Michael Hilberer

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Last Statements

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Wie Sie wissen, mache ich Dinge gerne einmal anders, als es die meisten tun. Ich bin nämlich der Überzeugung, wenn man nur mit dem Strom schwimmt, findet man am Ende einen Haufen toter Fische. Deshalb möchte ich meine Rede mit einer etwas längeren Einleitung beginnen, anstatt sie mit einem etwas längeren Ende zu beenden. Aber keine Sorge, ich komme zum Thema.
Das ist heute meine letzte Plenarsitzung in diesem Haus. Die letzten fünf Jahre hier waren eine herausfordernde Zeit und das nicht nur für dieses Land. Wir hatten ja viel Stoff, viel Grund und viel Zeit, darüber zu diskutieren. Auch für uns PIRATEN-Fraktion sind fünf Jahre, wenn sie sich dem Ende zuneigen, doch eine verdammt kurze Zeit, trotz unseres Turbostar
tes und trotz der fantastischen Arbeit unserer Mitarbeiter, meiner Kollegin und meines Kollegen, sich so schnell wie möglich in den Betrieb einzuarbeiten. Dafür möchte ich herzlich Danke sagen sowohl in eure Richtung als auch in Richtung unserer Mitarbeiter. Danke auch an alle im Saarland, die uns geholfen haben. Ich nenne jetzt keine Namen, weil ich keinem schaden möchte. Es gab zahlreiche Menschen, die uns diesen schwierigen Weg etwas erleichtert haben. Vielen Dank an dieser Stelle!
Fünf Jahre sind natürlich eine verdammt kurze Zeit, um alle Akteure einer Landespolitik kennenzulernen, denn es passiert ja viel in einem Bundesland. Das übersieht man manchmal, wenn man sich nur mit Bundesthemen beschäftigt und wenn man schaut, was in Europa los ist. Auch in unseren Bundesländern ist verdammt viel los. Es sind sehr viele Leute, die unglaublich engagiert daran arbeiten, unser Land für die Menschen, die hier leben, voranzubringen, egal ob sie schon immer hier leben oder irgendwann zugewandert sind.
Auch diesen Menschen möchte ich von dieser Stelle ausdrücklich Danke sagen. Gerade als Newcomer haben wir erlebt, wie engagiert die Saarländerinnen und Saarländer hinter den Themen stehen, um die sie sich streiten. Obwohl wir Abgeordnete uns in unserem etwas überschaubaren und nichtsdestotrotz großartigen Land ständig über den Weg laufen, sind fünf Jahre eine kurze Zeit, um sie mit so vortrefflichen Abgeordneten wie Ihnen und euch zu verbringen. Ich kenne weniger als die Hälfte von euch und nur halb so gut, wie sie es verdient. Ich sage nicht, ich kann die Hälfte von euch weniger leiden, als sie es verdient.
Ich glaube, wir kommen gut miteinander aus. Und auch in eure Richtung vielen Dank für die letzten fünf Jahre, die wir hier zusammen gearbeitet und gestritten haben!
Ich nehme es als besonderes Bonbon auf, dass man mir heute die Möglichkeit bietet und die Gelegenheit schafft, als Oppositionsführer der Herzen zu agieren
und heute über das Saarländische Polizeigesetz zu sprechen, ja, im besten Sinne des Wortes zu opponieren, in der Hoffnung, das Saarländische Polizeigesetz irgendwann einmal wieder auf den Boden der Verfassung zurückzuholen.
Damit sind wir schon mitten im Thema. Herr Becker hat ja gut vorgelegt. Ich kann es so subsumieren: Rechtsstaat heißt nicht „mehr Staat, weniger Recht“
und dann funktioniert es schon. Vielmehr muss sich der Rechtsstaat mit dem rechtlichen Rahmen herumschlagen. Das ist gut so. Wenn die Verfassung dann auch einmal doof erscheint, weil sie der Staatsgewalt im Wege steht, ist es nicht der Maßstab der Gesetzgebung, dies zu ändern. Vielmehr ist es die Frage, wie man die Rahmenbedingungen setzt.
Sie haben so schön gesagt, die Polizei braucht einen Vertrauensvorschuss. Nein, das braucht sie nicht. Die Polizei braucht keinen Vertrauensvorschuss. Was sie wirklich braucht und was sie uns sagt, was sie braucht und worauf man viel zu wenig hört, ist ein sicherer rechtlicher Rahmen, denn nichts ist schlimmer für die Polizei, als wenn jetzt ein Rechtsrahmen geschaffen wird, aufgrund dessen sie agiert, der dann aber von den Gerichten wieder kassiert wird. Dann kann sie sich nicht darauf verlassen. Das ist das Schlimmste, was der Polizei passieren kann.
Es ist ja eine Minimaländerung des Saarländischen Polizeigesetzes, über die wir heute sprechen, es ist gar nicht viel. Man ersetzt eine Ziffer 6 durch eine Ziffer 3. Warum müssen wir überhaupt darüber reden? Von allen Themen und Gesetzesänderungen, über die ich hier in den letzten Jahren sprechen durfte, ist es die unnötigste Gesetzesänderung ever. Es ist überhaupt keine qualitative Verbesserung mehr, was in dem Gesetz, das Sie hier eingebracht haben, drinsteht. Bereits heute ist es nämlich für die Polizei möglich, Observationen länger als drei Monate zu machen. Alles, was sie tun muss, ist, damit nach drei Monaten noch einmal zum Richter zu gehen. Der kann es dann verlängern.
Jetzt könnte man natürlich überlegen und sagen, okay, vielleicht ist es ja so, dass die Richter im Saarland regelmäßig nach drei Monaten sagen: „Nein, nein, das reicht jetzt, Sie haben uns keine Anzeichen geliefert, wir glauben der ursprünglichen Prognose nicht mehr. Entsprechend gibt es keine Verlängerung der Observation.“ Nein. Wir haben nachgefragt. Im Jahr 2016 kam es ganze drei Mal vor, dass um eine Verlängerung ersucht wurde. In allen drei Fällen hat der Richter dem auch zugestimmt. Also auch mit dem jetzigen Rechtsrahmen ist genau das gleiche Sicherheitsniveau möglich wie nach dieser Änderung, wenn Sie sie tatsächlich beschließen sollten.
Ich weiß, Sie reden gerne mit der Polizei. Wir tun das ja auch. Ich nenne jetzt auch keine Namen. Das Problem für die Polizei liegt nicht wirklich in diesen drei Monaten. Das Problem für die Polizei liegt darin, die Leute zusammenzukriegen, um drei Monate oder gar noch länger jemanden zu beobachten, und
das rund um die Uhr. Je mehr Leute man über sechs Monate hinweg beobachten will, desto mehr wird die Polizeiarbeit zum Erliegen kommen. Das ist das eigentliche Grundproblem.
Jetzt mit einer solchen Larifari-Änderung zu versuchen, Presse zu machen, finde ich ein ganz schwaches Bild. Ich glaube, darin ist der Grund für diese Gesetzesänderung zu suchen. Man braucht sich ja nur die Begründung durchzulesen, die Sie hinter das Gesetz geschrieben haben. Das hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was in der Änderung drinsteht! Es wird von Gefährdern und konspirativem Verhalten fabuliert. Das alles ist in diesem Gesetz nicht definiert. Das alles ist nicht das, worum es geht. Nein, man möchte in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden als jemand, der sich um diese Gefährder kümmert. Das ist natürlich im zeitlichen Kontext mit dem Anschlag in Berlin zu sehen. Das ist eine ganz billige Nummer. Das ist vor allen Dingen ein unverantwortlicher Missbrauch der Gesetzgebung für wahlkämpferische Zwecke. Das ist postfaktisch. Das ist schlechter Stil. Das kann man so nicht machen. Das tritt auch die Arbeit der Polizei mit Füßen, wenn sie dafür herangezogen wird.
Der Preis dieses Wahlkampfs, den Sie hier bringen, ist eine weitere verfassungswidrige Regelung im Saarländischen Polizeigesetz. Wir bekommen eine Asymmetrie zum BKA-Gesetz. Das heißt, das BKA, das eigentlich für die terroristischen Hintergründe originär zuständig sein sollte, darf nur einen Monat überwachen, die saarländische Polizei sechs Monate. Da kann man sich überlegen, wer die Überwachung in Zukunft machen muss. Das ist doch ein Fehlanreiz. Das geht in die völlig falsche Richtung. In Wirklichkeit ist das eine Gefährdung der Sicherheit und keine Verbesserung der Sicherheitslage in diesem Land. Vor diesem Hintergrund kann man dieses Gesetz auch nur ablehnen. Ich hoffe, ich habe meinen Standpunkt deutlich gemacht.
Man hat auch gesehen, dass Sie eigentlich über ganz andere Dinge sprechen wollten, über Videoüberwachungen, über Hast-du-nicht-gesehen, einfach deshalb, weil in diesem Gesetz nichts drin ist. Es ist wieder so eine Luftnummer, man kann aber sagen: „Den Gefährdern haben wir es jetzt aber gezeigt!“ - Nö, nicht mit uns.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kann in meinem Redebeitrag heute natürlich nur um die Quintessenz einer langen Untersuchung gehen, für Details kann ich leider niemanden, der daran interessiert ist, von der Pflicht entbinden, sich in den Abschlussbericht zu vertiefen und dabei genau nachzulesen. An der Stelle aber ein kleiner Hinweis, eine kleine Warnung: Auch bei diesem Untersuchungsausschuss haben wir gewisse Bedenken, was den objektiven Teil angeht. Wir haben festgestellt, dass Tatsachen im sogenannten objektiven Teil fehlen, haben eine entsprechende Änderung in den Ausschuss eingebracht. Wir haben uns sogar die Mühe gemacht, das einzeln aufzusplitten, weil wir nicht davon ausgehen konnten, bei jedem Punkt die Zustimmung der Koalitionsfraktionen zu erhalten. Es gab durchaus Tatsachen, auf die man sich hätte einigen können. Trotzdem war es den Fraktionen offensichtlich nicht möglich, diese Tatsachen im objektiven Teil unterzubringen. Ich empfehle daher dringend, wenn Sie den Abschlussbericht lesen, auch die von uns aufgeführten Änderungen für den objektiven Teil zu lesen, die jeweils mit Quellenangaben hinterlegt sind.
Ich komme zum Thema, zum Vierten Museumspavillon. Wir befinden uns im Jahr 2007/2008, als das Ganze schon in die falsche Richtung geht. Wir haben unter Minister Schreier Fehlplanung und eine Kostentäuschung vor dem Hintergrund, dass man der Öffentlichkeit vorgemacht hat, ein modernes Museum könnte für 9 Millionen Euro errichtet werden. Das war natürlich von vorneherein nicht möglich. Und oh Wunder, das Projekt wird dann auch tatsächlich so teuer, wie so etwas eben kostet. In der Folge, und bis heute, beginnt eine unfassbare Orgie von Rein- und Rausrechnen von Kosten in und um den Bau, um über die tatsächliche Höhe der Kosten hinwegzutäuschen. Nichtsdestotrotz übernimmt die damals zuständige Ministerin und heutige Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer das Projekt. Im Januar 2009 erklärt der damalige Stiftungs
vorstand Melcher die Kosten und gibt ein Volumen von 18 bis 19 Millionen Euro an.
Das ist der Zeitpunkt, ab dem man ein politisches Totalversagen konstatieren muss, denn trotz der nun 19 anstatt 9 Millionen Euro macht die heutige Ministerpräsidentin die Abwicklung des Projektes ganz offensichtlich nicht zur Chefsache. Trotz der völligen Schieflage findet keine Klärung des erforderlichen Finanzrahmens mit dem Finanzministerium statt. Schwerste Bedenken aus dem Beirat der Stiftung werden ignoriert, beispielsweise ein Brandbrief des Beiratsmitglieds Architekt Veauthier, der aus seiner Expertise heraus ganz klar erklärt, dass dieser Kostenrahmen völlig unrealistisch ist und man mit diesen Annahmen auf keinen Fall in das Projekt starten sollte.
Es wird vonseiten des Ministeriums auch keine Kontrolle der Arbeit von Melcher eingerichtet beziehungsweise des Projektsteuerers Marx. Stattdessen gibt es sogar neue Bevollmächtigungen für Melcher durch das Kuratorium, Kuratorin ist die heutige Ministerpräsidentin. Selbst Ausschreibungen, die aufgrund ihrer Höhe europaweit erfolgen müssen, werden nicht näher durch das Ministerium kontrolliert.
Am 23. Juli 2009 gibt es dann die hier schon öfters thematisierte Täuschung - ich glaube, im heutigen Duktus kann man von einer „AKKtiven“ Täuschung sprechen - der saarländischen Öffentlichkeit durch eine selbst geänderte Pressemitteilung von 14,5 anstatt 20,1 Millionen Euro. Das zahlt das Saarland nicht gerade aus der Portokasse. Obwohl anstatt 9 plötzlich 20 Millionen Euro auf dem Kostenzettel stehen, macht Annegret Kramp-Karrenbauer nichts, um das Projekt in geordnete Bahnen zu lenken. Stattdessen fließt die Energie in die Täuschung von Öffentlichkeit und Parlament.
