Werden diese 5 Millionen Euro abgezogen oder werden sie draufgelegt? Das ist eine spannende und wichtige Frage, die noch vor der Wahl beantwortet werden sollte. Oder geht der Sparkurs weiter mit diesen Millionen von Euro, die in der Grundfinanzierung fehlen, die bei den Energie- und Gehaltskosten im Wesentlichen nicht übernommen werden? Das sind im Jahr etwa 3 bis 4 Millionen Euro.
Wenn man mit den betroffenen Professoren, Studierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Universität des Saarlandes redet, dann bekommt man oft den Satz zu hören: Wir haben Angst vor einer Abwärtsspirale. In eine solche Abwärtsspirale hat uns die Große Koalition aber schon hineingebracht, weil außerhalb des Saarlandes der Eindruck entstanden ist, dass es hier eine Hochschule gibt, die heruntergespart wird. Und daraus ergeben sich natürlich Probleme. Es gibt Professoren mit Rang und Namen, die sich hier gar nicht mehr bewerben, weil sie denken, dort bleibe ich lieber weg. Die gehen dann zu einer anderen Hochschule. Das gilt auch für Studierende, die sich überlegen wo sie hingehen. Sollen sie wirklich in ein Land gehen, das seine Uni herunterspart oder sollen sie sich lieber mit entsprechenden Noten in einem anderen Bundesland bewerben? Im IT-Bereich haben wir einen guten, echten Schwerpunkt. Das sehen wir als GRÜNE auch sehr positiv. Das ist gut und richtig so. Aber im IT-Bereich studieren gerade einmal 10 bis 12 Prozent aller Studierenden an der Uni. Die anderen 90 Prozent haben im Moment das Nachsehen und das sehen wir als Problem an.
Der Sparkurs ist an der Universität in allen Bereichen zu spüren, abgeschwächt sogar im IT-Bereich, am stärksten ist das in der Verwaltung der Fall und in den zentralen Einrichtungen. Der Sparkurs wirkt sich aber auch in den Fakultäten aus, wenn auch sehr unterschiedlich. Es werden Tutorien eingespart, es wird gespart bei Servicezeiten, beispielsweise bei den Bibliotheken, und es fehlen Lehrstühle. Und was im letzten Jahr ganz bitter aufgestoßen ist, was viele Menschen wahrgenommen und auch ganz stark kritisiert haben, war, dass das Saarland seinen einzigen Botanischen Garten an der Uni geschlossen
hat. Wir haben in diesem Land keinen Botanischen Garten mehr. Wir sind das einzige Bundesland ohne Botanischen Garten. Auch das ist eine Folge der Sparpolitik dieser Landesregierung.
Die Fachleute an der Universität warnen davor, sich bei der Finanzierung nur auf das aktuell Moderne zu konzentrieren. So gut und so wichtig der IT-Schwerpunkt ist, Innovationspotenziale liegen aber auch in anderen Bereichen der Hochschulen und Universitäten. Wo sie liegen, weiß man vorher nicht. Der ITBereich war ja auch nicht immer Schwerpunkt. Da ist irgendwann einmal eine richtige Entscheidung getroffen worden. Das ist gut so. Aber es muss dabei bleiben, dass die Universität des Saarlandes breit aufgestellt bleibt, und da haben wir heute durch den Sparkurs ein Problem.
Hinzu kommt, dass enorme Investitionslücken entstanden sind. Es fehlen rund 400 Millionen Euro für Investitionen an der Universität. In manchen Gebäuden ist Schimmel zu finden. Bei der Philosophie ist, glaube ich, ein Netz gespannt, damit der Putz nicht herunterfällt. Das ist die Situation an unserer Uni. Obwohl wir einen IT-Schwerpunkt haben, der ein weltweites Renommee hat, ist die Hardware auch in diesem Bereich zum Heulen. Das hört man von den Betroffenen immer wieder. Man kann sagen, an der Universität des Saarlandes ist der Sparkurs in vielen Bereichen geradezu mit Händen zu greifen.
Man schüttelt den Kopf, gerade wenn es um die Investitionen in die Bausubstanz geht. Wenn man dann noch hört, dass Gelder, die der Bund für den Baubereich zur Verfügung stellt, nicht abgerufen werden, weil die Bauverwaltung des Saarlandes nicht schnell genug arbeitet, dann muss man sagen, es ist eigentlich eine Schande, dass sich das so entwickelt. Das ist aber auch eine Folge des Sparkurses in diesem Land, der eben an dieser oder jener Stelle ganz besondere Blüten treibt. Deshalb schlagen wir vor, dass die Bauherrenfunktion auf die Universität des Saarlandes übertragen wird, denn die Motivation, die Gelder in Berlin abzurufen, ist an der Universität vielleicht deutlich größer als in so manchem Ministerium hier im Saarland.
Wir haben im Saarland sehr gute Hochschulen - jedenfalls noch - und wir als GRÜNE wollen sie auch erhalten. Deshalb kämpfen wir an dieser Stelle für die Finanzierung unserer Hochschulen. Wir haben eine sehr gute Universität, wir haben auch eine gute HTW, die HBK und die HfM und das soll auch so bleiben. Vor diesem Hintergrund haben wir heute den Antrag eingebracht, der Ihnen allen vorliegt und der im Kern fordert, den rigiden Sparkurs an unseren Hochschulen im Lande zu stoppen. Wir wollen die finanzielle Grundausstattung der Hochschulen verbessern, nämlich um 10 Millionen Euro in der Grundfinanzierung, und vor allen Dingen fordern wir, auch die jährlichen Tarif- und Energiekostensteige
rungen zu übernehmen. Alleine das sind 3,4 Millionen Euro im Jahr von 7,5 Millionen Euro, die die Universität selbst als Fehlbetrag pro Jahr ausgewiesen hat. Wir wollen auch bessere Arbeitsbedingungen für Studierende, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Uni. Die Zeitverträge, die wir dort haben, die 82 Prozent aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffen, das ist schon ein Problem.
Die Hochschullandschaft insgesamt muss weiterentwickelt werden. Um dieser Forderung mehr Gewicht zu verleihen, haben wir vor fünf Wochen in diesem Land eine Unterschriftenaktion gestartet. Wir wollten herauszufinden, wie die Menschen außerhalb der Universität zu diesem Sparkurs stehen. Innerhalb von fünf Wochen kamen relativ schnell 16.000 Unterschriften zusammen, die der Ministerpräsidentin gerade hier übergeben werden. Diese 16.000 Unterschriften stammen zum großen Teil nicht von Studierenden. Wir legen Ihnen diese Unterschriften hier auf den Tisch, damit Sie sie zur Kenntnis nehmen und damit klar wird, dass dieser Sparkurs in diesem Land beendet werden sollte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um das saarländische Trinkwasser. Deshalb haben wir heute erneut einen entsprechenden Antrag eingebracht, der auch damit zusammenhängt, dass der Untersuchungsausschuss „Grubenwasser“ keinen Abschlussbericht vorlegen konnte, weil er immer noch mitten in der Arbeit ist. Auf die anderen Hintergründe will ich im Moment nicht eingehen, denn es geht uns heute darum, das Thema an sich noch einmal im saarländischen Landtag zu diskutieren.
Der Bergbau hat eine lange Tradition im Saarland, er ging im Jahre 2012 zu Ende. Weil aber bereits lange vorher absehbar war, dass der Bergbau beendet werden sollte - es gab Vereinbarungen der rotgrünen Bundesregierung, dass der Steinkohlebergbau insgesamt in Deutschland im Jahre 2018 zu Ende sein wird -, hat man bereits im Jahre 2007 den sogenannten Erblastenvertrag abgeschlossen zwischen Nordrhein-Westfalen, dem Saarland, dem Bund und der RAG.
Am 29. Juni, 06. Juli und 12. Juli hat die RAG - das möchte ich gerne zu Beginn meiner Ausführungen zitieren - erklärt, dass sie das Risiko einer Trinkwasserverunreinigung in Nordrhein-Westfalen, aber auch im Saarland nicht eingehen könne und deshalb von einer ewigen Grubenwasserhaltung auszugehen ist. Vor diesem Hintergrund wurde dann der Vertrag abgeschlossen, der auch heute noch Grundlage der Diskussion ist.
Mittlerweile haben sich aber für die RAG, besser gesagt: für ihre Nachfolgeorganisation RAG-Stiftung, die eigens gegründet wurde, um die sogenannten Ewigkeitslasten des Steinkohlebergbaus zu tragen, die sich pro Jahr zwischen 220 und 250 Millionen Euro bewegen, die Bedingungen geändert. Die RAG-Stiftung kommt natürlich nach und nach vor
dem Hintergrund der relativ geringen Zinsen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das hat die RAG dazu bewogen, einmal darüber nachzudenken, wo wirtschaftliche Optimierungen möglich wären. Und die erste Idee war es, das Pumpen einzustellen, denn das Pumpen kostet ja Geld. Im Saarland sind das rund 17 Millionen Euro reine Pumpkosten. Die RAG wurde in den entsprechenden Ausschusssitzungen mehrfach gefragt, was denn die wissenschaftliche Expertise dafür sei, jetzt zu einer anderen Einschätzung zu kommen. Die Antwort lautete damals: Das sind neue Erkenntnisse aus dem Konzern. Und auf die Frage, ob es hierzu unabhängige wissenschaftliche Expertisen von außerhalb des Konzerns gebe, wurde geantwortet, dass dies nicht der Fall sei.
Viele Menschen in diesem Land haben ja ihre Erfahrungen mit Aussagen der RAG oder auch des Vorläuferkonzerns Saarberg. Da sind oft Dinge gesagt worden, die später im Lichte der Realität ganz anders ausgegangen waren. Ein klassisches Beispiel, das ich bei solchen Gelegenheiten gerne erzähle, ist 20 Jahre her. Damals wollte Saarberg in der Stadt Saarlouis einen großen Absinkweiher bauen. Es ging um 30 Hektar Wald der Kreisstadt Saarlouis, die abgeholzt werden sollten. Es gab damals großen Widerstand in Saarlouis und das Projekt wurde verhindert. Die RAG hat 1994 und davor argumentiert das ist ja alles nachzulesen -, wenn die RAG diesen Absinkweiher bis Ende der 90er Jahre nicht erhält, dann ist der Steinkohlebergbau im Saarland beendet. Den Weiher haben sie nie erhalten, aber wie lange der Steinkohlebergbau im Saarland lief, das wissen wir alle. Der sollte noch bis 2018 laufen, bis 2012 lief er dann. Man muss nur einmal mit den Bergbaubetroffenen reden, was die mit dem Konzern so alles erlebt haben. Aussagen der RAG, das lernt man daraus, sind deshalb mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Hinzu kommt, dass die gesamte Debatte um den Grubenwasseranstieg auch vor dem Hintergrund von ein paar anderen Realitäten nicht so ganz ehrlich geführt wurde. Ich nenne als Beispiel PCB. Der Konzern hat lange Zeit versucht, der Öffentlichkeit völlig vorzuenthalten, was da unter Tage alles so liegt. Erst die Recherchen in den Archiven des saarländischen Landtages, die wir als GRÜNE betrieben haben, haben dazu geführt, dass wir plötzlich erfahren haben, dass es da unten jede Menge PCB gibt. Bekannt ist das von 1.500 Tonnen, von denen nur 160 Tonnen jemals wieder an die Erdoberfläche gebracht wurden. Der Rest liegt dort unten und verunreinigt Grubenwasser. Und da sind wir schon mitten im Problem. Wenn das Grubenwasser ganz nach oben steigt, dann besteht die Gefahr, dass dieses von unten kommende Grubenwasser trotz der Grenzschicht - dieser sogenannten Grenzlette, die das Grundwasser eigentlich vor dem Grubenwasser schützt - nach oben durchdringt, wenn es irgendwel
che Undichtigkeiten gibt. In diesem Fall wäre es möglich, dass das zumindest Teile des Saarlandes eventuell das Trinkwasser kostet. Deshalb sagen wir, es ist ein Vertrag abgeschlossen worden und dieser Vertrag ist einzuhalten.
Wir GRÜNE sind aber nicht die einzigen, die hiervor warnen. Vor gut zwei Monaten gab es einen Artikel der saarländischen Wasserwirtschaft in der Saarbrücker Zeitung. Die saarländische Wasserwirtschaft hat darin davor gewarnt, das Grubenwasser ansteigen zu lassen, weil sie befürchtet, dass es zu Schäden kommen könnte. Und das betrifft nicht nur wenige Menschen im Saarland. Laut Angabe des saarländischen Umweltministeriums auf eine Anfrage, die wir gestellt haben, sind rund 60 Prozent aller Saarländerinnen und Saarländer potenziell von dem Grubenwasseranstieg betroffen. Das ist schon eine Menge und Grund genug, dieses Thema sehr, sehr ernst zu nehmen. Wir müssen uns auch die Frage stellen: Warum führen wir überhaupt diese Diskussion? Wir kennen ja die Position der Landesregierung die sagt, natürlich darf das Grubenwasser nur ansteigen, wenn absolut sichergestellt ist, dass da nichts geschehen kann. Wir haben vor drei Wochen den ehemaligen Ministerpräsidenten und heutigen Bundesverfassungsrichter Peter Müller im Untersuchungsausschuss dazu gehört. Es ging um die Frage, was damals vereinbart worden ist. Die RAG stellt sich heute nämlich auf den Standpunkt, dass gar nicht vereinbart worden sei, dass ewig gepumpt werden müsste. Es wird argumentiert, man könne ja auch optimieren. Peter Müller - und das ist ja nicht irgendjemand, er hat diesen Vertrag abgeschlossen - hat vor drei Wochen im Untersuchungsausschuss sehr klar und sehr eindeutig gesagt: Nein, dieser Vertrag ist abgeschlossen worden in dem Geist, dass ewig gepumpt wird - eben um genau die saarländischen Trinkwasserreservoire vor dem Grubenwasser zu schützen.
