Protokoll der Sitzung vom 06.05.2004

(Unruhe im Hause)

Wenn Sie noch einen Funken Ehre im Leib haben, dann wüssten Sie, was Sie als Innenminister dieses Freistaats zu tun haben, aber das haben Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich will aber, Herr Althaus, auf einen anderen Aspekt Ihres Regierungshandelns in dieser Beziehung abstellen. Was ist denn das für eine Verlässlichkeit in Ihrer Regierungspolitik? Sie schreiben in diesem Pamphlet von einer Kontinuität im Regierungshandeln. Ja, da lacht doch die Koralle, meine Damen und Herren, was soll denn das?

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Die Abwasserkoralle.)

Sieht so Ihre Verantwortung vor den Menschen aus? Sie haben einen Eid geschworen für dieses Land. Ist Ihnen das denn eigentlich noch im Bewusstsein? Also, Ihre erste Maßnahme, ihr erster Vorschlag, den Sie hier der Öffentlichkeit präsentiert haben - Sie brauchen erst einmal Zeit, Zeit, um über den Wahltermin zu kommen -, das ist ein ziemlich billiges Manöver, Herr Althaus, ziemlich billig und Gott sei Dank hat die Öffentlichkeit das mittlerweile erkannt. Sie sagen, die Zweckverbände müssen die Beitragserhebung aussetzen. Halt, stopp - Sie bitten sie. Trautvetter führt die so genannte verbindliche Bitte in das Regierungsinstrumentarium ein. Gut, bei ihm geht das, das wissen wir, da geht so vieles. Wissen Sie eigentlich, was Sie da tun? Die Beitragserhebung ist nach wie vor geltendes Recht hier in Thüringen, aber auch durch übergeordnete Rechtsprechung. Sie fordern die Verantwortlichen in den Zweckverbänden auf

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Kommu- nales Recht.)

- und die Meldungen, die uns aus dem Land erreichen, bestätigen dies - Rechtsbruch und -verstöße zu begehen. Aber Verstöße das kann bis hin zu Haftungsansprüchen führen, wenn nämlich Investitionen getätigt werden sollen. Diese Haftungsansprüche liegen dann bei den Verantwortlichen vor Ort, weil sie sich ja noch nicht mal auf eine Weisung oder sonst was stützen können, sondern auf eine Bitte. Aber das zählt nicht.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Das ist doch Blödsinn.)

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Da ist noch die Verjährung...)

Unter diesem Aspekt bekommt der Begriff Staatshaftung eine völlig neue Bedeutung, Herr Ministerpräsident. Was Sie da treiben, ist ein Affront gegen die Zweckverbände, die unter großen Schmerzen, jedenfalls die meisten von ihnen, ihre Pflicht erfüllt haben. Sie richten ein Chaos an, Sie verunsichern. Die Zweckverbände wissen nicht mehr was gilt und wie lange es gilt. Ich will Ihnen ein Beispiel aus der gestrigen Lokalpresse aus dem Raum Suhl-Schmalkalden hier offerieren. Dort ist eine Verbandsvorsitzende eines Südthüringer Zweckverbandes interviewt worden. Die erste Frage, wie denn der Verband so dasteht, wurde sinngemäß beantwortet, dem Verband geht es gut, es gibt viel, viel schlechtere. Bei der zweiten Frage, wie hoch ist denn der Schuldenstand in diesem Zweckverband, kam als Antwort 33 Komma nochwas Millionen im Wasser und 32 Komma nochwas Millionen Euro im Abwasser also 66,4 Mio.  ,denstand in diesem einen Zweckverband mit etwa 40.000 Abnehmern. Die nächste Frage war, wie wollen Sie von den Schulden runterkommen? Ja, sagt sie, wir werden das im nächsten Jahr um sage und schreibe 1,5 Mio. reduzieren. Wunderbar, aber dazu stellt dieser Zweckverband momentan seine komplette Investitionstätigkeit ein für diese Zeit, für das nächste Haushaltsjahr, und das ist ein Problem. Die Krönung kam ja ganz am Ende. Da war die Frage gestellt, was ist denn eigentlich mit den Handlungsempfehlungen vom Herbst 2002? Da sagt die gute Frau, ja die wurden alle umgesetzt bis auf zwei. Das eine war die Erhebung von Beiträgen beim Trinkwasser und das andere war die Erhebung von Beiträgen beim Abwasser, das haben wir nicht gemacht.

Herr Althaus, mit dem, was Sie jetzt hier vorschlagen, befördern Sie diesen Dilettantismus noch in den Zweckverbänden auf das Äußerste. Das ist das Problem, Sie verunsichern die Leute vor Ort, und vor allen Dingen Sie verunsichern die, die bisher ihren Job gemacht haben, und das war nicht einfach. Es bleibt festzuhalten, meine Damen und Herren, das Aussetzen - ich bin da immer noch beim ersten Vorschlag von Herrn Althaus der Beiträge ist rechtlich unverbindlich, kostet Geld, Geld des Landes, und ist somit aus meiner Sicht ein steuerfinanzierter Wahlkampfgag der CDU.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Wo bleibt hier der Beifall?)

Meine Damen und Herren, mit den Vorschlägen vom 1. Mai - Sie waren aber auch ganz ruhig, Herr Krauße, an der Stelle, o.k. - gerät noch etwas anderes aus den Fugen, und das ist aus meiner Sicht und aus unserer Sicht die Frage der Gerechtigkeit bis hin zu einer sozialen Schieflage. Wenn jeder das Gleiche zahlt, das sollten Sie eigentlich wissen - ich rede jetzt vom Trinkwasser -, dann ist das noch lange nicht gerecht, Herr Althaus.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Das machen alle Stadtstaaten in Deutschland so.)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Nordhausen will das schon immer machen und darf es nicht.)

Ich komme noch dazu, ich komme noch dazu, Sie werden gleich sehen, was ich erzähle. Jetzt können Sie ja hergehen und einige Prinzipien, die durch die Verfassung und Gerichte festgestellt worden sind, einfach ausblenden. Das können Sie tun, aber deswegen bestehen die weiter fort,

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Sagen Sie mir mal, wie das geht.)

auch wenn Sie sie ausblenden.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Wo steht denn das?)

Man muss an dieser Stelle den Leuten - ich hab das vorhin schon mal erwähnt, Herr Althaus - viel erklären. Das ist schwer, das ist das Bohren dicker Bretter, das ist offensichtlich nicht Ihr Ding. Und weil Sie es von mir erwarten, will ich Ihnen gern begründen, warum die Aussetzung von Erhebungen von Trinkwasserbeiträgen nicht gerecht ist. An dieser Stelle kommt immer wieder das Argument von vielen - das höre ich bei all meinen Besuchen, bei all meinen Gesprächen mit Vertretern von Bürgerinitiativen und betroffenen Bürgern -, Grundstücke verbrauchen doch kein Wasser, was hat das Wasser mit dem Grundstück zu tun. Nun gut, kennen Sie eigentlich die bundesrepublikanischen bzw. davon abgeleitet die Thüringer Baugesetzgebung, Herr Althaus? Es gibt in der kürzlich neu gefassten Thüringer Bauordnung im Übrigen übernommen aus der alten, das hat sich nicht geändert, steht nur an einer anderen Stelle - in § 76 - ich kann Ihnen das auch gleich zitieren: Eine bauliche Anlage darf erst benutzt werden, wenn selbst Zufahrtswege, Wasserversorgungs-, Abwasserentsorgungs- sowie Gemeinschaftsanlagen in dem erforderlichen Umfang sicher benutzbar sind. Das heißt, für ein bebaubares Grundstück - und da ist es unerheblich, ob es schon bebaut ist oder noch bebaut werden kann - gibt es drei primäre Benutzungsvoraussetzungen; das ist das Vorhandensein einer

öffentlichen Zufahrt, das ist das Vorhandensein einer Wasserleitung und das Vorhandensein einer Abwasserleitung. Und weil dies so ist, ist die Wasserleitung, die an dem Grundstück vorbeiführt, ein besonderer Vorteil, der diesem Grundstück zugute kommt. Daraus leitet sich der Begriff des grundstücksbezogenen Vorteils, der in der Rechtsprechung verwendet wird, ab. Weil besondere Vorteile nach dem Äquivalenzprinzip unserer Verfassung auch entsprechend äquivalent abgegolten werden müssen, gibt es dort Unterschiede in der Bewertung. Das heißt, ein Grundstücksbezitzer muss dafür, dass diese Wasserund die Abwasserleitung an seinem Grundstück vorbeiführt, einen äquivalenten Beitrag leisten. Das ist im Übrigen die Grundlage des Bundesverwaltungsgerichtsurteils von 1981. Das steht da drin.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Das war ein Beschluss zu Abwasser, das wissen Sie auch.)

So, Herr Althaus, wenn ich diesen grundstückbezogenen Vorteil erst einmal für mich, oder wenn Sie selbst das nicht können, dann haben Sie hoffentlich genügend Fachleute, jedenfalls bis zum 30. April hatten Sie die noch, dann leiten sich aus diesen baurechtlichen Voraussetzungen eben jene verfassungsrechtlichen ab und es ist eine Frage der Gerechtigkeit, ob dann alle, nämlich alle Nutzer, und da ist doch völlig klar, jeder Nutzer zahlt doch auch dafür, dass er den Wasserhahn aufschraubt, dafür dass er die Wasserspülung in seiner Toilette benutzt. Dafür zahlt ja auch jeder, aber dafür, dass die Wasserleitung überhaupt erst dort liegt, ist der Grundstücksbesitzer verantwortlich. Diesen Unterschied blenden Sie mit der Abschaffung der Beiträge im Trinkwasserbereich völlig aus. Es ist ja nun nicht so, dass das nicht ginge in Thüringen, es geht ja schon. Man kann das ja tun, Sie haben ja völlig zu Recht gesagt, einige Verbände tun das ja auch.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Über 50 Prozent.)

Von diesen rund oder knapp über 50 Prozent, Herr Althaus, sind einige dabei, die tun das auf rechtlicher Basis, weil sie nämlich die Kriterien erfüllen, was den Anschlussgrad und die Anschlussdichte betrifft, meinetwegen die Stadt Erfurt oder andere große Städte, und die anderen tun dies bewusst im Konflikt mit der Rechtsprechung, sie tun dies bewusst.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: So ist das mit guten Argumenten.)

Na eben nicht mit guten Argumenten; Sie müssten doch als Ministerpräsident verfassungsgemäße Grundsätze respektieren. Wollen Sie das bestreiten, dass es einen Gleichheitsgrundsatz und ein Äquivalenzprinzip in der Verfassung gibt, wollen Sie das ernsthaft bestreiten, dann sagen Sie das den Leuten aber auch.

Meine Damen und Herren, ich habe diesen kleinen Diskurs in die Rechtsprechung geführt, um Ihnen darzulegen, dass es eben nicht so einfach ist und dass es viele Zweckverbände gibt, die sich diesen Dingen, wenn auch schweren Herzens, unterwerfen. Aber dann kommt es darauf an, dass diese Umsetzung, nämlich in ihre Kalkulationen - und da bin ich ja wieder bei Ihnen -, so geschieht, dass die Grundstücksbesitzer nicht überfordert werden. Aber das hat andere Ursachen. Auf diese Ursachen gehen Sie mit Ihren Vorschlägen nicht ein. Das hat die Ursachen, dass zu großzügig kalkuliert worden ist, dass eine Globalkalkulation vorgenommen wurde auf der Basis von Planungen, die zum Teil ein Jahrzehnt alt sind. Dadurch entstehen Quadratmeterpreise, die jenseits von gut und böse sind. Sie wissen, dass die Strukturen der Zweckverbände so ineffizient sind, dass dort weitere Kosten für die Bürgerinnen und Bürger entstehen, das sind nur zwei der eigentlichen Ursachen. Die gehen Sie damit gar nicht an. Ich habe ja Verständnis, meine Damen und Herren, dass ein Hausbesitzer, der sein Portemonnaie öffnen soll, das nicht verstehen will oder dass er sich innerlich dagegen wehrt, dafür habe ich wirklich Verständnis, aber es ist Ihre Aufgabe als Regierung, den Menschen das zu erklären und bis zum 30. April haben Sie das auch erklärt. Das ist die Frage der Verlässlichkeit von Regierungshandeln, von heute auf morgen über Nacht schmeißen Sie sämtliche Grundsätze, die bis dahin gegolten haben, über den Haufen. Aber, wie gesagt, es ist offensichtlich der leichtere Weg aus Angst vor dem Verlust der absoluten Mehrheit in Thüringen. Das ist Ihr Kalkül, ich kann es nicht oft genug wiederholen.

Ich will Ihnen einmal eine Geschichte erzählen, die mich persönlich sehr berührt hat. Es gab einmal einen Bundeskanzler Anfang der 80ger-Jahre in Deutschland, der ist mit dem Hubschrauber über den Bonner Hofgarten geflogen. Da unten haben rund eine halbe Million Menschen demonstriert. Dieser Kanzler hat sich gedacht: Mein Gott, haben die alle Unrecht, habe ich allein Recht mit meiner Entscheidung? Dieser Kanzler hieß 1983 Helmut Kohl. Die halbe Million Menschen haben damals demonstriert und protestiert gegen den so genannten NATO-Doppelrüstungsbeschluss. Ich habe es in seinem Buch gelesen, er hat sich dort schwere Gedanken gemacht und hat wirklich überlegt, ob er gegen den mehrheitlichen Willen seines Volkes hier etwas Falsches tut. Er hat seine Entscheidung getroffen. Wir wissen das alle, und die Geschichte hat ihm Recht gegeben. Das ist verantwortungsvolles Regieren, Herr Althaus. Und Sie beugen sich hier einem Druck der Straße,

(Beifall bei der SPD)

der aus ganz anderen Gründen entstanden ist, als den, den Sie jetzt mit Ihren Maßnahmen bekämpfen wollen. Das ist das Problem. Es ist also falsch, meine Damen und Herren, was Sie in Ihrem zweiten Vorschlag - der zweiten Vorschlag, so will ich ihn bezeichnen, ist die Abschaffung von Beiträgen im Trinkwasserbereich. Sie

können die verfassungsrechtlichen Bedenken an dieser Stelle nicht ausräumen und Sie wissen das. Dann frage ich Sie noch einmal: Sie haben vorhin - ich habe das in diesem Papier ebenfalls gelesen - gesagt, was wird denn eigentlich mit denen, die im Vertrauen auf die Rechtslage ihre Beiträge brav bezahlt haben. Ich habe da etwas gelesen von Zurückzahlen. Ich habe auch etwas gehört von Verrechnen. Zurückzahlen, ja o.k., aber wovon und wer zahlt zurück? Die Zweckverbände? Meine Damen und Herren, das Geld ist doch sprichwörtlich in der Erde verbuddelt. Wenn dort zurückgezahlt werden soll, sind Kredite notwendig. Die müssen sinnvollerweise die Zweckverbände aufnehmen. Da entstehen neue Kosten,

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Ge- hen Sie auch irgendwann einmal vom Bürger aus?)

die letztendlich dann auch wieder die Bürger belasten, diese Kredite, weil die Zinskosten ja in den Gebühren stecken, das sollten Sie wissen. Verrechnen? Die Verrechnungsmöglichkeit, womit denn verrechnen? Mit den Trinkwassergebühren? Zahlt dann einer, der 3.000   gezahlt hat, dann zehn Jahre lang keine Trinkwassergebühren mehr? Wie stellen Sie sich das eigentlich vor, Herr Althaus? Die Antworten auf diese Fragen sind Sie nach wie vor schuldig geblieben. Die Menschen haben draußen ein Recht, dass Sie diese Fragen beantworten.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident:... Fragen...)

Kommen wir zu den Vorschlägen im Bereich Abwasser. Hier sollen die Beiträge zwar erst ausgesetzt und dann aber wieder erhoben werden. Nun haben Sie ja sicher auch die Forderungen der Bürgerinitiativen gelesen, die auch mittlerweile die Abschaffung der Beiträge im Abwasserbereich fordern.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Das ist doch logisch dann.)

Na ja, in ihrer Logik haben die Leute sogar Recht. Warum sollen sie das eigentlich nicht. Nennen Sie mir einen einzigen rechtsrelevanten Grund, Herr Althaus, wo der Unterschied liegt zwischen Trinkwasser und Abwasser an dieser Stelle. Beides sind leitungsgebundene Einrichtungen. Beides bietet dem Grundstück einen Vorteil, wie ich vorhin anhand der Rechtslage erläutert habe, und beides ist Nutzungsvoraussetzung

(Unruhe bei der CDU)

für die Nutzung eines Grundstücks. Also, wo ist der Unterschied? Es kann doch nicht sein, dass Sie den Unterschied nur deshalb machen, weil auf der einen Seite die Investitionen höher sind als auf der anderen Seite.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: So einen Quatsch vorgaukeln.)