Ende 2009 übernimmt dann als zuständiger Minister Karl Rauber. Obwohl das Projekt - es ist unbestreitbar - in einer absoluten Schieflage liegt, gibt es keine vernünftige Übergabe von der Ministerin AKK an den Minister Rauber. - Das muss man sich einmal vorstellen in der Situation! Die Felle schwimmen einem davon, man ist zuständige Ministerin, macht dann aber keine Übergabe dergestalt, dass man sagt, pass mal auf, das hier ist jetzt vielleicht ein bisschen problematisch. Das ist nicht erfolgt. - Folgerichtig wachsen unter Rauber die Kosten dann auch weiter an auf 26 Millionen Euro Anfang 2011. Das ist in dem berühmten Rechnungshofbericht entsprechend ausgeführt. Das heißt, der Rechnungshof hat errechnet, für 26 Millionen könnte man das tatsächlich so bauen. Damit ist den Beteiligten dann offensichtlich aufgefallen, wie teuer dieses politische Totalversagen tatsächlich wird.
Dann wird es etwas kurios, wenn auch auf eine etwas unschöne Art und Weise. „Zum Glück“ - ich möchte „zum Glück“ hier in Anführungszeichen setzen - liefert dann die Spesenkostenaffäre Melchers eine Vorlage, um einen Sündenbock zu präsentieren, denn die Verfehlungen sind an der Stelle real, aber die Frage ist natürlich, wie man es denn hinbekommt, jemandem, der keine politische Verantwortung hat, die politische Verantwortung aufzudrängen. Da ist diese Spesenkostenaffäre offensichtlich eine schöne Vorlage.
Allerdings wäre es dann sehr dünn zu sagen, die politische Verantwortung liegt bei Melcher und Marx. Denn wie gesagt, sie sind ja nicht politisch tätig. Man braucht eben ein bisschen mehr Story, um das Ganze zu untermauern. Nur so sind die folgenden Ereignisse zu erklären.
Man bringt dann Grewenig in das Projekt hinein, der komplexe Änderungen einbringt - seinen eigenen Museumsentwurf -, der einen völlig anderen Museumsentwurf ins Gespräch bringt und damit natürlich viel Verwirrung in dem Projekt stiftet, was denn jetzt dazugehört und was nicht, und die Story untermauert, die ursprüngliche Planung hätte keinen Museumsbetrieb erlaubt, eine Aussage, die sich aus der Aktenlage klar widerlegen lässt.
Man bringt dann auch die WPW mit ins Boot zur Prüfung der ganzen Vorgänge. Sie bringt dann eine Liste von Phantombaumängeln, die sich bei näherer Betrachtung am ehesten noch als Abstimmungsprobleme kategorisieren lassen, aber nicht wirklich als Baumängel, die eine Story erzählen, die ursprüngliche Planung hätte überhaupt nicht funktioniert.
Man kann jetzt darüber streiten, ob die ursprüngliche Planung ein schönes Museum geworden wäre, ob es ein gutes Museum geworden wäre. Ich persönlich bin der Meinung, man hätte diesen Entwurf, wie er ursprünglich geplant wurde, gar nicht bauen sollen. Aber nichtsdestotrotz, es geht hier ja um die Durchführung des Projektes und all diese Änderungen wären nicht notwendig gewesen, um zu einem funktionierenden Museum zu kommen.
Mitte 2011 kommt dann Grewenig nach all diesen Hakenschlägen auf eine Summe von 37 bis 38 Millionen Euro für diese nun neue neue Moderne Galerie statt des ursprünglich vom Rechnungshof konstatierten Betrags von 26 Millionen Euro. 39 Millionen Euro sind, glaube ich, das Preisschild, das heute noch an dem Pavillon klebt. Ich weiß es nicht. Da kann vielleicht Minister Commerçon einmal kurz nicken, ob es noch 39 Millionen sind. - Ja. Das ist also das Preisschild, das auch heute noch dranklebt. Es ist ja weit weg von den 26 Millionen, die der Rechnungshof einmal beschrieben hat.
Also haben wir eine weitere Kostensteigerung von 13 Millionen durch den offensichtlichen Versuch, die
politische Verantwortung für ein politisches Totalversagen von der Ministerpräsidentin fernzuhalten und auf die Arbeitsebene abzuwälzen. Meines Wissens ist das das teuerste Täuschungsmanöver der saarländischen Geschichte. 13 Millionen Euro - das ist durchaus eine Hausnummer - plus Rechtsvertretungskosten. Wir dürfen nicht vergessen, dass, um die Story zu untermauern, natürlich auch Rechtsverfahren gegen Marx und Melcher geführt werden müssen, auch bis zu einem Punkt, wo völlig klar ist, dass sich die Verfahren nicht gewinnen lassen. Wir sprechen hier von Rechtsvertretungskosten, die mit Sicherheit weit über 1 Million Euro liegen.
Ich finde, es ist ein unmöglicher Vorgang, um über so ein Versagen hinwegzutäuschen, ein Projekt dann sehenden Auges weiter so gegen die Wand fahren zu lassen, neue Kosten zu verursachen und das alles nur, um die Situation zu verschleiern. Ich kann also nur konstatieren, zum Glück haben die Saarländerinnen und Saarländer am 26. März die Macht zu zeigen, was sie von 13-Millionen-EuroPreisschildern für Vertuschungen halten und was sie von diesem Gebaren saarländischer Spitzenpolitiker halten. Eines bewahrheitet sich eben immer wieder und auch an dieser Stelle zeigt sich ganz eindeutig: Keine Partei sollte zu lange in Regierungsverantwortung sein, denn sowas kommt von sowas.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Kollegin Heib, ich muss mich verwehren gegen den Vorwurf, es wäre eine Art von Wahlkampftaktik, die uns dazu gebracht hat, das Ende des Untersuchungsausschusses bis zum Ende der Legislaturperiode zu ziehen.
Zunächst einmal habe ich als Vorsitzender der PIRATEN-Fraktion überhaupt keine Karten im Wahlkampf. Des Weiteren möchte ich erwähnen, dass der Abschlussbericht für diesen Untersuchungsausschuss wochenlang irgendwo gelegen hat und erst auf meine aktive Nachfrage überhaupt noch einmal aufgetaucht ist. Ich hätte durchaus die Motivation gehabt, diesen Untersuchungsausschuss zu beenden, sobald das Verfahren abgeschlossen ist, sprich, sobald alle offenen Fragen, von denen wir uns noch erhofft haben, sie klären zu können, geklärt wurden. Das haben wir auch geschafft. Dass es erst zur letzten Plenarsitzung möglich ist, finde ich persönlich schade, aber es war ja noch just in time.
Erlauben Sie mir noch eine kurze Bemerkung. Sie haben gesagt, mein letzter Satz wäre entlarvend gewesen. Das ist meine persönliche Meinung als Bürger, dass die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, über solches Verhalten bei der Wahl abzustimmen. Diese Meinung können Sie mir nicht nehmen. Das einzig wirklich Entlarvende ist, dass Sie so viel Zeit Ihrer Rede damit verschwenden, sich darüber zu mokieren, dass die Opposition Ihrer Meinung nach den Untersuchungsausschuss nicht so toll macht, wie Sie das machen würden, und Sie so
wenig auf die Fakten eingehen, die eben gegen das Handeln der Ministerpräsidentin sprechen.
Vielen lieben Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muss schon konstatieren, dass der Untersuchungsausschuss Grubenwasser seine Berechtigung hatte und auch durchaus etwas geleistet hat. Er hat es geleistet, dass das Thema Grubenwasseranstieg in der Öffentlichkeit kritisch betrachtet wird, und das ist dem Thema auch angemessen, denn die Entscheidungen, die in einem solchen Genehmigungsverfahren gefällt werden, werden sich auf lange Zeit auswirken.
Ich empfand es immer als einen wichtigen Aspekt des Untersuchungsausschusses, auch wenn das so nie im Untersuchungsauftrag gestanden hat, den Druck von parlamentarischer Seite aufrechtzuerhalten, ein sehr kritisches Genehmigungsverfahren durchzuführen. Das ist wichtig, gerade wenn man
sieht, dass in diesem Land in der Vergangenheit, in der Zeit des aktiven Bergbaus, durchaus eine Tradition des Durchwinkens von Saarberg-Anträgen bestand. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass der Untersuchungsausschuss an der Stelle seinen impliziten Auftrag durchaus erfüllt hat.
Wir haben die GRÜNEN bei der Einrichtung des Untersuchungsausschusses unterstützt, eben aus genau diesen Gründen und weil es uns wichtig war, für die Öffentlichkeit mehr Informationen bereitstellen zu können, ihr einen tieferen Einblick zu gewähren sowohl in den Ablauf des Verfahrens als auch in die Fakten, die man zur Beurteilung des ganzen Prozesses braucht. Ich glaube, das ist zum Teil auch gelungen.
Dem Antrag heute können wir trotzdem nicht zustimmen, weil wir auch ein paar systematische Fehler sehen. Es geht einmal um das Widerrufen der Genehmigung zum Anstieg des Grubenwassers auf 400 Meter. Wir sehen es als völlig unproblematisch an, dieses Verfahren zu Ende zu führen. Die Experten haben auch gesagt, wir sind von den Grundwasserhorizonten so weit entfernt, das Einzige, was wir zu erwarten haben, ist eine Stabilisierung der Situation unter Tage bis zu diesem Punkt. Die komplette Ablehnung des Grubenwasseranstiegs, wie es im Antrag formuliert ist, können wir so nicht mittragen.
Ich plädiere dagegen für ein sehr kritisches Verfahren in Zukunft, um genau das zu prüfen. Ich hätte dieses Verfahren lieber morgen als übermorgen, da wir momentan noch die Expertise und die Kapazität haben, um von Behördenseite das Ganze wirklich zu beurteilen und zu bearbeiten, etwas, was in 50 Jahren mit Sicherheit nicht mehr gegeben ist. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die glauben, dass die RAG über Hunderte von Jahren pumpen wird. Dann müssen wir eine Lösung finden, die zumindest für die nächsten 10 bis 20 Jahre skizziert werden sollte.
Deshalb sind wir sehr dafür, sobald die RAG den Antrag stellt, dass das Genehmigungsverfahren durchgezogen wird und dass sehr kritisch, sehr genau hingeschaut wird. Bei erkennbaren Risiken muss natürlich weiterhin gepumpt werden, das steht außer Frage. Aber das Vorabverfahren abzulehnen, das können wir in der Form nicht mittragen. Dies wäre der Moment, in dem ich das Mikrofon fallen lassen müsste, aber das geht mit dem hier leider nicht. Ich mache es pantomimisch. - Danke.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Minister Toscani, es ist offensichtlich sehr schwierig, sich die vielen positiven Errungenschaften und die vielen positiven Entwicklungen in der Großregion, die wir in den letzten Jahrzehnten glücklicherweise sehen konnten, als eigene Erfolge auf die Fahnen zu schreiben, das haben Sie auch noch mal deutlich gemacht. Das ist auch nicht notwendig. Ich glaube, es ist auch gut so, denn der Erfolg der Großregion hat viele Mütter und Väter.
Das Zusammenwachsen der Großregion ist uns allen, die wir hier sitzen, aber auch sehr vielen Menschen außerhalb dieses Parlamentes und außerhalb der Parlamente unserer Partnerregionen, sei es in Grand Est - da vor allem noch immer mit dem Fokus auf Lothringen, unserem direkten Nachbarn -, sei es in Rheinland-Pfalz, sei es in Belgien oder auch in Luxemburg, ein Anliegen. Uns alle verbindet ein großes Ziel: Wir wollen zusammen arbeiten, zusammen leben und in dieser Region zusammen wach
sen. Das ist zum Glück immer noch breit mehrheitsfähig. Das ist wichtig, das bringt uns voran.
Das Thema eignet sich deshalb auch nicht, jetzt hier groß eine Abrechnung mit der Regierung zu machen, wie man das manchmal nach Regierungserklärungen und der entsprechenden Antwort der Opposition tut. Es gibt natürlich nach wie vor unzählige Hemmnisse in der Großregion, die die Menschen in dieser Region behindern und die wir überwinden müssen. Einige davon kreide ich auch dieser Landesregierung an, vor allem dass da mehr hätte passieren müssen.
Da ist zum Beispiel das Thema Mobilität, die Kollegin Zieder-Ripplinger hat es auch schon angesprochen. Wir brauchen eine Schienenverbindung. Denn wie sollen wir zusammenwachsen, wenn wir die Menschen nicht zusammenbringen? Das beste Verkehrsmittel, um die Menschen zusammenzubringen, ist eben eine gute Schienenverbindung. Ich hätte mir gewünscht, dass da mehr passiert, gerade was die Anbindung des grenznahen Lothringens angeht, gerade was die Anbindung von Luxemburg über die Schiene angeht. Das sind zwei unglaublich große Potenziale und da müssen wir schneller vorangehen, um das zu verwirklichen.
Was auch mir nicht gefallen hat, ist der Umgang auch dieser Landesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen mit dem Thema Ausländermaut. Wir haben das in der letzten Sitzung sehr ausführlich diskutiert. Ich bin immer noch der Meinung, dass es dem Saarland gut anstehen würde, klar Opposition gegen diese Ausländermaut zu machen, denn sie ist vom Gedanken her antieuropäisch und gegen unsere Nachbarn gerichtet. Das ist etwas, wo wir aus dem Saarland heraus ganz klar widersprechen müssen.
