Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Novellierung des Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Drucksache 15/1025)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in Erster Lesung den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Novellierung des Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. Wie Sie wissen, datiert das Stammgesetz des geltenden Verwaltungsvollstreckungsgesetzes aus dem Jahre 1974; es ist also 40 Jahre alt. Das Gesetz ist in der Vergangenheit immer wieder punktuell angepasst worden. Die Vorschriften im Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz haben sich über all die Jahre in der Praxis zwar weitgehend bewährt, sind aber infolge der Fortentwicklung des Vollstreckungsrechts auf Bundesebene in einigen Bereichen zwischenzeitlich nicht mehr zeitgemäß.
Vor allem das Gesetz des Bundes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, das seit dem Jahre 2013 in der Zivilprozessordnung und in der Abgabenordnung zu einer Modernisierung des Vollstreckungswesens auf Bundesebene geführt hat, geben Anlass, das Saarländische Verwaltungsvollstreckungsgesetz grundlegend zu novellieren. Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung orientiert sich in weiten Teilen an der bisherigen Rechtslage, soweit sich diese bewährt hat. Er nimmt einerseits redaktionelle Anpassungen vor, enthält andererseits aber auch wesentliche inhaltliche Neuerungen. Drei inhaltliche Schwerpunkte des Entwurfs möchte ich an dieser Stelle hervorheben.
Im Gesetzentwurf wurde zum einen eine Regelung neu aufgenommen, die die erforderliche Qualifikation und Fortbildung von Vollstreckungsbeamten betrifft. Damit wird eine langjährige, auch vom Saarländischen Städteund Gemeindetag aufgegriffene Forderung der saarländischen Vollstreckungsbeamten umgesetzt. Künftig sollen Beamte des mittleren Dienstes eingesetzt werden. Die besagte Neurege
lung ist bewusst als Soll-Regelung ausgestaltet. Mit ihr wird dem sogenannten Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 Grundgesetz Rechnung getragen; gleichzeitig wird die Personalstruktur auf kommunaler Ebene berücksichtigt, wo seit Jahren im Vollstreckungswesen oftmals auch Tarifbeschäftigte eingesetzt werden.
Ein weiteres Kernstück des Gesetzentwurfs ist die Neuregelung der behördlichen Vollstreckungszuständigkeiten. Die Neuregelung enthält insbesondere eine Zuständigkeitsbündelung und eine Aufgabenerweiterung beim Landesverwaltungsamt. Die Finanzämter werden von der bisherigen Vollstreckungszuständigkeit für Forderungen nicht-steuerlicher Art und die Kommunen von der bisherigen Zuständigkeit für die Vollstreckung von Forderungen der unteren Landesbehörden und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts entlastet. Die subsidiären Zuständigkeiten wachsen künftig dem Landesverwaltungsamt zu.
Es wird künftig beispielsweise auch für die Vollstreckung von Forderungen der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes oder der Handwerkskammer des Saarlandes zuständig sein, sollten diese Organisationen die Vollstreckung ihrer Forderungen nicht jeweils selbst betreiben, was ihnen grundsätzlich möglich ist.
Die Gemeinden bleiben für die Vollstreckung der Gemeindeforderungen und im bisherigen Umfang auch der Gemeindeverbandsforderungen zuständig, darüber hinaus auch für Vollstreckungshilfeersuchen. Die im Jahr 2011 geschaffene Möglichkeit der Kooperation von Gemeinden mit dem Landesverwaltungsamt oder mit den Gemeindeverbänden bleibt erhalten. Allerdings wird im Zusammenhang mit den neuen Zuständigkeitsregelungen auch eine neue Aufwandserstattungssystematik etabliert, die dem Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ folgt.
Konkret bedeutet dies, dass nach Inkrafttreten des Gesetzes auf der Grundlage einer noch zu erlassenden Aufwandsentschädigungsverordnung eine einheitliche und vor allem kostendeckende Aufwandspauschale in Höhe von mindestens 38 Euro pro Vollstreckungsfall erhoben werden soll. Dies führt insbesondere dazu, dass Kommunen, die die Vollstreckungshilfe bislang kostenfrei leisten, künftig pro Fall der Vollstreckungshilfe eine entsprechende Aufwandserstattung erhalten, im Gegenzug eine solche aber auch entrichten müssen, wenn sie ihrerseits andere saarländische Behörden um Vollstreckungshilfe ersuchen. Soweit die Vollstreckung der Gemeindeverbandsforderungen bislang erstattungsfrei über die Gemeindekassen durchgeführt wird, unterliegt sie künftig der Erstattungspflicht. Auch außerhalb des Saarlandes angesiedelte Behörden, die bisher kostenfrei Vollstreckungshilfe durch saarländische Behörden erhielten, müssen künftig ebenfalls
eine Aufwandspauschale auf die ersuchten saarländischen Behörden entrichten. Insoweit wird auch rechtliches Neuland betreten.
