Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Infrastrukturabgabe, Pkw-Maut, AusländerMaut, Dobrindt-Chaos, Bezeichnungen gibt es viele, sie treffen mehr oder minder zu. Im Ergebnis ist es sicherlich eine politische Bewertung. Es ist auch eine Bewertung, die die Bürgerinnen und Bürger vorzunehmen haben. Ich persönlich bin zu der Auffassung gelangt, dass all das, was bislang vorgelegt worden ist, Murks ist, und deshalb im Grunde genommen nicht unterstützt werden kann.
Ich weiß aber auch, dass es im Koalitionsvertrag der beiden Koalitionspartner auf Bundesebene steht. Wir werden sehen, welchen Gang das dort nimmt. Wir sind hier jedoch nicht im Deutschen Bundestag, sondern wir sind nun mal im saarländischen Landtag und haben deshalb eine Positionierung aus Sicht der Saarländerinnen und Saarländer vorzunehmen.
Natürlich haben wir ein Mitwirkungsrecht im Bundesrat, davon gilt es Gebrauch zu machen, zunächst einmal in inhaltlicher Hinsicht. Man kann grundsätzlich zu der Auffassung kommen - ich würde der viel abgewinnen -, dass man dem Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, überhaupt nicht zustimmen kann. Wenn es in der Sache nicht zu verhindern ist, dann müssen wir zumindest in der Detailfrage, von der wir insbesondere betroffen sind, eine vernünftige Regelung finden und darüber sprechen, wie es mit der Erhebung der Maut in den Grenzregionen aussieht. Beide Wege muss man zunächst einmal beschreiten, damit man sowohl in dem einen als auch in dem anderen Fall gewappnet ist.
Klar ist bei allen grundsätzlichen Dingen, die man nach meiner Auffassung gut vertretbar gegen die Maut insgesamt vorbringen kann, dass das die Union mittlerweile auch selbst tut. Schäuble hat eines der gewichtigsten Argumente vorgebracht. Denjenigen, die tatsächlich sagen, es ist gerechtfertigt und es ist sinnvoll, die Nutzer der Infrastruktur über eine solche Maut zur Erhaltung mit heranzuziehen, wird nämlich der Teppich unter den Füßen weggezogen, wenn der Bundesfinanzminister zu dem Ergebnis kommt, dass genau das, was man einführt, überhaupt nicht zu dem vertretbaren Ziel führt, weil es nämlich eigentlich keinen Cent in die eigene Kasse spült. Damit ist sozusagen das letzte Argument in der Sache auch noch verloren gegangen. Aber das scheint viele, insbesondere im Süden dieses Landes, in Bayern, null Komma null zu interessieren. So, wie sie beim Betreuungsgeld mit dem Kopf durch die Wand gegangen sind, so wollen sie hier auch bei der Maut vorgehen.
Das ist nicht sachgerecht, das ist unlogisch und wird auch auf dem Rücken vieler ausgetragen. Alleine deshalb muss man hier schon ins Grübeln kommen, auch innerhalb der eigenen Reihen, innerhalb der Koalition ohnehin, insbesondere wenn man negativ davon betroffen ist. Ich zumindest finde, was dort an Diskussionen stattfindet, ist nicht mitzutragen, vor allem auch das nicht, was tatsächlich umgesetzt werden soll, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Denn wenn nichts anderes übrig bleibt als ein bürokratisches Monster, das nichts in die Kassen spült und gleichzeitig dem europäischen Gedanken entgegenläuft, muss man sich doch ernsthaft fragen,
warum das auf den Weg gebracht werden soll. Nur weil es sich irgendjemand in Bayern einmal ausgedacht hat, damals in der Tat noch mit einem Wortbestandteil vornedran, Ausländer-Maut? Ich sage ausdrücklich: auch genau so gewählt. Die Wortwahl war nicht zufällig. Erstens.
Zweitens hatten die sich darüber geärgert, dass die in Österreich auf ihrer Seite eine Maut eingeführt haben. Nur weil die sich geärgert haben und einen Wahlkampf machen wollten, in dem das Wort „Ausländer“ vorkommt, diskutieren wir heute über diesen Müll. Ich kann nur sagen, das ist nicht nur schädlich in einer Region, das ist auch schädlich für Politik und Demokratie in diesem Land!
