Besonders anerkennenswert ist es, wenn Leute in Diktaturen gegen Diktatoren diesen Mut zeigen. Der eine oder andere hat das zu DDR-Zeiten auch getan. In höchstem Maße anerkennenswert ist es, wenn so etwas im Krieg und unter Kriegsrecht geschieht. Deshalb ist das Handeln von Werner Hartenstein in höchstem Maße anzuerkennen und zu würdigen,
Wenn die Debatte dazu führt, dass humanistisches Handeln auch von Wehrmachtsangehörigen neu bzw. überhaupt bewertet wird, dann kann das auch kein Fehler sein. Plauens Bürgerschaft selbst hat große Erfahrung mit Zivilcourage. Erinnert sei an die Demo vom 7. Oktober 1989, an der viele Tausend Plauener und Vogtländer mit frohem Mut und bangem Herzen teilnahmen, ohne zu wissen, ob Partei und Regierung eine chinesische Lösung anordnen würden. Eben weil die Plauener und Vogtländer diese Erfahrung hatten und sie ihnen noch sehr gegenwärtig ist, gibt es durchaus die Bereitschaft, Werner Hartenstein zu ehren und zu würdigen.
Wo liegt das Problem? Das Problem liegt darin, dass die Plauener große Angst und Sorge haben, dass mit der Ausweisung eines offiziellen Gedenkplatzes gleichzeitig eine neue Wallfahrtsstätte für Nazis, Neonazis und andere ewig Gestrige geschaffen wird.
Genau das bezwecken Sie mit Ihrem Antrag. Die Diskussion hier und heute hat gezeigt, dass diese Sorge leider berechtigt ist. Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab, auch weil wir sicher sind, dass die Plauener Bürgerschaft, ähnlich wie sie das beim Wendedenkmal getan hat, ihren eigenen selbstbewussten Weg gehen wird und dazu keine Hilfe aus Dresden und schon gar nicht vom Antragsteller braucht.
Das war Herr Heinz für die Koalitionsfraktionen. Ich frage die Fraktion DIE LINKE. – SPD? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? – Herr Lichdi.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD versucht seit vielen Jahren, hier eine gewisse Aufmerksamkeit zu erregen. Sie tarnt sich dann immer mit Anliegen, die auf den ersten Blick unterstützenswert erscheinen. Hier hat sie eine Geschichte dargestellt, die, wie ich glaube,
wenige hier im Hause nachvollziehen können, in der es um das ehrenwerte Handeln eines U-Boot-Offiziers geht. Ob sich das so zugetragen hat und in welchem Zusammenhang dieser Herr davor und danach sonst noch auffällig geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Darauf kommt es nicht an.
Es ist hier völlig offensichtlich geworden, dass die NPD dieses aus ihrer Sicht vorbildhafte Verhalten nur als Folie benutzt, um damit das Verhalten der Alliierten als besonders schändlich, als besonders kriegsverbrecherisch darzustellen. Das weisen wir zurück. Das ist eine durchsichtige Masche gewesen.
(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Andreas Storr, NPD: Solche Ereignisse gab es aber auch. Kriegsverbrechen hat es auch auf dieser Seite gegeben!)
Zum Zweiten haben Sie sich dadurch entlarvt, dass Sie das Verhalten dieses Herrn Hartenstein, welches Sie hier in den Vordergrund stellen, in einen Zusammenhang mit den Gerechten der Völker gebracht haben. Das war eine bewusste Anspielung auf diejenigen Menschen, die versucht haben, die Juden vor dem Völkermord zu retten, und zwar vor dem Völkermord, den Ihre geistigen Vorfahren verbrochen haben und unter dem wir alle heute noch zu leiden haben.