Aber dennoch sind wir alle zufriedene Bewohner dieser Großregion, weil es eben auch an vielen Stellen gut läuft. Es ist doch erfrischend, auch in der heutigen Zeit, diese Erfolge der Europäischen Union vor der eigenen Haustür noch mal zu benennen und sich auch noch mal darüber zu freuen, wie gut es eigentlich ist. Es ist ja gerade diese europäische Integration, diese Generationenaufgabe, diese Mammutaufgabe, diese Jahrhundertaufgabe, die es uns ermöglicht, hier in der Großregion so gut nebeneinander her zu leben. Wenn man es sich genau anschaut, ist es natürlich schon noch ein Nebeneinander-Herleben, aber das wird uns überhaupt nur ermöglicht durch diese europäische Integration. Vieles
ist hier möglich. Ich habe es gesagt: Wir können heute zusammen leben und zusammen arbeiten und zusammen wachsen. Das verdanken wir der europäischen Integration. Das ist Auswuchs dessen, was die Europäische Union jedem einzelnen in diesem Land bringt.
In den letzten fünf Jahren hatte ich unzählige Möglichkeiten, mir die grenzüberschreitende Entwicklung in unserer Region anzuschauen und sie zu erleben. Wir haben uns im Interregionalen Parlamentarierrat, unserer Vertretung der Parlamente in der Großregion, unzählige Projekte angeschaut. Wir haben mit unzähligen Akteuren gesprochen. Wir haben auch kleinere Probleme gelöst. Wir haben wichtige Fragen aufgeworfen. Wir haben die Richtung gezeigt, wohin es in Zukunft gehen muss, und das meist einhellig, fraktions-, regions- und nationsübergreifend, und nur mit einem Ziel: zum Wohle der Menschen in unseren Regionen. Ich glaube, das ist ein sehr schönes Beispiel, an dem man sieht, wo und wie Europa funktioniert.
Das hat für mich auch eine sehr wichtige Erkenntnis gebracht, wo wir heute mit der europäischen Integration eigentlich stehen. Wenn man sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit anschaut, wie sie heute in unserer Region funktioniert, dann müssen zwei Dinge zusammenkommen. Das sind zunächst einmal engagierte Individuen, denn bei jedem erfolgreichen Projekt, das ich in unserer Großregion gesehen habe, stecken ein, zwei oder drei Leute dahinter, die mit Herzblut an der Sache arbeiten, denen das grenzüberschreitende Zusammenarbeiten wichtiger ist als irgendwelche Detailfragen und die über Jahre hinweg am Ball bleiben. Zum Zweiten muss die Politik die Hindernisse entfernt haben. Es gibt immer noch so viele Hindernisse zwischen den Nationalstaaten, die Menschen davon abhalten, zusammenzukommen und zusammen zu arbeiten. Es ist die Aufgabe der Politik, diese Hindernisse aus dem Weg zu schaffen.
Deshalb finde ich es auch nicht richtig, beispielsweise unter Verweis auf die Zahl der grenzüberschreitenden Auszubildenden zu sagen, das sind nur so wenige, das ist nur eine Handvoll. Das ist gar nicht wichtig. Wichtig ist, dass dieses Hindernis aus dem Weg geräumt ist und dass es jetzt funktionieren kann. Jetzt werden sich in unserer Region die Akteure finden. Jetzt werden sich die jungen Menschen finden, die das möchten. Wir werden steigende Zahlen sehen. Wichtig ist, dass das Hindernis weg ist. Der Rest kommt fast von alleine, wenn wir dem keine neuen Hindernisse in den Weg legen. Deshalb ist auch das eine Erfolgsgeschichte.
Vielen von uns ist es so erschienen, als wären diese Erfolgsgeschichten und diese sehr vielen, oft sehr
kleinen Schritte, die aber doch immer in die gleiche Richtung gehen, eine Art Naturgesetz und als wären Frieden, Wohlstand und freundschaftliche Zusammenarbeit gottgegeben und es würde immer so weitergehen. Schnell vergisst man, was uns die Vergangenheit gezeigt hat: Es kann nämlich ganz anders gehen. Schnell vergisst man darüber auch, wie gut es doch jetzt eigentlich funktioniert. Wir waren es gewohnt, dass es Schritt für Schritt weitergeht.
Dass dem leider nicht so ist, zeigt uns natürlich das Erstarken der Nationalisten und der Faschisten, die in vielen europäischen Ländern - ich will nicht sagen: Oberhand gewinnen - wieder aus der Versenkung gekommen sind und die erkleckliche Prozentzahlen in Wahlen und Abstimmungen hinter sich versammeln. Das sind beunruhigende Nachrichten für uns alle in Europa, speziell für uns in den Grenzregionen, da wir - ob wir wollen oder nicht - darauf angewiesen sind, mit unseren Nachbarn gut zusammen zu leben, zu arbeiten und zu wachsen.
Manchmal frage ich mich allerdings, wovor ich in der heutigen Zeit mehr Angst haben muss: vor den Nationalisten, die offensichtlich wieder auf dem Vormarsch sind, oder vor den sprachlosen Europäern, die dem offensichtlich so wenig entgegenzusetzen haben. Auch im Saarland ist man doch längst satt und faul geworden, wenn es darum geht, die europäische Vision zu verteidigen und vor allem weiterzuentwickeln. Es geht auch darum zu sagen, ein Schritt zurück geht mit uns sowieso nicht, wir wollen vielmehr nach vorne. Ich glaube, auch wir im Saarland müssen wieder wesentlich deutlicher machen, dass wir hin zu einer besseren europäischen Integration wollen und dass wir dieses Europa leben und mit Visionen füllen wollen.
Verzeihen Sie den kleinen Seitenhieb an der Stelle: Das halbseidene Bekenntnis zur Ausnahme für Grenzregionen von der Ausländermaut ist auch nicht gerade ein hilfreiches Signal. Auch Stimmen in diesem Haus, die die ruinöse Austeritätspolitik, die derzeit in der Europäischen Union Politik du jour ist, immer wieder lautstark befürworten, helfen uns mit Sicherheit nicht, als Europa gemeinsam voranzukommen. Da müssen wir etwas ändern.
Statt zu schweigen und uns abzufinden gibt es nur eine Aufgabe, die die Volksvertreter vom Volk auf die Fahne geschrieben bekommen haben, nämlich die Probleme zu lösen. Es gibt große schwelende Probleme in der Europäischen Union. Wir dürfen uns nicht dadurch zurückwerfen lassen, dass beispielsweise das britische Parlament gesagt hat, es möchte den Austritt aus der Union. Wir müssen die Scherben aufheben und sagen, wo es jetzt weitergeht.
Bleiben wir auf den britischen Inseln. Was ist die europäische Perspektive für ein Land wie Schottland, das mehrheitlich dafür gestimmt hat, bei der Europäischen Union zu bleiben? Welche Perspektive bieten wir für die Schotten? Das ist eine Frage, auf die wir eine Antwort geben müssen.
Griechenland wird oft in diesem Haus zitiert und genannt. Es ist das prominente Opfer eines ungezügelten, deregulierten Finanzmarktes. Übrigens ist es eine Deregulierung, die krass uneuropäisch ist; ich komme später darauf zu sprechen. Welche Perspektive bietet die Europäische Union den Griechen außer einer Schuldzuweisung im Sinne von, ihr habt betrogen, ihr wart es doch, jetzt müsst ihr damit zurechtkommen? Das ist doch keine Perspektive, an der Europa wachsen kann! Das ist eine Perspektive, an der Europa nur scheitern kann.
Wir schaffen es ja auch nicht, eine europäische Außenpolitik zu definieren! Was wollen wir Europäer eigentlich mit der Türkei? Was wollen wir eigentlich in der Ukraine? Was ist das Verhältnis von Europa zu Russland? Das schwankt irgendwo zwischen freundschaftlicher Partnerschaft und großer Angst. Aber die europäische Antwort fehlt!
Wo ist die europäische Öffentlichkeit, die überhaupt solche Debatten führen kann? Wir brauchen eine Verfassungsinitiative. Die Europäer müssen darüber bestimmen, wie wir in der EU zusammenleben wollen. Raus aus den Vertragswerken von oben herab und auf dieser Grundlage von unten herauf etwas aufbauen! Warum nicht eine Direktwahl des Kommissionspräsidenten? Ich hätte gerne die Diskussion in ganz Europa, ob der Kandidat oder die Kandidatin als Kommissionspräsident die richtige Wahl wäre. Ich glaube, das wäre eine schöne europäische Diskussion, die uns zusammenführen würde im freundschaftlichen Streit um die beste Personalie. Es kann nicht sein, dass der Kommissionspräsident nach wie vor eingesetzt wird.
Es gibt einen weiteren Punkt, der leider immer noch ein bisschen ins Hintertreffen geraten ist. Wir müssen, was unsere Kulturschaffenden, unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die großen Kulturunternehmen in Europa angeht, mehr dafür werben, dass es eben auch mehr dieser paneuropäischen Großevents gibt. Ich meine, es ist fast schon ein Treppenwitz, dass das europäischste aller Events, über das man mit jedem in Europa reden kann, der Eurovision Song Contest ist. Es erscheint wie ein Treppenwitz, dass wir uns da zusammenfinden und über Musik von wechselnder Qualität sprechen. Ich glaube, es ist tatsächlich der Hebel, über den man etwas bewegen kann. Wir brauchen diese identitätsstiftenden Großevents. Ich glaube, wir müssen da
auch von politischer Seite daran arbeiten, dies zu unterstützen.
Manchmal tut es mir als Europäer im internationalen Kontext etwas weh, wenn ich sehe, wie wir unser Licht unter den Scheffel stellen, wenn es um den European Way of Life geht. Unter dem American Way of Life kann sich jeder etwas vorstellen: Vom Tellerwäscher zum Millionär und der Staat soll sich möglichst raushalten, damit jeder Tellerwäscher, der die Anlagen zum Millionär hat, es schaffen kann.
Wir haben in Europa einen ganz anderen Ansatz. Wir haben nach dem Zweiten Weltkrieg eine ganz besondere Wirtschaftsordnung geschaffen, die einmalig in der Welt ist und die darauf fußt, dass wir sagen, ja, wir wollen einen freien Wettbewerb und innovative Akteure, die sich aber verantwortungsvoll verhalten müssen. Wir brauchen eine Solidarität und ein ordnungspolitisches Korsett, das eben auch die negativen Auswüchse des Kapitalismus einfängt. Das ist tatsächlich der europäische Weg. Das ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, auch wenn viele sie jetzt schlechtreden. Selbst wenn wir in vielen Details nachsteuern, verändern und es der jetzigen Situation anpassen müssen, ist es doch ein unglaubliches Erfolgsmodell, das in Europa Millionen von Menschen aus der Armut und der Perspektivlosigkeit heraus gerettet hat in eine sichere Wohlstandsgesellschaft - mit der Möglichkeit aufzusteigen. Ich glaube, diesen European Way of Life dürfen wir international gerne öfter und forcierter vertreten. Das ist besser, als jeder Forderung nach Deregulierung hinterherzulaufen, meine Damen und Herren.
Natürlich kann man jetzt zu Recht sagen, viele von diesen Dingen können die Saarländer nicht bestimmen. Das ist richtig. Nichtsdestotrotz, jeder von uns ist einer von 500 Millionen, die genau das zu bestimmen haben und deshalb darf unsere Stimme bei diesen Themen nicht leise bleiben. Im Gegenteil, wenn wir das europäischste aller Bundesländer sein wollen, wenn wir unserer historischen Rolle im Herzen Europas gerecht werden wollen, dann müssen wir, auch mit unseren wenigen Menschen, mit dieser einen Million, eine laute Stimme sein, die genau das fordert, die die Vision formuliert und sagt: Wir wollen ein weiteres Europa, ein stärkeres Europa, ein besseres Europa. Wir werden weiter daran arbeiten, für uns gibt es da keinen Schritt zurück, denn jeder Schritt zurück ist ein unglaublicher Verlust für dieses Saarland, jeder Schritt nach vorne ist ein unglaublicher Gewinn und deshalb werden wir genau so weiterarbeiten. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist es ja eine sehr kleine Gesetzesänderung, die heute in den Landtag eingebracht wurde, und eigentlich habe ich nur ein paar sachliche Fragen, die für mich noch offen sind. Deshalb sah ich jetzt auch keinen besonderen Grund, dieses Thema mit Pathos am Pult zu vertreten, zumindest so lange nicht, bis die Kollegin Meyer es gemacht hat. Sie hat eben nicht nur einfach begründet, was hier Sachlage ist und warum es sinnvoller wäre, sechs Monate statt drei Monate für die Observation zu haben, sondern sie stellt sich hin und präsentiert sich als die Verteidigerin der Freiheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da muss ich Ihnen sagen: Freiheit schützt man nicht, indem man dieselbe entzieht! Hätte ich gewusst, Frau Kollegin, dass Sie hier aus Protokollen der nicht öffentlichen Innenausschusssitzung zitieren, hätte ich mir auch ein paar Stellen rausgesucht, die vielleicht einen etwas weniger gefärbten Überblick über die Gesamtsituation bringen als das, was Sie sich als Zitat rausgesucht haben. Trotzdem bin ich ein bisschen irritiert, dass wir die Lageeinschätzung der Polizei, über die ja sonst immer so hoch geheim im Innenausschuss berichtet wird, hier im Plenum darstellen können. Aber anscheinend ist das so, das kann man wohl machen.
Es stellt sich aber bei dem Gesetzesantrag, den wir heute diskutieren, die Frage, ob es wirklich notwendig ist. Wir haben jetzt die Möglichkeit, drei Monate lang Personen zu observieren im Zuge der polizeilichen Präventionsarbeit, nicht der Strafverfolgung, das haben Sie ja schon richtig dargestellt. Es besteht auch jederzeit die Möglichkeit, diese drei Monate nochmals um drei Monate zu verlängern. In Ihrer Begründung legen Sie eben nicht dar, warum das nicht ausreichend ist. Auch mich würde es sehr interessieren, was jetzt an sechs Monaten - ohne eine qualitative Änderung vorzunehmen, sondern nur eine quantitative von drei auf sechs Monate - den großen Fortschritt bringt beziehungsweise wie viele Gefährder, von denen Sie sprechen, uns bisher aufgrund dieser Dreimonatsfrist durch die Lappen gegangen sind, weil sich dann kein Richter gefunden hat, der das noch mal um drei Monate verlängern wollte. Das sind die spannenden Fragen an der Stelle.