Und es gibt noch einen Kronzeugen, den ich hier gerne in die Debatte einführen will und der nicht verdächtig ist, den GRÜNEN besonders nahe zu stehen. Das ist der frühere saarländische Umweltminister Stefan Mörsdorf. Er hat hier in diesem Parlament - das ist im Protokoll nachzulesen - im Jahre 2008 gesagt: Das Grubenwasser darf nicht bis ganz nach oben steigen, weil sonst die saarländischen Trinkwasserreservoire gefährdet werden. Das ist die Grundlage unserer Diskussion hier. Und vor diesem Hintergrund verstehe ich nicht, dass die Landesregierung diesem Treiben der RAG nicht konsequent einen Riegel vorschiebt und sagt: Leute, wir haben einen Vertrag und an den habt ihr euch zu halten. Wir brauchen keine andere Debatte, die wir hier seit drei Jahren führen, dass das Wasser ganz nach oben steigen soll. Denn genau das hat die RAG in diesem Hause den Landtagsparteien und auch der Landesregierung dargestellt. Diese Pläne dürfen in
diesem Land nie realisiert werden. Und vor diesem Hintergrund haben wir heute den Antrag gestellt, um noch einmal in diesem Plenum klare Kante zu zeigen und der RAG klarzumachen, im Saarland muss das Grundwasser geschützt werden. Verträge, die abgeschlossen wurden, müssen eingehalten werden. Der Erblastenvertrag ist klar formuliert. Es muss ewig gepumpt werden. Das ist die Grundlage und nichts anderes. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Kollege Jung, Sie haben wie üblich versucht, eine Menge Nebelkerzen zu werfen. Sie haben wieder unter der Gürtellinie argumentiert, wie so oft, aber das kenne ich ja, das ist nichts Neues.
Der Untersuchungsausschuss hat einiges erbracht. Er hat vor allen Dingen erbracht, dass die Genehmigungsbehörden, als sie nämlich den Sondermüll in den Neunzigerjahren eingelagert haben, überhaupt nicht davon ausgingen, dass es jemals einen Grubenwasseranstieg bis nach oben geben könnte. Entsprechend konnte das gar nicht berücksichtigt werden. Das ist eine sehr wichtige Erkenntnis, die der Untersuchungsausschuss zutage gefördert hat. Er hat auch zutage gefördert, dass Heiko Maas, als er die Genehmigung für die RAG erteilt hat, seine Argumentation eins zu eins von der RAG erhalten hat. Das kam sehr klar heraus in diesem Verfahren. Wir haben natürlich nicht den eindeutigen Sachbeweis, aber das, was zutage gefördert wurde, macht ganz klar: Die Marionette der RAG heißt Heiko Maas.
Die RAG hat Heiko Maas die Argumentation in den Mund gelegt, das ist schwarz auf weiß in den Akten zu finden gewesen, wir haben darüber geredet. Und genau diese Argumentation hat Heiko Maas ein halbes Jahr später verwendet, um seine Anträge zu begründen. Das muss man sich an dieser Stelle einfach klarmachen.
Dann haben Sie versucht, unsere Arbeit so darzustellen, als hätten wir es verschleppt, einen Untersuchungsausschussbericht zu machen. Herr Jung, diese Landesregierung hat zehn Monate lang, ich wiederhole, zehn Monate lang dem Ausschuss keine Akten vorgelegt. Ja, Sie können ruhig rausgehen, Herr Jung, wenn es Ihnen nicht gefällt. - Was dazu geführt hat, dass der Ausschuss erst relativ spät in seine Arbeit einsteigen konnte. Dann haben Sie keinen Satz dazu gesagt, dass zum Beispiel die Genehmigung, die Heiko Maas für den ersten Grubenwasseranstieg erteilt hat, von verschiedenen saarländischen Kommunen bis zum heutigen Tag beklagt wird. Die Stadtwerke Saarlouis klagen gegen diesen Anstieg, die Gemeinde Nalbach, die Stadt Saarlouis, die Gemeinde Ensdorf. Das haben Sie ganz bewusst nicht erwähnt, um hier den Eindruck zu erwecken, als wäre das alles in Ordnung. Es ist aber nicht so! Die saarländischen Gerichte werden nun darüber entscheiden, ob diese Genehmigung in diesem Verfahren, so wie Heiko Maas es gewählt hat, rechtens war oder nicht. Erst diese Genehmigung hat das Verfahren ermöglicht, das die saarländische Landesregierung, das die Behörden betreiben. Das ist die Grundlage dafür. Dieses Verfahren,
das heute läuft, kritisieren wir ja nicht, das wissen Sie auch. Das Verfahren ist das, was wir gefordert haben, mit Öffentlichkeitsbeteiligung, alles klar. Da geht aber nur um einen Anstieg bis -320 Meter. Auch darauf sind Sie geflissentlich nicht eingegangen, haben eher versucht, den Eindruck zu erwecken, als wäre das hier eine Debatte über den Untersuchungsausschuss. Ist es nicht! Der Antrag, den wir heute vorgelegt haben, ist ein Antrag, um den Anstieg bis ganz nach oben zu verhindern, nur darum geht es. Nur darum ging es im Untersuchungsausschuss nicht, das stimmt, das hat aber hier keiner gesagt. Wir sagen nach wie vor, der Anstieg bis nach oben, ab -320 Meter, der muss verhindert werden. Das ist die Grundlage, das ist der Kern unseres Antrages heute. - Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Das Thema der heutigen Regierungserklärung ist ein Thema, das das Selbstverständnis unseres Parlaments und dasjenige vieler Saarländerinnen und Saarländer betrifft. Es ist ein wichtiges, ein ganz zentrales Thema für die Zukunft unseres Bundeslandes und unserer Region.
Das Europa in der heutigen Form, wie wir es kennen, hat uns eine nie dagewesene Epoche von Frieden, aber auch von Wohlstand beschert. Vieles, was für uns heute völlig selbstverständlich ist, ist für die Generation unserer Väter und Mütter ganz anders gewesen. Ein Beispiel: Mein Vater musste noch gegen Frankreich in den Krieg ziehen. Von uns hier hat das zum Glück keiner mehr erlebt. Für meine, für unsere Generation ist die Vorstellung, mit dem Gewehr in Richtung Westen zu ziehen, völlig fremd zum Glück! Ich bin Jahrgang 57, ich bin großgeworden mit Städtepartnerschaften mit Frankreich. Für mich und mein gesamtes Umfeld ist immer völlig klar gewesen: Auf der anderen Seite der Grenze, die es damals noch gab, leben Menschen, mit denen will ich was gemeinsam machen, da fahre ich hin in Urlaub. Das ist ein völlig anderes Lebensverständnis als das unserer Väter- und Großvätergeneration. Maginot-Linie und Westwall sind für mich rein museale Einrichtungen, nicht mehr und nicht weniger. Schlagbäume und Geldwechsel allerdings habe ich noch erlebt, viele hier in diesem Hause auch. Wir wissen noch, was es bedeutet, zur Bank zu gehen, bevor man nach Frankreich fährt, Francs zu holen, sich an der Grenze kontrollieren zu lassen, den Pass vorzuzeigen.
Völlige Freizügigkeit, gleiche Währung, gemeinsames europäisches Empfinden - ich glaube, ich kann für uns alle sprechen -, das ist für uns alle in diesem Hause völlige Normalität. Tja, gemeinsames europäisches Empfinden. Im letzten Jahr, ich erinnere
mich gut daran, hatten wir eine Veranstaltung vor der Europa-Galerie in Saarbrücken. Es ging um Europa, wir hatten einen Infostand gemacht. Plötzlich hatten wir, hatte ich persönlich Diskussionen mit mehreren Menschen, für die das gar nicht so war, Deutsche hier aus dem Saarland. Sie haben mir gesagt, wo ist eigentlich das Problem, wenn oben in Felsberg oder hier an der Goldenen Bremm wieder ein Schlagbaum steht? Es interessiert mich doch nicht, wenn ich einen Pass zeigen muss, Geld kann ich auch wechseln. Das waren klare Europagegner, klare saarländische Europagegner. Der Euro? Nur eine Belastung. Die Chancen, die für uns alle daraus erwachsen sind, wollten diese Menschen gar nicht sehen.
Diese Diskussionen haben mir sehr zu denken gegeben - und es waren keine einzelnen Personen, sondern es waren schon mehrere. Natürlich ist das, was sie widergespiegelt haben, in unserem Land heute keine Mehrheitsmeinung, weder im Saarland noch in Deutschland. Es ist gut, dass es so ist. Wir sind uns aber, glaube ich, alle darüber im Klaren, dass die Zahl der Europagegner hier in diesem Land leider wächst. Wir sind uns auch alle darüber einig, das ist eigentlich eine traurige Wahrheit, dass nach der Wahl mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zum ersten Mal seit langer Zeit Europagegner in diesem Parlament sitzen werden. Das ist Demokratie, da geht kein Weg daran vorbei. Es macht aber auch deutlich, wie wichtig es ist, dass alle politischen Parteien, das sind wir alle hier in diesem Raum, alles tun, um Europa zu verteidigen, um Europa weiter auszubauen und um Europa nicht zurückdrängen zu lassen.
Vor diesem Hintergrund, Herr Minister Toscani, Frau Ministerpräsidentin, ist es auch sehr wichtig und sehr richtig, dass die Landesregierung eine Europastrategie hat, daran festhält und sie nach vorne treibt. Wir müssen Europa leben, dazu gehört eben auch eine solche Strategie. Sie gehört insbesondere dazu, wenn wir sehen, welche dunklen Wolken sich im Moment hinter der Grenze am Horizont zeigen. Sie wissen alle, wovon ich rede, ich rede von der französischen Präsidentschaftswahl, von der immensen Gefahr für Europa, von der immensen Gefahr für uns alle, dass Marine Le Pen diese Wahl gewinnt, was wir alle nicht hoffen wollen. Es ist aber mittlerweile nicht mehr ganz unmöglich. Wir wissen auch alle, was das für Europa und für uns im Saarland bedeuten würde. Europa wäre vermutlich am Ende, wir hätten alle ein ganz großes Problem. Gerade wir hier im Saarland und insgesamt in der Republik Deutschland wären die größten Leidtragenden. Unsere Wirtschaft würde nach unten gehen, der hohe Wohlstand, den wir heute haben, wäre wohl auf diesem Niveau nicht mehr zu halten. Deshalb ist es wichtig, jedes Engagement einzugehen, das im französischen Raum denkbar ist und jeden
französischen Kontakt zu knüpfen und zu leben. Dazu gehört eben die Frankreichstrategie der Landesregierung.
Herr Minister, Sie haben eben einige richtige und positive Beispiele genannt. Es gibt aber einige Dinge mit Blick auf Frankreich, auf den grenzüberschreitenden Raum, die von der gesamten Entwicklung her nicht so positiv sind. Die Maut ist eines dieser Themen, Sie haben es angerissen. Sie haben sich hier auch gegen die Maut positioniert, Sie haben sie zumindest hinterfragt. Aber, Herr Minister, diese Maut ist ein Kind der Großen Koalition in Berlin, ist ein Kind Ihrer eigenen Partei, so problematisch sie ist. Ich hätte mir schon gewünscht, dass die Große Koalition hier im Saarland, dass die Landesregierung in Berlin bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag, aber auch im Bundesrat einen deutlich größeren Widerstand hätte erkennen lassen, als es der Fall war. Man hätte sich insbesondere als Grenzregion deutlicher positionieren können und müssen.
Verkehrspolitik allgemein ist aber ein wichtiger Baustein in einer grenzüberschreitenden Strategie, bei einer wirklich gelebten Frankreichstrategie. Wenn wir genau hinschauen, das wissen Sie, Herr Minister, dann sieht das nicht so gut aus, wie wir es alle gerne hätten. Die Zugverbindung nach Frankreich, auch die Anbindung nach Paris, war schon mal besser, auch da gibt es dunkle Wolken am Himmel. Ob wirklich alles so bleibt mit den Verbindungen nach Paris, das wissen Sie, steht ein wenig in den Sternen. Auch da bräuchten wir dringend mehr Druck durch die saarländische Landesregierung, dass wir nicht weniger, sondern bessere Verbindungen nach Frankreich bekommen, dass das Stück zwischen Saarbrücken und Metz deutlich mehr genutzt wird, dass dort Effizienzpotenziale gehoben werden und nicht dieses Klein-Klein herrscht, das wir an dieser Stelle immer noch haben. Auch das wäre und ist gelebte Frankreichstrategie.
Ich will ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang aufgreifen, das wir in diesem Parlament im vergangenen Jahr schon einmal diskutiert haben und bei uns GRÜNEN eigentlich nur Kopfschütteln hervorgerufen hat. Die Diskussion hat sogar Kopfschütteln bei einigen Mitgliedern der Großen Koalition im Parlament hervorgerufen, von denen ich weiß, dass sie auch für dieses Projekt kämpfen. Diese Landesregierung kämpft aber offenbar nicht für dieses Projekt. Sie wissen, wovon ich rede, ich rede von dem Projekt Tram-Train, das eine Straßenbahnanbindung zwischen den Städten hier im Saarland und dem französischen Grenzraum plant. Es gibt eine Studie aus dem Jahre 2014 vom Eurodistrict SaarMoselle, die zu einem sehr positiven Ergebnis für dieses Projekt gekommen ist. Diese Studie hat
belegt, dass dieses Projekt Tausende von Arbeitsplätzen hier in dieser Region schaffen und zu einer echten grenzüberschreitenden Verkehrsanbindung führen würde, die gerade viele Käuferinnen und Käufer - Maut hin, Maut her - in die Region holen würde.
Ich habe nicht verstanden, warum die Landesregierung dieses Projekt, das große ökonomische, aber auch ökologische Vorteile bringt, nicht vorangetrieben hat, nicht vorantreibt. Sie schieben es einfach weg und kümmern sich nicht darum. Da muss man ernsthaft fragen, was ist es dann für eine Frankreichstrategie? Frankreichstrategie muss man leben, man kann nicht nur davon reden, man muss auch die Projekte aufgreifen, die da sind. Herr Minister, warum tun Sie das nicht? Sie sind nach wie vor eine Erklärung schuldig.