Das zeigt, dass Sie auch dieses ehrenwerte Verhalten von Herrn Hartenstein, so es denn so stattgefunden hat und so es denn zu würdigen ist, missbrauchen, um Ihre alte antisemitische Politik in den Vordergrund zu drängen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. – Es gibt noch Redebedarf für eine zweite Runde. Herr Abg. Schimmer, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben Werner Hartenstein nicht für einen angemessenen Gedenkakt vorgeschlagen, weil wir ihn als singuläres Leuchtfeuer inmitten vermeintlicher Finsternis deutscher Kriegsführung im Zweiten Weltkrieg betrachten. Ganz im Gegenteil, Hartenstein war einer von überaus vielen Soldaten der Kriegsmarine, der Wehrmacht, der Luftwaffe und anderer Waffengattungen, die sich im Zweiten Weltkrieg anständig und menschlich verhielten, nur dass der Name von Werner Hartenstein und dieser Vorgang um die Rettung der Schiffbrüchigen der „Laco
nia“ fast allen Seeleuten der zivilen und militärischen Seefahrt bekannt sind, sofern sie keine Deutschen sind.
Für eine dann doch noch einsetzende deutschland- und englandweite Bekanntheit Hartensteins sorgte nicht zuletzt die binationale Koproduktion des im November 2011 ausgestrahlten Fernsehdramas „Laconia“.
Während die deutsche Seite sich wieder einmal in vorauseilendem Gehorsam der jahrzehntelangen Feindpropaganda und der verzerrten offiziellen bundesdeutschen Geschichtsschreibung unterwerfen wollte, ist es dem britischen Drehbuchautor Alan Bleasdale zu verdanken, dass sowohl Hartenstein als auch dessen Vorgesetzter Dönitz überaus positiv herausgestellt wurden. Auch Bleasdale räumte ein, dass er mit den üblichen Klischees über die Deutschen im Zweiten Weltkrieg groß geworden sei. Aber nach der Lektüre von über 30 Büchern zu diesem Thema sei er – ich zitiere ihn – „completly in love“ mit seiner Hauptfigur gewesen. Ich zitiere weiterhin Bleasdale: „Hartenstein repräsentiert, woran wir alle glauben, dass die Menschheit es erreichen kann. Wir alle sind mit klassischen Klischees über die Deutschen groß geworden. Aber was ich in diesem Fall sah, war der bemerkenswerteste und wundervollste Akt von Großmut.“
Damit Sie, meine Damen und Herren, nicht glauben, wir hätten keine Beweise für weitere derartige selbstlose Heldentaten, führe ich nur einige wenige an, und zwar solche, die mitten im Krieg in der englischen Zeitung „The Times“ oder in der US-Zeitschrift „Life“ bekannt gemacht worden sind.
Am 11. September 1939 versenkte U 48 im Atlantik den britischen Dampfer Firby. Vier Tage später berichtete die „Times“ anerkennend, dass die gesamte Besatzung mit Lebensmitteln und Verbandsmaterial vonseiten des deutschen U-Bootes versorgt worden sei und nach einem SOS-Ruf des deutschen Kommandanten an das britische Marineministerium gerettet werden konnte.
Am 30. September 1939 versenkte U 3 den dänischen Frachter "Vendia" und nahm die sechs Überlebenden an Bord. Dies würdigte die "Times" am 3. Oktober 1939. Am gleichen Tag versenkte U 35 den griechischen Frachter "Diamantis", der für die "Vendia" Erz für England geladen hatte, nahm die 28-köpfige Besatzung an Bord und setzte sie am nächsten Tag an der irischen Küste an Land. Der griechische Kapitän pries öffentlich das vornehme Verhalten der Deutschen, und die irische Presse machte dies publik.
Ich könnte noch einige weitere bekannte Fälle aufzählen, die nicht in britischen Zeitungen erwähnt wurden. Der britische Kriegsberichterstatter des "Daily Express", Alan Wood, schrieb im März 1945 im "Commonwealth Review" – Zitat –: "Ich habe oft gesehen, wie inmitten der abstoßendsten Grausamkeiten des Krieges menschliche Ritterlichkeit lebendig blieb, obgleich mir natürlich kaum erlaubt war, diese Ritterlichkeit zu erwähnen, wenn sie auf deutscher Seite vorkam.“
(Heiterkeit bei der CDU und der FDP – Demonstrativer Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE – Thomas Kind, DIE LINKE: Das hat etwas mit Wahnvorstellungen zu tun!)
