Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Drucksache 3/3204. Wer der Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Diese Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen.

So stimmen wir jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/2847 unter Berücksichtigung der eben abgestimmten Beschlussempfehlung ab. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Anzahl von Gegenstimmen ist diesem Gesetzentwurf zugestimmt worden.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Auch in der Schlussabstimmung ist diesem Gesetzentwurf mit Mehrheit zugestimmt worden. Ich kann den Tagesordnungspunkt 3 abschließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3078 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 3/3205 ZWEITE BERATUNG

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Panse. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes. Mit Beschluss des Thüringer Landtags vom 30. Januar 2003 wurde der eben genannte Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit federführend und an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat den Gesetzentwurf in seiner 36. Sitzung am 20. Februar 2003 und der Haushalts- und Finanzausschuss in seiner 48. Sitzung am 21. März 2003 beraten. Beide Ausschüsse empfehlen die Annahme des Gesetzentwurfs. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache und bitte als ersten Redner Herrn Abgeordneten Nothnagel ans Rednerpult. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Woche ist eine ganz besondere, um nicht zu sagen eine ganz tolle Woche für die Thüringer Menschen mit Behinderung. Ich würde nur sagen, das ist die Woche der Einsparungen. Aus dem Kabinett, wo der Öffentlichkeit am Montag der Wegfall eines Integrationsgesetzes...

(Unruhe bei der CDU)

Herr Fiedler, wollen Sie mir auch zuhören oder wollen Sie draußen weiterquatschen?

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sind Sie nicht ganz dicht oder was; ich höre die ganze Zeit zu.)

Na gut, ich habe Sie nur bis hierher gehört. Vielen Dank für das "nicht ganz dicht". Ich weiß nicht...

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Reden Sie deutlicher, Herr Abgeordneter.)

Herr Abgeordneter, einen kleinen Moment. Ich bitte inständig alle Abgeordneten, sich wieder an die Regeln dieses Hauses zu halten und solche Anwürfe wie eben

zu unterlassen. Ich will sie nicht wiederholen.

Danke. Aus dem Kabinett, wo der Öffentlichkeit am Montag der Wegfall eines Integrationsgesetzes bekannt gegeben wurde, welches an 300.000      dolmetscher scheitert, wie aus gut informierten Kreisen zu hören war, und nun heute am Donnerstag im Thüringer Landtag soll eine weitere Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes beschlossen werden. Das zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie top Thüringen für Menschen mit Behinderung wirklich ist. Wie Teilhabe, Selbstbestimmung und Gleichstellung für Menschen mit Behinderung in Thüringen umgesetzt werden, zeigte ja schon sehr deutlich die kürzlich im Kaisersaal stattfindende Eröffnungsfeier im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung 2003 für Thüringen. Thüringen ist das Schlusslicht hinsichtlich des Paradigmenwechsels in der Behindertenpolitik, auch wenn Sie, Herr Minister Dr. Pietzsch, immer mit dem Verweis auf die Thüringer Verfassung behaupten, dass Thüringen führend und fortschrittlich beim Thema "Behindertenpolitik" sei. Herr Minister, Sie irren hier gewaltig, denn den Alltag von Menschen mit Behinderung kann nur ein Landesgleichstellungsgesetz und Nachteilsausgleiche tatsächlich verbessern.

(Beifall bei der PDS)

Die Verfassung ist dabei nur der Anfang. Taten in Form von Gesetzen müssen nun endlich folgen. Tun Sie endlich etwas dafür und gehen Sie nicht nur zähneknirschend zu Pressekonferenzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will die Kritik der PDS-Fraktion an der Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes nochmals verdeutlichen. Das Drama begann bereits im Jahr 2000 in Vorbereitung des ersten Doppelhaushalts. Die Kritik nun im Einzelnen:

Die PDS-Fraktion, und dies habe ich bereits zur ersten Lesung hier gesagt, bezieht sich vor allem darauf, wie die erste Änderung zum Landesblindengeldgesetz im Herbst 2000 entstanden ist. In Windeseile wurde mit der Einbringung des Doppelhaushalts 2001/2002 im so genannten Haushaltsbegleitgesetz eine Vielzahl von Thüringer Leistungsgesetzen, wie auch das Thüringer Blindengeldgesetz, drastisch gekürzt. Da die Streichorgien vor gut zwei Jahren nur unter fiskalischen Aspekten gesehen wurden und es nur um eine Einsparung ging und eine inhaltliche Diskussion in den zuständigen Fachausschüssen aufgrund der bestehenden Mehrheiten in diesem Hause strikt abgelehnt wurde, ist es aus meiner Sicht kein Wunder, dass die fachlichen Aspekte, wie zum Beispiel die 18 verschiedenen Anrechnungsvarianten der Pflegebedürftigkeit auf das Blindengeld oder die gravierende Schlechterstellung von blinden pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen, nicht ausdiskutiert wurde. Herr Panse, erinnern Sie sich daran oder war das nur unsere Fantasie

und die Schlechtrederei der PDS?