Dann schreiben Sie in Ihrer Antragsbegründung den Gefährder hinein. Das ist momentan auch in aller Munde und es ist vom Wort her schon klar - Gefährder sind gefährlich -, dass man was tun muss. Im Polizeigesetz ist er natürlich gar nicht genannt. Wenn ich das hier richtig lese, ist es so, dass sich diese Observation auf jeden bezieht, bei dem Anhaltspunkte bestehen, dass er künftig Straftaten begehen kann, und auf Personen, bei denen Anhaltspunkte bestehen, dass sie mit einer der vorgenannten Personen bezüglich künftiger Straftaten in Verbindung stehen. Das ist schon ein sehr weit gefasster Begriff. Wenn Sie hier schon der Öffentlichkeit weismachen wollen, es gehe Ihnen um Gefährder, dann sollten Sie auch eine Einschränkung ins Gesetz reinschreiben und beispielsweise sagen, das ist eine Person, bei der es Anhaltspunkte gibt, dass sie Verbrechen gegen das Leben plant. Davor haben die Leute ja Angst, und das ist das, was Sie offensichtlich in der Öffentlichkeit darstellen wollen und wovor Sie die Menschen schützen wollen. Es ist für mich sehr offen, warum Sie das nicht machen und warum Ihre Begründung so weit von dem abweicht, was Sie im Endeffekt in diesem Gesetz ändern.
Trotzdem bin ich ganz beim Kollegen Neyses. Wenn es diese Anforderung gibt und wenn das Innenministerium sagt, dass wir ein akutes Problem haben, dass da eine Lücke ist, die geschlossen werden muss, werden wir uns im Parlament damit beschäftigen müssen. Auch ich bin dafür, dass wir eine Anhörung durchführen und uns die Argumente sehr genau anhören. Wir werden genau diese Fragen dann noch einmal stellen und hoffentlich eine bessere Antwort bekommen als bei dieser sehr dürftigen Gesetzesbegründung hier.
Erlauben Sie mir noch ein Wort. Wenn man sich als Vertreter der Fraktion, die immer noch am Abbau
der Polizeistellen festhält - wenn auch jetzt mit einer Schuldenbremse-Bremse, also mit weniger Abbau als ursprünglich geplant -, die aber stattdessen Videoüberwachung will, die auch nicht ganz günstig ist, sich hier hinstellt als großer Vertreter von mehr Einstellungen bei der Polizei, finde ich das zumindest grenzwertig. Man stellt sich in eine Tradition, in die man eigentlich nicht gehört.
Zurück zum Gesetz. Wir werden uns bei diesem Gesetz enthalten. Wir werden im Ausschuss eine Anhörung beantragen und Experten benennen, weil ich diese Fragen für sehr wichtig und völlig ungeklärt halte. - Vielen Dank.
Vielen lieben Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bleiben quasi beim Thema. Es geht darum, ob das Parlament beurteilen kann, was die exekutiven Organe im Bereich Überwachung tun. Uns geht es im Speziellen darum, uns den Bereich der Funkzellenabfrage, der sogenannten Stillen SMS und des IMSI-Catchers genauer anzuschauen. Das sind Überwachungsmaßnahmen, die unsere Polizei durchführen kann, die direkte Angriffe auf die Handys darstellen, auf die - wie man inzwischen sagen muss - kleinen mobilen Su
percomputer, die wir fast alle fast immer bei uns tragen.
Was machen wir, wenn wir diese Geräte bei uns tragen? Wir haben damit Ortungsgerät, Abhörwanze und Peilsender freiwillig jeden Tag in unserer Tasche. Das sind die technischen Möglichkeiten, die diese Geräte bieten. Da ist es nur natürlich, dass auch die Ermittlungsbehörden einen Drang verspüren, auf diese Daten zuzugreifen, weil es ihnen die Arbeit erleichtert beziehungsweise in manchen Bereichen die Arbeit auch erst möglich macht. Trotzdem stellt dies natürlich einen massiven Eingriff in den persönlichsten Lebensbereich dar, wenn der Staat durch diese Geräte auf die Kommunikationsdaten Zugriff erlangt.
Ich führe an dieser Stelle gerne - und werde das auch heute wieder tun - das analoge Pendant auf. Was wir uns digital herausnehmen, wie nahe wir dem Bürger auf die Pelle rücken, wäre im analogen Bereich völlig undenkbar. Stellen Sie sich vor, jeder von uns müsste ein kleines Büchlein mit sich führen, wo er einträgt, um wie viel Uhr er genau wo ist, und er würde sich überall, wo er vorbeigeht, einen Stempel abholen „Ja, da war ich“. Undenkbar, dass einer von uns ein solches Buch überhaupt führen würde, undenkbar, dass sich der Staat erdreisten würde, auf dieses Buch zuzugreifen. Beim Handy sieht es ganz anders aus. Diese Daten sind nun mal da. Es gibt Begehrlichkeiten, auf sie zuzugreifen. Entsprechend wird es auch gemacht und oft zu wenig hinterfragt.
Deshalb ist es umso wichtiger, hier ein ganz wichtiges verfassungsrechtliches Prinzip zur Geltung zu bringen, nämlich die Verhältnismäßigkeit und die Zweckmäßigkeit dieser Instrumente. Ist es angemessen, dass die Ermittlungsbehörden IMSI-Catcher, Stille SMS und Funkzellenabfrage einsetzen auch in dem Umfang, in dem sie dies tun -, und führt es überhaupt zum gewünschten Erfolg? Sprich, hätte im Endeffekt die Ermittlung vielleicht auch problemlos stattfinden können, ohne dass dieses Instrument benutzt wird? Das sind die Fragen, die für uns als Gesetzgeber unglaublich wichtig sind.
Dabei geht es nicht nur darum, den Rahmen festzulegen, in dem das erfolgen darf; es ist ja im Gesetz schon so geschrieben und wir möchten das mit dieser Gesetzesänderung auch überhaupt nicht ändern. Es geht uns vielmehr um den Punkt parlamentarische Kontrolle, denn wir haben als Parlament natürlich die Aufgabe, die Exekutive zu kontrollieren, gerade auch bei solch extremen Eingriffen in den persönlichsten Lebensbereich.
Wie aber kann das Parlament die Regierung kontrollieren, wenn die statistischen Daten über den Einsatz und den Umfang des Einsatzes für genau diese Mittel fehlen? Wenn vor allem überhaupt keine Da
ten über die Wirksamkeit erhoben werden? Das heißt, ich kann anhand der Daten nicht nachvollziehen, ob die Funkzellenabfrage im weiteren Verfahren, im Gerichtsprozess tatsächlich eine Rolle gespielt hat, ob es ein wichtiger Beweis war oder nur ein Indiz, was man vielleicht gar nicht gebraucht hätte. Alle diese Daten liegen im Moment nicht vor.
Wenn das Parlament sich dann auf Aussagen einer Regierung verlassen muss, die aufgrund von Einzelfällen argumentiert, ist das unbefriedigend. Auch wenn der Innenminister eben argumentiert hat, die Polizisten, die Menschen, die das jeden Tag machen, verlangen aus ihrer Erfahrung heraus eine längere Frist, dann, finde ich, ist das ein sehr schwaches Argument. Es ist ja verständlich. Natürlich, wenn es die Arbeit erleichtert, wollen die das haben. Aber das kann für uns ja nicht das Maß aller Dinge sein, denn wir müssen die Rechte und Freiheiten aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Land beachten und nicht nur die Arbeitserleichterung für die Ermittlungsbehörden.
Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber bei uns kommt jedes Jahr der Bauernverband vorbei und der hätte es natürlich sehr gerne, dass das Saarland für jeden Hektar, der bestellt wird, über die bereits gezahlten Subventionen hinaus zusätzlich Geld bezahlt. Das sind die Praktiker, die wissen, wie das in der Landwirtschaft läuft, und die verlangen das. Trotzdem stellen wir uns nicht hierhin und sagen: Okay, das kriegen sie natürlich. Die müssen ja wissen, ob das wichtig ist oder nicht. - Ich denke, man muss das auch vor dem Hintergrund sehen, dass man vielleicht nicht immer die richtige Zielgruppe befragt, wenn es darum geht, gesamtgesellschaftliche Gleichgewichte zu beurteilen.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir unsere Arbeit tun. Dafür brauchen wir als Parlamentarier aber auch die Mittel. Wir möchten deshalb eine Berichtspflicht an das Parlament im Gesetz verankern. Es ist eine Kleinigkeit, aber unserer Meinung nach eine absolute Notwendigkeit. Sie geht auch über das hinaus, was Sie als Abgeordnete im Moment beispielsweise über eine kleine Anfrage erreichen können. Ich habe es vorhin schon kurz ausgeführt. Sie können über eine Anfrage nicht herausbekommen, wie es um die Wirksamkeit dieser Mittel bestellt ist, weil diese Daten nicht erhoben werden. In Zukunft soll das passieren. Allzu schwierig ist es nicht, man muss nur einen durchgängigen Datensatz machen.
Dass bisher Überwachungsinstrumente ohne eine explizite Berichtspflicht überhaupt ins Gesetz geschrieben werden, ist ein unerhörtes Versäumnis. Darüber müsste man sich eigentlich den ganzen Tag aufregen und fragen: Warum machen die Parlamente das überhaupt, warum schreiben sie das hier
rein, ohne eine Berichtspflicht vorzusehen? Wie kann ich es den Bürgerinnen und Bürgern zumuten, eine solche Überwachung zu installieren, ohne dass es einen öffentlichen Bericht darüber gibt, in welchem Ausmaß dies geschieht?
Zum Glück ist dies zwar ein schlimmes, ein unerhörtes Versäumnis, aber ein Versäumnis, das wir heute hier bereinigen können, indem Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Es sind keine Gemeinheiten drin oder kleine Fallstricke dergestalt, dass wir irgendeines Ihrer geliebten Überwachungsinstrumente abschaffen wollten. Es geht tatsächlich nur darum, dass dieses Parlament in Zukunft einen ordentlichen Bericht darüber bekommt, was in diesem Land eigentlich passiert. Ich glaube, es sollte in unser aller Interesse liegen, dass es gerade in diesen sensiblen Bereichen eine sehr gute statistische Datengrundlage zur Beurteilung dieser Instrumente gibt.
Deshalb bitte ich Sie nochmals: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu. Lassen Sie uns diese Gesetzgebung noch machen. Das schaffen wir bis zur nächsten Plenarsitzung noch problemlos. Wir können uns an das Saarländische Polizeigesetz dranhängen. Ich bin da absolut optimistisch, dass diese tollen Abgeordneten in diesem Parlament das hinkriegen. Es muss uns darum gehen, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Und da geht es nicht nur darum, Leib und Leben zu schützen, wie wir das vorhin diskutiert haben. Es geht auch darum, die Freiheiten und Grundrechte zu schützen, denn ohne die ist dieser Staat leider überhaupt nichts wert. - Vielen Dank.
Es ist ja schon entlarvend, dass man als Gegenargument versucht, hier Formalien zu monieren. Ich telefoniere kurz und bringe Ihnen einen Juristen, der sagt, dass das so geht. Ich halte das für eine Nebelkerze.
Aber gehen wir mal auf die scheinbaren Sachargumente ein. Sie sagen, ich könnte ja bereits jetzt als Abgeordneter einen entsprechenden Bericht anfordern. Das stimmt, aber Sie sollten die Antwort auf die von mir gestellte Anfrage, die Sie zitiert haben, einmal genauer lesen, zum Beispiel die Vorbemerkung der Landesregierung: „Da der mit der Beantwortung der Anfrage verbundene Arbeitsaufwand aufseiten der Polizei vor allem aufgrund der retrograden Betrachtung sehr hoch gewesen wäre und zu einer längerfristigen starken Einschränkung des operativen Dienstbetriebs geführt hätte, wurde im Einvernehmen mit dem Fragesteller die Vereinba
rung getroffen, dass die Polizei alle Funkzellenabfragen im Zeitraum 01.09.2013 bis 31.08.2014 erhebt.“ Es wurde also vereinbart, dass von einem bestimmten Zeitpunkt ab in die Zukunft die entsprechenden Daten erhoben wurden. Das ist zugegebenermaßen nicht das, was man normalerweise bei kleinen Anfragen hat, aber ich wollte ja auch nicht die Polizei mit dieser Anfrage lahmlegen, sondern es ging mir tatsächlich darum, die Datengrundlage zu schaffen, damit dieses Parlament beurteilen kann, wie es mit Funkzellenabfragen im Saarland aussieht.
Übrigens war es dann kein besonders großer Aufwand für die Behörden, diese Daten im laufenden Betrieb aufzunehmen. Und diese Chance hätten wir auch, wenn wir es entsprechend im Gesetz verankern würden, weil man es dann eben nicht im Nachhinein betrachten muss und jemand noch mal alle Akten durchschauen muss, weil ein Abgeordneter das erfragt hat, sondern weil man von Anfang an eine Statistik führt und die dem Parlament zur Verfügung stellt. Die kann dann auch noch besser sein, was die Wirksamkeit angeht, ich hatte es in der Einbringungsrede schon kurz erwähnt. Dazu haben Sie offensichtlich nichts gesagt, denn die Wirksamkeit lässt sich natürlich nur beurteilen, wenn man so einen Fall von Anfang bis Ende verfolgt. Im Nachhinein ist das ein unglaublicher Arbeitsaufwand, aber während des laufenden Betriebs ist das gar kein Problem. Deshalb ist es auch so wichtig, dass das als Berichtspflicht im Gesetz steht. Deshalb brauchen wir diese Berichtspflicht!
Dann haben Sie ein bisschen hin und her laviert, ob es eine Funkzellenabfrage gibt oder nicht. Ich glaube, im Endeffekt stand dann doch die Aussage, dass es eine gibt, was sich auch mit der Antwort der Landesregierung deckt.
Und dann packen Sie wieder die alte, konservative Lachnummer aus von wegen: Wer die Behörden kontrollieren will, der ist gegen die Polizei, der verhöhnt die Opfer. Also das ist jetzt wirklich unterste Schublade! Müssen wir das hier wirklich immer wieder diskutieren?
Wir stehen genauso hinter der Polizei in diesem Land wie jede andere Fraktion auch. Wir haben immer wieder Verbesserungen für den Personalkörper der Polizei gefordert. Es gibt nur einen großen Unterschied: Wir haben nicht vergessen, dass es eine unglaublich große Errungenschaft ist, dass das Gewaltmonopol in diesem Staat bei der Polizei liegt, dass nicht jeder hier rumläuft und jedem eine runterhauen kann, wie er will, weil er das irgendwie toll fin
det oder so. Wir haben vielmehr gesagt, das Gewaltmonopol liegt beim Staat.
Aber mit dieser Ermächtigung des Staates geht natürlich auch eine große Verantwortung einher. Wir fordern nicht mehr ein, als dass wir jetzt in diesem speziellen Fall eine klare Statistik darüber erhalten, was das staatliche Handeln ist. Sie haben ja selbst festgestellt, welch gravierende Grundrechtseingriffe das sind. Da ist es wirklich nicht zu viel verlangt, darüber eine Statistik zu führen. Uns dann hinzustellen als Gegner der Ermittlungsbehörden und Freunde der Täter, das ist mir zu sehr unterste Schublade.
Noch ein Wort zum Opferschutz. Man kann halt auch Opfer staatlicher Willkür werden, das gab es sogar in der Bundesrepublik schon. Da würde ich mal den Ball ganz flach halten, Herr Kollege.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag legt den Finger schon in die richtige Wunde. Wir haben definitiv ein Problem in der Gründerszene im Saarland, das lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Allerdings macht die Debatte bisher ein bisschen den Eindruck, Beamte und Angestellte philosophieren über Unternehmensgründung. Ich fürchte, da liegt auch der Kern des Problems.
Ich kann wenig anfangen mit dem Antrag, so wie er formuliert ist. Er spiegelt nach meiner Auffassung weder eine Kommunikation mit der saarländischen Szene noch mit der Gründerszene im Allgemeinen wider. Es kann nicht darum gehen, für den Gründer das Risiko zu verringern, das ist gar nicht im Interesse des Unternehmensgründers. Es kann nur darum gehen, ihm zu ermöglichen, dieses Risiko immer wieder einzugehen, wenn er das denn möchte. Denn das ist eigentlich der Grundsatz des Unternehmers, dass er eben etwas unternimmt, dafür muss er eine Unternehmung gründen. Das ist immer auch ein Abenteuer.
Ich kann diesem Antrag so nicht zustimmen und ich möchte kurz erläutern, weshalb. Wie gesagt, bei der Analyse, den einleitenden Worten, kann man so weit noch mitgehen, aber die Forderungen als solche sind meiner Meinung nach nicht korrekt. Ich fange mit der ersten Forderung an: „bestehende Bera
tungsangebote für Gründerinnen und Gründer zu bündeln“. Das ist gar nicht so einfach, wie es zunächst mal klingt, denn kein Gründer ist wie der andere, und auch kein Bereich, in dem gegründet wird, ist wie der andere. Von daher gesehen ist es gar kein verkehrter Ansatz, hier mit hoch spezialisierten Gründungsberatern das Feld zu beackern. Entsprechend ist der Ansatz auch nicht falsch, das an der Uni und der HTW anders zu machen, als es beispielsweise die Arbeitskammer macht, und Ausgründungen aus bestehenden Unternehmen sind noch mal etwas anderes. Das sind unterschiedliche Dinge, man kann das nicht einfach zusammenfassen. Wer am Anfang seines Berufslebens steht und gründen möchte, braucht relativ wenig Finanzmittel für sich selbst, für denjenigen, der da schon weiter ist, ist es eine ganz andere Situation.
Dann gibt es die Forderung nach der „Förderung von Ideen und Dienstleistungen“. Das klingt gut, aber die Frage ist: Was soll denn das sein? Ideen und Dienstleistungen sind ja gerade die Bereiche, die im Zweifel einen niedrigen Kapitalbedarf haben. Wenn da das Defizit definiert ist und sich die Gründungsförderung in erster Linie auf eine Produktförderung mit hohem Kapitalbedarf beziehen würde, würde ich das noch verstehen, aber das sehe ich so im Saarland nicht. Wir haben eher das Problem, dass man da weniger Kapital bekommt.
Eine weitere Forderung lautet: „Gründungsförderung an Uni und HTW zu stärken und besser zu vernetzen“. Das ist auch so eine Null-Forderung. Klar, Vernetzung ist immer gut, aber an der Stelle ist doch die Frage, ob uns das wirklich weiterbringt. Das Problem ist ja, dass aus Uni und HTW zu wenig ausgegründet wird. Das sehe ich genauso. Aber da müsste das Ziel eher sein, sich den Wissenschaftsbereich noch mal anzuschauen und das auch als Ziel an den Hochschulen zu verankern. Die Forschenden und Lehrenden müssen als Ziel verankert haben, Ausgründungen zu fördern. Das wäre eine Forderung, der man an der Stelle zustimmen kann, die würde uns mit Sicherheit auch weiterbringen.
Der Punkt, der mich besonders gewundert hat, ist die Forderung nach einem „besseren Zugang zur freiwilligen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung“. Der Zugang zu diesen Versicherungen ist, glaube ich, gar nicht das Problem. Ich habe es auch vorhin schon gesagt: Der Unternehmensgründer geht ein Risiko ein, das ist prinzipiell auch nicht verkehrt. Das echte Problem, das dahintersteckt und das Menschen davon abhält, zu gründen, ist die Angst davor, in Hartz 4 zu fallen und dort nicht mehr rauszukommen. Das ist das echte Problem: Hartz 4, der ganze Gängel-Apparat, der da aufgebaut wurde, der nur dazu führt, dass die Leute ihre Innovationskraft und ihre Ideen verlieren und da nie mehr rauskommen! Aber dieses Problem lösen wir auch nicht
mit dem besseren Zugang zur Renten-, Krankenund Arbeitslosenversicherung, denn wer gründet, hat erstmal andere Gedanken, als sich darum zu kümmern. Hier würde ich sagen: Klar, bei einer besseren Absicherung bin ich immer dabei, man sollte aber das Hartz-4-System zurückfahren und stattdessen eine solidarische Sozialversicherung machen, wo jeder auch wieder die Möglichkeit hat, aus einer Notlage wieder herauszukommen. Das wäre mit Sicherheit etwas, was die Gründerkultur befördern würde.
Ansonsten ist es eine Binsenweisheit: Der Unternehmensgründer begibt sich auf einen Weg des Wagnisses. Entsprechend bin ich eher der Meinung und das war auch mein Eindruck in Gesprächen mit Gründern -, dass die eher das Problem haben, dass ihnen Strukturen im Wege stehen. Natürlich muss es eine Kapitalabsicherung geben, damit das funktioniert, einen Businessplan über die ersten Jahre, aber ansonsten sollen ihnen die bürokratischen Strukturen am besten aus dem Weg gehen und sie nicht gängeln.
Ich glaube, das Problem, das wir im Saarland viel eher haben, betrifft die Standortfaktoren: Für Startups braucht es Kapital, Innovationskraft und Risikofreude. Kapital ist definitiv ein Problem, gerade an privatem Wagniskapital bräuchten wir im Saarland mehr. Das ist aber nichts, was man politisch so einfach mal heranziehen kann. Innovationskraft und Risikofreude sind zwei Punkte, die man mit Sicherheit fördern kann und die wir auch fördern sollten. Das ist aber keine finanzielle Geschichte, sondern eher eine Frage von Bildung und Ausbildung.
Interessant wird jedoch das Thema Scale-up, das heißt, wenn aus dem Start-up wirklich ein Unternehmen wird, das viele Beschäftigte hat. Dann braucht man eine vitale Szene, die sich selbst bedingt. Schönes Beispiel dafür in Deutschland ist Berlin, aber auch Köln. Dort gibt es schon eine Szene mit vielen Start-ups. Wenn ich zum Scale-up werde, kann ich dann auf ein Reservoir von Leuten zurückgreifen, die sich auskennen. Da braucht es eine Szene und die verfügbaren Arbeitskräfte. Für uns ist die große Aufgabe, die jungen Leute im Land zu halten, dann sind die auch dafür verfügbar.
Hier klappt wenig. - Es ist auch eine Frage von Räumen und Verkehrsanbindungen; ich brauche den Raum. Es ist mit Sicherheit ein Versäumnis an der Universität, dass das Starterzentrum immer zu klein ist. Von neuem Gebäude zu neuem Gebäude bleibt es einfach zu klein, da muss man von Anfang an größer planen. Auch dazu finde ich in dem Antrag nichts.
Der letzte große Punkt ist Innovation. Es geht um Innovation, Innovation, Innovation! Wir brauchen eine Innovationskultur. Das muss ich vor allem der CDUFraktion mitgeben: Innovation entsteht in Freiräumen, die setzen nämlich kreative Fähigkeiten beim Menschen frei. Mal ganz ehrlich, da hilft Ihr Videokult auch nicht unbedingt, er macht nämlich Freiräume zu. Man muss sich klarmachen, das eine führt zum anderen. Wir brauchen Leute, die frei denken, und die brauchen wiederum eine entsprechende Umgebung. Man kann mit Sicherheit viel machen, aber all diese Sachen finde ich in diesem Antrag nicht, von daher können wir dem so leider nicht zustimmen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Jung! Ich bin mir nicht sicher, ob diese Debatte dazu beiträgt, die Diskussion um Nachhaltigkeit bei den Saarländerinnen und Saarländern lebendig zu halten. Ich habe eher das Gefühl, wir müssen uns momentan bei denen entschuldigen, die die Live-Übertragung schauen und nicht in der Lage sind, umzuschalten, denn so besonders prickelnd war die Debatte bisher nicht, und auch mit dem Thema Nachhaltigkeit hat sie sich doch nur sehr oberflächlich beschäftigt.
Was wir bisher hatten, war ja eher ein buntes Sammelsurium an Themen, eingebettet in eine FloskelLandschaft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viel Spaß gemacht hat, diese Regierungserklärung zu halten. Ich kann aber garantieren, dass es auch nicht sehr erquicklich war, ihr zuzuhören.
Ich glaube auch, es wird dem Stellenwert der Nachhaltigkeit nicht gerecht. Schauen wir uns doch einmal an, was Nachhaltigkeit heute für die Saarländerin und den Saarländer wirklich bedeutet. Man ist jetzt schon mal an dem Punkt, dass man so reflektiert ist, zu sagen: Okay, wir haben endliche Ressourcen, wir müssen kucken, wie wir zurechtkommen. Es ist nicht okay, dass die Umwelt verschmutzt wird. Es ist nicht okay, dass Gift in unsere Flüsse geleitet wird. Es ist nicht okay, dass die Luft verschmutzt wird. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir die natürlichen Ressourcen für nachfolgende Generationen erhalten können, aber auch schon für uns heute. Ich komme nachher zu anderen Ressourcen als die Umweltressourcen, die auf der Hand liegen.
Gehen wir davon aus, dass das schon in vielen Köpfen drin ist, und ich glaube, dass das durch die erfolgreiche Arbeit der letzten Jahrzehnte tatsächlich so ist. Trotzdem ist es doch für viele noch so, dass man auf der einen Seite die Bioäpfel im Supermarkt kauft, mit dem guten Gefühl, dass diese aus nachhaltiger Landwirtschaft kommen, vielleicht auch mit einem Biosiegel, das etwas mehr kann als der Standard des europäischen Siegels, dass man aber auf der anderen Seite nachschaut, was das Siegel kann. Und wo schaue ich nach? Natürlich auf meinem schönen Telefon.
Das ist auch total nachhaltig! Weil das Aluminium, das drinsteckt, irgendwelche Leute aus Afrika gemacht haben. Da sieht man aber auch das Problem nicht: Man sieht nicht, dass diejenigen, die die Seltenen Erden auf den Weltmarkt werfen, mit dem gleichen Geld, das wir ihnen bezahlen, irgendwo Kindersoldaten unterhalten.
Man sieht auch nicht, dass Kinder in China deshalb Lungenprobleme bekommen, weil wir unsere Geräte inzwischen dort unter miserabelsten Umweltstandards produzieren lassen. Das Problem der Nachhaltigkeit verdient also durchaus eine weitere und eine sehr intensive Beschäftigung.
