Protokoll der Sitzung vom 12.10.2000

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Nein, das ist es nicht.)

Für die anderen Gesetze, darüber wird im Haushalts- und Finanzausschuss dann sicher noch zu reden sein, konnten wir das in der Kürze der Zeit noch nicht vollständig prüfen.

Meine Damen und Herren, insbesondere die Änderungen im Kindertagesstättengesetz sind landauf, landab ins Gerede gekommen. Nicht die von Ihnen beabsichtigten Mittelkürzungen in Höhe von rund 17 Mio. Mark werden dabei von den Betroffenen als das größte Problem bezeichnet, sondern die von Ihnen beabsichtigte Beteiligung der Eltern an den Fachpersonalkosten. Sie bewirkt eine drastische Erhöhung der Elternbeiträge. In Folge bestehen Befürchtungen, dass zahlreiche Eltern aus finanziellen Gründen ihren Kindern den Besuch der Kindertagesstätte nicht mehr ermöglichen können, es wird zu Kündigungen von Erzieherinnen, zu Qualitätseinbußen bei der Betreuung der Kinder, insbesondere der Kinder mit Behinderungen kommen. Herr Minister Pietzsch, laut Pressemitteilung können Sie sich schwer vorstellen, dass infolge einer 7-prozentigen Kürzung der Zuschüsse für Kindertagesstätten die Träger eine Verdoppelung bzw. eine Verdreifachung der Elternbeiträge befürchten. Das ist keine Frage der Vorstellung, das ist eine Frage der Fakten. Sie sollten sich schon die Mühe machen - und ich bedauere sehr, dass er nicht im Saal ist -, mit Trägern über diese Problematik zu reden und es sich von ihnen vorrechnen zu lassen. Als Landesvorsitzender eines großen Wohlfahrtsverbandes hat er doch sozusagen im eigenen Hause dazu genug Möglichkeiten; allerdings weiß ich, nutzt er die nicht. Ihre Erklärung an Eltern, die drastische Erhöhung könnte nur darin begründet sein, dass die Träger des Kindergartens die bisherige Grenze für die Beteiligung der Eltern nicht ausgeschöpft hätten und dies also künftig wohl tun würden, wird die Betroffenen nicht trösten. Dies zeigt nur umso klarer, in welchen finanziellen Zwängen die Träger sich jetzt befinden. Herr Minister, ich verspreche Ihnen, die PDS-Fraktion wird alle Initiativen im Land unterstützten, die sich gegen diese beabsichtigte Änderung des Kindertagesstättengesetzes richten.

(Beifall bei der PDS)

Wir sind davon überzeugt, dass Sie sich nur durch breiten Protest zu Änderungen werden bewegen lassen. Das heißt nicht, dass sich dies grundsätzlich dagegen richtet, Mittel effektiver und sparsamer auch im Kindertagesstättenbereich einzusetzen.

Meine Damen und Herren, auch das Thüringer Blindengeld erweist sich wieder einmal als Sparstrumpf des Finanzministers. Es ist schon eine Dreistigkeit, innerhalb weniger Jahre das Blindengeld nun zum zweiten Mal drastisch zu kürzen. Menschen, die ab dem Jahr 2001 von Blindheit betroffen werden, haben bloß noch Anspruch auf ein Blindengeld von 700 DM im Gegensatz zu jetzt fast 1.100 DM. Das bedeutet, dass ein Nachteilsausgleich für diese Betroffenen nicht mehr gewährleistet werden kann. Es bedeutet auch, dass noch mehr betroffenene Bürgerinnen und Bürger Anspruch auf Blindenhilfe nach BSHG haben werden. Das Ganze ist nur ein Verschieben der Kosten von einem Topf in den anderen. Was das mit Einsparen zu tun hat, müssen Sie uns dann erst noch erklären.

Mit spitzer Feder ändern Sie auch das Thüringer Ausführungsgesetz zur Pflegeversicherung. Eine Pauschalförderung für bereits modernisierte und in Stand gesetzte Pflegeeinrichtungen soll es nicht mehr geben, allerdings nicht nur für die, sondern überhaupt nicht. Die Auswirkungen werden aus unserer Sicht dazu führen, dass die zu Pflegenden oder zum Schluss wieder die Sozialämter und damit wieder die Kommunen und der Landeshaushalt zur Kasse gebeten werden. Darüber hinaus wird es, wo noch nicht vorhanden, wieder zu Investitions- und Sanierungsstaus kommen. Auch hier sind nachhaltige Einspareffekte nicht zu sehen.

