Protocol of the Session on June 17, 2015

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Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 38. Landtagssitzung und entschuldige unseren Landtagspräsidenten Hans Ley, der krankheitsbedingt heute leider nicht an der Sitzung teilnehmen kann.

Zur heutigen Sitzung darf ich im Rahmen der Einführung von Gruppen in die Parlamentsarbeit ganz herzlich Studierende der Saarländischen Verwaltungsschule unter Leitung von Herrn Bernd Müller willkommen heißen. Herr Müller, seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall des Hauses.)

Im Einvernehmen mit dem Erweiterten Präsidium habe ich den Landtag des Saarlandes zu seiner 38. Sitzung für heute, 09.00 Uhr, einberufen und die Ihnen vorliegende Tagesordnung festgesetzt.

Zu Punkt 1 der Tagesordnung. Das Erweiterte Präsidium ist übereingekommen, die Wahl und Vereidigung des stellvertretenden Mitglieds des Verfas

sungsgerichtshofs des Saarlandes vor der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin und vor den Fragestunden zu behandeln. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. - Dann wird so verfahren.

Zu Punkt 7 der Tagesordnung. Dem Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion betreffend „Transparenz im Bundesrat - Abstimmungsverhalten des Saarlandes öffentlich machen“ sind die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion und die PIRATEN-Landtagsfraktion zwischenzeitlich beigetreten. Der Antrag liegt nunmehr als Drucksache 15/1422 - neu - vor.

Die Mitglieder des Erweiterten Präsidiums sind übereingekommen, die Aussprache zu den Punkten 8 bis 10 der Tagesordnung, alle die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare betreffend, wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam durchzuführen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.

Zu Punkt 9 der Tagesordnung. Die PIRATEN-Landtagsfraktion hat ihren Antrag betreffend „Diskriminierung aufgrund sexueller Identität verhindern Gleichheitsartikel im Grundgesetz ergänzen“ neu eingebracht. Sie finden den neuen Antrag als Drucksache 15/1420 - neu - auf Ihren Plätzen vor.

Zu Punkt 10 der Tagesordnung. Die PIRATENLandtagsfraktion ist zwischenzeitlich dem Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion betreffend „Aus Liebe zur Verantwortung - die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare öffnen“ beigetreten. Der Antrag liegt nun als Drucksache 15/1425 - neu vor.

Zu Punkt 12 der Tagesordnung. Dem Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion betreffend „Bergschadensvermutung auch für Schäden infolge des Grubenwasseranstiegs!“ ist die PIRATENLandtagsfraktion zwischenzeitlich beigetreten. Auch dieser Antrag liegt nunmehr als Drucksache 15/1424 - neu - vor.

Kolleginnen und Kollegen, wir treten nun in die Tagesordnung ein und kommen zu Punkt 1:

Wahl und Vereidigung eines stellvertretenden Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes (Wahlvorschlag des Landtagsprä- sidiums) (Drucksache 15/1385 - neu)

Die sechsjährige Amtszeit des stellvertretenden Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs Herrn Steffen Dick ist ausgelaufen. Nach Artikel 96 Abs. 1 der Verfassung des Saarlandes in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof werden die Mitglieder und ihre Stellvertreter in geheimer Wahl ohne Aussprache mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages ge

wählt. Die SPD-Landtagsfraktion hat Herrn Richter am Landessozialgericht Steffen Dick als Stellvertreter des ordentlichen Mitglieds Frau Richterin am Oberlandesgericht Dr. Christine Eckstein-Puhl zur Wiederwahl benannt. Das Landtagspräsidium hat in seiner Sitzung am 13. Mai 2015 beschlossen, Ihnen diese Benennung als Wahlvorschlag zu unterbreiten, der Ihnen als Drucksache 15/1385 - neu - vorliegt.

Ich darf noch auf Folgendes hinweisen. Ich bitte Sie, sich nach dem Namensaufruf in Raum 30 zu begeben, wo Ihnen der Wahlzettel mit Umschlag ausgehändigt wird. Der Wahlzettel ist in den Wahlkabinen auszufüllen und in dem Umschlag in die Urne einzuwerfen. Gültig sind nur die Wahlzettel, auf denen die Stimmabgabe im Kreis eindeutig gekennzeichnet ist.

Ich darf nun die Schriftführer bitten, die Namen der Abgeordneten aufzurufen.

(Die Schriftführer rufen die Namen der Abgeord- neten auf.)

Ich darf fragen, ob ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden ist? - Ich stelle fest, dass das nicht der Fall ist. Ich schließe damit die Stimmabgabe und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung der Stimmen zu beginnen.

(Die Stimmen werden ausgezählt.)