Hinzu kommt: 80 Prozent der Kosten dieses Projektes Tram-Train würden von der Europäischen Union getragen. Das heißt, wir bekämen zig Millionen Förderung in diese Region hinein. Da frage ich mich: Warum klemmt sich diese Landesregierung nicht dahinter, holt dieses Geld ins Saarland, holt dieses Projekt in die Region und bringt damit die Frankreichstrategie wirklich nach vorne?
Damit komme ich zum Abschluss bei diesem einzelnen Projekt. Man muss auch wissen, wenn die Landesregierung jetzt nicht auf die Tube drückt, dann sind die Gelder weg. Das Geld wird es nämlich nur dann geben, wenn das Projekt bis 2020, 2021 abgerechnet, also umgesetzt ist. Wir haben jetzt 2017, das sind, soweit ich rechnen kann, noch sechs Jahre, das ist nicht viel. Hier verschläft die Landesregierung in den wesentlichen Teilen eine echte Frankreichstrategie, die man wirklich greifen könnte, die wichtig und sinnvoll wäre für diese Region.
Nächstes Beispiel ist die Bildungspolitik, auch hier wundert man sich. Insbesondere unsere Universität und unsere Hochschulen könnten eine ganz bedeutende Rolle bei einer gelebten Frankreichstrategie spielen. Eine starke UdS, starke Hochschulen hier im Saarland könnten attraktive Partner sein in dieser Region, in europäischen Netzwerken beziehungsweise Forschungsverbünden. Nur eine starke UdS hätte in diesem Großraum genügend Gewicht, um eine solche Rolle zu spielen, um Netzwerke und Verbünde als gleichwertiger Partner mitgestalten zu können. Nur ressourcenstarke Hochschulen könnten dieses spürbare Interessengefälle bezüglich der Großregion zwischen den Nationalstaaten ein wenig kompensieren. Alles das geht nur, wenn Sie die Hochschulen hier im Saarland finanziell entsprechend ausstatten. Aber auch hier macht die Landesregierung das Gegenteil von dem, was notwendig wäre: Sie schwächen unsere Hochschulen, Sie
schwächen unsere Universität, indem Sie viel zu viele finanzielle Mittel dort herausgenommen haben. Dort müsste ein Schwerpunkt mit Blick auf das Land selbst gesetzt werden. Über die Hochschulen holen wir uns junge, intelligente Köpfe hier ins Saarland für unsere Unternehmen im Saarland. Nur über die Hochschulen könnten wir eine echte Frankreichstrategie im Hochschulbereich leben. Auch dort geschieht sehr wenig.
Oder noch ein weiteres, für mich trauriges, Kapitel in einer Frankreichstrategie, das Thema Cattenom. Auch dort wird im Saarland viel geredet. Wir sind uns alle einig: Cattenom müssen wir abschalten. Das muss weg. Aber auch hier muss man immer wieder die Frage stellen, wie denn an dem Punkt die Frankreichstrategie der Landesregierung aussieht. Alle wissen, diese Frankreichstrategie kann nur über Berlin laufen. Das kriegen wir alleine aus dem Saarland heraus nicht geregelt. „Über Berlin laufen“ heißt, dort muss die Kanzlerin ran, dort muss das Kanzleramt persönlich ran. Wie wir alle wissen, haben wir ja einen ganz gewichtigen Kanzleramtsminister, der kommt aus dem Saarland. Wir haben einen Bundesjustizminister, der kommt aus dem Saarland. Da fragt man sich, warum es denn diesen beiden Schwergewichten nicht gelingt, in Richtung Cattenom via Bundeskanzlerin eine vernünftige Verhandlungsstrategie aufzubauen. Man hat bis heute nicht gehört, dass die Landesregierung an dieser Stelle in Berlin bei der Kanzlerin wirklich einmal vorstellig geworden wäre.
Oder noch ein weiteres Beispiel - das ist sogar angesprochen worden -, das Thema grenzüberschreitende Ausbildung. Das ist ein sehr guter Ansatz, den Sie da verfolgen. Den kann man nur unterstützen. Er ist absolut richtig. Aber auch hier muss man die Frage stellen, wie es denn in der Realität aussieht. Wie viele grenzüberschreitende Ausbildungsverhältnisse haben wir denn? Herr Minister, Sie wissen, wenn wir alle diese Menschen, die wir im Saarland haben, hier in diesen Saal setzen würden, der Raum wäre vermutlich noch nicht einmal halb gefüllt. Das heißt, wir reden doch hier von etwas, was nach wie vor leider Gottes nicht mit Leben erfüllt wird.
Oder das Thema Französisch-Unterricht. Es wird ja auch viel von Französisch-Unterricht hier in unseren saarländischen Schulen gesprochen. Frau Ministerpräsidentin, Sie haben das vor Jahren schon angerissen. Da soll sehr viel geschehen, aber was ist denn real geschehen? Gibt es hier im Saarland den verbindlichen Französisch-Unterricht ab der ersten Klasse? Nein, den gibt es natürlich nicht. Auch hier muss ich sagen: Nur darüber reden, das reicht einfach nicht.
Oder aber - damit komme ich zum Schluss - der grenzüberschreitende Umweltschutz, die leidige Diskussion um die Industrieplattform Carling. Auch dort läuft vieles nicht so, wie man sich das im europäischen Verbund eigentlich vorstellen würde. Dort könnte und müsste mehr passieren in Form von grenzüberschreitender Zusammenarbeit, um den Menschen im Warndt vor der permanenten Industrieplattform Carling die Angst zu nehmen.
Mein Fazit ist, Ihre Frankreichstrategie - ich wiederhole das noch einmal - ist absolut wichtig, ist absolut richtig. Aber erfüllen Sie sie doch an mehr Stellen mit Leben, erfüllen Sie sie doch an den Stellen mit Leben, wo Sie das tun können, wo es das Land wirklich nach vorne bringt! Tram-Train - ich wiederhole mich - ist das beste Beispiel. Runde Tische alleine, in denen man über die Frankreichstrategie redet, genügen nicht. Es muss mehr konkretes Handeln geben. Dazu fordern wir als GRÜNE diese Landesregierung auf. - Vielen Dank.
Frau Ministerin, Sie haben sich eben etwas über die Forderung lustig gemacht, das Wahlalter ab 16 einmal auf kommunaler Ebene einzuführen und dort
auszuprobieren. Sie haben das so dargestellt, als wäre das eine Abwertung dieser Idee, dieser Möglichkeit, das Wahlrecht für Jugendliche ab 16 Jahren einzuführen. Ich habe eben dazwischengerufen, wie das mit den Bürgern der Europäischen Union ist, aber Sie haben ja nicht darauf reagiert. Die dürfen doch bei uns nur auf kommunaler Ebene wählen. Bedeutet das denn aus Ihrer Logik heraus, dass alle EU-Bürger dann demokratisch abgewertet sind bei uns in Deutschland oder europaweit - diese Regelung gilt ja europaweit -, weil sie eben nur auf kommunaler Ebene wählen dürfen? Meine Frage geht dahin: Hinkt der Vergleich nicht irgendwo, wie Sie da argumentieren?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute das Thema Rahmenbedin
gungen für Gründerinnen und Gründer bewusst auf die Tagesordnung gesetzt, weil vor Kurzem die Zahlen zu den Gründungen im Saarland im Jahre 2016 durch die Öffentlichkeit gegangen sind. Diese Zahlen waren nicht schön. Sie besagen, dass im Saarland die Zahl der Gründerinnen und Gründer 2016 um 11 Prozentpunkte zurückgegangen ist. Das ist nicht schön, das ist dramatisch, das ist äußerst dramatisch, insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir bei Neugründungen bundesweit sowieso schon Schlusslicht sind.
Nun ist die Schaffung neuer Arbeitsplätze ein Thema, das wir zu Recht immer wieder auf der Agenda haben. Aber in diesem elementaren Bereich scheint die saarländische Landespolitik komplett zu versagen. Anders kann man diese Zahlen nicht deuten.
Es gibt aber noch eine weitere relativ erschreckende Zahl, was die Unternehmensgründungen und den Unternehmensbestand im Saarland betrifft. Das ist eine Zahl, die so gar nicht bekannt ist, weil sie nicht durch die Presse gegangen ist, nämlich die Zahl der Kreditreformen. Diese Zahl besagt, dass wir in den letzten zehn Jahren netto rund 700 Unternehmen im Saarland verloren haben. Auch das ist eine dramatische Zahl. Vor dem Hintergrund dieser Zusammenhänge wundert es mich schon, dass die zuständige Wirtschaftsministerin es noch nicht einmal für nötig hält, überhaupt an dieser Debatte teilzunehmen.
Die zuständige Wirtschaftsministerin hält es nicht für nötig, an einer solch elementaren Debatte, die ihr Haus originär betrifft, teilzunehmen. Ich sage ganz offen: Das verstehe ich nicht. Das verstehe ich wirklich nicht. Das habe ich bisher auch selten erlebt.
Das Problem hier im Saarland besteht darin, dass die gesamte Gründerstruktur darniederliegt. Wir haben eigentlich keine Gründerstruktur. Wenn man in die Wirtschaft hineinhört, wenn man mit den Experten redet, bekommt man fast überall die gleiche Antwort. Wir haben zwar die Saarland Offensive für Gründer, das SOG-Netzwerk, das es jetzt seit 22 Jahren gibt. Wenn Sie da aber mal genau hinschauen, wenn Sie mit den zuständigen Leuten reden, stellen Sie fest: Da passiert eigentlich nichts!
Das ganze SOG-Gründernetzwerk ist ein In-sichGeschäft. Pro Jahr gibt es zwar eine Versammlung, pro Jahr gibt es eine Gründermesse. Die da hingehen, sagen mir aber: Da kommen immer wieder die gleichen Leute, da finden eigentlich gar keine Gründungen statt. Und das nicht gerade zum Nulltarif, diese Messe kostet jedes Jahr 200.000 bis 300.000 Euro, nicht wenig Geld in einem sogenannten Haushaltsnotlageland. Das heißt, wir geben für die immer gleiche Party verdammt viel aus.
Es gibt aber bei dem SOG-Netzwerk noch weitere Probleme, die auch immer wieder benannt werden. Entscheidungen zum Beispiel über Werbekampagnen, neue Aktivitäten werden immer im gleichen, sehr engen Kreis getroffen: Ministerium, IHK, HWK, SIKB und den Hochschulen. Diese sehr zentralistische Struktur frustriert natürlich die meisten kleineren Partner, insbesondere auch die regionalen Wirtschaftsförderungen. Viele Maßnahmen werden zwar mit Veranstaltungen angestoßen, aber dann fehlt es an der weiteren Betreuung, an der Nachbetreuung. Es fehlt vor allen Dingen auch an gezielten Maßnahmen für Förderer und junge Menschen, die werden damit relativ wenig angesprochen. Wir haben zwar eine Gründerförderung an den Hochschulen - das ist begrüßenswert und sehr wichtig -, aber es gibt auch innovative Gründer außerhalb der Hochschulen. Auch die müssten betreut werden, auch dort geschieht bei uns im Saarland relativ wenig.
Ein weiteres Problem bei der SOG ist die Tatsache, dass jeder SOG-Partner mit seinen eigenen Gründerdaten arbeitet. Die anderen SOG-Partner können ihre Leistungen bei den anderen Gründern gar nicht anbieten. Auch dort passt es nicht. Es schmoren alle im eigenen Saft, deshalb bewegt sich nichts weiter, es geht nichts voran. Die Zusammenarbeit im gesamten SOG-Netzwerk ist stark von institutionellen Eigeninteressen geprägt mit all den Problemen, die damit zusammenhängen. Alle Partner achten peinlich darauf, dass jeder seine eigenen Interessen vertritt und dass die Geschäftsideen nicht an andere Stellen weitergehen; alles muss unter Kontrolle bleiben. Es gibt also viele Probleme in diesem Bereich. Dort - und das ist einer der Gründe für unseren Antrag - bräuchten wir eine Neugestaltung im Saarland.
Wir müssen wissen, dass sich die Gründerlandschaft in ganz Deutschland in den letzten zehn Jahren gründlich verändert hat. Das Gründungsgeschehen ist heute in einem immer stärkeren Maße geprägt von sogenannten digitalen Geschäftsmodellen. Auch hier geschieht im Saarland eigentlich nichts. Junge sogenannte High Potentials brauchen ihr eigenes Gründerökosystem. Solche Gründerökosysteme, genannt Garagenkonzepte, Stichwort Coworking Spaces, gibt es in vielen anderen Bundesländern. Aber es gibt ein Bundesland, wo so etwas nicht stattfindet und das ist leider unser Bundesland. Also auch hier haben wir wirklich ein massives Versagen der hierfür zuständigen Landesregierung.
Man muss wissen, dass in anderen Bundesländern solche Garagenprojekte heute von großen Unternehmen wie BMW, Adidas oder Osram betrieben werden. Im Saarland geschieht das nicht. Weil es aber nicht geschieht, wäre es eigentlich originäre Aufgabe der Politik, solche Garagenkonzepte anzu
schieben und mit der Industrie so zusammenzuarbeiten, dass so etwas geschieht. Aber das alles geschieht bei uns hier im Saarland leider nicht.
Vor dem Hintergrund der dramatischen Zahlen, die wir an dieser Stelle haben, haben wir den Antrag heute hier eingebracht. Wir werden es nicht schaffen, nur mit großindustriellen Strukturen Arbeitsplätze im Saarland zu schaffen. Wir wissen alle, wie schnell große Industriestrukturen unter Druck geraten können. In der Stahlindustrie erleben wir es gerade.
Bei der Automobilindustrie kann es auch sehr schnell gehen. Schauen Sie sich den VW-Skandal an, schauen Sie sich die Krise an bei Opel, das gerade von einem französischen Konzern übernommen wird. Gerade wir hier im Saarland leben im Moment wirklich von den großindustriellen Strukturen. Wir haben seit Jahrzehnten das Problem, dass wir zu wenig Mittelstand haben. Das wird von allen Seiten zu Recht bemängelt, man muss dann aber regierungsseitig etwas dafür tun, damit es in einem relevanten Umfang zu Neugründungen im Saarland kommt. Es darf nicht sein, dass die Neugründungen immer mehr zurückgehen. Wir dürfen bundesweit nicht weiterhin Schlusslicht bleiben.