Meine Damen und Herren, wieder Herr Minister Pietzsch, Sie haben sicherlich wahrgenommen, dass sich die Jugendpauschale in den vergangenen Jahren als Förderinstrument bewährt hat. Aber nicht wahrgenommen haben Sie die sich abzeichnenden Schwachpunkte, wie z.B. die bisherige ProKopf-Finanzierung als Berechnungsgrundlage. Natürlich, dem stetig steigenden Abwanderungsprozess auch von Kindern und Jugendlichen, wie auch dem Wechsel in andere Altersbereiche sowie dem Aufrücken der geburtenschwächeren Jahrgänge in den Förderbereich muss Rechnung getragen werden. Wir müssen aber noch darüber diskutieren, ob der von Ihnen eingeschlagene Weg wirklich der richtige ist. Sinkende Zahlen der Anspruchsberechtigten bedeutet doch nicht, dass der Bedarf im Jugendbereich im gleichen Verhältnis sinkt. Das Bedürfnis der Jugend, Angebote der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in Anspruch zu nehmen und das Bedürfnis von Fachleuten, diese auch mit entsprechender Qualität zu leisten, ist unabhängig davon, ob 40 oder 50 junge Leute ein Jugendhaus besuchen. Der Aufwand ist der gleiche. Und Qualität, meine Damen und Herren von der CDU, ist nun mal nicht für 'n Appel und 'n Ei zu haben.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, schon im Haushalt 2000 wurden im Vergleich zu 1999 die Arbeitsmarktmittel um etwa 100 Mio. Mark reduziert. Wir haben das kritisiert und in der Folge, und das bestätigt leider unsere Kritik, sind wir vom allgemeinen positiven Trend auf dem deutschen Arbeitsmarkt auch im September 2000 weitgehend ausgeschlossen. Das geht auf Ihr Konto, meine Damen und Herren von der Landesregierung. Im Durchschnitt der Monate Januar bis September gab es in Thüringen 1999 190.000 Arbeitslose, im Jahr 2000 aber 198.000 Arbeitslose. Verbuchen Sie das auch als Erfolg in Ihrer 10-Jahres-Bilanz? Aber nicht genug damit, Sie kürzen im Doppelhaushalt die Arbeitsmarktmittel weiter um 35 Mio. DM 2001 und noch mal um 34 Mio. DM in 2002. Das bedeutet in der Konsequenz noch weniger Handlungsfähigkeit in der aktiven Arbeitsmarktpolitik durch weiter gekürzte, inzwischen impotente Programme und vor allem noch mehr Arbeitslosigkeit in Thüringen. Innovative neue Ideen, Modellprojekte auf Landesebene und solche unter Einbeziehung regionaler Akteure sind nicht mehr möglich, ebenso wenig die seit langem fällige Verstetigung sozialer, ökologischer und kultureller Projekte. Alternativen sind gefragt. Aber Sie

suchen nicht nach Alternativen, sondern setzen auf Trostpflaster wie "50 PLUS" und "40 PLUS" oder auf Schlagworte wie "Verstärkung des Mitteleinsatzes für die Schaffung von Arbeitsplätzen im ersten Arbeitsmarkt". Erreicht haben Sie mit dieser so toll veränderten Arbeitsmarktpolitik aber Chaos und Verunsicherung bei Trägern und Kommunen. Und da empfehle ich, die Wortmeldung der Sozialverbände der letzten Tage mal genau anzusehen, Herr Ministerpräsident, wenn das an Ihnen vorbeigegangen sein sollte.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Vor allen Dingen lesen.)

Also Ergebnis, ich sage es noch mal, sind Chaos und Verunsicherung und keine positive Entwicklung des Arbeitsmarkts.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Arbeitsplatzzahlen!)

Das beweisen die aktuellen Arbeitsplatzzahlen. So ist es.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Was ist denn mit Sachsen-Anhalt?)

Wissen Sie, Herr Kretschmer, ich habe es an dieser Stelle schon einmal gesagt: Meine Kinder sind aus der Schule raus, aber wenn sie mit Zensuren gekommen sind und haben mir erklärt, die anderen sind noch schlechter, habe ich ihnen immer gesagt, sie sollten doch vielleicht lieber auf die besseren gucken.

(Beifall bei der PDS)

Das, was Sie als Erfolg verkaufen, hat mit ganz anderen Prozessen zu tun, mit anhaltend rückläufiger Bevölkerungsentwicklung, genauer gesagt, mit dem Wegzug gerade Jüngerer und gut Ausgebildeter aus Thüringen,

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Da müssen wir sie besser bezahlen!)

der Erhöhung des Pendlersaldos um 2.500, was das Landesarbeitsamt ausweist und auch das Herausfallen von Menschen aus dem Leistungsbezug der Arbeitsämter und damit aus der Statistik. Das sind Ihre größten Erfolge, allerdings spricht das für mich und für meine Fraktion, gegen und nicht für Ihre Politik.

Meine Damen und Herren, Ihr unverrückbarer Glaube daran, dass nur über Wirtschaftswachstum Arbeitsplätze geschaffen werden können, zeigt wirklich völlige Unkenntnis und Weltfremdheit in Bezug auf wirtschaftliche Entwicklungen und Prozesse. Denn wenn dem so wäre, dann hätte Thüringen bis vor kurzem Bundessieger bei der Schaffung von Arbeitsplätzen sein müssen. Sie wissen doch

selbst, dass das nicht so ist. Weltfremd ist übrigens auch Ihre ideologisch begründete Ablehnung des 3. Sektors. Hier schauen Sie dann wirklich einmal in andere Länder und nicht nur in andere Bundesländer.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das hat doch nicht funktioniert.)

Was heißt denn hier 40 Jahre? Schauen Sie sich die internationale Entwicklung an. Das vergleichende Forschungsprojekt der John-Hopkins-Universität und des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung in Berlin belegt das eindrucksvoll. Dann erkennen Sie vielleicht auch die Mittelmäßigkeit Ihrer Vorstellungen und Politikentwürfe.

Meine Damen und Herren, auch die Mittel - und hier sind wir vielleicht dann an der Stelle, wo wirklich in Größenordnungen etwas rauskommen kann - für die Wirtschaftsförderung müssen endlich zielgerichtet eingesetzt werden. Dazu sind die bei den allgemeinen Bewilligungen im Bereich Wirtschaft wirkenden 19 Richtlinien hinsichtlich Mitteleinsatz und Wirksamkeit zu überprüfen. Für uns nun langsam schon eine unendliche Geschichte. Auch die vollständige Gegenfinanzierung von Bundes- und EU-Mitteln durch Thüringen, die Sie sich allein schon als Erfolg verbuchen, muss nach unserer Auffassung kritisch überprüft werden. Insbesondere erwartet die PDS die Festlegung nachhaltiger und praktisch abrechenbarer Beschäftigungskriterien im Rahmen der einzelbetrieblichen Förderung sowie einen Ausbau der Fördergebiete und des Mittelvolumens der Infrastrukturförderung. Die Förderung von Großunternehmen sollte in Zukunft nach Abstimmung mit dem Parlament erfolgen.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Im Wirtschaftsausschuss jeden Förderfall.)

Von Großunternehmen - wie viel haben wir denn da in Thüringen? Herr Kretschmer, Sie sollten, wenn Sie für Wirtschaftspolitik zuständig sind, schon wissen, über was Sie reden.

(Beifall bei der PDS)

Nötig, meine Damen und Herren, ist auch, dass die Fördermittel zukünftig zur Stabilisierung der vorhandenen Unternehmen und zur zielgerichteten Förderung zukunftsträchtiger Wirtschaftsbereiche, zur Vernetzung von Verarbeitungsstufen und zur Stärkung von Gründungskapital wirksam werden. So werden Arbeitsplätze erhalten, denken wir, und zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen. So verstehen wir Verzahnung von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

Beim ÖPNV, meine Damen und Herren, werden die Mittel für die Finanzhilfen zur anteiligen Deckung der Betriebskostendefizite schon im laufenden Haushaltsjahr überdurchschnittlich gekürzt. Zur Vermeidung weiterer Tariferhöhungen und weiterer Streckenstilllegungen dürfen diese Gelder

nicht noch weiter zusammengestrichen werden. Dass im nächsten Jahr die Fahrpreise für Busse und Bahnen steigen und womöglich manche Ortschaften gar nicht mehr oder nur noch einmal in der Woche angefahren werden,

(Zwischenruf Abg. Kölbel, CDU: Das kann auch das übernächste Jahr sein.)

das wäre dann tatsächlich eine Folge, die wir, glaube ich, alle nicht wollen. Wenn Sie damit Fitness gemeint haben, dass die Menschen dann laufen oder mit dem Fahrrad fahren, dann wäre das ja noch als positiv hinzunehmen. Ich befürchte aber, die werden eher noch mehr auf die Pkws umsteigen.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU:... auch nicht getroffen. Ich habe sie nicht gese- hen.)

Na, fragen Sie doch einmal, warum, Herr Kretschmer. Ein Umstand, der dann wieder für Sie positiv wirkt. Sie können für noch mehr Menschen die hohen Benzinpreise beklagen, aber das kann ja wohl nicht der Zweck der Übung sein.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das machen wir nicht für die Menschen, das ma- chen die Menschen selbst.)

Zum Personalentwicklungskonzept, dem so genannten Personalentwicklungskonzept: Herr Finanzminister, über den Wert dieses Konzepts haben wir uns an dieser Stelle ja schon ausgetauscht. Ich will hier auch gar nichts wiederholen, ich verweise auf die Rede von Herrn Dittes dazu. Wir erwarten, dass endlich das Fundament eines wirklichen Personalentwicklungskonzepts auf den Tisch gelegt wird, eine umfassende Aufgabenanalyse in Verbindung mit einer Aufgabenkritik und dem Setzen von Prioritäten für künftige, das Land positiv voranbringende Entwicklungen. Nur nach einer solchen Aufgabenanalyse in Verbindung mit einer entsprechenden Kritik lässt sich eine Prioritätensetzung für die Personalpolitik und damit für die Personalentwicklung - im wahrsten Sinne des Wortes - einschließlich der notwendigen Ausbildung und Qualifizierung ableiten. Ohne derartige Vorarbeiten wird das nur ein Personalraubbau. Was dadurch eingespart wird, muss in künftigen Jahren doppelt und dreifach und an verschiedenen anderen Stellen draufgelegt werden, denn es wird ja ausgerechnet in den Zukunftsbereichen reduziert. Der Personalraubbau betrifft die Bildung, die Hochschulen und die Kultur in besonderem Maße.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Oh, ich hätte Ideen. Als Folge des Personalraubbaus und der Verlagerung von Aufgaben werden immer wieder Kommunen belastet. Der Thüringer Städte- und Gemeindebund errechnete eine zusätzliche Belastung der kommunalen Haushalte in Millionenhöhe allein für die neu zu übertragenden Vollzugsaufgaben.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Gemeinde- und Städtebund!)

Ich danke Ihnen, Herr Fiedler, für die Korrektur.

Meine Damen und Herren, Sie planen den Lehrerstellenabbau in einer Größenordnung, der mit den von der Landesregierung benannten Begründungen - die neunte Bevölkerungsprognose und neue Berechnungen der Schülerzahlen eben genau nicht begründbar ist. Das heißt doch, es soll wieder einmal, wie schon beim Abbauplan 1995, vorzeitiger Stellenabbau betrieben werden. Daran ändert auch der etwa 20-prozentige Zuschlag im Verhältnis zum Schülerrückgang, für den man sich hier im Haus auch noch lobt, gar nichts. Eher wird hier schon deutlich, dass der Schulbereich eine Sparbüchse der Landesregierung ist. Damit konterkarieren sich Aussagen, wie Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Zukunft. Im Grundschulbereich ist der dramatische Geburtenrückgang, der sich ab 1991 zeigte, bereits wirksam geworden und der entsprechende Lehrerabbau vollzogen. Darüber hinaus gibt es aber bislang keine inhaltliche Untersetzung, in welchen Schularten und Schulamtsbereichen wann welche Stellen aufgrund des Schülerrückgangs tatsächlich überflüssig werden. Werden wir nach Vollzug Ihrer Vorhaben die Lehrerinnen und Lehrer in ausreichender Zahl mit der richtigen Ausbildung an der richtigen Stelle zur Verfügung haben? Diese Frage stellt sich ganz einfach. Wenn Sie dann schon fragen, wo könnte man denn, dann schauen Sie doch einmal, wie Sie mit den Schulämtern umgehen. Wir haben in den Regionen dann eine aufgabengerechte Personalausstattung, mit der die Stundentafeln auch tatsächlich mit Qualität abgedeckt werden können, wenn wir auf Grundlage eines ordentlichen Konzepts dafür sorgen, ansonsten bewegen wir uns auf ein Chaos zu, weil Lehrerinnen und Lehrer natürlich nicht beliebig in Thüringen hin- und hergeschoben werden können und Stundentafelkürzungen sowie größere Klassen dann unausweichlich werden.

Ein weiteres Problem, ebenfalls im Zusammenhang mit dieser Art Personalpolitik, bezieht sich auf die Altersstruktur. Uns ist schleierhaft, wie Sie mit derartiger Politik in den nächsten Jahren zu Kollegiumsstrukturen finden wollen, die durch die Erfahrung der älteren Kolleginnen und Kollegen genauso geprägt sind wie von jungen Lehrerinnen und Lehrern mit ihren speziellen Vorzügen. In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, darüber zu jammern, dass freie Stellen mangels Bewerbern nicht besetzt werden können. Lassen Sie uns lieber gemeinsam echte Lösungsansätze diskutieren. Ein Stichwort dafür könnte "Faktorisierung" sein.

Meine Damen und Herren, ich wiederhole es: Ein grundlegender Fehler der Landesregierung ist, dass sie ohne ein tatsächliches Personalentwicklungskonzept, in dem mittelund langfristig zu sichernde Aufgaben, Stellen und Personen ausgewiesen werden, das größte Ressort als das ansehen, in dem Stellenstreichungen einfach am einfachsten zu handhaben sind. Sie können froh sein, dass Sie dafür keine Noten bekommen. Für Lehramtsstudierende an thü

ringischen Hochschulen, wenn sich junge Leute aufgrund der schlechten Personalpolitik der Landesregierung überhaupt für den Lehrerberuf entscheiden, sind diese Regierungsentscheidungen ein Signal, sich in anderen Bundesländern eine berufliche Perspektive zu sichern.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Wissen Sie, dass sehr viele Stellen frei sind? Alles Quatsch, was Sie erzählen.)

Damit haben Sie sich offensichtlich schon abgefunden. Ich weiß es, deshalb sage ich ja: Sie haben sich offensichtlich damit abgefunden. Da können Sie gleich noch einmal ein paar Stellen, 300 genau im Vorbereitungsdienst, streichen.

In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass vor allem unsere Thüringer Hochschulen auf gut ausgebildete Abiturientinnen angewiesen sind und folglich der Vorleistungen der Schule bedürfen. Die Gesamtausgaben - und jetzt komme ich zu den Hochschulen - der Hochschulen liegen in 2001 und 2002 über dem Ansatz des laufenden Haushaltsjahres - das ist auch durch uns erst mal positiv zu bewerten -, aber im Personalbereich stagnieren sie. Bei steigenden Studentenzahlen werden die Hochschulen keine Reserven mehr haben. Überfüllte Hörsäle, längere Studienzeiten, höhere Abbrecherquoten und schlechtere Betreuungsverhältnisse werden dann bedauerlicherweise auch in Thüringen Realität werden. Was sich bis heute also als Standortvorteil für Thüringen erweist, das gerät damit zunehmend in Gefahr. In den Bereichen, die von vielen Experten als die einzigen Wachstumsressourcen bezeichnet werden, werden also so Langzeitschäden vorprogrammiert. Wir werden dann in Zukunft nicht nur eine Debatte über fehlende IT-Spezialisten führen, sondern Mangel auch in anderen Berufsfeldern feststellen müssen, und das kann es, auch gerade wegen des Wegs in die Wissens- und Informationsgesellschaft, wohl nicht gewesen sein.