Ich gebe das Ergebnis bekannt. Für Herrn Dick wurden 49 Stimmen abgegeben. Davon waren 40 JaStimmen, sieben Nein-Stimmen und zwei Stimmenthaltungen. Damit ist Herr Dick mit dem erforderlichen Quorum von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages als stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes wiedergewählt.

(Beifall des Hauses.)

Herr Dick, da Sie sich vor Ihrer Wahl schriftlich bereit erklärt haben, sich nochmals als stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zur Verfügung zu stellen, gehe ich davon aus, dass Sie die Wahl annehmen. - Ich darf Ihnen zu Ihrer Wahl die Glückwünsche des Hauses aussprechen.

Gemäß § 4 Abs.1 Satz 2 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof leisten die Mitglieder und Stellvertreter vor Amtsantritt vor dem Landtag den Eid. Wir kommen zur Vereidigung. Ich bitte Herrn Dick, zu mir heraufzukommen. Die Mitglieder des Hauses und die Zuhörer bitte ich, sich von ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plät- zen.)

Ich spreche Ihnen die Eidesformel vor: „Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen, so wahr mir Gott helfe.“ Es ist Ihnen freigestellt, den Eid

(Vizepräsidentin Ries)

mit oder ohne religiöse Beteuerung zu leisten. Ich bitte Sie nun, die rechte Hand zu erheben und die Eidesformel zu wiederholen.

Herr Dick:

Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen, so wahr mir Gott helfe.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen eine gute Amtsführung. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall des Hauses.)

Ich erteile nun Frau Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung zum Thema

„Den saarländischen Weg fortsetzen - Gemeinsam Herausforderungen meistern und Zukunft gestalten“

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Saarländerinnen und Saarländer! Vor 60 Jahren, 1955, hat sich die Mehrzahl der Saarländerinnen und Saarländer entschieden, ein Teil Deutschlands und gleichzeitig ein Teil Europas sein zu wollen. 1955 war eines dieser Jahre, die wir im Nachhinein als Schicksalsjahr unserer Geschichte bezeichnen. Auch das Jahr 2015 kann im historischen Rückblick vielleicht einmal ein solches Etikett erhalten, liegt es doch mitten in einer Dekade, in der die Weichen für die Zukunft unseres Landes gestellt werden. Dabei geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die Existenz des Saarlandes als eigenständiges, erfolgreiches, lebens- und liebenswertes Bundesland. Als sich CDU und SPD vor drei Jahren zur Bildung einer Großen Koalition entschlossen, waren sich beide Partner darüber einig. Auch den Wählerinnen und Wählern, die dieser Koalition zu knapp zwei Dritteln ihr Mandat gaben, war dies bewusst. Diese Aufgabe ist und bleibt daher der vorrangigste Auftrag dieser Landesregierung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben, um diesem Auftrag gerecht zu werden, ein ehrgeiziges und schwieriges Handlungsprogramm entworfen. Wir haben nach Wegen gesucht, um die Menschen möglichst eng in das Handeln einzubinden, wir haben das den „saarländischen Weg“ genannt. Demnach sollten auf möglichst allen Ebenen diejenigen in die Entscheidungsfindungen und Gestaltungsprozesse als sachkundige Akteure einbezogen werden, die von den geplanten Maßnahmen unmittelbar betroffen sind. Dies galt und gilt vor

allem für die Reorganisation der Landesverwaltung. Dies gilt aber auch für andere, schwierige Bereiche wie die Hochschulen oder die Kommunen.

Die Konsolidierung des Landeshaushalts unter Einhaltung der Schuldenbremse, die Bewältigung des demografischen Wandels, die Stärkung und Weiterentwicklung unseres Wirtschaftsund Wissenschaftsstandortes: Diese drei Aufgabenschwerpunkte umreißen das, worum es im Kern geht, wenn wir von der Zukunftssicherung unseres Landes sprechen. In allen Bereichen sind wir - ich glaube, das kann man objektiv sagen - auf einem durchaus guten Weg.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben uns vorgenommen, die Maßgaben der Schuldenbremse zu erfüllen. Innerhalb von vier Jahren ist es uns durch konsequentes Konsolidieren gelungen, das strukturelle Defizit unseres Landeshaushalts mehr als zu halbieren. Ganz aktuell spricht der Stabilitätsrat im Saarland seine Anerkennung für diesen entschlossenen Kurs aus und erkennt an, dass das Saarland ausdrücklich das Ziel verfolgt, die Vorgaben der Schuldenbremse ab dem Jahr 2020 einhalten zu können.