Das ist - ich wiederhole mich da - originäre Aufgabe der Landesregierung, aber hier geschieht nichts! Aus diesem Grund haben wir heute diesen Antrag eingebracht und ich bin jetzt schon gespannt, mit welchen Argumenten die Große Koalition diesen Antrag ablehnen wird, obwohl es keine sachbezogenen Argumente dafür gibt. Aber, ich werde Ihnen jetzt mit Interesse lauschen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute über das nicht ganz unwichtige Thema Nachhaltigkeit. Minister Jost hat bereits die UN-Nachhaltigkeitsstrategie - die Agenda
2030 - in die Debatte eingeführt. Der Abgeordnete Jung hat die Nachhaltigkeit zur Schicksalsfrage in der Politik erklärt. Er hat Artensterben, die Verschmutzung der Ozeane und den Klimaschutz in diese Debatte eingeführt. Das ist auch alles richtig. Das macht die Zentralität dieses Begriffes und dieser Debatte deutlich.
Allerdings muss man sich auch klarmachen, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie, heruntergebrochen auf das Saarland, eine relativ große Bedeutung hat. Sie müsste eigentlich die Leitlinie sein für die Politik der Regierung des Saarlandes in den nächsten Jahren. Es hat leider Gottes sehr lange gedauert, bis wir hier eine Nachhaltigkeitsstrategie auf dem Tisch hatten. Wir fordern sie als grüne Oppositionspartei seit Jahren. Jetzt, ganz am Ende der Wahlperiode, wird ein dünnes Papier auf den Tisch gelegt.
Es ist noch schlimmer. Dieses Papier hat eigentlich keine wirklichen Ziele formuliert. Wir sind und bleiben damit Schlusslicht in der Nachhaltigkeitsdebatte. Die meisten Bundesländer sind schon viele Jahre weiter. Aber das Hauptproblem - ich habe es schon angesprochen - bei dem, was Sie, Herr Minister, gerade vorgelegt haben, liegt darin, dass diese Strategie nicht im Geringsten ambitioniert ist. Da steht eigentlich nichts drin.
Ein ganz zentrales Thema ist der Klimaschutz. Wenn ich Klimaschutz im Saarland betreiben will, dann muss ich mir doch als Landesregierung gewisse Vorgaben machen und Ziele setzen. Die gibt es nicht! Wir reden hier von CO2-Emissionen. Das ist auch ein großes Problem, gerade hier im Saarland. Wir haben im Saarland - das darf man nie vergessen - eine doppelt so hohe CO2-Emission wie im Bundesschnitt. Darüber reden Sie nicht. Das hat natürlich Ursachen. Das sind im Wesentlichen unsere vier großen Kohlekraftwerke. Dieses Thema gehen Sie gar nicht an.
Ein Klimaschutzgesetz - Kollege Hilberer hat es eben angesprochen - darf es im Saarland doch nicht geben! Herr Minister, können Sie mir bitte einmal erklären, was das mit Nachhaltigkeit zu tun hat? Andere Bundesländer sind Lichtjahre weiter als wir! In anderen Bundesländern, die Schwerindustrie, insbesondere Stahlindustrie haben, wie etwa NordrheinWestfalen oder Bremen - um nur die beiden zu nennen; beide sind rot-grün regiert -, gibt es seltsamerweise Klimaschutzgesetze. Die hat man dort zusammen mit der Stahlindustrie erarbeitet. Man hat dort vernünftige Ziele erarbeitet, die eben nicht dazu führen, dass die Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen und Bremen verdrängt wird.
Ich frage auch die Ministerpräsidentin, die sich noch nicht einmal an dieser für die Landesregierung keineswegs unwichtige Debatte beteiligt, warum es das
im Saarland nicht gibt. Warum gehen Sie dieses Thema nicht an? Sie drücken sich davor, weil Sie Ziele nennen müssten.
Herr Minister, Sie haben eben den weltweit bekannten Professor Latif, der auf der Konferenz in Otzenhausen war, in die Debatte eingebracht. Ich war auch da und habe ihm sehr gerne zugehört. Professor Latif ist ein Vorkämpfer für den Klimaschutz. Er hat aber - auch in Otzenhausen, Sie waren dabei konkrete Ziele bei der CO2-Einsparung und der Methan-Belastung eingefordert. Alle diese Dinge wurden angesprochen. Wo finde ich das alles in Ihrer Strategie? Da ist nichts. Da ist gar nichts. Da steht nichts drin. Man könnte wirklich zu Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie sagen: Thema verfehlt. Thema verfehlt wäre wahrscheinlich der falsche Begriff, weil Sie das Thema schon genannt haben. Aber Sie haben das ganze Thema verschwurbelt. Das ist nicht greifbar. Ich glaube, wenn Herr Latif hier Ihre Strategie vertreten müsste, bekäme er Tränen in die Augen vor dem Hintergrund dessen, was da drinsteht, oder besser gesagt vor dem Hintergrund dessen, was da eben nicht drinsteht. Das ist ein reines Alibi-Papier. Nicht mehr und nicht weniger.
Es steht lediglich drin, wir wollen bis 2020 einen Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energie haben. Wir sind heute gerade bei 12 oder 13 Prozent. Sie wissen ganz genau, auch dieses Ziel werden Sie in diesem Land nicht erreichen, weil die meisten Anlagen, insbesondere bei Windkraft, mittlerweile von Ihnen nicht mehr genehmigt werden, weil sie blockiert werden. Da geschieht einfach nichts. Auch das führt zu keinem Ergebnis.
Nein, die Strategie, die Sie hier vorgelegt haben, richtet sich nach dem Motto: Ja, wir haben einmal darüber geredet, schön, legen wir es weg. - Sie fordern dann natürlich, wie es eben hier angeklungen ist, für die nächste Wahlperiode einmal eine Enquetekommission. Das ist dann bis nach der Wahl verschoben.
Es geht aber nicht nur um das Thema „Klimaschutzgesetz, CO2-Einsparung, Energiepolitik“. Kommen wir mal zum relativ wichtigen Thema des ländlichen Raums. Das haben Sie ja zu Recht angesprochen, das ist ein ganz zentrales, wichtiges Thema in den nächsten Jahren. Aber wie gehen Sie denn damit um, wenn es konkret wird?
Schauen wir einmal in den Landkreis Neunkirchen hinein. Sie haben davon gesprochen, die Ortskerne erhalten zu wollen. Herr Minister, absolut richtig, wir müssen vieles tun in diesem Lande, um unseren ländlichen Raum zu erhalten, um die Ortskerne zu erhalten. Aber zu den Ortskernen, das wissen Sie, das wissen wir, das wissen eigentlich alle, gehört auch ein lebendiges Geschäftswesen in eben diesen
Ortskernen. Und was tun Sie gerade im Landkreis Neunkirchen? Da gibt es ein Naturschutzgroßprojekt, LIK.Nord, Landschaft Industriekultur Nord. Da sind 13 Millionen investiert worden, vom Bund, vom Land und von den Kommunen. Jetzt soll dieses Projekt aber geschleift werden durch ein Großprojekt des Einzelhandels, das auf der grünen Wiese dort angesiedelt werden soll. Nein, es wird noch schlimmer! Wir haben eben von Wald gesprochen, der Kollege Lafontaine kämpft ja mittlerweile für jeden Baum, von Ihnen habe ich leider zu dem Thema noch nichts gehört. Dort soll ein ganzes Waldgebiet abgeholzt und einer Großansiedlung geopfert werden, die nicht nur ein ökologisches Problem darstellt, nein, die auch dazu führt - die Geschäftsleute im Landkreis Neunkirchen gehen mittlerweile auf die Barrikaden -, dass die Ortskerne und Innenstädte dort ausgeräumt werden! Die Innenstädte und Ortskerne von Neunkirchen, Illingen, Merchweiler, Spiesen-Elversberg, Ottweiler etc. werden unter diesem Großprojekt leiden, was immer klarer wird. Da geht es um FFH-Gebiete, die in Mitleidenschaft gezogen werden, da werden Biotope vernichtet. Von dieser ganzen Debatte lese ich in Ihrem Papier absolut nichts, das sparen Sie völlig aus, Sie gehen einfach darüber hinweg. Das macht eigentlich klar und deutlich, wie ernst Sie es meinen mit diesem Thema.
Aber gerne.
Abg. Lafontaine (DIE LINKE) mit einer Zwischenfrage: Die Frage ist ganz kurz: Können Sie mir noch die Gründe nennen, warum die Regierung, an der Sie auch beteiligt waren, unseren Antrag, eine Begrenzung der Handelsflächen im Außengebiet durchzuführen, abgelehnt hat? Warum ist diese Verordnung abgelehnt worden?
Herr Lafontaine, wir haben eine saarländische Raumplanung, wir haben einen Landesentwicklungsplan Siedlung, der von uns auch mitgetragen wurde, der stammt aus dem Jahre 2007, noch vor unserer Regierungszeit. In diesem noch gültigen Landesentwicklungsplan Siedlung, in dieser aktuellen Raumplanung, ist eine solche Großansiedlung eigentlich ausgeschlossen. Diese Landesregierung wenn sie diese Großansiedlung durchpauken will muss die komplette Landesplanung verbiegen und verändern, es müssen hier im Prinzip Dinge gemacht werden, die es bundesweit eigentlich gar nicht mehr gibt, weil auch die Landesplanungen aller anderen Bundesländer eine solche Großansiedlung
auf der grünen Wiese heute nicht mehr zulassen.Da haben wir also nichts anderes gemacht als die Vorgängerregierung, das war auch richtig so. Ich sage es noch einmal: Das Problem bei dieser Ansiedlung sind nicht die Verordnungen der Landesplanung die sind korrekt -, das Problem ist die Landesregierung, die das zulassen will und die versucht, genau diese Ziele wegzubiegen! Darüber müssen wir diskutieren! An der Stelle, Herr Lafontaine, geht Ihre Frage leider ins Leere.
Ich weiß nicht, Herr Minister, wer sich hier zu wessen Hofnarr macht. Es ist nur eine seltsame Entwicklung, wenn ein Umweltminister - und das sind Sie ja, glaube ich - sich vor eine solche Ansiedlung stellt, wenn ein Umweltminister nicht für seine Naturschutzgroßprojekte kämpft, sondern offenbar für den potenziellen Investor. Haben Sie denn mittlerweile nicht mit Frau Hendricks gesprochen, um eben die Betzenhölle aus der LIK.Nord zusammenhängend rauszuholen? Ist Ihr Staatssekretär Krämer nicht nach Berlin gepilgert, um genau das zu erreichen? Ist der Staatssekretär Krämer in der Verbandsversammlung etwa nicht öffentlich aufgetreten und hat die Ansiedlung verteidigt, und nicht das Naturschutzprojekt? Herr Minister, Sie sollten sich einmal überlegen, wo Sie stehen. Ich könnte es ja noch irgendwo verstehen, wenn die Wirtschaftsministerin in ihrer Rolle diese Planung befürworten würde, aber dass es ausgerechnet der Umweltminister macht, dass der Umweltminister hier nicht zu Felde zieht, das müssen sie wirklich der saarländischen Öffentlichkeit und auch den Betroffenen in der nächsten Zeit noch sehr intensiv und deutlich erklären.
Es fehlen mir auch andere wichtige Aspekte in Ihrer Strategie. Der soziale Wohnungsbau ist eine ganz wichtige Frage der sozialen Nachhaltigkeit hier im Saarland. Da liest man recht wenig dazu, das scheint ebenfalls nicht gerade ein Schwerpunkt in dieser Debatte zu sein. Das Thema Flüchtlinge finden wir gerade mal in Kapitel 3 ein Mal erwähnt. Wir haben es gestern erst auf den Tisch bekommen, wir konnten nur sehr oberflächlich draufschauen. Wie gesagt, wir haben es nur in Kapitel 3 gefunden. Ich glaube aber, dass man gerade beim Thema Flüchtlinge sehr intensiv über Nachhaltigkeit diskutieren muss. Da hätte ich mir gewünscht, dass sehr viel mehr darüber geschrieben wird. Auch beim Thema Verkehrspolitik kann man nicht gerade von einer nachhaltigen Politik Ihrer Landesregierung reden. Wir sind nach wie vor mit Blick auf den ÖPNV Schlusslicht im bundesweiten Vergleich. Durch ein neues ÖPNV-Gesetz wird sich daran auch nichts ändern, es ist, wie ich schon einmal hier gesagt habe, alter Wein in neuen Schläuchen.
Dann nehme ich mir mal die Liste Ihre Nachhaltigkeitsziele zur Hand. Im Handlungsfeld 4 haben Sie sechs Punkte formuliert, gehen wir sie doch einmal durch. Da steht zuerst einmal Punkt 1, Entlastung der globalen Erwärmung durch Reduktion der Treibhausgasemissionen. Eben wurde bereits die Frage gestellt: Wie machen Sie das denn, mit welchen Zielen, mit welchem Klimaschutzgesetz, wo sind da die Vorgaben? Dazu finde ich nichts. Dieser Satz ist richtig, aber er wird durch nichts unterlegt.
Dann der Ausbau erneuerbarer Energien auf 20 Prozent. Da müssen Sie mal Gas geben und zusehen, dass die erneuerbaren Energien auch wirklich ausgebaut werden! Auch das ist zurzeit im Saarland nicht zu erkennen.
Die zentrale und intelligente Umsetzung der Energiewende. Da müssen Sie mal erklären, wie Sie zu den Kohlekraftwerken im Saarland stehen. Ich habe bisher nur gehört, die sollen am besten möglichst lange laufen, bis ultimo. Was soll das alles?
Schutz der Artenvielfalt in Ökosystemen. Ich habe gerade ein Beispiel genannt, wie Sie mit Ökosystemen umgehen. LIK.Nord, Betzenhölle, FFH-Gebiete, alles spricht für sich. Der einzige Punkt, den ich ein wenig mittragen kann, ist der Punkt 5, die Stärkung des ökologischen Landbaus und die Erhaltung des gentechnikfreien Anbaus in der Landwirtschaft. Da stehen wir einigermaßen gut da, aber auch dort bremsen Sie ab, indem Sie die Förderung für die Umstellung auf ökologischen Landbau eingestellt haben. Auch wenn wir bei 12, 13 Prozent liegen, würde da noch sehr viel mehr gehen und es würde den Bauern helfen. Warum fördern Sie da nicht weiter?