Das würde doch vor keinem Gericht dieses Landes standhalten. Deswegen ist es ja so schlimm, dass Sie das den Leuten auch noch vorgaukeln, meine Damen und Herren. Also, Sie machen hier einen Unterschied in unzulässiger Weise. Und warum? Wieder aus purem Populismus und Wahlkampfmanöver. Aber gut, nehmen wir einmal an, es bleibt bei den Beiträgen beim Abwasser. Sie unterbreiten hier insgesamt drei Vorschläge. In allen Vorschlägen - unbebaute Grundstücke, Beitragspflicht soll erst entstehen, wenn tatsächlich gebaut wird. Okay, da kann ich ja sogar mitgehen. Für bebaute Grundstücke

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Tiefenbegrenzung.)

erfolgt die Beitragserhebung in Abhängigkeit von der tatsächlichen Bebauung. Das ist schon etwas problematischer, weil hier wieder Baurecht greift. Aber wenn Sie wollen, erläutere ich Ihnen das auch noch einmal unter vier Augen. Beides jedenfalls bringt enorme Vorhaltekosten mit für die Zweckverbände und mit Ihren 3 Mio.  mit Verlaub, das ist ja wohl lächerlich, was Sie den Leuten da offerieren. Das ist genauso ein Kleister. Lassen Sie das seriös rechnen und Sie wissen genau, offensichtlich weiß Ihr "Noch-Innenminister", dass dort wesentlich mehr in Rede steht. Und nun das Problem der übergroßen Grundstücke. Hier soll gekappt werden. Okay, der Thüringer Landtag hatte das sogar einmal beschlossen. Können Sie sich noch an das Weimarer Urteil erinnern? Ja, was ist denn der Wegfall der Tiefenbegrenzung? Ist das keine Kappung, was wir beschlossen hatten? Natürlich ist das eine Kappung, Herr Althaus. Wenn Sie davon sprechen, dass Sie diese Kappungskosten nicht auf die kleineren Grundstücke umlegen wollen, das ist ja sehr zu begrüßen, dann frage ich Sie aber, dann bleibt ja nur noch eine Möglichkeit. Dann können Sie diese Differenz nur aus Steuermitteln begleichen. Ist denn das gerecht, dass dann alle diese Kappungsgrenze wieder mit bezahlen?

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Das machen wir ständig, Sie reden Unfug.)

Also, meine Damen und Herren, Sie sehen an diesen Vorschlägen... Ja, ich rede Unfug, das glauben Sie ja wohl selber nicht. Ihre Regierungserklärung, das ist ja nun wirklich das Dünnste, was in den letzten 14 Jahren als Regierungserklärung auf dem Tisch des Thüringer Landtags gelegen hat.

Bei diesen drei Beispielen wird die Kostenfrage völlig ausgeblendet. Ich will die aber gar nicht in den Vordergrund stellen, die stelle ich nicht in den Vordergrund, Herr Althaus. Mir ist auch klar, dass man letztendlich - und wenn Sie sich erinnern, ich habe da auch meine Position vertreten, ich habe auch gesagt, dass an bestimmten Stel

len das Land Geld in die Hand nehmen muss, aber anders, als Sie das hier vorsehen, nämlich wirklich bei den Ursachen, nämlich dort, wo sich herausstellt, dass zu groß kalkuliert worden ist, dass zu teuer gebaut worden ist. Diese Dinge müssen bereinigt werden und das ist nicht nur allein kommunale Verantwortung - jawohl auch, aber nicht nur. Es gab Planungsvorgaben in den 90er-Jahren - und da kann der Herr Skenar dementieren wie er will mit der abwassertechnischen Zielplanung, die zum Teil heute noch umgesetzt wird, und das bringt die enormen Kosten. Dort will ich Landesmittel in die Hand nehmen, um dort die Bürger nicht mit mehr Abgaben zu belasten, als das für ihre Anlagen unbedingt notwendig gewesen wäre. Das ist der Punkt und das ist der Unterschied, Herr Althaus.

Also, alle Ihre Vorschläge, die Sie unterbreitet haben, halten juristischer Prüfung nicht stand, sie sind ungerecht und Sie wissen das. Wenn Sie darauf vertrauen, wie vorgestern in Ihrer Pressekonferenz, da gibt es ein Zitat. Ich hoffe, ich gebe es einigermaßen richtig wieder: Sie vertrauen darauf, dass die Rechtsprechung sich weiterentwickelt. Na, das ist ja eine Position für einen Regierungschef. So etwas habe ich ja noch nie erlebt. Wenn Ihr Staatssekretär aus dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium sagt, wir lassen uns von den Juristen nichts mehr vorschreiben, wie das in der Zeitung zu lesen war, dann ist das ja alles zu begrüßen. Aber verantwortliches Handeln, Herr Ministerpräsident, verantwortliches Handeln für diesen Freistaat Thüringen, das sieht anders aus.

(Beifall bei der SPD)