Protocol of the Session on April 24, 2013

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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich eröffne die 14. Landtagssitzung. Herr Landtagspräsident Hans Ley und Herr Vizepräsident Rolf Linsler sind wegen Krankheit für die heutige Sitzung entschuldigt. Wir wünschen den Kollegen von dieser Stelle gute Besserung.

(Beifall des Hauses.)

Das Erweiterte Präsidium schlägt einvernehmlich vor, dass mich der an Lebensjahren älteste anwesende Abgeordnete gegebenenfalls im Vorsitz vertritt.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Das bin ich dann!)

Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann wird so verfahren.

Zur heutigen Sitzung darf ich ganz herzlich die Nachbarschaft Galgenberg aus Spiesen-Elversberg unter Leitung von Herrn Norbert Puhl herzlich willkommen heißen.

(Beifall des Hauses.)

Die Ministerin der Justiz hat dem Landtag mit Schreiben vom 14. März 2013 unter Bezugnahme auf Artikel 95 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Saarlandes den Wortlaut der beabsichtigten Neufassung von Verwaltungsabkommen mit RheinlandPfalz übermittelt. Der Landtagspräsident hat den Mitgliedern des Hauses die Verwaltungsabkommen zur Kenntnisnahme übersandt.

Im Einvernehmen mit dem Erweiterten Präsidium habe ich den Landtag des Saarlandes zu seiner 14. Sitzung für heute, 09.00 Uhr, einberufen und für diese Sitzung die Ihnen vorliegende Tagesordnung festgesetzt.

Zu Punkt 6 der Tagesordnung. Dem Antrag der PIRATEN-Landtagsfraktion betreffend: „Gesetz zur Bestandsdatenauskunft im Bundesrat ablehnen" ist die B 90/GRÜNE-Landtagsfraktion zwischenzeitlich beigetreten. Der Antrag liegt uns nunmehr als Drucksache 15/431 - neu - vor.

Zu Punkt 7 der Tagesordnung. Dem Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion betreffend: „Übertragung des Ergebnisses der Tarifverhandlungen für die Angestellten der Länder auf die Beamtinnen und Beamten des Saarlandes" ist die PIRATEN-Landtagsfraktion zwischenzeitlich beigetreten. Der Antrag liegt uns nunmehr als Drucksache 15/436 - neu vor.

Die Mitglieder des Erweiterten Präsidiums sind übereingekommen, die Aussprache zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, beide die Übertragung des Tarifabschlusses der Landesbeschäftigten auf die Beamten betreffend, wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam durchzuführen. Erhebt sich gegen diesen Verfahrensvorschlag Widerspruch? Das ist nicht der Fall. Dann wird so verfahren.

Zu Punkt 9 der Tagesordnung, Antrag der B 90/ GRÜNE-Landtagsfraktion betreffend: „Krankenhausfinanzierung verbessern: Saarländischen Kliniken mehr Planungssicherheit geben und sie handlungsfähiger machen!", Drucksache 15/437, haben die Koalitionsfraktionen mit der Drucksache 15/442 den Antrag betreffend: „Finanziell angespannte Situation der Krankenhäuser verbessern" eingebracht.

Wer dafür ist, dass der Antrag Drucksache 15/442 als Punkt 13 in die Tagesordnung aufgenommen wird, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 15/442 als Punkt 13 in die Tagesordnung aufgenommen und gemeinsam mit Punkt 9 beraten wird.

Zu Punkt 10 der Tagesordnung, dem Antrag der B 90/GRÜNE-Landtagsfraktion betreffend: „Anonyme Sicherung von Tatspuren ermöglichen, Opfer besser schützen!" war die PIRATEN-Landtagsfraktion beigetreten. Der Antrag lag uns als Drucksache 15/440 - neu - vor. Zu dem Thema haben zwischenzeitlich alle im Landtag vertretenen Fraktionen mit der Drucksache 15/445 einen gemeinsamen Antrag betreffend „Opferschutz für Betroffene erhöhen vertrauliche, anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten landesweit ermöglichen" eingebracht. Damit wird die Drucksache 15/440 - neu - gegenstandslos.