Kommen wir zu Punkt 6 - der ist schon angesprochen worden -, die Stärkung der Ökosysteme Boden und Wasser. Da hat der Kollege Heinrich eben noch einmal versucht, das Thema Grubenwasser ins Lächerliche zu ziehen, aber das ist ein durchaus ernsthaftes Thema. Hier geht es um den Trinkwasserschutz für die kommenden Generationen in diesem Lande. Dazu steht in Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie ebenfalls nichts drin. Da haben wir eine reale Bedrohung durch die Pläne der RAG, das Grubenwasser bis ganz nach oben ansteigen zu lassen. Dort sind unsere Trinkwasserreservoire. Die dünnen Gutachten, die bis heute seitens der RAG auf dem Tisch liegen, überzeugen weder Fachleute noch mich. Vor allen Dingen gibt es eine Grundlage, über die Sie immer geflissentlich hinweggehen, nicht nur Sie, sondern auch die gesamte Landesregierung: Es gibt einen Vertrag zwischen diesem Konzern und dem Saarland. In diesem Vertrag ist vereinbart, dass das Grubenwasser aus gutem Grunde nicht ganz nach oben ansteigen kann, aber genau darüber diskutieren Sie mit denen. Sie schieben da keinen Riegel vor, auch das hat mit Nachhaltigkeit nicht viel zu tun.
Deshalb kann ich hier nur zusammenfassend sagen: Eine Nachhaltigkeitsstrategie ist dringend notwendig, aber was Sie hier heute vorgelegt haben, ist das Papier nicht wert, auf dem es steht. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, man darf auch mal rausgehen und ein Glas Wasser trinken. Dann ist man eben nicht sofort da, wenn man nicht weiß, dass Sie jetzt ans Rednerpult gehen,
nachdem die Rede des CDU-Vorredners überraschend kurz war. Das kann man in diesem Hause nicht erkennen. Das hier dann so ins Lächerliche zu ziehen, wie Sie dies getan haben, ist nicht gerade die feine englische Art. Ich würde Sie bitten, da etwas mehr Niveau in diesem Hause zu wahren.
Dann haben Sie kritisiert - das habe ich noch mitgekriegt -, dass die Papiere in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg nicht so dick sind wie Ihres. Dazu kann ich nur sagen: Es kommt manchmal nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität eines Papieres an.
Diese Papiere, diese Nachhaltigkeitsstrategien unterscheiden sich von der Ihrigen im Kern eben dadurch, dass dort Ziele formuliert sind, die in Ihrem Papier fehlen. Das ist ein Papier, das eigentlich mit der Überschrift überschrieben sein müsste: Schön, dass wir mal darüber geredet haben. - Mehr ist das nicht, und genau das ist das Problem.
Dann haben Sie eben noch mal das Thema Globusansiedlung im Bereich LIK.Nord angesprochen. Was soll diese Argumentation von Ihrer Seite, so zu tun, als müssten wir erst einmal prüfen? Herr Minister, Sie wissen vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Landesplanung, dass es da nichts zu prüfen gibt!
Es ist erklärte Absicht der saarländischen Landesplanung, dass es auf der grünen Wiese keine Großansiedlungen mehr gibt. Das wurde 2007 im Landesentwicklungsplan „Siedlung“ so festgeschrieben.
Wie argumentieren Sie denn, wenn einer kommt und will ein AKW im Saarland bauen? Da sind Sie doch erst einmal prinzipiell dagegen! Sagen Sie dann auch, da muss ich erst mal prüfen, wie ich das so mache? Gehen Sie da genauso vor?
Aber das hat ja eine Parallele, ich habe es eben angesprochen, beim Grubenwasser. Auch dort müssten Sie als zuständiger Umweltminister dem RAG Konzern sofort sagen: Freunde, wir haben einen gültigen Vertrag mit euch. Ihr lasst hier das Grubenwasser nicht ganz nach oben ansteigen. - Nein, dort handeln Sie nach der gleichen Prämisse: Schön, dass wir mal was vereinbart haben. Jetzt will der Konzern eine andere Vorgehensweise. „Na, dann reden wir doch mal drüber!“
Das ist Ihre Logik. Tut mir leid, wir bräuchten hier einen Umweltminister, der zu seinem eigenen Thema steht -
Ja, ich komme zum Schluss. Wir bräuchten einen Umweltminister, der zu seinen eigenen Themen steht und tatsächlich ein Umweltminister wäre, nicht ein Quasi-Umweltminister, der an einzelnen Stellen eigentlich nur das Geschäft von irgendwelchen Industriekonzernen macht. Genau das tun Sie und das spiegelt sich in dieser Strategie wider. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Entscheidung steht heute der Gesetzentwurf zum Ausführungsgesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren. Worum geht es dabei? - Auf Bundesebene wurde im Strafgesetzbuch und mit dem Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung eine professionelle therapeutische Begleitung von besonders schutzbedürftigen Verletzten im Strafverfahren initiiert. Dies war, wie wir finden, ein wichtiger Schritt in Richtung Opferschutz.
Opfer von Gewalt- und Sexualverbrechen leiden für Jahre, wenn nicht sogar ihr ganzes Leben unter dem, was ihnen angetan wurde. Die Aufarbeitung des Erlebten und das Immer-wieder-Erleben während der Prozesse bedeuten für die Opfer immensen seelischen Druck, dem sie ohne Betreuung oft gar nicht standhalten können. Daher war es mehr als notwendig, die Möglichkeit einer professionellen Unterstützung einzurichten, durch die die individuelle Belastung, die entsteht, wenn ein Opfer die Tat immer und immer wieder durchleben muss, reduziert wird. Dabei ist es umso wichtiger, dass durch die Begleitung höchste Neutralität gewahrt wird und dass sich die therapeutische Betreuung nicht in einer rein juristischen Beratung verliert.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung soll die Voraussetzungen der Zulassung der psychosozialen Prozessbegleitung sowie die Anerkennung von Ausund Weiterbildungen und Regelungen zur Vergütung normieren. Das ist wichtig, weil diese Aufgabe mit einer sehr großen Verantwortung einhergeht. Hier geht es um die Begleitung von tief traumatisierten Kindern, aber auch von tief traumatisierten erwachsenen Menschen.
Dass die Ausbildung der Therapeuten höchste qualitative Ansprüche erfüllen muss, versteht sich von selbst. Dabei ist es nicht nur wichtig, dass sie fachlich ein umfassendes Wissen, zum Beispiel in den Bereichen Psychologie, Kriminologie und Recht, vorweisen können, ihr Sachverstand muss sich außerdem immer auf dem absolut neuesten Stand befinden. Auch das muss an dieser Stelle erwähnt werden. Diesen hohen Anforderungen muss in diesem Gesetzentwurf Rechnung getragen werden.
Zum großen Teil, das muss man sagen, hat der Gesetzentwurf das auch geschafft. Er verlangt eine entsprechende Ausbildung, eine mindestens zweijährige berufspraktische Tätigkeit in einem einschlägigen Beruf sowie eine Zuverlässigkeitsüberprüfung. Was wir leider nicht nachvollziehen können, ist die Pflicht des Therapeuten zur Anbindung an eine sogenannte Opferschutzorganisation. Dadurch werden nämlich freiberuflich tätige Psychotherapeuten, die sich nicht in einem Vertragsverhältnis mit einer Opferschutzorganisation befinden, von der Tätigkeit ausgeschlos
sen. Das schränkt den Kreis der infrage kommenden Therapeutinnen und Therapeuten mitunter ziemlich ein. Dieses Problem sehen wir. Daher haben wir heute auch einen Abänderungsantrag eingereicht.
Uns ist wichtig, dass die Pflicht zu einer Anbindung komplett entfällt, damit auch freiberufliche Therapeutinnen und Therapeuten, sofern sie ansonsten die geforderten Voraussetzungen erfüllen, als Prozessbegleiterin und -begleiter arbeiten können. Außerdem ist es uns nicht ausreichend, eine zweijährige Berufspraxis zu verlangen, ohne einen zeitlichen Rahmen festzulegen, innerhalb dessen diese Erfahrungen auch gesammelt werden müssen. Daher fordern wir, dass die Prozessbegleiterinnen und -begleiter ihre Berufspraxis innerhalb der letzten fünf Jahre erworben haben müssen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass ihr Kenntnisstand immer den aktuellen Anforderungen entspricht.
Diese Kritikpunkte wurden im Wesentlichen auch in der Anhörung von den Expertinnen und Fachleuten so gesehen und benannt. Der Abänderungsantrag der Großen Koalition, das muss man sagen, ist sicherlich eine Verbesserung, denn er befasst sich genau mit der Voraussetzung der Anbindungspflicht. Ist im Gesetzentwurf nämlich noch die Anbindung an eine saarländische Opferschutzorganisation gefordert, so wurde dieses Attribut im Abänderungsantrag zumindest einmal gestrichen. Das heißt aber auch, dass die Verpflichtung zu einer Anbindung weiterhin bestehen bleibt. Das ist nach wie vor das Problem, das wir sehen. Als Argument dafür wird eine optimale Vernetzung der Therapeuten durch die Bindung an eine Opferhilfeorganisation genannt.
Nun sind wir zwar der Ansicht, dass die Vernetzungsmöglichkeiten auch auf dem Wege eines eigenständigen fachlichen Ausschusses erreicht werden können, das muss man hier durchaus bemerken. Auch ermöglicht gerade die Entflechtung vom eigenen beruflichen Umfeld und damit die Betrachtung des Falles aus einiger Entfernung oft neue Perspektiven und Sichtweisen auf die mehr als problematischen Vorgänge, über die wir reden. Durch den Abänderungsantrag der Großen Koalition wird der Kreis der infrage kommenden Therapeuten erheblich erweitert. Auch das muss man sagen und feststellen. Deshalb können wir GRÜNE dem Abänderungsantrag der Großen Koalition zustimmen.
Noch ein paar Worte zum Abänderungsantrag der PIRATEN-Fraktion. Er überschneidet sich zum Teil mit unserem Abänderungsantrag, in anderen Teilen schießt er uns aber leider ein wenig über das Ziel hinaus. Er will nämlich zusätzliche Fort- und Weiterbildungspflichten begründen, die den Kreis der Therapeuten, die bereits die Aufgaben übernehmen, wieder einschränken. Dieses Problem haben wir mit dem Antrag. Im Gesetzentwurf ist eigentlich sowieso geregelt, dass die Anerkennung auf fünf Jahre zu
befristen ist. Danach muss, um sie zu verlängern, nachgewiesen werden, dass die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Wir werden uns deshalb beim Abänderungsantrag der PIRATEN enthalten.
Ich wiederhole: Wir plädieren für eine komplette Streichung der Anbindungspflicht an eine Opferschutzorganisation, deshalb auch unser Abänderungsantrag. Der Gesetzentwurf insgesamt geht jedoch durchaus in die richtige Richtung. Er bedeutet einen großen Schritt für das Thema Opferschutz im Saarland. Wir werden daher, wie ich bereits angedeutet habe, bei der Abstimmung sowohl dem Abänderungsantrag der Großen Koalition wie auch dem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute einen Antrag eingebracht mit dem Titel „Örtlichen Einzelhandel im Landkreis Neunkirchen schützen und Waldgebiet Betzenhölle erhalten!“. Ich habe schon heute Morgen in der Aussprache über die Regierungserklärung eingehend über dieses Thema gesprochen. Ich habe dies bewusst getan, weil es in den Rahmen der Debatte zur Nachhaltigkeit sehr gut hineingepasst hat. Deshalb brauche ich jetzt nicht noch mal all das auszuführen, was ich heute Morgen schon gesagt habe, will aber doch noch mal auf die wesentlichen Punkte eingehen und klarstellen, worum es hier eigentlich geht.
Wir haben hier eine sehr seltsame Diskussion. Auf der einen Seite gibt es ein Naturschutz-Großvorhaben, in das viel Geld geflossen ist - 13 Millionen Euro, vom Bund, vom Land, von den Kommunen -, ein Naturschutz-Großvorhaben, das sehr sinnvoll ist, auf das wir Saarländerinnen und Saarländer alle stolz sein können und sein sollten. Es ist seltsam, dass die Landesregierung aber offenkundig zu diesem Großvorhaben nicht so richtig steht. Denn es gibt plötzlich das Interesse eines großen saarländischen Handelskonzerns, von Globus, und dann kommt diese Landesregierung sofort ins Nachdenken, sofort ins Wackeln bei ganz grundsätzlichen Fragen.
Ich argumentiere hier nicht gegen Globus, ich bin selbst Kunde bei Globus, ein tolles saarländisches Unternehmen. Aber Globus hat hier ein Vorhaben im Blick, das in der Sache zwar gut und richtig ist, der Bau eines großen Einzelhandelszentrums an einer Stelle, wo noch keins ist. Aber es gibt ein kleines Problem, das ist der Standort. Wenn der Standort in der Innenstadt von Neunkirchen wäre, hätten wir eine völlig andere Diskussion, wären auch wir GRÜNE dafür und würden sagen, das wertet die Innenstadt von Neunkirchen auf und hilft ihr. In meiner Heimatstadt Saarlouis haben wir ebenfalls einen großen Globus-Markt, aber der ist direkt an die Innenstadt angedockt und steigert deren Attraktivität.
In Neunkirchen - damit sind wir beim zweiten Teil der Diskussion - ist genau das aber nicht der Fall. Man fragt sich, wie der Stadtrat von Neunkirchen eine solche Position einnehmen kann und auch der Neunkircher Oberbürgermeister. Da stellt sich schon die Frage: Was steckt denn da dahinter, wie kann ich als zuständiger Rat eine Position einnehmen, die
meine eigene Innenstadt schädigt und schwächt? Genau das besagen all die externen Gutachten, natürlich nicht die von Globus. Die malen eine ganz andere Welt, die sind eben interessengetrieben.