Natürlich ist es richtig, dass wir eine saarländische Strategie dafür entwerfen. Man muss auch schauen, was wir vor unserer Haustür machen. Deshalb möchte ich insbesondere auf zwei große Punkte eingehen, die mir bisher an der Strategie fehlen. Das ist einmal der Punkt politische Nachhaltigkeit. Wie schaffen wir es, die Menschen bei der Stange zu halten? Wir erproben ja gerade, ich nenne es mal die digitale Demokratie, manche sagen postfaktische Demokratie. Wie auch immer, wir erleben im
Moment, wie digitale Kommunikationsinstrumente die Politiklandschaft verändern. Was wir aber noch nicht machen, wofür wir noch keine Strategie und noch nicht einmal eine Vereinbarung haben, um uns das mal anzuschauen, ist, wie wir die digitalen Elemente nutzbringend für unsere Demokratie verwenden können. Ich könnte mir vorstellen, dass in einer saarländischen Nachhaltigkeitsstrategie, die sich damit auseinandersetzt, das Thema Liquid Democracy eine ganz wichtige Rolle spielt, dass wir wirklich digitale Mittel nutzen, um den Menschen eine Stimme zu geben, im Sinne der direkten Demokratie, ohne dass wir es so machen, wie man es seit Jahrzehnten macht, dass am Schluss ein Referendum rauskommt, bei dem die Leute über irgendetwas abstimmen und eigentlich gar nicht wissen, worum es geht. Da müssen wir mit digitalen Mitteln dagegen arbeiten.
Wir brauchen eine Kultur des verantwortungsvollen Mitmachens. Das ist auch so ein Punkt, es ist nämlich immer wohlfeil über direkte Demokratie zu sprechen, aber es ist auch eine Frage des verantwortungsvollen Mitmachens. Auch hier könnten die digitalen Mittel eine Möglichkeit schaffen, da sollten wir eine wichtige Marke im Saarland setzen.
Ich möchte an der Stelle auf Ihre Rede eingehen beziehungsweise auf die Findung der Nachhaltigkeitsstrategie. Wenn Sie sagen, dass nach einer vierwöchigen Online-Umfrage 232 Rückmeldungen gekommen sind, dann ist es natürlich schon mal gut, dass man im Saarland 232 Rückmeldungen hat, gar keine Frage. Was sind aber schon 230 Rückmeldungen zu einem so wichtigen Thema nach vier Wochen? Das mag immer noch besser sein als der Bund, zeigt mir aber, dass wir an der Stelle noch ein großes Problem und einen großen Bedarf haben, nachzuarbeiten. Das sollte deshalb zentraler Bestandteil einer echten Nachhaltigkeitsstrategie sein.
Wenn wir gerade dabei sind, wo ist denn der Punkt „radikale Digitalisierung“? Wir kommen an dem Thema nicht vorbei, die Digitalisierung beginnt gefühlt schon, uns zu überrollen. Wenn man mit den Leuten spricht, dann merkt man, dass wirklich Angst umgeht. Wir müssen uns natürlich vorne hinstellen, aufhalten lässt es sich sowieso nicht. Wie macht man also eine nachhaltige Digitalisierung, wie kann man eine radikale Digitalisierung vorantreiben? Es ärgert mich zum Beispiel ohne Ende, dass ich immer noch mit zwei Säuglingen aufs Amt gehen muss, um Kinderausweise zu beantragen. Das ist ja wohl der Wahnsinn. Wir sehen also, es ist noch ganz viel zu tun. Warum steht in dieser Strategie nicht, dass unser Ziel darin besteht - auch wenn es schwierig zu
erreichen ist -, dass ein Tablet für jeden Saarländer als Schnittstelle reicht, um die Bürgerdienste zu bedienen. Ich kann Ihnen versichern, es gibt auch saarländische Firmen, die es hinkriegen, eine Benutzeroberfläche so zu stricken, dass jeder damit umgehen kann. Damit gäbe es weniger Reibungsverluste, als wenn man vor dem Schreibtisch des Sachbearbeiters steht. Radikale Digitalisierung muss einfach Punkt einer Nachhaltigkeitsstrategie sein.
Lassen Sie mich noch kurz einige Themen einordnen anhand der von Ihnen genannten Aufgabenfelder. Da wurde der Punkt Flucht und Migration genannt, ein Thema, das uns natürlich nach wie vor alle bewegt. Ich frage mich aber auch, wo bleibt denn die Strategie für eine aufnehmende Gesellschaft? Wir sind schon viel weiter, der eine oder andere mag noch davon träumen, das Land oder den Kontinent abschotten zu können, oder was auch immer, aber machen wir mal die Augen auf, Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland! Es ist nur bei den Menschen noch nicht richtig angekommen. Sehr viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger stammen aus der ganzen Welt. Ich halte das für eine sehr gute Entwicklung, weil es uns voranbringt, weil es uns kulturell und soziologisch befruchtet.
Wo ist aber die Strategie, wie ich eine aufnehmende Gesellschaft hinbekomme? Da wollen wir nämlich hin. Da ist einmal der Punkt Flüchtlinge, bei dem man zumindest perspektivisch vermuten kann, dass ein Teil wieder aus freien Stücken in die Heimat zurück möchte, aus der er ursprünglich gekommen ist, wenn sich die Situation dort verbessert, was in vielen Krisengebieten nicht absehbar ist. Es wird aber auch so sein, dass zumindest die heranwachsende Generation ihre Heimat eben hier finden wird, und auch sie braucht eine Perspektive in einer solchen aufnehmenden Gesellschaft. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der über das hinausgeht, was ich bisher in dieser Nachhaltigkeitsstrategie sehe.
Dann haben Sie die Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie angesprochen, auch das haben Sie kurz angerissen. Entschuldigen Sie, wenn ich zwischen den Themen hin und her springe, aber es ist bei diesem Sammelsurium schwierig, den roten Faden zu finden.
Wie dem auch sei, Sie haben gesagt, die Nachhaltigkeitsstrategie ist konsensorientiert entstanden. Vielleicht ist es aber auch eher Teil des Problems als Teil der Lösung, denn ich glaube, in einigen Punkten muss man mit einer solchen Strategie einfach weiter sein als alle, die diese Strategie vertreten müssen. Was mir dabei eklatant auffällt, ist das
nach wie vor fehlende Klimaschutzgesetz im Saarland.
Ich frage mich natürlich, das fragt sich auch der Bürger auf der Straße: Warum gibt es kein Klimaschutzgesetz, wenn das Klima doch so wichtig und so ein zentraler Bestandteil der Nachhaltigkeit ist?
Welche Konsensorientierung hat denn dazu geführt, dass da keine entsprechende Gesetzgebung erfolgt? Lieber Kollege Jung, wenn Sie sagen, dass Sie den Kapitalismus zähmen wollen, dann wäre das vielleicht auch eine Stelle, an der man mal mit der Peitsche hineinhauen könnte. Aber Sie sagen dann natürlich, warum das nicht geht, und bemühen wieder die Mähr von der Deindustrialisierung. Das ist auch immer etwas, das man schön anführt: Eigentlich wollen wir keine Veränderung, weil es die bestehende Industrie gefährden könnte. Wissen Sie, woran mich das immer erinnert? Es erinnert mich ein bisschen an den Politiker aus dem 19. Jahrhundert, der sagt: Nein, wir können jetzt keine Stromtrassen bauen, keine Kraftwerke, weil das schlecht für unsere Dampfmaschinen-Industrie ist.
Man muss immer weiterdenken, gerade bei einer Strategie, die auf Jahrzehnte ausgerichtet ist. Da kann man keine Politik für die nächsten zweieinhalb Jahre machen.
Aber sehr gerne.
Abg. Dr. Jung (SPD) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Hilberer, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es eben nicht darum geht, dass alles so bleibt wie es ist, sondern dass zum Beispiel die saarländische Stahlindustrie in den letzten Jahren Hunderte von Millionen investiert hat, um den CO2-Ausstoß abzusenken, dass dort viel passiert ist? Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?
Ich bin bereit, viel zur Kenntnis zu nehmen, ich bin auch durchaus darüber erfreut, dass die Industrie von sich aus zum Klimaschutz hinarbeitet, vermutlich nicht ganz ohne den Druck der Rahmenbedingungen. Wenn man das ordentlich macht, ist das ja auch ein Wettbewerbsvorteil, das ist gar keine Frage. Das erklärt für mich jetzt aber nicht, warum man
von Regierungsseite kein Klimaschutzgesetz hinzufügen kann. Dabei muss es nicht nur um die Stahlindustrie gehen, Herr Kollege.
Dann komme ich zum Punkt der finanziellen Nachhaltigkeit. Das ist ein schönes Thema, im Saarland immer sehr gerne bemüht, die Konsolidierung des saarländischen Landeshaushaltes. An der Stelle nur noch einmal eine kleine Anmerkung. Auf Verschleiß fahren ist eben keine Konsolidierung des Haushalts. Ich weiß, Sie sind hier vor fünf Jahren gestartet unter anderem mit dem Punkt, die Einnahmeseite zu erhöhen. Das ist grandios gescheitert. Wir gehen jetzt nicht auf den Länderfinanzausgleich ein. Da können wir bei anderer Gelegenheit noch einmal darüber reden. Dann machen wir eine eigene Regierungserklärung.
Es gibt keine neuen Einnahmequellen aus Steuermitteln. Von daher gesehen ist es weiterhin auf Verschleiß fahren. Wenn Sie dann sagen, unter besonderer Berücksichtigung dessen, was man den Menschen zumuten kann, muss man festhalten, da sind wir an manchen Stellen jetzt schon zu weit.
Lassen Sie mich noch kurz auf das Thema Tierschutz eingehen, weil Sie das auch noch einmal explizit herausgegriffen haben. Tatsächlich war auch mein Eindruck, dass da in den letzten Jahren einiges im Land passiert ist. Sie sprechen von einer enormen Aufwertung des Tierschutzes in der politischen Sphäre und damit auch im Land. Da möchte ich nur noch hinzufügen, dass nachher die Möglichkeit besteht, dieses Thema auch noch damit zu unterstützen, dass man unserem Antrag zur Einrichtung einer Tierschutzinspektorin beziehungsweise eines Tierschutzinspektors zustimmt. Ich glaube, das wäre eine schöne flankierende Maßnahme für die Nachhaltigkeit im Bereich Tierschutz in diesem Land.
Ich komme zum nächsten Thema, der Mobilität. Sie sprachen von einem modernen ÖPNV-Gesetz, das nutzerfreundliche Angebote schafft, die die Attraktivität des ÖPNV steigern. Die Chance haben wir ja leider verpasst. Wir hätten ja durchaus die Möglichkeit gehabt, im Gesetzgebungsverfahren ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, aber stattdessen waren es nur kleine Trippelschritte nach vorne und eben nicht der große Wurf, den wir wirklich brauchen, um den ÖPNV im Land zur konkurrenzfähigen Mobilitätsalternative zu machen. Der Zug ist abgefahren.
Mein Fazit zur Nachhaltigkeitsstrategie beziehungsweise der Vorstellung der Strategie heute hier in der Sitzung: Man hat einmal über die Nachhaltigkeit gesprochen. Es ist mit Sicherheit auch nicht schlecht, darüber immer wieder zu sprechen. Irgendwas bleibt ja immer hängen. Aber eine richtige Strategie ist es an der Stelle noch nicht. Vor allem sind wir von einer Verwurzelung der Nachhaltigkeit im Denken, die wir brauchen, und zwar in allen Bereichen, noch weit entfernt, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Inhaltlich besteht ja kein Dissens in der Sache. Ich kann mich den Ausführungen der Kollegin Berg zum Opferschutz vollumfänglich anschließen. Worum es uns geht und weshalb wir unseren Abänderungsantrag hier noch einmal eingebracht haben, das ist eher die Frage, wie man das an der einen oder anderen Stelle im Land umsetzen kann. Es ist evident wichtig, dass der Abänderungsantrag des Ausschusses angenommen wird, weil er den Kreis schon einmal auf Opferschutzorganisationen erweitert, die nicht im Saarland ansässig sein müssen. Das war auch für uns ein wichtiger Punkt, den wir in unserem Abänderungsantrag natürlich auch aufgenommen haben. Wir gehen aber noch einen Schritt weiter und ich möchte kurz erläutern, warum wir das tun. Wir möchten gar keine Bindung an eine Organisation als notwendig im Gesetz festschreiben, weil wir darin einfach eine größere Freiheit für das Opfer bei der Wahl der Prozessbegleitung sehen.
Nun ist das natürlich eine Abwägungsfrage. Ist da noch die Qualität sichergestellt? Was ist in Vertretungsfragen? Um dieser Sache entgegenzukommen, sagen wir, dass man im Gegenzug zur Qualitätssicherung noch ein paar Extrapunkte ins Gesetz reinschreiben muss. Das wäre für uns eben die Fortbildungspflicht, die wir als Konkretisierung zum bundesgesetzlichen Fortbildungsgebot ins Landesgesetz aufnehmen wollen. Das ist weiter die Supervisionspflicht, die einmal natürlich auch zur Qualitätssicherung, aber auch zur Eigenvorsorge des Prozessbegleiters, der Prozessbegleiterin dienen soll und dafür sorgt, dass der Prozessbegleiter, die Prozessbegleiterin in ein Netzwerk eingebunden ist, denn wie sollte eine Supervision anders überhaupt möglich sein?
Zusätzlich ist es uns wichtig, die Verschwiegenheitsverpflichtung noch einmal aufzunehmen, gerade aufgrund der sehr sensiblen Bereiche, die durch eine psychosoziale Prozessbegleitung berührt werden. Vor diesem Hintergrund möchte ich noch einmal dafür werben, unseren Abänderungsantrag anzunehmen, aber ich mache keinen Hehl daraus, ich kann auch mit der Regelung leben, die mehrheitlich im Ausschuss angenommen wurde, entsprechend werden wir uns auch bei der Abstimmung verhalten, wir werden auch dem zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Ich weiß ja nicht, wer Ihren Antrag formuliert hat, das wäre vielleicht auch mal ganz interessant zu wissen. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Ich mache diesen Neusprech hier nicht mit: „Infrastrukturabgabe“! Es geht um die Ausländermaut! Die Maut für die Ausländer, die unsere schönen Autobahnen benutzen. Das ist doch des Pudels Kern! Damit hat man doch im schönen Bayern einen hässlichen Wahlkampf veranstaltet, und darunter haben wir jetzt alle zu leiden. Hier mit einem Neusprech zu kommen und von einer „Infrastrukturabgabe“ zu sprechen - gut, wenn man Pressesprecher des Bundesverkehrsministers ist, dann muss man das vermutlich machen. Aber wir als Parlament sollten uns so etwas nicht zu eigen machen. Es geht hier um die Ausländermaut.
Ich komme noch dazu, Herr Kollege. - Und dann noch diese Forderung in Ihrem Antrag: „Keine Infrastrukturabgaben ohne Ausnahmen für Grenzregionen, sonst äußern wir unseren Unmut in einer Protokollnotiz.“ Oho! Das Saarland schreibt in eine Protokollnotiz, dass wir das nicht gut finden! Ich sehe jetzt schon, wie die Bayern die Teppiche einrollen und gehen und sagen: „Ja dann war es vielleicht doch eine schlechte Idee!“ Das ist doch keine echte Forderung, meine Damen und Herren!
Das hat Bayern Deutschland ja schon öfter angetan: Ein Bundesland kommt mal wieder mit so einer Schnapsidee um die Ecke, und der Schwanz wedelt mit dem Hund, also mit 15 Bundesländern und der Bundesregierung - das kann ja wohl nicht sein! Ich habe es ja schon mal gesagt: Das Weltbild, das dahinter steht, ist: „Der Ausländer benutzt unsere Autobahnen, dann soll er auch dafür bezahlen.“ Die Autobahnen sind ja in Deutschland ein sehr emotionales Thema.
Meine Damen und Herren, in der heutigen Situation kommt man mit so einer Argumentation um die Ecke! Lieber Kollege, wenn Sie nach Österreich oder nach Frankreich fahren, bezahlen Sie natürlich auch Mautgebühr.
Ja. Und wer bezahlt da? Jeder Österreicher und jeder Franzose. Der Unterschied zu Deutschland ist ja, dass man durch die Hintertür versucht, mit ir
gendwelchen Tricks und Winkelzügen es so hinzubekommen, dass die Deutschen nicht mehr bezahlen müssen, aber die Ausländer mehr bezahlen sollen. Aber das ist der Tod der europäischen Idee!
Da kann man sich natürlich hinstellen und sagen: „Naja, wir müssen woanders ja auch bezahlen.“ Aber der gravierende Unterschied ist eben: Unser System der Finanzierung der Autobahnen beruht nicht auf Mautabgaben. Und jetzt hat man sich was überlegt, um das dann so zu machen, dass der Ausländer auch bezahlt, weil wir ja dort auch bezahlen müssen. Das ist keine Art der Partnerschaft, und das untergräbt gerade für uns als Grenzregion völlig die Basis unserer Zusammenarbeit, unseres Zusammenlebens hier, denn für jeden, der das in unseren Nachbarländern ordentlich liest, ist ganz klar, worum es geht. Es geht nicht darum, die deutsche Autobahnfinanzierung auf neue Füße zu stellen, es geht nicht darum, für Deutsche und andere Europäer die gleichen Rahmenbedingungen zu schaffen, sondern es geht darum, die Nachbarn abzukassieren. Und das darf einfach nicht sein!
Vor diesem Hintergrund kann ich dem Antrag der Koalitionsfraktionen auch nicht zustimmen. Selbst in den beiden anderen Anträgen ist es mir fast ein bisschen zu harmlos formuliert: „Ja wenn das nicht funktioniert, dass wir gar keine Ausländermaut bekommen, dann möchten wir aber wenigstens Ausnahmen für Grenzregionen.“ Auch das ist mir zu wenig. Mir ist es nämlich als Europäer egal, wie weit unser lieber Nachbar in unser Land reinfährt, es müssen gleiche Bedingungen für alle herrschen, egal aus welchem EU-Land die Leute kommen. So sieht es nämlich aus.
Deshalb werde ich Ihren Antrag hier ablehnen. Ich kann nur dafür werben, dass Sie es mir gleichtun. Wählen Sie von mir aus einen der Anträge der Oppositionsfraktionen, die hier eingegangen sind. Ich finde, man kann beiden zustimmen, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass noch ein bisschen deutlicher rauskommt, um was es hier wirklich geht. Es geht nämlich um einen Angriff auf die europäische Idee aus billigen wahltaktischen Gründen von einer Wahl, die schon lange vorbei ist. Es hat keine positiven Auswirkungen. Es geht nicht darum, die Infrastrukturfinanzierung in unserem Land auf gesündere Füße zu stellen, sondern es ist einfach nur eine riesige Luftnummer, die uns bei unseren Freunden im Ausland diskreditiert, die die europäische Idee diskreditiert
und die von daher abgelehnt gehört. Das ist das Einzige, was man damit machen kann: Das Zeug zerreißen und in die Tonne werfen. Das ist die einzige Antwort, die man aus einer Grenzregion wie der unseren auf so eine Idee aus Bayern geben kann. Aus dem Herzen Europas muss es einfach heißen: Nee, das ist eine Scheiß-Idee, das wollen wir nicht!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die GRÜNEN haben hier in der Debatte ein paar interessante Punkte angesprochen, mit denen sich die Redner auch noch einmal auseinandergesetzt haben, nämlich die Frage, wie es mit der Konkurrenz aussieht zwischen Innenstadt, Globus etc. Dabei zeigt sich auch, dass es eher stadtplanerische Fragen sind, Fragen der Umsetzung. So, wie das Verfahren im Moment abläuft man schaut zuerst, ob das überhaupt geht mit der Ausgliederung aus der LIK.Nord, anschließend muss man in ein geordnetes Planungsverfahren eintreten -, sehe ich eigentlich nicht den Punkt, wo da von Landesseite aus etwas zu stoppen wäre.
Speziell zum Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion: Ich finde es weit über das Ziel hinaus geschossen, wenn man sagt, die LIK.Nord solle auf jeden Fall in der Form und Konzeption erhalten bleiben, wie sie einmal beschlossen wurde. Ich glaube, das ist nicht realistisch. Man schaue sich die Situation einmal an: In welcher Zeit und aus welcher Situation heraus wurde das ganze Projekt denn gestartet und welche Funktion soll es in dem Raum erfüllen? Gehen wir einmal davon aus, dass da plötzlich eine riesige Industriebrache war und dass man sich überlegen musste, was man mit dem Raum sinnvollerweise macht. In Zukunft müssen aber vielleicht andere Antworten gegeben wer
den als in der Vergangenheit. Vor diesem Hintergrund können wir den Forderungen so, wie Sie sie im Antrag formulieren, nicht zustimmen.
Es wurde schon von meinen Vorrednern aufgegriffen. Wenn man die Leute in Neunkirchen fragt, so sagen sie: Ja, wir möchten dieses Einkaufszentrum. Das ist doch verständlich, denn momentan gibt es diese Konsumenten-Pilgerströme, die gerade am Wochenende in die beiden genannten Städte fahren. Als geplagter Anwohner einer solchen Straße, die zum Globus führt, kann ich Ihnen sagen, dass das kein Zuckerschlecken ist. Kollege Scharf, es ist wirklich nicht sehr schön, samstagmittags in der Jakob-Stoll-Straße zu wohnen, wenn alle Leute aus Neunkirchen Richtung Globus fahren.
Ja, das ist richtig. Alles, was nördlich der Blies wohnt, fährt nach Einöd. Das habe ich früher auch so gemacht, als ich noch dort wohnte. Wie dem auch sei, es ist prinzipiell nicht sinnvoll. Vor dem Hintergrund gilt es abzuwägen, ob man damit sowohl der Neunkircher Innenstadt schadet als auch den Umlandgemeinden, weil dieser Standort am Autobahnzubringer auch der Weg ist, den viele auf dem Weg zur Arbeit nehmen. Gibt es dann einen Kaufkraftverlust in den Umlandgemeinden? - Das gilt es abzuwägen, es gilt aber nicht, das von dieser Stelle zu tun. Deshalb bleiben wir dabei: Wir können dem Antrag heute so nicht zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kollegin Meyer, ein Kernthema von B 90/GRÜNEN ist der Nichtraucherschutz? Ich trage zwar Turnschuhe, aber ich bin nicht Joschka Fischer. Ich sehe darin ein durchaus liberales Grundthema, liberal im Sinne von „für die Freiheit“, in dem Fall für die Rauchfreiheit, denn es ist durchaus ein Grundrecht, meine gesundheitliche Unversehrtheit dadurch zu erhalten, dass ich rauchfrei sein kann. Deshalb setze ich mich gerne für den Nichtraucherschutz ein.
Sie sprechen von einem erfreulich friedlichen Zustand. Das ist zwar ein Bonmot, aber es ist leider nicht wahr, denn gerade das Verwaltungsgericht, von dem Sie gesprochen haben, hat ja nur beurteilt, wie die Lage heute ist. Es ist eben nicht mehr 2010; das Rad der Zeit hat sich weiter gedreht. Heute hat der Nichtraucherschutz eine ganz andere Stellung in der Gesellschaft. Immer weniger Menschen rauchen und profitieren vom Nichtraucherschutz. Entsprechend ist die gesellschaftliche Akzeptanz stark angestiegen. Selbst die Lungenkrebserkrankungen gehen zurück. Ich glaube, das alles sind gute Nachrichten. Dafür muss man applaudieren.
Vor diesem Hintergrund kann man diesen Gesetzentwurf nur in eine Schublade einordnen. Das ist schlicht und ergreifend eine Gefälligkeitspolitik gegenüber den saarländischen staatlichen Spielbanken. Die Anhörung hat ganz klar gezeigt, dass sich einzig die Spielbanken positiv zu dieser avisierten Änderung geäußert haben. Immer wieder wird das Argument herangezogen, dass sich die baulichen Investitionen in den Spielbanken rechnen müssen. Das galt nie für die normale Gastronomie. Dieses Argument galt nie für andere, aber es soll jetzt für die Spielbanken gelten.
Um keine Konkurrenz im Unrecht zuzulassen, haben wir in unseren Änderungsantrag aufgenommen, dass das Gleiche auch für private Spielhallen gelten muss: Nichtraucherschutz für alle Spielerinnen und Spieler im Saarland.
Die Anhörung hat ganz klar zu Tage gefördert, obwohl es ohnehin eine wissenschaftliche Tatsache ist: Es gibt keinen wirksamen Nichtraucherschutz durch getrennte Raucherräume. Der technische Aufwand, um das halbwegs hinzubekommen, ist so unglaublich hoch, dass ihn niemand betreibt. In der Art, wie es heute gemacht wird, ist kein wirksamer Nichtraucherschutz möglich, wenn ich abgetrennte Raucherräume habe. Ich muss den gesamten öffentlichen Raum rauchfrei halten.
Ja, wir bekennen uns zum Grundsatz: Geraucht werden darf, wo niemand anderes gesundheitlich gefährdet wird. Das ist eigentlich eine ganz einfache Regel. Die muss eben auch bei saarländischen Spielbanken gelten. Es gilt auch: Gleiches Recht für alle. Kein Sonderrecht für die staatlichen Spielbanken im Saarland, kein Sonderrecht für die Spielhallen und keine schlechtere Behandlung von Spielerinnen und Spielern gegenüber anderen Besuchern der Gastronomie und natürlich auch den Angestellten in den Etablissements.
Mich hat gewundert, was Sie gesagt haben. Es ist ein bisschen wohlfeil, wenn Sie sagen, wir sind für die Legalisierung von Cannabis. Entsprechend müssten wir ja auch dafür sein, dass überall geraucht wird. Natürlich soll auch Cannabis nicht in Spielbanken konsumiert werden, sondern im öffentlichen Raum oder im privaten Raum, jedenfalls dort, wo keine anderen Menschen davon beeinträchtigt werden.
Sie sagen, das Rauchverbot in Spielbanken würde die Spielerinnen und Spieler zu illegalen Angeboten locken. Das ist genau unsere Argumentation, die Sie
uns bei den Drogen immer versagen! Sie sagen, es sind illegale Angebote. Warum soll es denn hier so sein? Dazu könnten Sie sich noch äußern. Warum ist das bei den Spielbanken ein für Sie wichtiger bedenkenswerter Faktor und warum bei der Drogenpolitik nicht?
Sie versuchen, die Tatsachen zu vernebeln und es so darzustellen, als würden wir ein Thema aufbauschen, das gar keines wäre. Doch, Nichtraucherschutz ist ein Thema. Deshalb ist es selbstverständlich auch ein Thema, über das wir hier sprechen müssen. Wenn wir - wie jetzt in diesem Fall - angestoßen durch Verwaltungsgerichtsurteile feststellen, dass gesetzlich etwas im Argen liegt, dann müssen wir uns dafür einsetzen, dass die Gesetzeslage klar gestellt wird. Für uns kann das nur heißen: ein umfassender Nichtraucherschutz auch in Spielbanken und Spielhallen. - Vielen Dank.