Dann will ich auch noch einmal eines deutlich machen für unser kleines Bundesland hier. Wir sind doch wirklich unterwegs und machen uns nicht immer nur Mut damit, sondern sehen es auch als eine Vision und eine Perspektive für die Zukunft zu sagen: Ja, unumstritten sind wir in einer Randlage Deutschlands, aber eben im Herzen Europas. Aus dieser Herzkammerfunktion wollen wir auch Stärke ableiten, wollen wir Entwicklungsperspektiven für dieses Land auf den Weg bringen und arbeiten im Übrigen hart daran. Jeder, der in diesem Geschäft unterwegs ist, weiß, wie hart es ist, daran zu arbeiten, grenzüberschreitende Beziehungen in Gang zu setzen, am Laufen zu halten und tatsächlich einen effektiven Nutzen daraus zu ziehen, der mehr als nur darin besteht, sich zweimal im Jahr in irgendwelchen Gremien zu treffen und die deutsch-französische Freundschaft, die deutsch-luxemburgische oder die deutsch-belgische Freundschaft zu beschwören. Das ist harte Arbeit.
Viele Menschen in diesem Land, sei es im Ehrenamt, sei es aber auch auf der wirtschaftlichen Schiene, in den Schulen oder wo auch immer, haben daran gearbeitet, in mühevoller Kleinarbeit mit viel persönlichem Einsatz. Die haben einen guten Boden dafür bereitet, dass wir konstruktiv über viele Fragen miteinander reden können. Dies bringt uns dann an Stellen, wo es auch wirklich mit einem wirtschaftlichen Nutzen für dieses Land verbunden sein kann, voran, was wir vielfach auch jetzt schon erleben können.
Das Saarland hat mehr als 160 Kilometer Grenze zu Frankreich und zu Luxemburg. Das zeigt, wie wichtig solche Fragestellungen auch für unser Land sind. Die Besucherinnen und Besucher der Landeshauptstadt kommen zu fast einem Drittel aus Frankreich. Die Fluggäste am Flughafen in Saarbrücken - wir wollen das ja auch noch ausweiten - stammen jetzt schon zu 25 Prozent aus Frankreich. 9 von 10 Berufspendlern in dieser Region kommen aus Frank
reich und fahren hier über unsere Straßen. Die Handelstouristen habe ich genannt, also zum Einkaufen, aber eben auch im Tourismusbereich.
Wir ziehen einen riesengroßen Vorteil daraus, gerade auch in dieser Region und gerade auch in der Landeshauptstadt, dass wir freie und offene Grenzen in diesem Land haben, dass niemand aufgehalten wird, weil er seinen Ausweis zeigen muss, Stichwort Freizügigkeit, und auch niemand an der Grenze, die vorher einmal abgeschafft worden ist, jetzt quasi wieder anhalten muss, um den Wegezoll zu entrichten. Ich finde, diesen Wert sollen und dürfen wir uns nicht aus den Händen schlagen lassen. Auch deshalb muss man in dieser Frage eine klare Position beziehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ja, es geht um individuelle Fragen. Es geht aber auch um harte wirtschaftliche Interessen. Wir werden bei dieser Maut drauflegen. In Berlin wird niemand etwas einnehmen und wir werden auch noch drauflegen. Das ist das Ergebnis des Maut-Murks, der aus dem Hause Dobrindt kommt. Ich finde, so einem Maut-Murks kann man deshalb nicht zustimmen.
Ich will nicht darauf eingehen. Sie war ja schon gestoppt, dann hat man eine Kompromisslösung gesucht und gefunden. Ob es ein guter Kompromiss ist, dazu habe ich meine Meinung noch einmal gesagt. Wir werden jetzt daran arbeiten, es in der Sache zu verhindern. Parallel dazu werden wir versuchen, Vorschläge zu unterbreiten, um, wenn es nicht verhindert werden kann, zumindest nicht die Zeche dafür zu zahlen.