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf die Thematik Vollstreckungskooperation eingehen. Es gibt gute Gründe, insbesondere Synergiegesichtspunkte, an dem bisherigen Regelmechanismus festzuhalten und Kooperationen zwischen den Gemeinden und dem Landesverwaltungsamt beziehungsweise den Gemeindeverbänden zuzulassen. Andererseits wird von kommunaler Seite gefordert, weiter gehende Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit zu etablieren, das heißt, auch Kooperationen unmittelbar zwischen den Gemeinden zuzulassen. Wir sollten das Für und Wider im laufenden Gesetzgebungsverfahren miteinander erörtern.
Schließlich wird mit dem neuen Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz auch die Beitreibung von Geldforderungen neu geregelt. Die Neukonzeption sieht einen Paradigmenwechsel von der bisherigen Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung auf Vorschriften der Abgabenordnung vor. Es erfolgt eine dynamische Verweisung auf das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes, das seinerseits auf die Regelung der Abgabenordnung verweist. Dieser Paradigmenwechsel bietet für die Vollstreckungsbehörden grundsätzlich effektivere Möglichkeiten. Insbesondere werden die wesentlichen, auf Bundesebene zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen im Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsrecht berücksichtigt, etwa die Abnahme der Vermögensauskunft.
Mit der Darstellung dieser Kernpunkte möchte ich es an dieser Stelle bewenden lassen. Die Erörterungen der Details werden im zuständigen Ausschuss stattfinden. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich danke der Frau Ministerin und eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 15/1025 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den zuständigen Ausschuss. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann kann ich feststellen, dass dieser Gesetzentwurf in Erster Lesung einstimmig, mit der Zustimmung aller Abgeordneten, angenommen ist und an den zuständigen Ausschuss überwiesen wurde.
Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung (LBO) - Angemessener Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Wohngebäuden durch Einführung einer „10H-Regelung“ (Drucksache 15/1059)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 01.08.2014 ist das von der Großen Koalition in Berlin beschlossene Gesetz zur Einführung einer Länderöffnungsklausel zur Vorgabe von Mindestabständen zwischen Windenergieanlagen und der Wohnbebauung in Kraft getreten. Hierdurch wurde mit den Stimmen von CDU/ CSU und SPD durch eine Änderung des Baugesetzbuches den Bundesländern die Möglichkeit eröffnet, höhenbezogene Mindestabstände für Windenergieanlagen einzuführen.
Die Bayerische Staatsregierung ist bereits aktiv geworden und hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der eine sogenannte Faktor-10-Regelung vorsieht. Demnach sind Windkraftanlagen grundsätzlich und nur dann im Außenbereich privilegiert zulässig, wenn ein Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe von der Wohnbebauung eingehalten wird. Auch aus Sachsen gibt es seitens der Landesregierung bereits Ankündigungen, gleichlautende Abstandsregelungen einzuführen.
Auch die Linksfraktion im saarländischen Landtag sieht insbesondere vor dem Hintergrund der immer höher werdenden Anlagen und einer damit einhergehenden geänderten Situation im Bereich der Windenergie die Notwendigkeit, die Länderöffnungsklausel zum Schutz der Wohnbevölkerung zügig umzusetzen. Aktuell reichen wenige 100 Meter Abstand von Windkraftanlagen zu Wohngebieten. Als die Errichtung von Windkraftanlagen vor einigen Jahren durch eine Änderung des Baugesetzbuches privilegiert wurde, waren die Anlagen üblicherweise unter 100 Meter hoch. Heute beträgt die Gesamthöhe der neuen Generation über 200 Meter, ich wiederhole: über 200 Meter! Eine massenhafte und dichte Umzingelung unserer schönen saarländischen Dörfer, in denen traditionell der Kirchturm das höchste Bauwerk bildet
Herr Ulrich, Sie können Sich gerne gleich auslassen. - Es gibt internationale Studien zur Schädlichkeit von Windkraftanlagen in der Nähe von Wohngebieten. Zu geringe Abstände wirken sich negativ auf die Lebensqualität und sogar auf die Gesundheit der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vor Ort aus. Nicht ohne Grund gibt es, und das soll uns doch zu denken geben, in vielen anderen Ländern deutlich größere Abstandsregelungen, als sie derzeit in Deutschland üblich sind. Niemand von uns kann bestreiten und leugnen, dass sich viele Menschen durch Windräder in der näheren Umgebung bedrängt fühlen, auch hier in unserem Saarland. Das ist eine Tatsache!
Endlich habe ich erreicht, dass Herr Ulrich Angst bekommt! Freut mich! All den Leuten, denen jedes Gefühl für Landschaftsästhetik verlorengegangen ist, die aber an den schnöden Mammon glauben, kann ich sagen: Windräder, die dicht an Wohneigentum stehen, vermindern den Immobilienwert erheblich. In Deutschland wird immer wieder versucht, dieses Argument zu entkräften, aber wie so oft würde auch hier ein Blick über den Tellerrand lohnen. In Dänemark zum Beispiel werden Wertverluste der Immobilien anerkannt und sogar entschädigt.
Wenn Windkraftanlagen geplant werden, gibt es regelmäßig draußen vor Ort sehr heftige Diskussionen, weil es sehr unterschiedliche Positionen gibt. Wir wollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf daher auch zur Befriedung vor Ort beitragen und für einen angemessenen Ausgleich sorgen, der vielleicht die verschiedenen Interessen der Bürger und der Politik und der Betreiber der Anlagen zusammenführen könnte. Gemäß unserem Gesetzentwurf, der sich an der bayerischen Regelung orientiert, wird daher der Abstand von Windrädern zur Wohnbebauung dem Zehnfachen der Gesamthöhe der Anlage festgesetzt. Ein weiteres wesentliches Element des Gesetzentwurfes ist die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung dahingehend, dass gegebenenfalls Windkraftanlagen mit einem geringeren Abstand als 10H errichtet werden können, sofern vor Ort ein breiter Konsens herrscht. Die jeweilige Entscheidung sollte allerdings nach unserer Auffassung den Bürgerinnen und Bürgern dieses Ortes unmittelbar in Form eines Bürgerentscheides überlassen bleiben.
An dieser Stelle möchte ich die im Anschluss an meine Rede folgende Diskussion ein Stück weit vorwegnehmen. Herr Hubert und Herr Neyses haben es schon angekündigt. Man wird sicherlich wieder auf die Bedeutung der Energiewende und die Alter
Jedem, der sich nachher gegen unseren Gesetzentwurf ausspricht, möchte ich aber bereits jetzt die Information mitgeben, dass man auf Hausdächern kleinere Windräder und in Gärten sogar Anlagen von bis zu 10 Metern Höhe ohne Baugenehmigung errichten darf. Ich würde daher von jedem Abgeordneten, der sich mit Vehemenz für einen weiteren Ausbau der Windkraftanlagen einsetzt, erwarten, dass er gleichzeitig erläutert, in wie vielen Gärten und auf wie vielen Hausdächern dieser Abgeordneten jetzt schon Windräder stehen, um den Klimawandel und die Rettung des Klimas voranzutreiben.
Ja, das stimmt. Die Abgeordneten machen viel Wind. Das ist richtig. Ich möchte auch wissen, in wie vielen Gärten und auf wie vielen Grundstücken Windmessungen durchgeführt worden sind. Bei derartigen politischen Forderungen sollte man ja mit gutem Beispiel vorausgehen. Ich freue mich daher schon jetzt auf die zahlreichen Windpotenzialstudien in eigener Sache, die mir sicherlich sogleich von den Kolleginnen und Kollegen des Hauses präsentiert werden.
Zum üblichen Argument der Klimarettung, das reflexartig aus der Tasche gezogen wird, sobald beim Thema des weiteren Ausbaus der Windenergie kritisch argumentiert wird, möchte ich einwenden, dass niemand ernsthaft behaupten kann, Deutschland oder das Saarland alleine könnte mit der Errichtung von Windkraftanlagen das Klima retten.
Der Anteil der Stromerzeugung aus Windenergie am primären Energieverbrauch liegt in Deutschland im unteren einstelligen Bereich und es bestehen durchaus Alternativen bei der Kohlendioxidreduzierung. Hier ist - was wir doch alle wissen - eine gesamtheitlichen Sicht auf die globale Klimapolitik und den weltweiten Einsatz von fossilen Brennstoffen erforderlich. Schauen wir doch einmal auf New York und auf den gestrigen Tag. Was hat er denn gebracht?
(Zuruf eines männlichen Abgeordneten mit hell verstellter Stimme: Och, gar nichts! - Verbreitet Lachen und Heiterkeit.)
Ja, das stimmt. Es waren nur leere Versprechungen - wie immer! Herr Ulrich, haben Sie da jemals etwas anderes erlebt? Wir wissen doch, dass trotz des
Ausbaus der erneuerbaren Energien fossile Brennstoffe derzeit nicht nur in Deutschland, sondern weltweit eine Renaissance erleben. Wollen wir das? Wir wollen das nicht! Gerade in Deutschland führt ein völlig fehlerhaftes Fördersystem dazu, dass mit jedem neuen Windrad mehr Kohlendioxid ausgestoßen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Reagieren Sie auf die Probleme unserer Bürgerinnen und Bürger draußen in den Dörfern und setzen Sie die vermeintliche Energiewende nicht im wahrsten Sinne des Wortes über die Köpfe der Menschen hinweg um. Stimmen Sie einer Überweisung des Gesetzentwurfes in den zuständigen Ausschuss zu und lassen Sie uns dort etwaige Detailfragen diskutieren. Das würde mich sehr freuen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.