Wie dem auch sei, Sie haben gesagt, die Nachhaltigkeitsstrategie ist konsensorientiert entstanden. Vielleicht ist es aber auch eher Teil des Problems als Teil der Lösung, denn ich glaube, in einigen Punkten muss man mit einer solchen Strategie einfach weiter sein als alle, die diese Strategie vertreten müssen. Was mir dabei eklatant auffällt, ist das
Ich frage mich natürlich, das fragt sich auch der Bürger auf der Straße: Warum gibt es kein Klimaschutzgesetz, wenn das Klima doch so wichtig und so ein zentraler Bestandteil der Nachhaltigkeit ist?
Welche Konsensorientierung hat denn dazu geführt, dass da keine entsprechende Gesetzgebung erfolgt? Lieber Kollege Jung, wenn Sie sagen, dass Sie den Kapitalismus zähmen wollen, dann wäre das vielleicht auch eine Stelle, an der man mal mit der Peitsche hineinhauen könnte. Aber Sie sagen dann natürlich, warum das nicht geht, und bemühen wieder die Mähr von der Deindustrialisierung. Das ist auch immer etwas, das man schön anführt: Eigentlich wollen wir keine Veränderung, weil es die bestehende Industrie gefährden könnte. Wissen Sie, woran mich das immer erinnert? Es erinnert mich ein bisschen an den Politiker aus dem 19. Jahrhundert, der sagt: Nein, wir können jetzt keine Stromtrassen bauen, keine Kraftwerke, weil das schlecht für unsere Dampfmaschinen-Industrie ist.
Man muss immer weiterdenken, gerade bei einer Strategie, die auf Jahrzehnte ausgerichtet ist. Da kann man keine Politik für die nächsten zweieinhalb Jahre machen.
Abg. Dr. Jung (SPD) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Hilberer, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es eben nicht darum geht, dass alles so bleibt wie es ist, sondern dass zum Beispiel die saarländische Stahlindustrie in den letzten Jahren Hunderte von Millionen investiert hat, um den CO2-Ausstoß abzusenken, dass dort viel passiert ist? Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?
Ich bin bereit, viel zur Kenntnis zu nehmen, ich bin auch durchaus darüber erfreut, dass die Industrie von sich aus zum Klimaschutz hinarbeitet, vermutlich nicht ganz ohne den Druck der Rahmenbedingungen. Wenn man das ordentlich macht, ist das ja auch ein Wettbewerbsvorteil, das ist gar keine Frage. Das erklärt für mich jetzt aber nicht, warum man
von Regierungsseite kein Klimaschutzgesetz hinzufügen kann. Dabei muss es nicht nur um die Stahlindustrie gehen, Herr Kollege.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Jung (SPD) : Keine Bange, es bleibt nicht so, es wird sich ändern. Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE): Ja, das Wetter ändert sich auch jeden Tag!)
Dann komme ich zum Punkt der finanziellen Nachhaltigkeit. Das ist ein schönes Thema, im Saarland immer sehr gerne bemüht, die Konsolidierung des saarländischen Landeshaushaltes. An der Stelle nur noch einmal eine kleine Anmerkung. Auf Verschleiß fahren ist eben keine Konsolidierung des Haushalts. Ich weiß, Sie sind hier vor fünf Jahren gestartet unter anderem mit dem Punkt, die Einnahmeseite zu erhöhen. Das ist grandios gescheitert. Wir gehen jetzt nicht auf den Länderfinanzausgleich ein. Da können wir bei anderer Gelegenheit noch einmal darüber reden. Dann machen wir eine eigene Regierungserklärung.
Es gibt keine neuen Einnahmequellen aus Steuermitteln. Von daher gesehen ist es weiterhin auf Verschleiß fahren. Wenn Sie dann sagen, unter besonderer Berücksichtigung dessen, was man den Menschen zumuten kann, muss man festhalten, da sind wir an manchen Stellen jetzt schon zu weit.
Lassen Sie mich noch kurz auf das Thema Tierschutz eingehen, weil Sie das auch noch einmal explizit herausgegriffen haben. Tatsächlich war auch mein Eindruck, dass da in den letzten Jahren einiges im Land passiert ist. Sie sprechen von einer enormen Aufwertung des Tierschutzes in der politischen Sphäre und damit auch im Land. Da möchte ich nur noch hinzufügen, dass nachher die Möglichkeit besteht, dieses Thema auch noch damit zu unterstützen, dass man unserem Antrag zur Einrichtung einer Tierschutzinspektorin beziehungsweise eines Tierschutzinspektors zustimmt. Ich glaube, das wäre eine schöne flankierende Maßnahme für die Nachhaltigkeit im Bereich Tierschutz in diesem Land.