Wir haben uns vorgenommen, die Landesverwaltung zu reorganisieren. Diese Reorganisation ist in vollem Gange. Der enge Schulterschluss zwischen DGB, DBB, CGB, dem nachträglich in die Verhandlungen aufgenommenen Richterbund und der Landesregierung besteht fort. Die Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen und mit den Beschäftigten in den betreffenden Arbeitsgruppen funktioniert auf allen Ebenen. Die Zielmarke, bis zum Jahr 2020 rund 2.400 Stellen im öffentlichen Dienst abzubauen, bleibt unverändert.

Wir haben uns vorgenommen, den demografischen Wandel zu bewältigen und zu gestalten. Zahlreiche Maßnahmen und Initiativen hierzu - vom Demografie-Netzwerk Saar über den Generationendialog Saar bis hin zum Zukunftsbündnis Fachkräftesicherung - werden von den Akteuren mit Leidenschaft und Elan vorangetrieben.

Wir haben uns vorgenommen, unserer Saarwirtschaft bestmögliche Rahmenbedingungen zu setzen, um auch in den kommenden Jahrzehnten auf den internationalen Märkten wettbewerbsfähig zu sein. Nach schweren Jahren im Zuge der Euro-Krise sind wir in der saarländischen Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs. Die Exporte der Saarwirtschaft haben im ersten Quartal mit 7,8 Prozent wieder über dem Bundesschnitt mit 5,4 Prozent zugelegt. Vor Bayern und Baden-Württemberg rangieren wir hier wieder auf den vorderen Plätzen. Mit unserer Technologiepolitik, bei der auch das Thema „Industrie 4.0“ eine wichtige Rolle spielt, mit unserer Mittelstandsförderung, mit unserem Gründerprogramm

(Vizepräsidentin Ries)

setzen wir als Landesregierung gemeinsam mit unseren strategischen Partnern deutliche Impulse für die Zukunftsfähigkeit unserer Saarwirtschaft. Dies unterstützen wir auch, bei allen Sparbemühungen, durch Maßnahmen im Hochschulbereich. Bei allen Konsolidierungsauflagen werden die Hochschulen vor allem in den Vorzeigedisziplinen in den kommenden Jahren an Kompetenz und Exzellenz weiter gewinnen können. Dafür setzen wir klar strukturierte Rahmenbedingungen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir uns vorgenommen haben, das setzen wir auch um - entschlossen, zielstrebig und konsequent, aber stets mit Augenmaß und mit Bedacht. Wir haben die Zielmarke 2020 fest im Blick, wir wissen, bis dahin ist noch sehr viel zu tun.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir dürfen uns nichts vormachen und wir machen uns nichts vor: Dieser Konsolidierungskurs wird von Jahr zu Jahr, wird von Haushaltsberatung zu Haushaltsberatung immer schwieriger werden. Trotzdem müssen wir auf diesem Pfad bleiben. Wir sind uns auch im Klaren, dass gerade die Sanierung der Kommunalfinanzen einen einzigartigen Kraftakt darstellen wird. Als Landesregierung haben wir mit unserem Kommunalpaket die Richtung gewiesen und den Kommunen die Hand gereicht, und ich bin sehr dankbar, dass die Städte und Gemeinden im Saarland diese Hand ergriffen haben, um diesen steinigen Weg gemeinsam zu gehen. Land und Kommunen tragen gemeinsam Verantwortung für die Erfüllung unverzichtbarer öffentlicher Aufgaben gegenüber den saarländischen Bürgerinnen und Bürgern. Daher ist es unerlässlich, die Leistungsfähigkeit der Städte und Gemeinden und der Kreise nachhaltig zu sichern. Zu diesem Zweck müssen die hohen Haushaltsdefizite sowohl des Landes als auch der kommunalen Ebene kontinuierlich reduziert werden.

Das vorgestellte Gutachten von Prof. Dr. Junkernheinrich über die Finanzsituation der saarländischen Kommunen weist bei einer Gesamtbetrachtung einen hohen Bedarf der kommunalen Ebene an Haushaltskonsolidierung aus. Nach den Feststellungen des Gutachters besteht in den saarländischen Kommunen zusammengenommen alljährlich eine zahlungsbezogene Deckungslücke von 160 Millionen Euro. Ihre Liquiditätskredite beliefen sich im Jahr 2014 schon auf mehr als 2 Milliarden Euro und würden sich laut Prof. Junkernheinrich in zehn Jahren mehr als verdoppeln, wenn nicht zeitnah und konsequent gegengesteuert wird. Gleichzeitig hat das Gutachten aber auch die schwierige finanzielle Lage des Landes und die Notwendigkeit der Schuldenbremse anerkannt. Es macht Vorschläge, wie in dieser schwierigen Gemengelage eine Lösung aussehen kann.