Das hat sehr viel mit dem Antrag zu tun, weil es um die Kriegsführung der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und um Werner Hartenstein geht.
Ich fahre im Zitat fort: "Die Zensur hätte alles sofort gestrichen, und auch wenn der Zensor nichts eingewendet hätte, würden die Zeitungen sofort bei unserem System der Pressefreiheit von ihrem Recht Gebrauch machen, alles zu verschweigen, was ihrer Politik widerspricht." Und nur ganz am Rande eine Beschreibung der Presse und der sogenannten Pressefreiheit, die eben doch sehr stark an die momentanen Zustände in unserem Land erinnert.
Meine Damen und Herren! Wir Nationaldemokraten möchten einfach an die schlichte Tatsache erinnern, dass Gut und Böse, Freiheit und Mut, ethisches und politisches Handeln keine Fragen der Nationalität sind, selbst dann nicht, wenn die Beteiligten in die unerlässliche Logik einer beiderseits eskalierenden Kriegsführung verstrickt sind. Wir möchten vermeiden, dass wir mit der Überheblichkeit der Nachgeborenen, am warmen Ofen sitzend, die komplexe Realität jener Zeit verfehlen, weil wir uns in die Unmittelbarkeit des Geschehens und die unter Lebensgefahr handelnden, kämpfenden und meinetwegen – das gestehe ich Ihnen alles zu – teilweise auch irrenden Soldaten einfach nicht hineinversetzen können.
Oder wollen, ja. – Nicht ohne Grund hat Altbundeskanzler Helmut Schmidt geschrieben – ich zitiere wieder –: "Ich möchte, dass die Fakten bekannt und moralisch bewertet werden. Aber man schneidet sich den Erfolg völlig ab, wenn man die Kinder von 18 Millionen glauben lässt, ihre Eltern seien die Schuldigen und man selbst sei aufgeklärt, moralisch in Ordnung und wäre, wenn man denn damals gelebt hätte, Widerstandskämpfer geworden." Helmut Schmidt wusste, wovon er sprach, denn er war als Oberleutnant eingeladen, an den Freisler'schen Schauprozessen am Volksgerichtshof nach dem
Diese Überheblichkeit aber können wir heute ablegen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen. Nicht schwerfallen sollte das auch Ihnen, Herr Heidan, da Sie in der CDUStadtratsfraktion in Plauen doch auch dafür gesorgt haben – wenn auch ohne den gewünschten Erfolg –, dass 5 000 Euro für eine Gedenktafel in den Haushalt eingestellt wurden. Heute können Sie Ihrem Anliegen mit einer Zustimmung zu diesem Antrag noch einmal Nachdruck verleihen.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen vor. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? –
Das kann ich nicht feststellen. Wir kommen damit zum Schlusswort. Herr Abg. Schimmer, Sie haben das Schlusswort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige Worte seien mir jetzt auch noch gestattet. Es wundert mich wirklich nicht, dass DIE LINKE heute überhaupt keinen Redner zu diesem Antrag vorgeschickt hat.
Nein, das ist kein Schwachsinn, denn Sie sollten ruhig einen Werner Hartenstein ehren, wenn Sie sich daran erinnern, dass immerhin sieben Generäle der Wehrmacht in der DDR zum Aufbau der Nationalen Volksarmee verwendet wurden, darunter auch ein Arno von Lenski, der von 1940 bis 1942 an acht Todesurteilen des Freisler'schen Friedhofes beteiligt war und dennoch in der DDR zum Oberbefehlshaber der Panzerwaffe aufsteigen konnte. Das zeigt doch, wie ungerecht heute mit der deutschen Geschichte umgegangen wird.