Ich sage aber auch in aller Ausdrücklichkeit: Das wird gar nicht einfach werden. Es gibt Vorschläge von Rheinland-Pfalz. Von uns ist angesprochen worden, wie man es machen kann. In Frankreich ist es so, dass Teile des Autobahnsystems jeweils an der Grenze davon ausgenommen worden sind. Es gab die ehemalige Lösung in Österreich. Alles das werden wir uns ankucken.
Aber man muss auch immer sehen, dass es nachher zu dem Bild, zu den Straßenverläufen und zu den tatsächlichen Verhältnissen hier im Saarland passt. Es nützt ja nichts, sich auf eine 30-KilometerLösung zu verständigen, und die A 620 als Einfallstor und als wichtige Zuwegung für die Landeshauptstadt wäre nicht erfasst. Wem wäre denn damit geholfen in diesem Land? Deshalb brauchen wir eine kluge Regelung. Vielleicht kann sie auch an objektiven Kriterien und weniger an Kilometerfragen anset
zen. Wichtige Handelszentren, Mittelstädte oder Oberzentren, alles das wird man sich ansehen müssen. Aber es ist immer nur Flickschusterei an einem System, das dem Grunde nach krank ist.
Aber wir werden beides vorbereiten, denn es geht um wichtige Interessen dieses Landes. Es geht auch um die zentrale Frage, ob die Vision, als Grenzregion in diesem Land aktiv sein zu können und daraus einen Nutzen ziehen zu können, weiterhin gegeben ist, oder ob sie durch so etwas beeinträchtigt wird. Auch deshalb lohnt es, an dieser Frage zu arbeiten. Es lohnt aber auch, politisch dafür zu streiten, dass wir diese Flickschusterei gar nicht brauchen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion, Drucksache 15/2076. Wer für die Annahme der Drucksache 15/2076 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 15/2076 mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion Drucksache 15/2073. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Dann stelle ich fest, dass auch dieser Antrag Drucksache 15/2073 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 15/2080. Wer für die Annahme der Drucksache 15/2080 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 15/2080 mit Stimmenmehrheit angenommen wurde. Zugestimmt haben CDU, SPD und die Fraktion DIE LINKE. Dagegen gestimmt hat die PIRATEN-Fraktion, enthalten hat sich die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion.
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Örtlichen Einzelhandel im Landkreis Neunkirchen schützen
Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hubert Ulrich das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute einen Antrag eingebracht mit dem Titel „Örtlichen Einzelhandel im Landkreis Neunkirchen schützen und Waldgebiet Betzenhölle erhalten!“. Ich habe schon heute Morgen in der Aussprache über die Regierungserklärung eingehend über dieses Thema gesprochen. Ich habe dies bewusst getan, weil es in den Rahmen der Debatte zur Nachhaltigkeit sehr gut hineingepasst hat. Deshalb brauche ich jetzt nicht noch mal all das auszuführen, was ich heute Morgen schon gesagt habe, will aber doch noch mal auf die wesentlichen Punkte eingehen und klarstellen, worum es hier eigentlich geht.
Wir haben hier eine sehr seltsame Diskussion. Auf der einen Seite gibt es ein Naturschutz-Großvorhaben, in das viel Geld geflossen ist - 13 Millionen Euro, vom Bund, vom Land, von den Kommunen -, ein Naturschutz-Großvorhaben, das sehr sinnvoll ist, auf das wir Saarländerinnen und Saarländer alle stolz sein können und sein sollten. Es ist seltsam, dass die Landesregierung aber offenkundig zu diesem Großvorhaben nicht so richtig steht. Denn es gibt plötzlich das Interesse eines großen saarländischen Handelskonzerns, von Globus, und dann kommt diese Landesregierung sofort ins Nachdenken, sofort ins Wackeln bei ganz grundsätzlichen Fragen.