Ich komme zum nächsten Thema, der Mobilität. Sie sprachen von einem modernen ÖPNV-Gesetz, das nutzerfreundliche Angebote schafft, die die Attraktivität des ÖPNV steigern. Die Chance haben wir ja leider verpasst. Wir hätten ja durchaus die Möglichkeit gehabt, im Gesetzgebungsverfahren ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, aber stattdessen waren es nur kleine Trippelschritte nach vorne und eben nicht der große Wurf, den wir wirklich brauchen, um den ÖPNV im Land zur konkurrenzfähigen Mobilitätsalternative zu machen. Der Zug ist abgefahren.
Mein Fazit zur Nachhaltigkeitsstrategie beziehungsweise der Vorstellung der Strategie heute hier in der Sitzung: Man hat einmal über die Nachhaltigkeit gesprochen. Es ist mit Sicherheit auch nicht schlecht, darüber immer wieder zu sprechen. Irgendwas bleibt ja immer hängen. Aber eine richtige Strategie ist es an der Stelle noch nicht. Vor allem sind wir von einer Verwurzelung der Nachhaltigkeit im Denken, die wir brauchen, und zwar in allen Bereichen, noch weit entfernt, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.
(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wieso kommt die CDU jetzt noch einmal und nicht die Opposition? - Sprechen.)
Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche einmal, das Thema Nachhaltigkeit auf das Saarland zu fokussieren, ohne in die weltpolitische Sphäre abzugleiten. Lieber Kollege Hilberer, vielleicht gelingt es mir dabei, auch nachhaltig noch ein prickelndes Gefühl bei Ihnen zu hinterlassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn heute über Nachhaltigkeit geredet wird, dann ist damit zwingend ein Name verbunden. Das ist der Name von Hans Carl von Carlowitz, seinerzeit Oberberghauptmann in Freiberg. Er hatte die Erkenntnis gewonnen, dass Holz - damals war Holz ein wichtiger Rohstoff - nur in dem Maße eingeschlagen werden kann, wie man dafür Sorge trägt, dass auch die gleiche Menge wieder nachwachsen kann. Das ist eigentlich eine simple Erkenntnis, eine alte Erkenntnis, aber trotzdem heute hochaktuell. Diese Erkenntnis gilt in gleicher Weise dort, wo Ressourcen zur Gewährleistung unseres Lebens, unserer Lebensqualität und letztlich unserer Wohnqualität verbraucht werden.
In unserer Gesellschaft angekommen ist das Erfordernis des nachhaltigen Wirtschaftens erst vor circa 40 Jahren, als das Phänomen des Waldsterbens erstmals problematisiert und öffentlich diskutiert wurde. Damals war eine Zeit, in der landschaftsverschandelnde Müllberge als ein Zeugnis unserer Konsumfreudigkeit entstanden sind. Die Gewässer waren in einem erbärmlichen Zustand gewesen. Es war eine Zeit, in der die Interessen der Ökonomie absoluten Vorrang vor der Umwelt hatten.
Ein Teil unserer Gesellschaft hat sich damit aber nicht abfinden wollen mit der Folge, dass Umweltpolitik bis heute eine tragende Säule in allen gesell
schaftlichen Bereichen mit besonderem Schwerpunkt in der Nachhaltigkeit ist. Nachhaltige, ressourcenschonende Politik hat seit Jahrzehnten ein festes Standbein in unserem Bundesland. Sie hat einen besonderen Stellenwert in der Politik meiner Fraktion seit 1999.
Es ist heute auch an der Zeit, an die Nachhaltigkeitsstrategie der CDU-Landesregierung unter Peter Müller und damals Umweltminister Stefan Mörsdorf zu erinnern.
Im Jahr 2004 wurde die Nachhaltigkeitsstrategie für die saarländische Landesregierung auf den Weg gebracht mit dem Titel „Ressort-Programm Umwelt der Saarland-Agenda 21, Instrumente und Projekte des Strukturwandels im Saarland“. Umweltpolitisches Ziel war damals zum einen der Abbau der Müllberge. Damals hatten wir ein Pro-Kopf-Müllaufkommen von 215 Kilo Restmüll pro Person und Jahr. Das Ziel war damals gesetzt, bis 2006 180 Kilo zu erreichen. Meine Damen und Herren, wir liegen heute bei 143 Kilo Restmüll pro Einwohner und Jahr.
Es war damals Ziel, saubere Gewässer, insbesondere saubere Bäche in diesem Land zu haben. 60 Prozent der Bäche sollten die Gewässergüte II haben. Die Wasserrahmenrichtlinien haben sich mittlerweile verschärft. Wir haben eine Wasserrahmenrichtlinie, die wesentlich strengere Anforderungen stellt. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass wir einen wesentlich besseren ökologischen Zustand unserer Gewässer haben als seinerzeit. Es gibt in dem Bereich noch viel zu tun. Wir haben den letzten Standard dieser Wasserrechtsrahmenrichtlinie in weiten Bereichen noch nicht erreicht. Aber das wird ebenfalls Gegenstand der Zukunftsstrategie hier im Saarland sein.
