Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

Wir fahren in der Diskussion fort. Für die CDU-Fraktion spricht der Herr Abg. Heinz.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Gestatten Sie mir noch eine

kurze Replik auf die Auszüge aus dem, ja, Parteilehrjahr hätte ich fast gesagt,

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

und lassen Sie mich aufzeigen, wohin eine Gesellschaft ohne Wachstum führt. Wir haben ja bis 1989 in der DDR erlebt,

(Zuruf von der CDU)

dass es im „Kapital-ismus“ keine Umweltzerstörung gab. Wir haben erlebt, dass in Westberlin Smogalarm ist, aber es diesen in Ostberlin nie gegeben hat.

(Heiterkeit bei der CDU, der FDP, der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE, und der Staatsregierung)

Gestatten Sie mir weiterhin, nachdem Sie schon den Namen Karl Marx erwähnt haben, zu sagen: Mir ist Carl von Carlowitz wesentlich lieber als Karl Marx.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der FDP, der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE, und der Staatsregierung)

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass ich froh bin, erlebt zu haben, wie im Jahr 1989 eine exponentielle Entwicklung diskontinuierlich zu Ende ging.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Ich hoffe und wünsche, dass, so wie die Pest im Mittelalter, auch die kommunistische „Manipest“ eine Episode der Geschichte bleiben wird.

Ich möchte jetzt zu Hannß Carl von Carlowitz überleiten. Als Hannß Carl von Carlowitz im Jahr 1713 in seinen Anweisungen zur wilden Baumzucht den Begriff „nachhaltige Nutzung“ zum ersten Mal erwähnte, war der Hof, auf dem wir heute leben, schon 182 Jahre alt, das heißt, er wurde im Jahr 1531 erstmals urkundlich erwähnt. Er war damals schon 35 Jahre in Familienbesitz, das heißt seit 1678. Der Hof hat bis heute seine Bewohner ernährt, bis auf eine kurze Episode, als dem Land ein sozialistischer Frühling mit Gewalt übergestülpt wurde.

So wie ich, der ich ein Stück weit stolz bin auf die Familiengeschichte, können viele Sachsen Ähnliches berichten, welche alle über Generationen weniger verbraucht als erwirtschaftet haben, was mit dem Motto von Carlowitz, dem Wald nicht mehr zu entnehmen als nachwächst, in Einklang zu bringen ist.

Gestatten Sie mir diesbezüglich ein weiteres Zitat, was ebenfalls Hannß Carl von Carlowitz zugeschrieben wird: Wir sollten unseren Enkeln nicht die Chance nehmen, in 60 Jahren so zu leben wie wir heute. Landwirte haben bewiesen, dass sie bestens geeignet sind, der nächsten Generation mehr zu geben als sie von der vorhergehenden erhalten haben. Sie haben immer die Kraft besessen, auch in der größten Not das Saatgut für den Frühling aufzuheben und im Winter zu hungern.

Diese Lebenseinstellung begünstigt den Umgang mit dem Hauptproduktionsmittel Boden, dessen Fruchtbarkeit durch pflegliche Behandlung sich mehren lässt, und bietet eine gute Grundlage für die folgenden Ernten und Generationen. Mit Landwirten ist ein Substanzverzehr wie zu sozialistischen Zeiten oder in manch sozialdemokratisch regiertem Bundesland nicht möglich.

Als Landwirt bin ich natürlich besorgt über den Entzug von landwirtschaftlicher Nutzfläche für nichtlandwirtschaftliche Zwecke und den Einstieg außerlandwirtschaftlicher Investoren, welche nicht in Generationen, sondern mehr in Quartalsberichten denken.

Gestatten Sie mir, das Prinzip, welches von Carlowitz vor 300 Jahren formulierte, auf die sächsische Politik anzuwenden und zu fragen: Geben wir unseren Enkeln die Chance, so zu leben wie wir heute? Sachsen – das wissen wir alle – ist ein rohstoffreiches Land. Da könnte man sich zuerst fragen: Was haben wir als Enkelgeneration vom Rohstoffabbau unserer Vor- und Vorvorväter? Wir haben mit Blick auf den Haushalt erhebliche Lasten für Sicherungsmaßnahmen im Altbergbau, bei denen wir sogar außerplanmäßige Steuermehreinnahmen für die Erfüllung dieser Pflichtaufgabe aufwenden mussten. Wir haben erhebliche Lasten zur Erhaltung des baulichen Erbes sächsischer Könige zu schultern, welche mit dem damals vorhandenen Reichtum getätigt wurden. Dieses Erbe ist wiederum die Grundlage für einen ausgeprägten Tourismus, bei dem heute eine erhebliche Wertschöpfung stattfindet.

Nun habe ich keine Bilanz gemacht und geprüft, ob sich das die Waage hält. Wir müssen uns dem sowieso stellen, können uns aber als Nächstes die Frage stellen: Was werden kommende Generationen vom heutigen Rohstoffabbau haben? Bleibt etwas über geschaffene Arbeitsplätze und eventuelle Sanierungslasten hinaus? Oder gelingt es uns, wie in Norwegen oder in den Emiraten, aktiv Rücklagen für die Zeit nach dem Rohstoffboom zu bilden? womit ich das Thema Förder- und Feldesabgabe angesprochen habe.