Ich argumentiere hier nicht gegen Globus, ich bin selbst Kunde bei Globus, ein tolles saarländisches Unternehmen. Aber Globus hat hier ein Vorhaben im Blick, das in der Sache zwar gut und richtig ist, der Bau eines großen Einzelhandelszentrums an einer Stelle, wo noch keins ist. Aber es gibt ein kleines Problem, das ist der Standort. Wenn der Standort in der Innenstadt von Neunkirchen wäre, hätten wir eine völlig andere Diskussion, wären auch wir GRÜNE dafür und würden sagen, das wertet die Innenstadt von Neunkirchen auf und hilft ihr. In meiner Heimatstadt Saarlouis haben wir ebenfalls einen großen Globus-Markt, aber der ist direkt an die Innenstadt angedockt und steigert deren Attraktivität.
In Neunkirchen - damit sind wir beim zweiten Teil der Diskussion - ist genau das aber nicht der Fall. Man fragt sich, wie der Stadtrat von Neunkirchen eine solche Position einnehmen kann und auch der Neunkircher Oberbürgermeister. Da stellt sich schon die Frage: Was steckt denn da dahinter, wie kann ich als zuständiger Rat eine Position einnehmen, die
meine eigene Innenstadt schädigt und schwächt? Genau das besagen all die externen Gutachten, natürlich nicht die von Globus. Die malen eine ganz andere Welt, die sind eben interessengetrieben.
Gerade in dieser Woche hat sich in Neunkirchen eine Interessengemeinschaft der Einzelhändler gegründet, aus Neunkirchen und aus den umliegenden Orten. Da gibt es auch bereits ein Gegengutachten, das klare Zahlen nennt. Wenn dieser Einzelhandelsmarkt in der Betzenhölle käme, würde das den Einzelhandel in den umliegenden Kommunen um bis zu 17 Prozent schwächen. Die Vertreter des Einzelhandels haben im Aktuellen Bericht des SR öffentlich erklärt, dass bereits eine Schwächung um 5 Prozent reicht, um dort die ersten Insolvenzen herbeizuführen. Da fragt man sich, was soll eine solche politische Diskussion? Wir reden alle darüber, dass wir die Ortskerne stärken wollen, dass wir den ländlichen Raum in diesem Lande stärken wollen. Diese Ansiedlung an dieser Stelle ist aber nun mal das genaue Gegenteil von dieser Vorstellung.
Aber das ist eigentlich keine neue Erkenntnis. Wir haben eine Landesplanung. Wir haben einen Landesentwicklungsplan „Siedlung“. Da steht das ziemlich genau so drin. Der ist vor mehr als zehn Jahren festgeschrieben worden. In diesem LEP „Siedlung“ hat die damalige Landesregierung ganz klar festgeschrieben, dass es im Saarland keine Großansiedlung von Einzelhandel auf der grünen Wiese geben soll. Genau darüber reden wir aber hier, das muss man sich klarmachen. Das ist eine Ansiedlung, die es übrigens nicht nur im Saarland nicht mehr geben soll, nein, das finden Sie bundesweit nirgendwo mehr. Alle Länder haben ihre Planungen entsprechend ausgerichtet und sprechen sich gegen solche Ansiedlungen auf der grünen Wiese aus. Da stellt sich die Frage, warum im Saarland nicht.
Das muss Gründe haben und da muss ich schon offen fragen: Gibt es da eine Kumpanei zwischen der Landesregierung und Globus? Diese Frage muss schon erlaubt sein an dieser Stelle, und die stelle ich hier auch. Das muss hier erklärt werden. Was steckt dahinter, dass ein saarländischer Umweltminister mit Berlin Kontakt aufnimmt und gegen die Interessen von Natur und Umweltschutz agiert? Das verstehe ich nicht, das sage ich ganz offen. Warum agiert hier ein Oberbürgermeister gegen die Interessen der eigenen Innenstadt? Auch das ist zu hinterfragen. Andere Bürgermeister im Umfeld dieser Ansiedlung laufen ja bereits Sturm. Sie haben erkannt, worin die Gefahr besteht, und sagen das auch deutlich.
Dieses Parlament - deshalb stellen wir heute hier unseren Antrag - sollte sich ganz deutlich von dieser Art Ansiedlung distanzieren und klar sagen: Wir haben eine gültige Landesplanung, wir haben dort ein Naturschutz-Großprojekt, das sind unsere Leitlinien.