Wer dafür ist, dass der Antrag Drucksache 15/445 als Punkt 14 in die Tagesordnung aufgenommen wird, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 15/445

als Punkt 14 in die Tagesordnung aufgenommen und anstelle von Punkt 10 beraten wird.

Wir kommen nun zu Punkt 1 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Mediengesetzes (SMG) (Drucksache 15/432)

Zur Begründung erteile ich Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Bierbaum das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Rundfunk-, Presseund Meinungsfreiheit sind für ein funktionierendes demokratisches Gemeinwesen von elementarer Bedeutung. Bekanntlich sind die Medien insbesondere durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt. Insofern handelt es sich hier um ein sehr hohes Gut.

Leider ist die Freiheit von Rundfunk und Presse häufig bedroht, zum einen im Hinblick auf die Einflussnahme der Politik, insbesondere die Einflussnahme des Staates, zum anderen aber auch durch wirtschaftliche Macht. Üblicherweise steht bei den Maßnahmen und Gesetzen zur Verteidigung der Meinungsfreiheit der Einfluss des Staates und der Politik im Vordergrund, deren Einfluss eingedämmt und begrenzt werden soll.

Stärker jedoch als der Einfluss von Staat und Politik ist sehr häufig die Bedrohung der Pressefreiheit durch wirtschaftliche Macht, insbesondere durch Medienkonzentration. Die Konzentration der Anbieter, die wir in den letzten Jahren beobachten, führt zu einer Konzentration der Meinungen und dazu, dass die Meinungsfreiheit Gefahr läuft, eingeschränkt zu werden. Das geht sehr deutlich aus Untersuchungen hervor, die von Journalistenvereinigungen veranlasst und unterstützt worden sind. Sie haben festgestellt, dass die innere Pressefreiheit in den letzten Jahren abgenommen hat, dass die Gefahren für die innere Pressefreiheit zugenommen haben und dass dabei insbesondere der Einfluss der Wirtschaft, etwa der Einfluss der Verleger, der Eigentümer von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Ein wirksames Mittel, diesen Gefahren für die Presse-, Rundfunk- und Meinungsfreiheit zu begegnen, ist eine verstärkte Einflussnahme und Mitwirkung der Belegschaften. Deshalb haben wir ja im Hinblick auf die Veränderungen bei der Saarbrücker Zeitung gefordert, dass die Belegschaft mehr Mitwirkung hat, die Belegschaften beteiligt werden.

(Beifall von der LINKEN.)

Dies ist leider vom Landtag abgelehnt worden. Ich erwähne dies, weil auch unser jetziger Gesetzesan

trag, unser Antrag auf Veränderung des Saarländischen Mediengesetzes, in diesen Gesamtzusammenhang einzuordnen ist. Wir wollen, gerade was den Rundfunk angeht, eine stärkere Einflussnahme der Belegschaft, und zwar im Interesse der Gewährleistung eines politisch unabhängigen und eines zu einer freien Meinungsbildung beitragenden öffentlichen Rundfunks.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, unter Belegschaft verstehen wir übrigens sowohl die angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die ständigen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Um diesen mehr Einfluss zu ermöglichen, soll mit der vorliegenden Gesetzesvorlage die Zusammensetzung des Verwaltungsrates verändert werden. Wir halten den Verwaltungsrat für einen wichtigen Ansatzpunkt. Es gäbe sicherlich auch andere Möglichkeiten, die Einflussnahme der Belegschaft zu erhöhen. Aber wir meinen, dass die Zusammensetzung des Verwaltungsrates im Vordergrund stehen sollte. Denn nach geltendem Recht besteht der Verwaltungsrat aus sieben Mitgliedern, wovon ein Mitglied von der Landesregierung ernannt wird und sechs Mitglieder vom Rundfunkrat gewählt werden. Unser Gesetzentwurf sieht nun vor, dass der Rundfunkrat und die Belegschaft jeweils drei Mitglieder wählen. Das siebte Mitglied soll nicht mehr durch die Landesregierung ernannt werden, sondern soll bestimmt werden im Einvernehmen zwischen Rundfunkrat und Personalrat.

Wir sind der Auffassung, dass die veränderte Zusammensetzung des Verwaltungsrates mit einer höheren Beteiligung der Belegschaft geeignet ist, politischen Einflüssen und deren Gefahren wirksam zu begegnen. Die Freiheit des Rundfunks und die Gewährleistung seiner Unabhängigkeit im Interesse der freien Meinungsbildung sind hohe Güter und sicherlich sehr sensibel zu handhaben. Das wird auch durch den bestehenden Verwaltungsrat versucht das verkennen wir nicht -, indem möglichst viele gesellschaftliche Gruppen vertreten sind und damit Einfluss haben, das ist keine Frage.

Dennoch sind wir der Auffassung, dass die Gefahr besteht, dass die Politik hier einen dominierenden Einfluss hat und damit das, was über den Verwaltungsrat und die gesellschaftlichen Gruppen eigentlich beabsichtigt ist, nicht in der gleichen Weise zum Tragen kommt. Insbesondere in einer politischen Situation, wie wir sie gegenwärtig im Saarland in Form einer Großen Koalition haben, besteht die Gefahr, dass die beiden sie tragenden großen Parteien einen übermäßigen politischen Einfluss auf den Rundfunk haben. Es besteht die Gefahr, dass sie alles bestimmen, was insbesondere für die Personalentscheidungen gilt, wobei das - das sage ich gerne dazu - bei der Wahl des Intendanten nicht so ganz geklappt hat, woran wir nicht ganz unschuldig wa

(Vizepräsidentin Ries)

ren. Allerdings sehe ich das eher als Ausnahme, die die Regel bestätigt. Um mögliche Gefahren einer Dominanz durch die Politik und damit auch einer Landesregierung beim Rundfunk abzuwehren, wäre es nach unserer Auffassung sinnvoll, der Belegschaft eine stärkere Beteiligung einzuräumen, indem der Verwaltungsrat in anderer Weise zusammengesetzt wird.

Wir meinen, dass die Beteiligung der Belegschaft zum einen eine wirksame Maßnahme gegen einen möglichen dominierenden Einfluss der Politik darstellt. Wir sind aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen für die Beteiligung der Belegschaft, damit die Menschen, deren Arbeit das Funktionieren von Unternehmen, von Institutionen und auch der Medien gewährleistet, auch in Entscheidungsgremien vertreten sind. Wir erachten es für ein elementares Erfordernis der Demokratie, dass Belegschaften in solchen Entscheidungsgremien beteiligt sind. Das ist der Sinn unseres Gesetzentwurfes.

Ich fasse zusammen. Wir meinen, dass im Interesse der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit, eines Rundfunks, der unabhängig zur freien Meinungsbildung beiträgt, auch die Belegschaft stärker Einfluss haben muss, indem sie beteiligt wird. Wir sehen im Hinblick auf den Rundfunk den Verwaltungsrat als das entscheidende Gremium an. Daher unser Vorschlag, drei von sieben Mitgliedern durch die Belegschaft zu wählen und das siebte Mitglied im Einvernehmen zwischen Rundfunkrat und Belegschaft zu benennen. Wir halten es darüber hinaus für ein grundsätzliches Erfordernis unseres demokratischen Gemeinwesens, dass die Demokratie dadurch gestärkt wird, dass die Belegschaften stärker in den entscheidenden Gremien beteiligt werden. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. - Danke.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat die Abgeordnete Gisela Kolb von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Bierbaum, Sie haben Ihren Gesetzentwurf sehr sachlich begründet. Ich werde versuchen, sachlich zu begründen, warum die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf heute trotzdem nicht zustimmen kann.