Es ist vom Umweltminister erwähnt worden, dass wir heute 12 Prozent Ökolandwirtschaft haben. 16 Prozent der Fläche werden ökologisch bewirtschaftet. Damals war unser Ziel - der Ausgangspunkt war 6 Prozent -, bis 2006 auf 10 Prozent der Fläche zu kommen. Wir haben heute dieses Ziel weit übererreicht. Wir haben im Land über 12 Prozent der Fläche, die als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind, auch ein Ziel, das von der damaligen Landesregierung ausgegangen ist. Ferner war und ist bis heute Ziel, den Flächenverbrauch dauerhaft zu beschränken.
Meine Damen und Herren, bei dieser Entwicklung dürfen wir nicht stehenbleiben. Deshalb ist es folgerichtig, dass die Landesregierung sich den neuen Entwicklungen und Herausforderungen mit der Nachhaltigkeitsstrategie „Gemeinsam Verantwortung tragen für heute und morgen“ gestellt hat. Nachhaltigkeit im Ressourcenverbrauch ist kein Thema, das man zum Abschluss bringen kann. Das
Prinzip der Nachhaltigkeit im Umgang und Verbrauch von Ressourcen muss immer wieder neu gedacht, überprüft und weiterentwickelt werden.
Ein besonderer Bestandteil der Nachhaltigkeit war und ist, den Landschaftsverbrauch auf ein unumgängliches Maß im Saarland zu reduzieren. Wenn täglich in der Bundesrepublik Flächen von der Größe von Sportplätzen versiegelt werden, ist das im Höchstmaß bedenklich, wenn nicht an anderen Stellen fühlbarer Ausgleich geschaffen wird. Hier waren wir im Saarland bisher gut aufgestellt mit den Landesentwicklungsplänen „Siedlung“ und „Umwelt“, die wohl in der nächsten Legislaturperiode zu einem gemeinsamen Landesentwicklungsplan zusammengefasst werden.
Mithilfe der Landesplanung wird mit Städten und Gemeinden städtebauliche Entwicklung festgelegt. Dies ist besonders wichtig gerade im Saarland angesichts der demografischen Entwicklung, die verbunden ist mit einem Rückzug der Bevölkerung aus dem ländlichen Bereich.
Es gilt gerade für die Zukunft, einem vermeidbaren Landschaftsverbrauch durch Revitalisierung von Altbaugebieten, einer weiteren baulichen Verdichtung der Innerortslagen, Rechnung zu tragen. Dies spart hohe Kosten für die Infrastruktur in Bezug auf Wasser- und Abwasserversorgung und sichert vor allem die optimale Nutzung der vorhandenen Anlagen, was in weiten Bereichen der kommunalen Infrastruktur bereits heute nicht mehr der Fall ist.
Deshalb gilt es, das Modellvorhaben zur Eindämmung des Landschaftsverbrauchs durch innerörtliche Entwicklung, MELanIE genannt, das seinerzeit von Umweltminister Mörsdorf auf den Weg gebracht wurde, weiterzuentwickeln. Ich denke hierbei an die Richtlinie zur Förderung der nachhaltigen Dorfentwicklung, an das Zukunftsenergieprogramm und - es sei mir gestattet - auch an die Förderung der Obstund Gartenbauvereine zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft.
Nachhaltigkeit im Saarland heißt aber auch, Landschaftsteile weitgehend von der Nutzung auszunehmen, der Natur ein Stück zurückzugeben. Ich denke hier insbesondere an die Natura-2000-Gebiete, 125 an der Zahl, die in Kürze wohl sämtlich dank des Engagements des Umweltministers als Rechtsverordnung ausgewiesen sein werden.
Damit wird im Saarland und darüber hinaus ein zusammenhängender Biotop geschaffen, ein Lebensraum als Heimat für den Luchs, der mittlerweile auch im Saarland ist, und vielleicht auch für den Wolf. Insofern sind jedenfalls die Vorbereitungen für die Zukunft geschaffen. Naturschutzgebiete im Saarland sind neuer Lebensraum, in dem Fauna und Flora
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Saarland ist reich gesegnet mit Fließgewässern und ruhenden Gewässern. Die Saar war einmal der Abwasserkanal für Industrieabwässer und kommunale Abwässer, ein Fließgewässer in schlechtestem biologischem Zustand. Durch eine über EU, Bund und Land initiierte Gesetzgebung ist die Saar heute wieder Fischgewässer mit genießbaren Fischen. Die Rossel, einst dreckigster Fluss Europas, ist heute ebenfalls Fischgewässer. Die Fische sind noch nicht zum Genuss geeignet, aber daran gilt es weiter zu arbeiten. Die Rossel hat in jedem Fall im Hinblick auf die Maßnahmen, die im Gewässerumweltbereich getroffen worden sind, einen erheblichen Fortschritt hin zu einem ökologischen Gewässer gemacht.