Vielen lieben Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist für mich eine Freude, heute erneut das Thema öffentlicher Personennahverkehr hier in der großen Plenarrunde anzusprechen. Kollege Eugen Roth, Sie haben vorhin so schön gesagt: So weit waren wir seit Jahrzehnten nicht mehr. Da haben Sie leider recht, denn wir kommen aus 20 Jahren Stillstand auf diesem ganzen Gebiet, wir sind tatsächlich seit Jahrzehnten nicht mehr so weit gewesen wie heute. Klare Zuständigkeiten, attraktives Angebot, fairer Preis. Das wären die Zutaten für einen erfolgreichen ÖPNV in diesem Land. Ich muss leider sagen, der Entwurf, den die Landesregierung vorgelegt hat, kann an diesen zentralen Stellen nicht liefern. Nach 20 Jahren Stillstand, und es waren eben 20 Jahre Stillstand, ist diese Reform einfach unzureichend. Besser ist da natürlich unser Abänderungsantrag.
Herrn Kollegen Strobel ist vorhin auch aufgefallen, der Schelm hat es gemerkt, dass wir wieder einen umlagefinanzierten ÖPNV in dem Antrag versteckt haben. Das kommt natürlich nicht von ungefähr, es sind die Forderungen, die wir bereits in unserem Gesetzentwurf von 2013 hier ins Plenum eingebracht haben und die leider keinen Niederschlag im jetzigen Entwurf der Regierung gefunden haben. Das lässt sich aber natürlich durch die Annahme unseres Abänderungsantrags noch problemlos heilen.
Ein ÖPNV, der umlagefinanziert ist, der aus einer Hand gemanagt wird, das ist wahre Kundenorientierung. Da geht es uns nicht mehr um die Kunden, die heute schon mit dem ÖPNV fahren müssen. Das müssen wir leider sagen, weil viele Menschen bei uns im Land nicht deshalb mit dem ÖPNV fahren, weil sie ihn so toll finden und er so attraktiv ist, sondern weil sie fahren müssen und leider keine Alternative haben. Wir denken also nicht nur an die, die heute schon fahren müssen, sondern wir denken vor allem an die, die in Zukunft fahren wollen, weil dann
dieser ÖPNV in der Umlagefinanzierung für alle fahrscheinlos so attraktiv ausgebaut werden kann und mit einer zentralen Zuständigkeit für die Planung so toll wird, dass jeder damit fahren will.
Auch nicht zu vergessen an der Stelle: Es wäre endlich die lange fällige Entlastung für Familien. In unserem Umlagefinanzierungsentwurf ist es schlicht und ergreifend so, dass man unter 18 Jahren überhaupt keine Umlagefinanzierung bezahlen muss. Dann, lieber Kollege, ist es tatsächlich ÖPNV für lau, für alle Kinder, dann ist es eine klare Entlastung der Familien. Das ist der Ausstieg aus der Abzocke durch die Schülerverkehre, die heute leider zum großen Teil den ÖPNV finanzieren.
Kollege Roth, Sie haben eben das schöne Beispiel der wandernden Wabe erwähnt. Das ist nur ein Herumdoktern an sehr schlechten Symptomen der Tarifstruktur. Es macht die Sache nicht einfacher. Wir wollen, dass derjenige, der in unserem Land von A nach B will, einfach in Bus und Zug „reinfallen“ und „rausfallen“ kann, wo er will. Er muss sich überhaupt keine Gedanken machen über wandernde Waben, ob er noch eine Haltestelle weiterfährt, ob er mehr bezahlen muss oder nicht. Nein, er hat schon bezahlt, er kann rein, er muss keinen Fahrschein zeigen. Das ist ein zukunftsfähiges Konzept, deshalb brauchen wir es umlagefinanziert, deshalb brauchen wir es fahrscheinlos.
Wir brauchen den politischen Willen zu sagen, der ÖPNV in unserem Land muss eine vollwertige Alternative zum eigenen Auto sein. Das muss das Ziel sein, so muss es definiert sein. Bisher fehlt es an diesem Willen. Deshalb muss ich leider sagen, auch wenn dieser Entwurf in vielen Detailpunkten heute eine Verbesserung bringt, ist er doch ein uninspirierter Entwurf. Wenn man sich das große Ziel setzt, wenigstens mit dem Individualverkehr in diesem Land gleichziehen zu wollen, ist es zu wenig.
Erlauben Sie mir noch einen Hinweis. Wir hatten die Verzögerungstaktik Regionalisierungsmittel. Was mich nach wie vor wundert, ich finde in diesem Entwurf keinen belastbaren Hinweis darauf, warum wir auf die Einigung der Regionalisierungsmittel haben warten müssen. Aber ich bin mir sicher, die Verkehrsministerin wird nachher dazu noch ein Wort sagen. Im Moment erschließt es sich mir nicht, was der Grund war, dass wir auf diesen Entwurf so lange warten mussten. Es erscheint mir als Verzögerungstaktik.
Wenn wir gerade beim Thema Verzögerungen sind: Die Zeit arbeitet natürlich für unseren Vorschlag der Umlagefinanzierung. Da bin ich mir absolut sicher. Es bedarf künftig neuer Finanzierungsmodelle, wenn die Tarife nicht ständig erhöht werden sollen. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass auch die Landräte Lauer und Recktenwald das Thema Umlagefinanzierung von sich aus noch einmal explizit angesprochen haben und gesagt haben, das wäre durchaus eine Möglichkeit, da weiterzukommen, auch aus dieser Abhängigkeit von der Finanzierung über die Schülerverkehre herauszukommen.
Der Ausstieg aus dem Schülerverkehr zur Finanzierung - ich bleibe dabei - ist dringend geboten und die Umlagefinanzierung ist schlicht und ergreifend eine Möglichkeit, bei geringer Belastung all derjenigen, die den ÖPNV nutzen können und dann hoffentlich auch nutzen wollen, eine gute Finanzausstattung zu erreichen, die für ein attraktives Angebot genutzt werden kann.
Das Gegenteil ist heute der Fall. Wenn wir die Schüler in überfüllte Busse quetschen und ihnen damit von Beginn an einen schlechten ÖPNV vorleben, wenn wir dann im weiteren Verlauf durch ständige Tariferhöhungen - die kommen ja jährlich wie Weihnachten - die Leute weiter verprellen, dann haben wir ein echtes Akzeptanzproblem. Das fördert den Unwillen, diesen ÖPNV zu nutzen. Das ist genau die falsche Richtung. Davon müssen wir weg.
Ich sagte es schon, die Zeit arbeitet für unser Modell. Es ist ein Modell, das republikweit immer mehr Aufmerksamkeit findet. Allerdings verspielen wir natürlich wieder Zeit, wenn wir das heute nicht beschließen. Deshalb kann ich nur dafür werben, diese Zeit zu investieren und bereits heute die gesetzliche Grundlage zu legen, um eine Umlagefinanzierung später einführen zu können. Deshalb werbe ich noch einmal für unseren Abänderungsantrag. Der Abänderungsantrag des Ausschusses - ich habe es schon gesagt - bringt graduelle Verbesserungen. Natürlich werden wir deshalb auch diesem zustimmen.
Dem Abänderungsantrag der LINKEN können wir auch zustimmen. Er ist stark inspiriert durch die Arbeit der Arbeitskammer, die wirklich in diesem Land sehr kompetent auch die Interessen der Nutzer des ÖPNV vertritt.
Kollege Roth hat so schön gesagt, „gut zur Arbeit“ muss natürlich auch hier die Richtschnur sein. Gerade im Abänderungsantrag der LINKEN sind entsprechende Punkte auch drin. Auch ganz wichtig: Gute
Arbeit muss natürlich auch für die gelten, die uns gut zur Arbeit bringen. Busfahrer war früher einmal ein attraktiver Beruf. Das soll er bitte auch wieder werden.
Dem Gesetz werden wir uns natürlich nicht verwehren, denn wir sind durchaus bereit, die - wenn auch unserer Meinung nach zu kleinen - positiven Entwicklungen trotzdem zu unterstützen. Wir können uns an der Stelle aber nicht ganz zur Zustimmung durchringen. Sie müssen das verstehen. Es wäre natürlich anders, wenn Sie unserem Abänderungsantrag zustimmen würden.
Aber so werden wir uns enthalten. Wir stehen damit zumindest den kleinen Verbesserungen nicht im Wege. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.- Ich glaube, mein Beitrag passt dramaturgisch aber auch ganz gut ans Ende der Debatte, daher bin ich gar nicht so unerfreut darüber.
Was stand am Anfang der Debatte? Hintergrund der Einbringung dieses Gesetzes, das Präludium sozusagen, ist ja der Plan der Gemeinde Wadgassen, der groß verkündet wurde und besagt hat, man hätte eine Möglichkeit gefunden, den Müll besser zu verwerten als in der thermischen Verwertung, die der EVS durchführt. Angesichts dessen war unsere Befürchtung, von mir auch in meiner Rede anlässlich der Ersten Lesung hier so formuliert, dass man mit diesem Gesetzentwurf dem Wettbewerb der Ideen um die beste Verwertung des Mülls einen Riegel vorschieben könnte. Das hat sich - diese Feststellung ist wenig überraschend für diejenigen unter Ihnen, die auch bei der Anhörung im Ausschuss zugegen waren - in der Anhörung nicht erhärtet. Ich hatte schon in meiner Einbringungsrede zweifelnd geäußert, dass ich es mir nur schwer vorstellen kann, dass nun ausgerechnet die Gemeinde Wadgassen eine Möglichkeit gefunden hätte, das wirtschaftlich zu machen, eine Möglichkeit, auf die andere noch nicht gestoßen seien. Tatsächlich hat sich das aber ja auch nicht erhärtet.
Es wurde hier ja schon ausgeführt, dass es bei dem von Wadgassen aufgegriffenen Modell letztlich nur darum geht, dass jemand anderes die thermische Verwertung durchführt. Nun aber den Müll auch noch durch halb Europa zu schicken, damit er andernorts verbrannt werden kann, das kann ökologisch nicht das Ziel sein.
In der Anhörung wurde intensiv darauf abgestellt, ob denn nun die Abfallhierarchie eingehalten ist. Das ist aber nicht Teil dieses Gesetzentwurfes, das wird nicht in diesem Gesetz geregelt, sondern ist eine das Abfallwirtschaftsgesetz betreffende Fragestellung. Gleichwohl möchte ich auch dazu ein Wort sagen: Ich bin durchaus überzeugt von der Lösung, den Bürger bei der Vorsortierung in die Pflicht zu nehmen. Wir sprechen ja vom „Restmüll“, von der Verwertung des „Restmülls“. Gewiss, der enthält noch immer zu viele Rohstoffe. Er enthält noch immer zu viele Dinge, die man besser verwerten könnte, als sie nur zu verbrennen. Das ist aber keine Fragestellung, die wir im Rahmen dieses Gesetzes bearbeiten können. Man hat ja auch gesehen: Die offene Flanke, die in diesem Gesetz enthalten war, wurde von der Gemeinde Wadgassen nicht genutzt, um die teuren Rohstoffe aus dem Restmüll herauszuholen. Es gab vielmehr ganz andere Motivationen. So gesehen kann man nach unserer Meinung nun nicht gegen diese Änderung sein.
Des Weiteren gab es den Verdacht, der EVS würde im Zweifel lieber die eigene Anlage in Velsen auslasten, als eine Trennung durchzuführen. Das ist ein Verdacht, dem sich der EVS immer wieder wird stellen müssen. Ich halte das momentan aber nicht für das drängendste Problem. Aufgrund der Auslastung der verschiedenen Müllverbrennungsanlagen in der Republik erscheint es nicht als drängende Herausforderung, nun auf irgendeine künstliche Art und Weise die Restmüllmenge im Saarland zu erhöhen, um Velsen auszulasten. Nichtsdestotrotz bleibt es eine Aufgabe des EVS, hierzu immer wieder klarzustellen, dass das nicht die Motivation ist und dass man einen Plan B hat, falls sich die Situation einmal anders entwickeln sollte.
Um es kurz zusammenzufassen: Wir werden dieser Gesetzesänderung und den Änderungsanträgen zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Justizstrukturreform und die Reform der Struktur der Arbeitsgerichte sind zunächst einmal Themen, die abstrakt klingen. Damit gewinnt man auch nicht die Herzen der Öffentlichkeit, denn das ist schon etwas sehr Spezielles.
Aber es geht bei den Themen darum, welche zentrale Bedeutung Rechtsprechung in unserem Rechtsstaat hat. Wenn der Bürger tatsächlich einmal mit Gerichten in Kontakt kommt, dann ist es oft so, dass es eine Zäsur im Leben der Betroffenen darstellt. An der Stelle werden wichtige Entscheidungen getroffen und Wege eingeschlagen. Dann ist es egal, ob es das Arbeitsgericht ist oder Strafverfahren sind oder
ob es Familienrechtssachen sind. Man kann davon ausgehen, dass es Entscheidungen von Tragweite sind, die dann ausgesprochen werden. Es ist ein unglaublich schwieriges Feld, das die saarländische Richterschaft bisher bestmöglich erfüllt. Zumindest war das bisher mein Eindruck. Übrigens auch viel besser, als die Äußerungen mancher Kollegen hier im Landtag manchmal vermuten lassen. Dem Kollegen Theis sind die Richter hier ein bisschen zu lasch in ihren Urteilen. Das kann ich so nicht nachvollziehen.