Wir sind ganz nah beieinander, wenn es darum geht, die grundgesetzlich garantierte Rundfunk-, Presse- und Meinungsfreiheit als Grundlage eines funktionierenden demokratischen Staatswesens als unverzichtbares Recht zu verteidigen. Aber seit An

fang 2011 sind beim Bundesverfassungsgericht zwei Normenkontrollanträge zum ZDF-Staatsvertrag anhängig, die die Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Zusammensetzung der Organe des ZDF wegen mangelnder Staatsferne zum Gegenstand haben. Das Bundesverfassungsgericht plant eine Entscheidung in diesen beiden Verfahren noch in diesem Jahr. Sollten diese beiden Anträge - einer ist von Rheinland-Pfalz - Erfolg haben, bedarf es gegebenenfalls auch einer Änderung der Organstruktur beim Saarländischen Rundfunk. Erst dann sind grundsätzliche Überlegungen anzustellen, ob beziehungsweise wie die Organstruktur zu ändern ist. Es wird natürlich auch zu Überlegungen kommen, ob und, wenn ja, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglicherweise im Verwaltungsrat einen Sitz haben sollen.

Das wird dann auch von den Koalitionspartnern ergebnisoffen diskutiert werden. Politische Vertreter und Vertreterinnen in den Gremien sind ja nicht per se falsch, sie sind demokratisch durch Wahlen legitimiert. Es darf nur - da sind wir uns einig - nicht zu einer Dominanz der politischen Kräfte führen.

In der Begründung Ihres Gesetzentwurfes lese ich ich wusste nicht so richtig, wie ich das einordnen soll -: „Bezeichnenderweise finden sich in den Rundfunkstaatsverträgen anderer Bundesländer Regelungen in Bezug auf die Wahl von Mitgliedern des Verwaltungsrates durch den Personalrat beziehungsweise die Entsendung von Mitgliedern durch den Personalrat und damit die Stärkung der Position der Belegschaft in dem Kontrollgremium Verwaltungsrat.“

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, mir die Rundfunk- beziehungsweise Mediengesetze der anderen Bundesländer anzuschauen. Dann sehe ich, dass beim Hessischen Rundfunk die Beschäftigten zwei der neun Mitglieder des Verwaltungsrates wählen. Beim RBB ist ein vom Personalrat gewähltes Mitglied im achtköpfigen Verwaltungsrat vertreten. Beim WDR sind zwei von neun Mitgliedern des Verwaltungsrates vom Personalrat entsandt. Es gibt aber auch Rundfunkanstalten ohne jede Einbindung von Vertretern des Personals oder des Personalrates, und zwar beim MDR, beim NDR, beim SWR und beim Bayerischen Rundfunk. Bei Radio Bremen, beim ZDF und beim Deutschlandradio gibt es die Struktur, die wir heute schon beim SR haben.

§ 112 des Saarländischen Personalvertretungsgesetzes bestimmt: „Der Vorsitzende des Personalrats hat das Recht, an den Sitzungen des Verwaltungsrats mit beratender Stimme teilzunehmen. Es ist ihm Gelegenheit zu geben, in den Ausschüssen des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats die Auffassung des Personalrats darzulegen, sofern personelle oder soziale Angelegenheiten der Angehörigen

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

der Rundfunkanstalt behandelt werden.“ Es gibt also schon eine Einbindung des Personals.

Ich bin der Auffassung, dass die umfassende Mitwirkung des Personalrates, wie sie im Antrag der LINKEN vorgesehen ist, auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen wird. Eine solche Einbindung könnte gegen das Verbot des Binnenpluralismus verstoßen. Die Kontrollgremien Rundfunkrat und Verwaltungsrat sollen die Meinungsvielfalt sichern. Festzuhalten ist, dass es bisher eine gute Zusammenarbeit zwischen den Organen des Saarländischen Rundfunks und den Mitarbeitern gab.

Im Koalitionsvertrag haben beide Parteien vereinbart, dass wir das Saarländische Mediengesetz überprüfen werden. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag. „Im Hinblick auf neue medien- und gesellschaftspolitische Herausforderungen werden wir das Saarländische Mediengesetz überprüfen.“ Dann werden wir entscheiden, wie eine verstärkte Einbindung erfolgen kann, ob wir sie wollen und wenn ja, wie viele Personen.

Sie wollen das Modell der Montan-Mitbestimmung auf die Aufsichtsgremien des Saarländischen Rundfunks übertragen. Ich glaube aber, dass es sich mit einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht vereinbaren lässt. Deshalb werden wir heute Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kolb. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der PIRATEN-Landtagsfraktion Michael Hilberer.