Natürlich hat Frau Zimmer Recht, wenn sie sagt, die Stimmung, die Zeichen der Zeit stehen auf dem Willen der Menschen zum Frieden, aber den Frieden wird man nicht sichern, indem man zu feige ist, sich einem Terroristen zu stellen und einem Diktator zu stellen.
Wie Sie gesprochen haben, Herr Döring, so haben die Parlamentarier in der französischen Nationalversammlung 1938 gesprochen.
Ich habe mich nur zu Wort gemeldet, um wenigstens deutlich zu machen, dass es im Gegensatz zu 1938 in der französischen Nationalversammlung heute in deutschen Parlamenten Menschen gibt, die wissen, dass der Frieden nur gesichert werden kann, wenn man vor Diktatoren, die vor nichts zurückschrecken, auf der Hut ist, und zwar rechtzeitig.
Meine Damen und Herren, natürlich - da hat Herr Döring doch völlig Recht - ist Bush nicht Amerika. Aber, meine Damen und Herren, es ist auch richtig, dass nicht Herr Bush, sondern eine ebenso überwältigende Mehrheit
in Amerika anders denkt, wie sie hier anders denkt. Das liegt ein bisschen daran, dass wir es sehr verlernt haben, aufeinander zu hören. Für mich ist Krieg verbunden mit dem Erlebnis von Stalingrad und Dresden. Für die amerikanische Öffentlichkeit von heute ist dieser Krieg verbunden mit dem Terroranschlag vom 11. September. Ich frage Sie einmal: Was würde in Deutschland sein, wenn vier Lufthansa-Maschinen auf das Brandenburger Tor, auf den Deutschen Reichstag und auf die Banktürme in Frankfurt gestürzt wären? Es wäre uns angemessen, auf allen Seiten ein bisschen mehr aufeinander zu hören und nicht,
weil man sich nicht mit Herrn Hussein auseinander setzt, ersatzweise mit dem amerikanischen Präsidenten auseinander zu setzen.
Ich habe nicht die Absicht, die Handlungen des amerikanischen Präsidenten zu verteidigen. Ich habe nicht den geringsten Grund dafür. Aber ich habe die Absicht, es mir nicht so leicht zu machen. Wenn große Mächte mit überwältigender Zustimmung in beiden Häusern, was Amerika betrifft, und auch mit der Zustimmung beispielsweise des englischen Unterhauses gehandelt haben,
dann kann man es sich nicht so einfach machen und hier, unwidersprochen jedenfalls, kann man dann nicht ertragen, eine solche Rede zu hören, Herr Döring, wie Sie sie gerade gehalten haben. Ich mache mir Sorgen um das Ende dieses Kriegs und um die Schrecken im Irak, aber ich habe vorhin deutlich gemacht und möchte das noch einmal tun, mehr Sorge mache ich mir um die Sicherheit Deutschlands in den nächsten Jahrzehnten. Es ist eine Politik eingeleitet worden, die uns aus allen Bündnissystemen vertreibt. Es hat guten Grund, warum die Bundesregierung und der deutsche Bundeskanzler nicht von Völkerrechtsbruch sprechen. Ich bin hier nicht dafür da, den Bundeskanzler zu verteidigen, aber jeder in diesem Saal weiß, dass er sich auf das Glatteis des Streits um Völkerrecht nicht begeben hat, weil die Konsequenzen für Deutschland katastrophal wären.
Die Zeichen der Zeit stehen in der Tat auf Friedenssehnsucht, aber die Zeichen der Zeit stehen auch darauf, dass man den Frieden verteidigen muss.
Ich erinnere auch nicht, Frau Zimmer, was Ihre Vorgänger in Sachen "Platz des Himmlischen Friedens" gesagt haben. Das weiß jeder hier im Saal, daran braucht man nicht zu erinnern.
Meine Damen und Herren, aber ich will mich selbst an das, was ich vorhin gesagt habe, halten. Ich bin fundamental anderer Meinung als Sie, Herr Döring. Ich erlaube mir das eindeutig zu sagen. Dies gefährdet Frieden und sichert nicht Frieden, was hier gesagt worden ist.
Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass man es sich so leicht machen darf, eine Erklärung, die nicht die Hintergründe und die nicht die Ursachen benennt, zu fassen, nur damit man eine gemeinsame Erklärung gefasst hat. Ich bin dafür, dass man nicht übertüncht, was besser nicht übertüncht wird. Trotzdem bedanke ich mich dafür, dass wir in einem Parlament sind, wo widersprochen wird und unterschiedliche Meinungen gesagt werden können. Auch das ist eine Voraussetzung für Zukunftssicherung.
Ich darf konstatieren, dass wir heute von Ihnen und von Ihnen, Herr Fraktionsvorsitzender Althaus, die Meinung der CDU zu der Frage eines Kriegs im Irak zur Kenntnis genommen haben, die zusammengefasst lautet: Ja, wir sind gegen den Krieg, ja, wir sind für den Krieg.
Das sollte die Thüringer Öffentlichkeit auch zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie hier die Rede meines Kollegen Döring kritisieren, die sicher von seiner pazifistischen Grundhaltung geprägt ist, dann möchte ich von meiner Seite ihm zunächst einmal meinen ganz großen Respekt für diese Rede zum Ausdruck bringen.
Aber was Sie beide, Herr Ministerpräsident und Herr Fraktionsvorsitzender Althaus, hier der Thüringer Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben haben, das kann man so unrepliziert nicht stehen lassen, das geht nicht.
Herr Ministerpräsident Vogel, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung, also in Ihrem ersten Beitrag, die im Übrigen in ihrer Form und von ihrem Inhalt, wie sie hier dargelegt worden ist, aus meiner Sicht obsolet gewesen ist, aber Sie haben dort davon gesprochen - ich zitiere Sie -, dass Sie beklagen oder bedauern, dass es keine gemeinsame Abwehrfront gegen Saddam Hussein im UNOSicherheitsrat gegeben habe. Ich frage Sie: Was meinen Sie mit Abwehrfront? Sollten Sie nicht lieber "Kriegsfront" formulieren? Eine Abwehrfront gegen Saddam Hussein auf der Basis weiterer UNO-Inspektionen hätte es sehr wohl gegeben, bis auf die USA, die von Anfang an keine weiteren Inspektionen wollte. Diesen Begriff der - das ist das Erste, was so nicht stehen bleiben kann - Abwehrfront, in welcher Hinsicht? Sie meinen, so wie Sie es dargestellt haben, Kriegsfront. Das ist der Punkt eins. Im Übrigen, Ihr Vergleich mit der Zeit aus dem Münchener Abkommen, mit der Zeit der 30er-Jahre, der ist genauso überflüssig,
wie das schon eine bekannte Fernsehjournalistin bei Ihrer verehrten Parteivorsitzenden festgestellt hat, das passt nun wirklich nicht in die Zeit.
Herr Althaus, wenn man Ihrer Argumentation folgen will, dann ist diese Argumentation von einer Grundhaltung geprägt, die außer von den USA, von Großbritannien und den jetzt am Krieg beteiligten Nationen von niemandem in der Welt so getragen wird. Das ist die Grundposition, dass von Saddam Hussein eine Bedrohung für die Welt, eine Bedrohung für die Vereinigten Staaten ausgeht, aktuell und zurzeit.
Ich muss mal einen Abstecher in die Vergangenheit machen. Sie wissen, dass 1998 die UNO-Inspekteure sozusagen von Saddam aus dem Land gejagt worden sind. Danach hat es punktuelle Bombenangriffe der USA auf Bagdad und andere militärische Ziele außerhalb dieser so genannten Flugverbotszone gegeben. Ich frage Sie ernsthaft, welches Bedrohungspotenzial, verglichen mit dieser Zeit, wenn man den 11. September an dieser Stelle mal ausnahmsweise ausblendet...