Gerade in dieser Woche hat sich in Neunkirchen eine Interessengemeinschaft der Einzelhändler gegründet, aus Neunkirchen und aus den umliegenden Orten. Da gibt es auch bereits ein Gegengutachten, das klare Zahlen nennt. Wenn dieser Einzelhandelsmarkt in der Betzenhölle käme, würde das den Einzelhandel in den umliegenden Kommunen um bis zu 17 Prozent schwächen. Die Vertreter des Einzelhandels haben im Aktuellen Bericht des SR öffentlich erklärt, dass bereits eine Schwächung um 5 Prozent reicht, um dort die ersten Insolvenzen herbeizuführen. Da fragt man sich, was soll eine solche politische Diskussion? Wir reden alle darüber, dass wir die Ortskerne stärken wollen, dass wir den ländlichen Raum in diesem Lande stärken wollen. Diese Ansiedlung an dieser Stelle ist aber nun mal das genaue Gegenteil von dieser Vorstellung.
Aber das ist eigentlich keine neue Erkenntnis. Wir haben eine Landesplanung. Wir haben einen Landesentwicklungsplan „Siedlung“. Da steht das ziemlich genau so drin. Der ist vor mehr als zehn Jahren festgeschrieben worden. In diesem LEP „Siedlung“ hat die damalige Landesregierung ganz klar festgeschrieben, dass es im Saarland keine Großansiedlung von Einzelhandel auf der grünen Wiese geben soll. Genau darüber reden wir aber hier, das muss man sich klarmachen. Das ist eine Ansiedlung, die es übrigens nicht nur im Saarland nicht mehr geben soll, nein, das finden Sie bundesweit nirgendwo mehr. Alle Länder haben ihre Planungen entsprechend ausgerichtet und sprechen sich gegen solche Ansiedlungen auf der grünen Wiese aus. Da stellt sich die Frage, warum im Saarland nicht.
Das muss Gründe haben und da muss ich schon offen fragen: Gibt es da eine Kumpanei zwischen der Landesregierung und Globus? Diese Frage muss schon erlaubt sein an dieser Stelle, und die stelle ich hier auch. Das muss hier erklärt werden. Was steckt dahinter, dass ein saarländischer Umweltminister mit Berlin Kontakt aufnimmt und gegen die Interessen von Natur und Umweltschutz agiert? Das verstehe ich nicht, das sage ich ganz offen. Warum agiert hier ein Oberbürgermeister gegen die Interessen der eigenen Innenstadt? Auch das ist zu hinterfragen. Andere Bürgermeister im Umfeld dieser Ansiedlung laufen ja bereits Sturm. Sie haben erkannt, worin die Gefahr besteht, und sagen das auch deutlich.
Dieses Parlament - deshalb stellen wir heute hier unseren Antrag - sollte sich ganz deutlich von dieser Art Ansiedlung distanzieren und klar sagen: Wir haben eine gültige Landesplanung, wir haben dort ein Naturschutz-Großprojekt, das sind unsere Leitlinien.
An die sollten wir uns auch halten und deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag, den wir heute hier vorgelegt haben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Thul, wissen Sie, Sie haben ja bereits einiges deutlich gemacht. Sie haben deutlich gemacht, was auch unser Eindruck ist: Da gibt es schon Absprachen zwischen der Landesregierung und Globus, sonst würde man gar nicht so agieren. Man hat in Ihrem Redebeitrag gemerkt, dass dieses Projekt gewollt ist - von Ihnen, Sie sind ja offenbar Mitglied im Stadtrat Neunkirchen, und von der Stadt Neunkirchen sowieso.
Es ist aber sehr viel mehr passiert. Es ist bezeichnend. Ich schaue einmal nach links und nach rechts auf die Ministerbänke. Wo sind denn die zuständi
gen Minister? Wieso sagen sie nichts zu diesem Thema?
Das finde ich schon seltsam, weder Herr Jost noch Herr Bouillon sind hier und nehmen an dieser Debatte teil.
Daran merkt man schon, dass hier so manches in der Debatte nicht koscher ist. Da können Sie sagen, was Sie wollen.
So ganz am Rande - ich habe es eben bereits erwähnt -: Es gibt eine Verwaltungsvereinbarung zum Projekt LIK.Nord. In dieser Verwaltungsvereinbarung gibt es ein Planungsverbot. Diese Verwaltungsvereinbarung ist auch von Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger unterschrieben. Hier geschieht aber bereits eine Planung. Es werden Pläne vorgelegt, es wird agiert und so weiter. All das ist eigentlich schon nicht zulässig. Hier wird unsauber gearbeitet, völlig unabhängig von der Tatsache, dass permanent versucht wird, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen. Sie, Herr Thul, haben gerade einen solchen Versuch gestartet, indem Sie behauptet haben, die Betzenhölle liege an der Neunkircher Innenstadt dran. Sie ist aber 1 Kilometer weit weg! Das hat mit der Innenstadt doch nichts zu tun! Kommen Sie einmal zu uns nach Saarlouis, schauen Sie, wo dort der Globus ist. Er ist 100 oder 200 Meter von der Innenstadt entfernt. Das ist Stadtlage, aber nicht 1 Kilometer Entfernung! Es ist doch Unsinn, was Sie hier erzählen!
Es gibt schon Gründe, warum nicht nur die Einzelhändler und der Betreiber des Saarpark-Centers Umsatzeinbrüche befürchten, nein, die Einzelhändler in den Umlandgemeinden tun es genauso. Ich habe die Zahlen eben genannt. Man geht von 17 Prozent Umsatzeinbruch aus.
Das sind nicht meine Zahlen.
Sie reden von den Globus-Gutachten, die bisher von der Landesregierung zur Grundlage genommen wurden und die sehr fragwürdig und zu hinterfragen sind.
Die Gutachten, die von außen gemacht wurden, diese unabhängigen Gutachten gehen von ganz anderen Zahlen aus. Das ist das Problem. Sie stellen sich einfach hierhin und sagen: Ja, es wird zwar ein Waldgebiet abgeholzt, es werden FFH-Gebiete be
droht, es wird ein Biotop weggemacht, aber dafür machen wir einen Ausgleich. Wir gleichen das Ganze mit einer anderen Fläche aus. - Ich wollte Sie daran erinnern, dass diese Fläche heute nicht versiegelt ist. Das ist die übliche Diskussion: Man versiegelte eine große Fläche und sagt, die Fläche XY ist der Ausgleich dafür. - Das ist aber nicht Sinn und Ziel der Landesplanung und der Raumplanung. Dazu hätte ich heute von den zuständigen Ministern gerne etwas gehört. Das ist aber nicht geschehen.
Noch einmal: Die saarländische Raumplanung steht ganz klar gegen dieses Projekt. Es wird eine ganz spannende Frage sein, wie die saarländischen Landesbehörden die bestehende Landesplanung biegen werden, um dieses Projekt möglich zu machen. Wir als GRÜNE haben eine klare Position. Wir stehen zu diesem Naturschutz-Großprojekt LIK.Nord zum einen, wir stehen zum anderen zu der Innenstadt in Neunkirchen und zu den Ortskernen der umliegenden Gemeinden. Wir stehen zum ländlichen Raum.
Wir wollen nicht - darum geht es im Kern -, dass ein guter Teil der Gemeinden im Landkreis Neunkirchen unter diesem Einkaufszentrum leiden wird. Wir werden dort verödete Ortskerne haben. Herr Thul und Herr Heinrich, es geht hier schließlich auch um Nahversorgung. Viele ältere Menschen wollen ein Geschäft in ihrem Ortskern haben. Sie sind nicht mehr so mobil, dass sie mit dem Auto in die Betzenhölle fahren könnten. Das Problem ist, dass die Nahversorgung in den Ortskernen durch dieses Einkaufszentrum massiv leiden wird. Genau das lehnen wir als GRÜNE ab. - Vielen Dank.
Es war anders abgesprochen. Das ist ein Missverständnis. Herr Hilberer geht vor.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Landtagspräsident! Wir haben zu diesem Spielbankengesetz einen Änderungsantrag gestellt vor dem Hintergrund der Sachlage, dass diese Änderung dazu dient, den Nichtraucherschutz im Saarland aufzuweichen. Diese Debatte im saarländischen Landtag macht die Grundproblematik in der Bundesrepublik Deutschland bei diesem Thema klar.
Man muss sich verdeutlichen, dass die Bundesrepublik Deutschland mittlerweile eines der wenigen europäischen Länder ist, in dem eigentlich immer noch kein konsequenter Nichtraucherschutz verwirklicht ist, mit Ausnahme von drei Bundesländern: in Bayern per Volksabstimmung, im Saarland durch die Koalition, die von uns mitgetragen wurde, und in Nordrhein-Westfalen durch die dortige rot-grüne Koalition.
Die Bundesebene, allen voran unsere Bundeskanzlerin, blockiert nach wie vor einen konsequenten Nichtraucherschutz. Das heißt, in 13 deutschen Bundesländern haben wir immer noch eine WischiWaschi-Regelung. Das heißt, in vielen gastronomischen Betrieben wird geraucht. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass die Zigarettenlobby nach wie vor eine sehr gute Arbeit im Deutschen Bundestag in Berlin macht. Wer einmal Mitglied im Deutschen Bundestag war und weiß, wie dieser Lobbyismus funktioniert, der weiß ganz genau, warum wir auf Landesebene immer noch für dieses Recht kämpfen müssen.
Es ist wirklich beschämend, dass eine Landesregierung, nämlich diese von der Großen Koalition getragene Landesregierung, beim Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher vor dem Rauchen nicht einen weiteren Schritt nach vorne macht. Nein, Sie machen einen Schritt nach hinten. Deshalb ist das, was Sie, Frau Meyer, eben gesagt haben, dass wir hier eine jämmerliche Debatte führen, irgendwo ein Treppenwitz. Es ist eine jämmerliche Vorgehensweise von Ihnen - davon kann man in der Tat reden -, weil Sie den Nichtraucherschutz aufweichen.
Und nicht nur das. Wir laufen in diesem Land Gefahr, dass durch Ihre Gesetzesänderung jetzt Klagemöglichkeiten geschaffen werden, die dazu führen können, dass das Nichtraucherschutzgesetz insgesamt in diesem Land aufgeweicht wird. Das kommt nicht von den GRÜNEN, das kommt von den Juristen der Universität des Saarlandes. Das muss man hier ganz klar feststellen. All dies vor dem Hintergrund, dass es eine aktuelle Umfrage zu diesem Thema hier im Saarland gibt, die ganz klar belegt, dass 76 Prozent der Menschen in diesem Land für dieses Gesetz sind und es für richtig und gut halten.
Frau Meyer, wenn Sie schon irgendwelche Bettvorleger-Zitate bringen, dann bringen Sie sie vollständig, weil auf dieses Zitat Joschka Fischer das Copyright hat. Das ist Asbach Uralt. Wenn Sie Zitate bringen, dann bringen Sie doch ein paar aktuelle, die irgendwo in den Zusammenhang hineinpassen. Aber das nur am Rande.
Sie reden hier von einer „guten Praxis“ beim Nichtraucherschutz im Saarland. Das ist doch lächerlich, und das wissen Sie auch. Die gute Praxis beim Nichtraucherschutz im Saarland sieht so aus, dass es schlichtweg von der Motivation des jeweiligen Bürgermeisters oder Oberbürgermeisters in diesem Lande abhängt, ob in den einzelnen Kommunen kontrolliert wird oder nicht, und das ist sehr, sehr unterschiedlich in diesem Land. Wir haben immer noch Kommunen, wo bewusst nicht kontrolliert wird. All das wissen Sie, aber da schaut man geflissentlich darüber weg.
Es war gängige Praxis und ist gängige Praxis, dass gegen das Nichtraucherschutzgesetz gerade in den staatlichen Spielbanken über Jahre verstoßen wurde und wird.
Da gab es Beschwerden und alles Mögliche. Man ging darüber hinweg, es war Ihnen egal. Genau diese Praxis wollen Sie jetzt mit Ihrer Gesetzesänderung schlichtweg legalisieren.
Wir haben es in der Anhörung relativ klar gehört, es geht darum, untergeordnete Nebenräume zu schaffen, in denen dann geraucht werden darf. Die Realität ist aber, dass diese untergeordneten Nebenräume die Haupträume sein werden. Dort stehen nämlich mehr Spielautomaten drin als in den Haupträumen, das heißt, Ihre Gesetzesänderung ist lächerlich. Ich sage es noch einmal: Ihr Ziel ist es, den Nichtraucherschutz hier in diesem Lande aufzuweichen. Sie tun dies auch auf die Gefahr hin, dass er insgesamt wieder vor Gericht zur Diskussion gestellt wird. Deshalb haben wir unseren Abänderungsantrag gestellt und deshalb werden wir Ihrer Gesetzesänderung nicht zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der saarländische Nahverkehr, dessen Grundlage bis heute noch das ÖPNV-Gesetz von 1998 bildet, ist durch eine sehr kleinteilige und sehr komplexe Struktur geprägt. Diese Struktur hat bis zum heutigen Tage dazu geführt, dass der ÖPNV im Saarland im bundesweiten Vergleich das Schlusslicht darstellt, das muss man immer wieder betonen. Alle Verwaltungsebenen, vom Land über die Kreise bis zu den Gemeinden, sind daran beteiligt. Die Finanzierung erfolgt im Wesentlichen über die Landesregierung durch die vom Bund gezahlten Regionalisierungsmittel. Diese Mittel fließen zum größten Teil in den Schienennahverkehr und darüber hinaus an den Saarländischen Verkehrsverbund, an die Kommunen und an die Landkreise und für Investitionszwecke auch an Verkehrsunternehmen.