Mir werden immer zwei Hinderungsgründe genannt: Zum einen ist die „aktuelle Not“ so groß, dass eine Rücklagenbildung kaum möglich ist und der Wirtschaftsstandort Sachsen gefährdet wird. Dieses teile ich nicht.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das zweite Argument ist schon gewichtiger. Was wird, wenn sich andere politische Mehrheiten in Sachsen bilden, wovor dieses Land geschützt bleiben möge.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Also wollen Sie keine absolute Mehrheit!)

Was wird, wenn verteilungswütige Gutmenschen ihren Traum von Gerechtigkeit erfüllen möchten, wo jeder gleich viel oder erfahrungsgemäß am Ende gleich wenig hat?

Aktuell belegt dies die Diskussion um die Schuldenbremse. Es werden die verschiedensten Gründe vorgeschoben,

um nicht zustimmen zu müssen, weil man sich Verteilungsspielräume erhalten will.

Ich möchte zum nächsten Bereich, dem der Finanzen kommen. Wir alle wissen, keine Schulden, Tilgungen, höchste Investitionsquote, Pensionsrücklagen, sprich Generationenfonds. Da sind wir auf einem sehr guten Weg. Zur Diskussion um die Schuldenbremse hatte ich etwas gesagt.

Zu Umwelt und erneuerbaren Energien wird mein Kollege Stephan Meyer etwas sagen.

Dann kommen wir zum nächsten Faktor, der für die Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle spielt: der politischen Stabilität. Die politische Stabilität ist kein Wert an sich mit Blick auf Nordkorea oder Kuba, in denen erhebliche Ressourcen zur Machtabsicherung den Lebensstandard massiv schmälern, aber politische Stabilität ist ein Wert in solchen Ländern wie Bayern oder Sachsen, wo – verbunden mit guten Konzepten – die Bürger und Unternehmen vor ständigem Experimentieren verschont bleiben. Dort wird dann politische Stabilität zum Standortfaktor.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Generell gilt auch hier: Wenn sicher ist, dass man noch lange für etwas verantwortlich ist, wird das anders behandelt als Dinge, von denen man weiß, übermorgen gehen die mich nichts mehr an.

Einer der wichtigsten Voraussetzungen für mich ist Eigentum. Nachhaltigkeit hat überall dort einen hohen Stellenwert, wo auch Eigentum einen solchen hat. Nur dort, wo das Verfügungsrecht über Eigentum sicher ist und der Schutz des Eigentums von der Politik gewährleistet wird – von der Politik und vor der Politik –, werden Leute bereit sein, weiter Vorsorge zum eigenen und zum Wohl der nächsten Generation zu betreiben.

Kontraproduktiv sind deshalb angedachte Regelungen im Erbrecht, welche bei Unternehmen im Erbfall zu existenzgefährdenden Substanzverlusten führen können. Im Klartext: wenn ich das halbe Unternehmen verkaufen muss, nur um die Erbschaftssteuer zu bezahlen.

Dasselbe gilt auch für die Hartz-IV-Regelungen, die erst zum Substanzverzehr zwingen, bevor die Gemeinschaft hilft. Klüger wäre es hier, bei Hilfen lediglich auf Erträge aus Vermögen abzustellen und Bedürftige nicht zur Vermögensverwertung zu zwingen. Das Resultat wird sein, dass sich kaum noch angestrengt wird, Vermögen aufzubauen, da man im Ernstfall ohne Vermögen sofort geholfen bekommt.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Generell gilt auch hier: Wo die Eigentümer nachhaltig wirtschaften dürfen, wird die Nachhaltigkeit die Mode und den Zeitgeist überdauern und werden die Menschen eine gute Zukunft haben.

Zum Thema Siedlungsentwicklung wünsche ich mir – und nicht nur ich –, sondern auch die Koalition und die

Fraktionen, dass weniger auf der grünen Wiese und dafür mehr innerörtliche Wiedernutzung stattfindet.

Entscheidend für die nachhaltige Entwicklung – damit bin ich beim nächsten Thema – ist die Geburtenrate.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Auch mal das Publikum angucken; das wäre schön!)

Sie können ja weiter dazwischenrufen, wenn Sie einmal angeschaut werden wollen.

Wir alle wissen, dass 2,7 Geburten pro Frau nötig sind, damit die Bevölkerungsentwicklung ungefähr konstant bleibt.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Zurzeit haben wir eine Geburtenrate von 1,4 Geburten pro Frau. Das heißt, wir sind weit weg von der Konstanz der Bevölkerung. In Zahlen ausgedrückt heißt das: 1990 hatten wir noch 98 000 Geburten und 1992 23 000 Geburten. Wir liegen jetzt bei circa 35 000 Geburten und werden ab 2025 irgendwo bei 24 000 Geburten ankommen. Das hat wiederum Auswirkungen auf Schulstrukturen, Schulinfrastruktur usw.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ein weiterer entscheidender Faktor für Nachhaltigkeit ist das eigene Handeln. Man kann manches bewusster und besser tun. Man kann bereit sein, Einschränkungen zu akzeptieren. Gestatten Sie mir, zwei Beispiele anzuführen, die wir demnächst bei der Novellierung des Naturschutzgesetzes diskutieren werden. Ich denke an die Anleinpflicht für Hunde während der Brut- und Setzzeit

(Jürgen Gansel, NPD: Ein existenzielles Thema!)

und das Verlassen von Waldwegen in Nacht- und Notzeiten. Ich für meinen Teil hoffe und wünsche, dass der Begriff Nachhaltigkeit nicht inflationär gebraucht wird für sogenanntes „Greenwashing“,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

das heißt für ökologisches Reinwaschen von verschiedensten Dingen. Wir erleben das zurzeit bei der Zertifizierung des Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen.