Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

In meiner Rede zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion hatte ich meine Besorgnis zum Ausdruck gebracht, der Minister werde diesen Anspruch nicht ausfüllen, er werde diesem Anspruch nicht gerecht werden können. Meine Rede hat er als persönliche Diffamierung gewertet, ohne allerdings meine Besorgnis ausräumen zu können. Ich denke auch aus heutiger Sicht - und in der Rückschau ist man ja immer noch ein Stückchen klüger - sagen zu können, diese Besorgnis war angebracht. Bereits in der einleitenden Begründung zum Referentenentwurf unter Buchstabe A befand sich die Feststellung, dass die Kritik an dem als unbefriedigend geltenden Rechtszustand, wonach die Beteiligungsrechte der Richtervertretung nicht über das im Deut

schen Richtergesetz vorgegebene Mindestniveau hinausgingen, der Anlass für die beabsichtigte Gesetzesnovellierung sei. Wenn man dann in dem Referentenentwurf blätterte, konnte man mit Erstaunen feststellen, dass entgegen der einleitenden Ankündigung keine Verbesserung am geltenden Rechtszustand vorgesehen war, im Gegenteil, der Gesetzentwurf beinhaltete bei den Regelungen der Richtervertretungen einschneidende Verschlechterungen der geltenden Rechtslage. Ins Auge sprang sofort der neu gefasste § 44, mit dem die bisherige Regelung, die eine Abstufung in ein Verfahren der vollen und eingeschränkten Beteiligung sowie in ein Mitwirkungsverfahren vorsieht, durch ein einheitliches Mitwirkungsverfahren ersetzt werden sollte. Nun klingt das ja zunächst erst einmal gut, aber, meine Damen und Herren, eine qualifizierte Mitbestimmung, d.h., ein Beteiligungsverfahren, das im Fall der Nichteinigung zwischen Dienststelle und Richterrat ein Einigungsverfahren vorsah, sollte es danach im Bereich der Richtervertretung nicht mehr geben. Leider muss ich nunmehr feststellen, dass ich die Gründe für meine Besorgnis durch den vorliegenden Gesetzentwurf bestätigt finde. Beim Verfahren der Beteiligung der Richterräte finden wir just die gleiche neue Vorschrift des § 44 wieder, die bereits im Ministeriumsentwurf vorgesehen war. Der Minister wähnte dies hier bei der Vorstellung seines Gesetzentwurfs als ein Mehr an Rechten. Ich sage, es ist ein Weniger an Rechten. Der Minister wertet den abschließenden Katalog der Regelungen in § 39 als ein Mehr an Rechten, ich sage, es ist ein Weniger an Rechten.

(Beifall Abg. Dittes, PDS)

Ich sollte mich daher nicht wundern, wenn die Richterund Staatsanwaltsvertretungen das ähnlich sehen wie ich, dass es einen Sturm der Entrüstung geben wird bei der Diskussion dieses Entwurfs.

Über die weiteren Dissenspunkte hinsichtlich der Zuständigkeit des Richterwahlausschusses, dem Präsidialratsverfahren und der Einrichtung eines Landesrichter- und Staatsanwaltsrates haben sich der Kollege Kretschmer und ich bereits aus Anlass der Einbringung der Gesetzentwürfe der PDS und der SPD geäußert. Ich möchte dies daher an dieser Stelle nicht wiederholen. Ich wünsche allerdings, Minister Dr. Birkmann möge im Verlauf der Beratungen dieses Gesetzentwurfs noch zu später Einsicht gelangen und dazu fähig sein, über seinen Schatten zu springen. Allein, ich befürchte, es wird nicht passieren.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Kretschmer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Landesregierung, den wir heute in erster Lesung beraten, ist - das kann man meines Erachtens mit Fug und Recht sagen - nicht der große Wurf, nicht der große Wurf in Richtung auf mehr Mitbestimmung, Mitwirkung und Mitverantwortung der Thüringer Richter und Staatsanwälte bei der Gestaltung einer modernen und leistungsfähigen Justiz in Thüringen. Er hat deshalb bei den Richterinnen und Richtern sowie bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten unseres Freistaats in den wesentlichen Punkten heftige Kritik hervorgerufen bis hin zur unverhohlenen Androhung, notfalls eine verfassungsgerichtliche Überprüfung herbeizuführen.

Die Richterinnen und Richter haben nicht - das will ich gleich auf die Vorworte des Ministers antworten - weitgehend zugestimmt, sondern sie haben wörtlich ausgeführt, enttäuschend sei dieser Entwurf und weiterhin eine Verschlechterung, ich sage nicht Reduzierung, eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage stelle dieser Entwurf dar.

Um es gleich vorweg zu sagen, meine Damen und Herren, ich schließe mich gemeinsam mit meiner Fraktion dieser Beurteilung der Betroffenen an. Und ich füge hinzu, es handelt sich bei den Betroffenen um Richter und Staatsanwälte, um Rechtssachverständige, um Personen, die erst nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Urteil fällen, eine Entscheidung treffen, mit Sicherheit also nicht um Heißsporne, die im Affekt handeln. Diese zum Teil sehr heftige Kritik aus den Reihen der Richterschaft und der Staatsanwälte sollten wir, meine Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch aus diesem Grunde bei unseren weiteren Beratungen sehr sorgfältig beachten. Im Übrigen aber wiederhole ich nochmals meinen Appell aus den Beratungen vom 17. Mai zur Mäßigung der ersten Gewalt im Umgang mit der Judikative, der dritten Gewalt.

Kommen wir zu den einzelnen Vorschriften. Wir stimmen, meine Damen und Herren, fraktionsübergreifend darin überein, das Thüringer Richtergesetz muss novelliert werden nach sieben Jahren Praxis, die vom Aufbau einer rechtsstaatlichen Justiz geprägt sind und waren. Das Gesetz, da sind wir uns auch einig, hat sich bewährt. Aber wir haben eine neue Zeit. Und deshalb, meine Damen und Herren, zusätzlich zum Richtergesetz hält die SPD-Fraktion darüber hinaus, und das in Übereinstimmung, in ausdrücklicher Übereinstimmung mit den Richtern und Staatsanwälten, auch weiterhin unverrückbar daran fest, dass die Verfassungsnorm des Artikel 89 Abs. 2 erweitert werden muss, nicht nur erweitert in Richtung auf eine Teilhabe der Richter und Staatsanwälte an wesentlichen Entscheidungen im Bereich des Verfassungsorgans Judikative, vor allem aber auch an einem Ausbau der Mitwirkung des Richterwahlausschusses an den wesentlichen Personalentscheidungen. Auch hier geht es um mehr Transparenz. Die

jetzige Regelung, meine Damen und Herren, das hat die Praxis bewiesen, kann allenfalls als Placebo bezeichnet werden.

Die im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Regelungen des Thüringer Richtergesetzes laufen, und das muss man leider feststellen, in ihrer Gesamtheit auf eine Verschlechterung - wie die Richter und Staatsanwälte in ihrer Stellungnahme ausgeführt haben - der gegenwärtigen Rechtslage hinaus. Da stimmt die SPD-Fraktion voll inhaltlich mit den Thüringer Richtern und Staatsanwälten überein.

Ich will angesichts der Tatsache, dass wir uns in der ersten Lesung des Entwurfs befinden, nur auf einige wesentliche Punkte eingehen. Eine eingehende Diskussion der sicherlich anspruchsvollen Materie soll im Justizausschuss stattfinden. Der Entwurf berücksichtigt nach wie vor nicht in vollem Umfang die seit langem in der Diskussion befindliche, übrigens auch von den Richtern und Staatsanwälten geforderte Schaffung eines gemeinsamen Landesrichter- und Landesstaatsanwaltsrats als Stufenvertretung, als echte Stufenvertretung beim Justizministerium, sondern anstatt der derzeitigen Einrichtung, dass eben nicht sechs Einzelvertretungen angehört werden müssen.

Es ist natürlich klar, eine Bündelung der Interessenvertretungen soll verhindert werden. Ich gebe zu, Herr Minister, Sie haben den § 40 a vorgeschlagen, aber ich sage, das ist ein Aliud. Insoweit wird sicherlich die weitere Prüfung notwendig sein. Ich gehe davon aus, dass wir im Ausschuss insbesondere die Betroffenen noch einmal anhören und deren Meinung dazu hören werden. Ich halte es für notwendig, insbesondere in Anbetracht der Spezialität dieser Materie.

Kommen wir aber zu einem anderen Punkt: Das in § 44 des Entwurfs geregelte Beteiligungsverfahren der Richtervertretungen in der Minimalform der Erörterungspflicht muss den Protest der Richter und Staatsanwälte hervorrufen. Durch eine abweichende Regelung zum Thüringer Personalvertretungsgesetz soll hier eine absolute Verschlechterung der gegenwärtigen Mitbestimmungssituation, speziell für Richter und Staatsanwälte, herbeigeführt werden. Insoweit sind Ihre Ausführungen, Herr Minister, nicht völlig nachvollziehbar, denn Sie haben die Staatsanwälte da irgendwie vergessen bei Ihrer Argumentation.

Ich sehe für diese höchst einschneidende, ja willkürliche Maßnahme, keinen vernünftigen Grund. Ich kann nur warnen, auf diesem Weg weiter zu gehen. Es handelt sich um ein Zurückschneiden von demokratischen Rechten, wie sie in Artikel 37 Abs. 3 unserer Verfassung festgeschrieben sind.

(Beifall Abg. Schemmel, SPD)

Diese Reduzierung dann auch noch mit der richterlichen Unabhängigkeit zu rechtfertigen, ist nicht nur völlig abwegig, sondern letztlich eine Verhöhnung, eine Verhöh

nung insbesondere der Staatsanwälte.

Aus der sehr umfangreichen Stellungnahme des gemeinsamen Ausschusses der Hauptrichterräte und des Hauptstaatsanwaltsrats vom 25. 05. dieses Jahres lese ich, dass diese Seite bereits an eine verfassungsgerichtliche Überprüfung denkt. Ich warne inständig davor, es zu einer derartigen Auseinandersetzung zwischen Landesregierung und Richterschaft kommen zu lassen, und zwar sehenden Auges kommen zu lassen. Ich warne davor, diese Konfrontation überhaupt in die Überlegung mit einzubeziehen. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Sächsische Verfassungsgerichtshof, wie heute ja schon angesprochen worden ist, mit überzeugenden Gründen im Februar dieses Jahres inhaltlich gleiche Regelungen des Personalvertretungsgesetzes von Sachsen für nichtig erklärt hat.

Fassen wir also zusammen, meine Damen und Herren, der Entwurf sollte gemeinsam mit den bereits vorliegenden Entwürfen im Justizausschuss eingehend beraten werden. Die SPD-Fraktion beantragt deshalb die Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfs an den Justizausschuss. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Wolf zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist jetzt weit nach 12.30 Uhr. Als jemand, der mal um vernünftige Regelungen zur Redezeit gekämpft hat, gestatten Sie mir deswegen vielleicht doch die eine Bemerkung. Wir hätten jetzt, wenn wir die Tagesordnungspunkte 1 bis 7 so abgearbeitet hätten, wie es die Tagesordnung vorgesehen hat, 15 Stunden und 25 Minuten Debattenzeit hinter uns gebracht. Wir haben aber die Punkte 1 bis 7 in drei Stunden und 10 Minuten hinter uns gebracht.

(Unruhe bei der SPD)

So weit nur mal zu dem Popanz, der von Seiten der PDS und der SPD zur Änderung der Geschäftsordnung aufgeblasen wurde.

(Beifall bei der CDU)

Aber zum eigentlichen Thema. Wie bereits in den vergangenen Sitzungen angekündigt, liegt uns heute in der Drucksache 3/1642 der Gesetzentwurf zur ersten Änderung des Thüringer Richtergesetzes vor. Ich sage ausdrücklich, es ist der Gesetzentwurf zur ersten Änderung des vorliegenden Thüringer Richtergesetzes und auch gegen das jetzt geltende Richtergesetz hat noch niemand geklagt. Das vielleicht noch mal als Anmerkung an den Kollegen

Kretschmer, der auch für das geltende Recht ja eine ganze Zeit lang Verantwortung getragen hat. Wir gehen heute weit über das geltende Recht mit dem vorliegenden Entwurf hinaus.

(Beifall bei der CDU)

Die Beziehungen zum Personalvertretungsgesetz lassen den Termin der heutigen Einbringung nach Verabschiedung des geänderten Personalvertretungsgesetzes als sehr günstig erscheinen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Vorlage des Gesetzentwurfs zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes zeigt die Landesregierung auch auf dem Felde der Justizpolitik ihre Handlungsfähigkeit. Der Justizminister hat in seiner Einbringungsrede sehr ausführlich dargelegt, worum es dabei in der Sache im Wesentlichen geht. Zum einen werden die Möglichkeiten, die das Dienstrechtsreformgesetz mit sich gebracht hat, hiermit voll in unser Landesrecht umgesetzt. Wir haben vorhin gehört, dass jetzt auch für Beamte Teilzeit möglich ist, dass Altersteilzeit möglich ist. All dieses findet sich in dem uns vorliegenden Gesetzentwurf wieder.

Zum anderen werden die Beteiligungsrechte der Richter und Staatsanwälte angemessen erweitert. Sicherlich nicht so weit, wie es sich SPD oder PDS an der einen oder anderen Stelle wünschen, aber ein Kompromiss heißt, dass es ein Kompromiss ist und nicht unbedingt die vollständige Übernahme des Standpunkts der einen oder anderen Seite. Der Kompromiss ist eigentlich immer dann am besten, wenn beide Seiten nicht so ganz zufrieden sind.

Zunächst ist einmal festzuhalten, dass die Landesregierung diesen Entwurf, wie auch in den vergangenen Sitzungen schon angekündigt, nach intensiver Beratung mit den Richter- und Staatsanwaltsvertretungen und den Verbänden noch in der ersten Hälfte dieser laufenden Legislaturperiode dem Landtag vorlegt. Es ist die Bemerkung erlaubt, der Amtsvorgänger des heutigen Justizministers hat es in seiner gesamten Amtszeit nicht geschafft, einen entsprechenden Entwurf vorzulegen.

(Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: Ganz anders als...)

Lassen sie mich für die CDU-Fraktion drei wesentliche Punkte ansprechen, die mit der Novellierung einer Neuregelung zugeführt werden sollen.

Zum Ersten - die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses und dessen Aufgaben:

Für meine Fraktion begrüße ich ausdrücklich, dass auch zukünftig zwei Drittel der Mitglieder des Richterwahlausschusses Abgeordnete sein sollen. Damit würde der Forderung, die in den letzten Sitzungen sowohl von Seiten der PDS als auch von Seiten der SPD, speziell von der PDS

- Entschuldigung die SPD hat es nicht gefordert - aber die PDS hat es gefordert, den Richterwahlausschuss paritätisch mit Richtern und Abgeordneten zu besetzen. Wie ich meine, aus guten Gründen ist dies im Entwurf der Landesregierung nicht enthalten. Bei allem Respekt vor den richterlichen Mitgliedern des Richterwahlausschusses ist nach unserer Landesverfassung der Richterwahlausschuss eben kein Instrument der richterlichen Interessenvertretung. Die demokratische Legitimation können die auf Lebenszeit ernannten Richter nur von der Legislative, von den gewählten Abgeordneten des Thüringer Landtags erhalten. Deshalb geht es nicht an, die Zahl der Abgeordneten im Richterwahlausschuss herabzusetzen.

Aber auch die Forderung der PDS, die Verfassung zu ändern, weise ich erneut zurück. Meine Fraktion ist nicht bereit, ohne zwingenden Grund den regelmäßigen Forderungen der Opposition, sei es nun von SPD oder PDS, nachzukommen, unsere Verfassung regelmäßig zur Disposition zu stellen. Wir begrüßen, dass nach dem Entwurf der Landesregierung die drei richterlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses unmittelbar von den Richtern gewählt werden. Das ist demokratisch und schafft auch wesentlich mehr Transparenz und vor allen Dingen auch Vertrauen in die gewählten Vertreter der Richterschaft.

Sachgerecht ist es auch, dass weiterhin der für die jeweilige Gerichtsbarkeit verantwortliche Chefpräsident im Richterwahlausschuss vertreten ist, denn auch künftig wollen wir nicht auf seinen Sachverstand verzichten. Es überrascht auch nicht, dass gerade die PDS die Kompetenzen des Richterwahlausschusses ausweiten möchte. Das Motiv ist sicher durchsichtig. Die Einflussnahme auf Personalentscheidungen unter politischen Aspekten, das wollen wir, wir als CDU-Fraktion, nicht. Das lehnen wir ab.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Wir erst recht!)

Meine Fraktion spricht sich nachdrücklich gegen alle Überlegungen aus, die eine Gefahr der Politisierung der Arbeit des Richterwahlausschusses mit sich bringen könnte. Ich bedaure es deshalb sehr, dass die SPD nunmehr ebenfalls diese Forderung erhebt. Das ist umso erstaunlicher, weil der ehemalige Justizminister während seiner Amtszeit die Zuständigkeit des Richterwahlausschusses nicht verändern wollte. Er sah offensichtlich in der Regierungsverantwortung keinen sachlichen Grund für eine Verfassungsänderung. Diese Auffassung vertritt als alleinige Fraktion die CDU-Fraktion auch heute noch. Die Beteiligung des Richterwahlausschusses bei der Berufung der Richter in das Richterverhältnis auf Lebenszeit hat sich bewährt. Sie bedeutet, dass ein Richter auf Probe, der dann nicht die Zustimmung des Richterwahlausschusses findet, zu entlassen ist, weil nach den Bestimmungen des Deutschen Richtergesetzes - zum Nachlesen § 22 Abs. 2 Nr. 2 des Deutschen Richtergesetzes - das fehlende Vertrauen des Richterwahlausschusses in die Person des Richters einen Entlassungsgrund darstellt. Eine vergleichbare Rege

lung für Staatsanwälte gibt es aber nicht, so dass Staatsanwälte im Falle ihrer fachlichen Bewährung einen Ernennungsanspruch in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit hätten, auch wenn der Richterwahlausschuss ihrer Übernahme nicht zustimmen würde. Eine Ablehnung durch den Richterwahlausschuss hätte somit keinerlei Konsequenzen, es macht deshalb auch überhaupt keinen Sinn, wie von der SPD und PDS gefordert, die Zuständigkeit des Richterwahlausschusses auch auf Staatsanwälte zu erstrecken. Dieses Beispiel zeigt, dass die Forderungen von SPD und PDS nicht unbedingt durchdacht sind, sondern vor allem von dem Bestreben bestimmt sind, sich besonders der Berufsgruppe der Staatsanwälte anzudienen.

(Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD:... besser auszuarbeiten.)

Zum Zweiten: Der Regierungsentwurf erweitert die Befugnisse der Richter und der Präsidialräte. In einem Katalog von insgesamt 22 Beteiligungstatbeständen werden ihre Mitwirkungsrechte gesichert. Sie bestimmen - ich mache es jetzt nur beispielsweise, ich will nicht alles aufzählen - danach bei den Fragen, die die Gestaltung der Richterarbeitsplätze betreffen, bei den Fragen der Fortbildung und der Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen, bei Erlass von Beurteilungsrichtlinien, aber auch bei Abordnungen zur Erprobung an Obergerichte. Diese Aufzählung zeigt, dass die Beteiligung der Richter dort gewährleistet wird, wo diese sinnvoll und sachgerecht ist und die besondere Rechtsstellung der Richter entsprechend berücksichtigt wird. Der Katalog macht zugleich aber auch deutlich, dass eine weitergehend undifferenzierte Übertragung der personalvertretungsrechtlichen Regelungen auf die Richterschaft nicht der richtige Weg ist. Damit unterscheidet sich der Regierungsentwurf im Wesentlichen und, ich meine, vor allen Dingen zu Recht vom Entwurf der SPD und der PDS.

Meine Damen und Herren von SPD und PDS, Sie können doch nicht schlichtweg außer Acht lassen, dass Richter eine ganz andere Rechtsstellung haben als Beamte und Angestellte. Sie können doch nicht negieren wollen, dass Richter durch das Grundgesetz, die Verfassung des Landes sowie durch die Richtergesetze eine Unabhängigkeit besitzen, wie sonst kaum eine Berufsgruppe in Deutschland. Das ist gut so. Wir als CDU stehen voll dahinter und wir wollen auch, dass das in Zukunft so bleibt. Deshalb sind auch wir damals im Jahre 1993/94 dafür eingetreten, als wir die Artikel über die Rechtspflege - Artikel 86 bis 89 - in der Thüringer Verfassung erarbeitet haben.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, das heißt aber auch, dass Richter nicht im selben Maße schutzbedürftig sind wie die anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Ein Beamter beispielsweise kann, ich behaupte eigentlich mehr "könnte", jederzeit von seinem Dienstposten auf einen anderen umgesetzt werden. Diese Entscheidung trifft der Dienstvorgesetzte. Einem Richter können, wie der Minister zu Recht vorhin schon ausgeführt hat, andere Auf

gaben nur durch Beschluss des Präsidiums übertragen werden. Das Präsidium des Gerichts, das der Richter selbst einmal mitgewählt hat, entscheidet also über die Verteilung der Aufgaben, aber auch über die entsprechende Versetzung. Richter können auch nicht ohne ihre Zustimmung versetzt werden oder für mehr als drei Monate an ein anderes Gericht abgeordnet werden. Sie sind ebenfalls nicht im selben Maße in die Organisation des Gerichts eingegliedert wie etwa die Beamten und Angestellten der Justizverwaltung. Die Mitbestimmungsrechte des Personalvertretungsgesetzes, die gerade einen Ausgleich für diese Eingliederung, einen Ausgleich für das Über- und Unterordnungsverhältnis schaffen, sollen die Abhängigkeiten ausgleichen, denen aber der Richter nicht ausgesetzt ist und die auch in Zukunft überhaupt nicht vorgesehen sind. An der Unabhängigkeit der Richter soll in keiner Weise etwas geändert werden. Die Mitbestimmungsbefugnisse des Personalvertretungsgesetzes in so weit gehendem Maße, wie dies sowohl von der PDS als auch von der SPD gefordert wurde, auf Richter zu übertragen, wird da weder den Richtern noch der Stellung der Angestellten und Beamten des öffentlichen Dienstes gerecht. Für meine Fraktion begrüße ich es deshalb nachdrücklich, dass der Regierungsentwurf ausgewogen und auch passende Regelungen in dem Gesetzentwurf vorsieht, die die persönliche Unabhängigkeit der Richter entsprechend beachten.

Zum Dritten: Durch die Bildung eines gemeinsamen Ausschusses der Hauptrichterräte und des Hauptstaatsanwaltsrates - Kollege Kretschmer erwähnte schon den neuen § 44 a - nimmt die Landesregierung eine Anregung der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen und der Verbände auf. Damit wird eine Einrichtung geschaffen, in der soziale innerdienstliche Angelegenheiten, die sowohl Richter als auch Staatsanwälte betreffen, erörtert werden können. Aus gutem Grund unterscheidet sich aber diese Regelung im Regierungsentwurf weit von den Entwürfen der Opposition. In den Gesetzentwürfen von SPD und PDS erhält das auf der Ebene des Justizministeriums zu bildende Gremium Kompetenzen, die dann notwendigerweise zu Lasten der Hauptrichterräte gehen. Der Regierungsentwurf beschneidet jedoch nicht die Rechte der Hauptrichterräte, sondern eröffnet vielmehr noch eine zusätzliche Möglichkeit, Richter und Staatsanwälte gemeinsam berührende Fragen auf der Ebene des Ministeriums zu erörtern.