Diese Strukturen haben sich allerdings zusehends überholt, nein, sie bilden sogar ein Hemmnis für einen attraktiven öffentlichen Personennahverkehr hier im Saarland. Die Auswirkungen dieser Strukturen stellen sich besonders anhand der Ineffizienz des ÖPNV hier im Saarland dar. Andere Verkehrs
räume mit gleicher Einwohnerdichte kommen annähernd auf die doppelte Nachfrage nach ÖPNV-Leistungen. Als Beispiel kann man hier immer wieder den Verkehrsverbund Karlsruhe heranziehen, der mit einer Einwohnerdichte von 376 auf 133 Fahrten pro Einwohnerin und Einwohner kommt. Der SaarVV kommt bei einer Einwohnerdichte von 385 - also fast der gleichen - gerade mal auf die Hälfte der Fahrten, auf 75 Fahrten pro Einwohner. Darüber hinaus ist das Angebot hier im Saarland viel zu teuer. Der SaarVV, das muss man auch immer wieder erwähnen, gehört zu den teuersten Verkehrsverbünden, die hier in Deutschland zu finden sind. Und dazu kommt noch: Die Verbindungen im SaarVV sind schlecht aufeinander abgestimmt.
Deshalb haben wir auch einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der versucht hat, diese Probleme grundsätzlich anzugehen. Wir haben das bereits im September des Jahres 2014 getan und haben versucht, mit unserem Gesetzentwurf die völlig zerklüfteten Strukturen hier im Saarland zum sogenannten ZPS-neu zusammenzuführen. Dadurch wäre ein echter Verkehrsverbund in diesem Lande entstanden, der dann bei gleichen Finanzierungsmitteln ähnlich gut funktionieren könnte wie im Nachbarland Rheinland-Pfalz oder wie in Nordrhein-Westfalen. Vorteil wäre gewesen, dass die Finanzhoheit an diesen ZPS neu übertragen worden wäre. Damit wären die Kommunen, die den Großteil der Last zu tragen haben, als die Gewinner aus diesem neuen Gesetz hervorgegangen. Auch die Landeshauptstadt Saarbrücken hätte davon profitiert. Denn dadurch, dass der ZPS-neu Aufgabenträger für den ÖPNV mit landesweiter Bedeutung geworden wäre, hätte er auch die Aufgabenträgerschaft zumindest teilweise übernommen und hätte sie komplett aus den Regionalisierungsmitteln finanzieren können. Wir wissen alle, gerade die Saarbahn in diesem Land hat ein Defizit in Millionenhöhe.
Zum Regierungsentwurf. Wir kennen alle den Satz: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Nur trifft dieser Satz auf Ihren Entwurf, Frau Ministerin, leider nicht zu. Ganze drei Jahre haben Sie gebraucht, um überhaupt etwas zu Papier zu bringen, zu dem man eigentlich nur sagen kann: Alter Wein in neuen Schläuchen. Das sagen auch eigentlich alle Fachleute hier in diesem Land.
An der bisherigen Methode, wonach das Land die Regionalisierungsmittel vereinnahmt und sie nach dem Entflechtungsgesetz verteilt, wird nicht gerüttelt. Wir haben in der Vergangenheit immer gefordert, dass die Mittel einem integrierten ZPS zugeführt werden, wo dann alle Aufgabenträger, also Land, Kreise und Kommunen, einen Verteilungsschlüssel für die Pauschale zur Finanzierung des SPNV und des straßengebundenen ÖPNV definieren würden. Das wäre transparent, das wäre ge
recht, und vor allen Dingen wäre es auch wettbewerbskonform. Genau das ist Ihr Entwurf nicht.
Was wir jetzt haben, gleicht wieder eher einem Tarifverbund als einem Verkehrsverbund. Es hilft eben nichts, das wird seit Jahren im Saarland so gemacht, wenn ich einen Tarifverbund als Verkehrsverbund lackiere, wird daraus eben kein Verkehrsverbund. Tatsache ist, das Land bleibt Aufgabenträger für den ÖPNV, und das birgt ganz verschiedene Problemstellungen. Man muss sich vor Augen halten, dass das Saarland bisher 11 Euro pro gefahrenen Kilometer an die Bahn bezahlt hat. In den anderen Bundesländern zahlt das Land im Durchschnitt 5 Euro pro gefahrenen Kilometer. Das ist schon ein drastischer Unterschied, den man sich immer wieder vor Augen führen muss. Wir haben also eine drastische Übersubventionierung der Bahn in diesem Land, und das geht zulasten eines besseren Angebots.
Wie die Finanzverteilung überhaupt vonstattengehen wird, bleibt in Ihrem Gesetzentwurf weiterhin völlig unklar. Beispielsweise soll die ÖPNV-Pauschale an die Verkehrsunternehmen auf mindestens 8 Millionen Euro pro Jahr festgeschrieben werden. Was bedeutet eigentlich dieses „mindestens“? Das ist eine sehr unklare Definition. Warum legen Sie nicht eine Dynamisierung von 1,8 Prozent fest, mit denen die Regionalisierungsmittel pro Jahr erhöht werden? Das könnte man machen, wenn man es konkreter haben wollte. Darüber hinaus ist es künftig so, dass Busunternehmen keine finanziellen Zuschüsse mehr für die Anschaffung neuer Fahrzeuge erhalten, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Wie die Vertreter der Landkreise St. Wendel und Saarlouis betonten, müsste die Pauschale auf mindestens 14 Millionen Euro aufgestockt werden, um Investitionen gewährleisten zu können.
Ein weiteres Problem ist und bleibt die Finanzierung der Saarbahn, ich habe es eben angesprochen. Die Saarbahn gilt je nach Gebiet entweder als Eisenbahn und erhält Regionalisierungsmittel, oder sie gilt als Straßenbahn ohne finanzielle Unterstützung vom Land. Mit dieser Regelung entstehen hohe Kosten für die Saarbahn und auch für die Landeshauptstadt Saarbrücken. Ein weiterer Ausbau der Saarbahn wird über diese Art der Finanzierung faktisch verhindert. Der Zuschuss von circa 3 Millionen Euro, den die Saarbahn nach den Verhandlungen zusätzlich erhalten soll, wird die Finanzierungslücke von rund 7,3 Millionen Euro wohl kaum kompensieren können.
Wir bleiben deshalb bei unserer Forderung, dass die Struktur noch einmal grundlegend überarbeitet werden muss. Ein leistungsfähiger ÖPNV kann nur gelingen, wenn sich das Land und die kommunalen Aufgabenträger zusammenschließen und gleich stimmberechtigt über die Verteilung der Finanzmittel
für den ÖPNV und über den Schienenverkehr entscheiden. Das würde gewährleisten, dass die Finanzmittel wirklich effektiv eingesetzt werden können. All das sind die Gründe, warum wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anhörung zu den beiden Gesetzentwürfen hat ergeben, was wir im Vorfeld schon befürchtet hatten. Zwar sind einige Punkte in diesem Entwurf durchaus zu begrüßen. Zum einen ist positiv zu bewerten, dass alle Amtsgerichte im Saarland erhalten bleiben sollen. Kein Standort wird geschlossen, die Arbeitsplätze bleiben - zumindest vorerst - erhalten.
Gut ist es außerdem, dass einzelne Spezialmaterien, die in der Praxis nicht häufig auftauchen und die daher ein hohes Maß an Einarbeitung erfordern, künftig landesweit an einem Standort konzentriert werden sollen. Dadurch ist gewährleistet, dass ein hohes Maß an Expertise konzentriert wird und die oft schwierigen Fälle kompetent und somit auch effizient gelöst werden können. Nichtdestotrotz war die Kritik derer, die täglich ganz vorne arbeiten, also der Amtsgerichtsdirektorinnen und -direktoren, unüberhörbar.
Zuerst fragt man sich, wo in diesem Entwurf die Bürgerfreundlichkeit geblieben ist. Erst einmal müssen die Bürgerinnen und Bürger nun längere Anfahrtswege in Kauf nehmen. Darüber hinaus sind die Amtsgerichte auch die erste Anlaufstelle der Rechtsuchenden. Werden nun aber ganze Rechtsgebiete in andere Bezirke verlegt, erscheint es den Menschen faktisch wie eine Schließung, wie ein Rückzug der Justiz aus ihren Wohnorten. Wegen dieses Verlustes von Bürgernähe lehnen wir im Übrigen auch den Entwurf zur Arbeitsgerichtsbarkeit ab. Überdies kommt es zu einem Zuständigkeitsdurcheinander, das vor allem im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes problematisch werden könnte.
Gerade vor den Amtsgerichten ist eine anwaltliche Vertretung gesetzlich nicht notwendig. In der Anhörung wurde deutlich, dass sogar Anwälte manchmal
Probleme mit den Zuständigkeiten vor den Gerichten haben. Wie sollen sich dann die Menschen im Saarland, die nun mal zum Großteil rechtliche Laien sind, dort noch in Zukunft zurechtfinden?
Ein weiterer Nachteil. Jahrelang aufgebaute Expertise wird durch Ihre Reform verloren gehen. Die Richterinnen und Richter werden sich entscheiden müssen, ob sie ihrem Rechtsgebiet an ein anderes Amtsgericht folgen oder an ihrem alten Gericht bleiben und fortan ein völlig neues Rechtsgebiet behandeln müssen. Nicht dass wir die saarländische Richterschaft nicht für kompetent genug halten, sich neu einzuarbeiten, aber man verlangt ja auch nicht von einem Hautarzt, dass er künftig die Arbeit eines Herzchirurgen übernimmt. Abgesehen davon wird den Vorstellungen des Personals mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend Rechnung getragen werden können. Darunter leiden dann am Ende auch die Arbeitszufriedenheit und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Als Argument für die Reform wurde im Vorfeld auch die demografische Entwicklung genannt. Die demografische Entwicklung allein ist jedoch kein Garant dafür, dass in Zukunft auch die Fallzahlen an den Gerichten zurückgehen. Hier müssen noch andere Faktoren einbezogen werden, wie zum Beispiel die Tatsache, dass die Menschen auch in diesem Land immer älter werden und dass es folglich auch viel mehr Betreuungsfälle bei den Gerichten geben wird.
Noch etwas. Die Regelungen über mögliche Durchbrechungen der sogenannten Perpetuatio fori, also der gesetzlichen Bestimmung, dass ein einmal zuständiges Gericht auch zuständig bleibt, sind im Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs zu finden. Dieses Gesetz scheint eben auch noch nicht in Stein gemeißelt zu sein. Dieser Tatsache soll wohl nun durch den Abänderungsantrag der Großen Koalition Rechnung getragen werden, der uns im Übrigen auch das sollte hier nicht unerwähnt bleiben - erst unmittelbar vor der Ausschusssitzung erreicht hat und somit im Vorfeld nicht mehr richtig durchgelesen und durchgearbeitet werden konnte. Leider erscheint er ziemlich überstürzt und unausgegoren zu Papier gebracht worden zu sein.
Zum Beispiel fragen wir uns, wo sich in der Übergangsregelung etwas zu der Verweisung von Strafverfahren wiederfindet. Im Bundesgesetz heißt es im vorgeschlagenen Art. 17c Abs. 2 noch, dass in Strafund Bußgeldsachen nach der Eröffnung der Hauptverhandlung eine Verweisung nur dann möglich sein soll, wenn die zur Urteilsfindung berufenen Personen personenidentisch mit denen zu Beginn der Hauptverhandlung sind. In dem Gesetzentwurf der Großen Koalition ist jedoch nur noch von Bußgeldsachen die Rede. Wo sind die Strafsachen hinge
kommen? Diese Frage müssten Sie hier mal beantworten, Herr Minister.
Völlig verwirrend wird es, wenn man sich die Begründung des Abänderungsantrages im Einzelnen ansieht. Dort ist nämlich nur noch von Verkehrsordnungswidrigkeiten die Rede, der Gesetzestext spricht aber von Bußgeldsachen im Allgemeinen. Ganz unabhängig davon erscheint uns die Regelung in Art. 7 Abs. 1 Ziffer 1 Satz 2 des Landesgesetzes generell überflüssig zu sein.
Der Bundesgesetzgeber gibt dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit, von der Perpetuatio fori abzuweichen. Welche Verfahren davon ausgenommen werden, macht er in § 17c Abs. 2 deutlich. Es genügt also, wenn der Landesgesetzgeber - wie in Art. 7 Abs. 1 Ziffer 1 Satz 1 erfolgt - die Erstreckung der Reform auf Altverfahren im Allgemeinen vorsieht. Die in § 17c Abs. 2 des Bundesgesetzes vorgesehene Ausnahmeregelung greift dann ohnehin.
Die Verwirrung, die hierdurch gestiftet wurde, verdeutlicht aber nur an einer ganz speziellen Stelle das Durcheinander und die Problematik Ihres Gesetzentwurfes. Man hat einfach das Gefühl, dass hier hastig versucht wurde, eine Regelung zusammenzuzimmern, die allen Eventualitäten Rechnung tragen soll.
Ich komme zum Schluss. - Das ist leider auch das Hauptmanko des gesamten Reformentwurfs. Man merkt ihm an, dass er auf Teufel komm raus noch in dieser Wahlperiode durchgeboxt werden soll, und dies auf Kosten der Verständlichkeit und der Bürgerfreundlichkeit. Wir setzen uns daher für eine gut überlegte Reform ein, die die Kritik derer, die es wirklich betrifft, auch ernst nimmt. Deshalb werden wir sowohl die Gesetzentwürfe als auch den Abänderungsantrag ablehnen. - Vielen Dank.
Frau Meyer, ich habe eben einen Zwischenruf gemacht, da ich den Eindruck habe - den haben Sie in Ihrer gesamten Rede bestätigt -, dass Sie mit Bürgerbegehren in diesem Land bisher nicht viel am Hut hatten und, glaube ich, das Prinzip nicht wirklich verinnerlicht haben. Es ist nicht Ihre Philosophie, das hat man deutlich gehört. Wenn Sie dann noch völlig falsche Beispiele bringen, um Ihre Argumentation zu stützen, muss man sich schon zu Wort melden und das eine oder andere richtigstellen.
Sie sind hingegangen und haben die Abstimmung 2007 gegen das Kohlegroßkraftwerk in Ensdorf für Ihre Argumentation verbucht. Sie haben angeführt, dass das ein positives Beispiel gewesen sei, wie man Abstimmungen in der Bevölkerung macht, ohne dass darüber ernsthaft abgestimmt wird. Ich muss Sie da enttäuschen, das Gegenteil war dort der Fall. Ich kenne mich ein bisschen aus, ich war in dieser Abstimmung gegen das Kohlegroßkraftwerk in Ensdorf elementar involviert. Dort haben der Rat und der Bürgermeister etwas anderes versucht. Man ist hingegangen und hat im Vorfeld die Hürden extrem hoch gelegt. Ich glaube, zwei Drittel war gefordert. Zwei Drittel der Menschen in Ensdorf mussten zur Abstimmung gehen und es mussten mindestens zwei Drittel davon gegen das Kohlekraftwerk stimmen, damit das Ganze verhindert würde. Man ging nämlich davon aus, dass eine so hohe Hürde weder auf der einen noch auf der anderen Seite erreicht werden würde. Man war dann völlig überrascht - alle waren überrascht, ich war auch überrascht -, dass diese beiden Hürden gerissen wurden. Erst dann hatte der Rat im Prinzip keine andere Wahl mehr, weil er sich vorher festgelegt hatte - ich wiederhole es - mit Hürden, die so hoch gelegt waren, dass alle davon ausgingen, dass sie nie zu überspringen sind. Plötzlich wurden beide Hürden übersprungen, dann musste man handeln. Ich würde das also eher nicht als positives Beispiel verbuchen. Man hatte einfach völlig falsche Annahmen getroffen, ist auf die Nase gefallen, man wollte es nämlich einfach nicht. Es kann auch mal so ausgehen. Vielleicht das nur als Ergänzung zu Ihrem Beispiel.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 03. Juli 2016 ist der Landesentwicklungsplan - Teilplan Siedlung - ausgelaufen. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition heißt es auf Seite 38, dass die Große Koalition in dieser Legislaturperiode einen integrierten Landesentwicklungsplan „Umwelt und Siedlung“ in Angriff nehmen und zusammenführen will. Leider ist das bis zum heutigen Tage nicht geschehen. Das ist der Grund, warum wir heute unseren Antrag für diese Plenarsitzung gestellt haben, um Sie an Ihren eigenen Koalitionsvertrag zu erinnern.
Warum tun wir das? Wir tun das, weil ein Landesentwicklungsplan eine wichtige Voraussetzung darstellt für eine sinnvolle und zukunftsorientierte Landesplanung und weil er aus vielen Gründen von zentraler Bedeutung ist. Wir haben im Saarland das Problem - wir reden ja laufend darüber -, dass die Demografie uns mit Blick auf die Planung immer größere Probleme bereitet, insbesondere hinsichtlich der Verödung des ländlichen Raumes. Mit einem Landesentwicklungsplan, der über zehn Jahre alt ist, der schon ausgelaufen ist und auf Daten basiert, die heute eigentlich gar nicht mehr gültig sind, kann man nichts anfangen. Wir brauchen einen aktuellen Landesentwicklungsplan, um die Ortskerne, die immer mehr ausgeräumt werden, wieder zu beleben. Wir brauchen einen solchen Landesentwicklungsplan, um zu verhindern, dass die Ortskerne und auch die städtischen Kerne im Saarland immer weiter ausgedünnt werden und der Einzelhandel immer mehr beschränkt wird.
Ein aktuelles Beispiel für eine absolute Fehlentwicklung ist die Planung in der Kreisstadt Neunkirchen, wo auf der grünen Wiese ein großer Einkaufsmarkt geplant ist, der sogar gegen die Vorgaben des abgelaufenen Landesentwicklungsplans verstößt, der aber mit Sicherheit gegen die Vorgaben eines neuen Landesentwicklungsplans verstoßen würde. Aber man hält sich weder an den alten noch denkt man an einen neuen. Das hat zur Folge, um ein praktisches Beispiel in die Diskussion zu bringen, dass in der Kreisstadt Neunkirchen die Gefahr besteht, dass der Einzelhandel durch diesen Einkaufsmarkt massiv ausgedünnt wird und dass die Innenstadt von Neunkirchen in Zukunft veröden wird.
All das muss in einer solchen Planung bedacht werden.
Aber es gibt noch viele andere Gründe, warum wir einen aktuellen Landesentwicklungsplan brauchen. Der Flächenverbrauch im Saarland ist sehr hoch. Er ist hoch, obwohl unsere Bevölkerung zurückgeht. Das wird Folgen haben. Wir werden in Zukunft gerade im ländlichen Raum viele Infrastrukturen haben, die nicht mehr zu finanzieren sind, weil dann nicht mehr so viele Menschen da sind, wie das heute der Fall ist und wie es in der Vergangenheit der Fall war. Dort müsste dringend eine Planung vorangetrieben werden. Dem verweigern Sie sich einfach.
Es geht auch darum, wie wir mit dem sozialen Wohnraum umgehen. Diese Debatte haben wir im Plenum auch schon ein paar Mal geführt. Dort haben wir einen dringenden und ganz massiven Nachholbedarf. Auch dafür bräuchten wir entsprechende Entwicklungspläne, um auf dem Schirm zu haben, wo am ehesten investiert und etwas gemacht werden müsste. In einem solchen Plan müsste man sich
auch Gedanken über den Rückbau einzelner Siedlungsteile machen, weil einfach nicht mehr genug Menschen dort leben, um die Infrastruktur am Leben erhalten zu können. Es gibt viele Gründe, warum man einen solchen Plan auf den Weg bringen muss.
Es gibt aber auch viele ökologische Gründe. Die heutige Politik im Saarland läuft nach wie vor darauf hinaus, dass unsere Landschaftsräume - ich wiederhole es - trotz zurückgehender Bevölkerung immer weiter zersiedelt werden. Das ist ökonomisch ein großes Problem. Das ist aber auch ökologisch ein großes Problem. Seit langen Jahren diskutieren wir bundesweit, aber auch hier im Saarland das wichtige Thema der Biotopvernetzung. Biotopvernetzung kann man aber nur mit einer entsprechenden Planung gestalten. Es muss Verbindungen geben zwischen den einzelnen ökologischen Gebieten. Auch das muss betrachtet, geplant und vorangetrieben werden. Für all das braucht man einen solchen Plan.
Vor diesem Hintergrund haben wir heute diesen Antrag vorgelegt. Er soll ein Denkanstoß für die Große Koalition sein und an den eigenen Koalitionsvertrag erinnern. Wir hoffen, dass dieser Antrag zumindest einmal in den Ausschuss überwiesen wird, weil er der eigenen Handlungsgrundlage der Regierung entspricht. - Ich bitte um Zustimmung. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute hier erneut einen Antrag eingebracht, den wir im Kern bereits im Februar dieses Jahres in diesem Hause diskutiert haben. Es geht darum, dass wir der Meinung sind, dass die Zuschusspraxis für den sozialen Wohnungsbau im Saarland verbessert werden soll nach dem Modell anderer Bundesländer, zum Beispiel Bayerns, um gleich mal ins Detail zu gehen.
Wir haben im Saarland das Problem, dass wir zwar ausreichend Wohnraum haben, aber nicht ausreichend bezahlbaren Wohnraum, insbesondere nicht für Menschen, die aus sozial schwächeren Verhältnissen kommen. Das Problem im Saarland ist aber, dass die Anzahl dieser Menschen in Zukunft deutlich weiter steigen wird, was auch mit dem Problem des demografischen Wandels zusammenhängt. Der demografische Wandel wird hier bei uns im Saarland deutliche Spuren hinterlassen. Wir werden beispielsweise im Jahr 2030 nach den heutigen Zahlen über 11 Prozent weniger Einwohner haben als heute. Das macht in der Summe über 117.000 Menschen aus, das ist schon eine ganze Menge. 2030 wird auch jede zweite Saarländerin, jeder zweite Saarländer älter als 51 Jahre sein. 2009 lag dieser Median noch bei 46,1 Jahren. Wir gehen also wirklich auf deutliche Veränderungen zu. Dazu kommt, dass wir im Saarland eine Quote von 17,2 Prozent Menschen aus ärmeren Verhältnissen haben; der Bundesdurchschnitt liegt bei 15,7. Auch hier, ich sagte es eben bereits, haben wir ein Problem.
Im Moment haben wir im Saarland zwar noch 21.000 Wohnungen mehr als Haushalte, aber diese Zahl bringt uns nicht viel, denn dieses Mehr an Wohnungen erfüllt eben bei Weitem nicht die Bedürfnisse, die erfüllt werden müssten. Diese Wohnungen sind nämlich in der Regel für Menschen aus sozial schwächeren Verhältnissen zu teuer, zu groß und sie sind in aller Regel auch nicht barrierefrei. Letzteres wird in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Auch geht im Saarland - das ist ein bundesweiter Trend, der aber auch hier ganz deutlich zu verfolgen ist - die Zahl der Wohnungen mit Sozialbindung immer mehr zurück. Auch hier zwei Zahlen: 2007 hatten wir noch rund 4.000 Wohnungen mit Sozialbindung im Saarland, 2016 sind es gerade mal noch 1.100, und die Zahl geht rapide weiter nach unten. Das heißt, an dieser Stelle hat die Landesregierung ihren Schwerpunkt falsch gesetzt. Sie hat nämlich in den letzten Jahren die 6,5 Millionen Euro, die dem Saarland vom Bund zur Verfügung gestellt werden, um sozialen Wohnraum zu fördern, nicht komplett in diese Förderung hineingesteckt. Von den 6,5 Millionen Euro gingen nur 5 Millionen Euro in den sozialen Wohnungsbau, 1,5 Millionen Euro wurden für
den allgemeinen Bauhaushalt abgezweigt. Das muss man ändern, darüber haben wir bereits im Februar diskutiert.
In den Jahren 2000 bis 2013 - man muss bei dieser Debatte viel mit Zahlen arbeiten, um die Problematik klarzumachen - wurden im Saarland gerade mal 1.063 Sozialwohnungen saniert. Neu gebaut wurden in diesen 13 Jahren gerade mal 76 Wohnungen! 76 in 13 Jahren, das macht klar: Hier besteht ganz akuter Handlungsbedarf!
Nötig wäre natürlich auch auf Bundesebene eine Neuauflage der Wohngemeinnützigkeit. Aber das ist eben nicht im Lande zu entscheiden, hier ist die Landesregierung gefordert, auf Bundesebene entsprechend aktiv zu werden.
Man muss in die konkreten Zahlen vor Ort einsteigen, um sich die Problematik klarzumachen. Ich habe mich gestern mit der Führung der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungs-Gmbh in Saarlouis unterhalten, wie das konkret aussieht. 4,60 Euro darf die Miete in der Sozialbindung betragen. Um aber eine Miete in dieser Dimension darzustellen, muss es mindestens einen Zuschuss von 600 Euro pro Quadratmeter geben. Heute gibt es gar keinen. Es gibt eine Förderung, die aber völlig ins Leere läuft vor dem Hintergrund der geringen Zinsbelastungen, die alle, gemeinnützige wie private, Wohnungsbaugesellschaften haben. Das heißt, der Zuschuss ist unabdingbar. Der Bau einer Sozialwohnung kostet 2.000 Euro pro Quadratmeter. Das bedeutet eine Miete von 9 Euro pro Quadratmeter, das können sich die Menschen nicht leisten, und die Agentur für Arbeit finanziert das auch nicht! Wir haben hier ein echtes, konkretes Problem, das angepackt werden muss.
Dazu kommt: Jeder Euro, der von der öffentlichen Hand in den sozialen Wohnungsbau investiert wird, zieht entsprechende Summen aus der Privatwirtschaft oder aus dem Bereich des sozialen Wohnungsbaus vonseiten der Kommunen nach sich. Das muss man sich auch klarmachen. Mit einer solchen Förderung machen wir nicht nur einen Schritt in Richtung soziale Gerechtigkeit, in Richtung der Erfüllung einer dringenden Notwendigkeit hier in diesem Lande, nein, wir fördern auch ganz nebenbei die heimische Bauwirtschaft. Auch das sollte man nicht aus dem Auge verlieren.
Man sollte aber die Förderung nicht nur auf die Gruppe der sozial Schwachen, die vom Staat komplett finanziert werden, fokussieren. Es gibt ja auch noch die Schicht dazwischen. Mir wurde gesagt, man bräuchte noch eine zweite Förderebene, bei der 300 Euro Zuschuss pro Quadratmeter genügen würden. Das betrifft Menschen mit geringem Einkommen, die Geringverdiener. Auch die haben ein Problem, sich Wohnungen für 8 bis 9 Euro pro Qua
dratmeter leisten zu können. Für die liegt die vertretbare Miete um 6 Euro. Und diese 6 Euro sind eben erreichbar mit einem Zuschuss um die 300 Euro. Auch das bitte ich die Landesregierung, in ihre Überlegungen mit einzubeziehen.
Die Große Koalition hat zu unserem Antrag einen ergänzenden Antrag eingebracht. Diesem Antrag können wir als GRÜNE zustimmen, er folgt im Wesentlichen dem, was wir in unserem Antrag formuliert haben. Er hat als Hintergrund das, was vor zwei Wochen auf der großen Konferenz zu diesem Thema in Saarbrücken diskutiert wurde. Die LINKE hat ebenfalls einen Antrag eingebracht, dem wir im Prinzip auch zustimmen könnten, der in die richtige Richtung geht. Sie fordern 10 Millionen Euro vom Land mehr. Wir als GRÜNE haben in den Haushaltsberatungen vor einem Jahr und ich glaube auch vor zwei Jahren 6 Millionen Euro mehr vom Land als ergänzende Finanzierung für den sozialen Wohnungsbau gefordert. Leider hat die Große Koalition das abgelehnt. Aber wir können auch mit Ihrer Forderung nach 10 Millionen Euro leben.
In Ihrem Antrag ist aber ein zweiter Punkt enthalten, der uns eine Zustimmung schwer macht. Sie konzentrieren Ihre Forderung nur auf Zuschüsse für gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften. In Ihrem Antrag sind die Privaten völlig außen vor. Das halten wir nicht für richtig. Auch wenn Private sozialen Wohnungsbau schaffen, sollten sie diese Zuschüsse kriegen. Das fehlt bei Ihnen ganz. Wir stimmen nicht gegen Ihren Antrag, wir werden uns aber aus diesem Grund enthalten. Wir sind der Meinung, diese Bezuschussung muss an die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften genauso gehen wie an private Träger, die sozialen Wohnraum schaffen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.