2. Zu Beginn des Jahres 2003 kommt die zweite Novelle. Hier geht es um die Änderung in § 4 Abs. 2 ff., also um die Anrechnung von Leistungen aus der Pflegeversicherung nach dem SGB XI auf das Blindengeld. Der jetzige Gesetzentwurf soll eine verwaltungstechnische Vereinfachung der Anrechnung von Pflegeleistungen auf das Blindengeld bringen sowie eine Besserstellung von blinden pflegebedürftigen Kindern. Dieses Vorgehen wird von der PDS-Fraktion für gut gehalten und befürwortet, auch dass allen jetzigen pflegebedürftigen blinden Menschen Bestandsschutz zugebilligt wurde.

3. Der Bestandsschutz wird außer Kraft gesetzt, sobald es zu einer Höherstufung in der Pflegeversicherung kommt. Genau diesen Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, kritisiert meine Fraktion auf das Schärfste, weil es zukünftig zu einer finanziellen Schlechterstellung von blinden Menschen kommen kann. Ebenfalls kritisiere ich, dass keine Bereitschaft im Sozialausschuss vorhanden war, über diesen Fakt zu diskutieren und diese Befürchtungen zu beseitigen.

4. Meine Damen und Herren, in den Augen der PDSFraktion wird aufgrund dieses Gesetzes der harte Einsparungskurs zu Lasten von blinden pflegebedürftigen Menschen konsequent fortgesetzt. In der Begründung ihres Gesetzentwurfs ist zu lesen, dass aufgrund der pauschalen Anrechnung der häuslichen, teilstationären und Kurzzeitpflege auf das Blindengeld verbunden mit einer sachgerechten Leistung bei den Kindern sowie eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands es zu einer weiteren Kostenersparnis auf Seiten des Landes kommen wird, und zwar abermals in einer Höhe von 1 Mio.  Fraktion bleibt bei ihrer Kritik und wird diesem Gesetz nicht zustimmen. Wir sind uns dabei bewusst, dass der Thüringer Landesverband des Blinden- und Sehbehindertenverbandes keinen großen Widerstand gegen die erneute Änderung des Blindengeldgesetzes aufgebracht hat und keine Kritik verlauten ließ, was uns sehr verwundert und mich persönlich als behinderten Abgeordneten sehr enttäuscht und was ich sehr bedauere.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Panse, Sie haben als Nächster das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Abgeordneter Nothnagel, ich hatte gehofft, dass wir heute zu der Beratung uns relativ kurz fassen können, weil eigentlich die Fakten auf dem Tisch lagen und auch in den Ausschüssen die Gelegenheit bestand, dies zu diskutieren. Gleichwohl, das, was Sie hier gerade gesagt haben, erfordert es schon, dass man ein paar Sätze noch dazu er

läutert. Ich habe es vorhin gesagt, die Beratung in den Ausschüssen endete ohne Änderungsanträge und das hat wohl augenscheinlich seinen Grund gehabt. Denn das, was wir jetzt heute hier vorliegen haben, diese Gesetzesänderung, ist eine Verbesserung. Auch das haben Sie mit einem Halbsatz erwähnt, aber es ist eine Verbesserung vor allem gegenüber der bestehenden Rechtslage. Genau aus diesem Grund ist die Beratung im Ausschuss nicht nur relativ zügig gegangen, sondern in der Endkonsequenz auch ohne Änderungsanträge zu Ende gegangen. Wir haben, Sie hatten es angesprochen, im Ausschuss darauf verzichtet, eine zusätzliche Anhörung, eine mündliche oder schriftliche Anhörung, zu dieser Thematik vorzunehmen und das insbesondere deshalb, weil sowohl vom Blindenund Sehbehindertenverband als auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband schriftliche Stellungnahmen vorlagen, die genau dieses Gesetz nicht nur ertragen oder erdulden, sondern die dieses Gesetz und diese Gesetzesänderung, die wir hier vornehmen wollen, befürwortet und eingefordert haben. Da gehört es dazu, dass wir hier an dieser Stelle auch darauf hinweisen, wenn die Betroffenen genau diese Änderungen sich wünschen.

Wir haben im Übrigen die Gesetzesänderung in beiden Ausschüssen ohne Gegenstimmen verabschiedet, und das deswegen, weil, wie ich es eben gesagt habe, insbesondere drei Verbesserungen mit dieser Gesetzesänderung in Kraft treten. Zum einen, Sie haben es gesagt, wird die bisher bestehende Ungleichbehandlung zwischen erwachsenen Blinden und Kindern aufgehoben, die bis jetzt darin bestand, dass Kinder, die Blindengeld beziehen, zwar den Pflegebetrag nach der bestehenden Gesetzeslage komplett angerechnet bekommen würden, allerdings nur die Hälfte an Blindengeld bekommen würden. Dies wird aufgehoben. Sie werden künftig auch nur die Hälfte des Pflegebetrags angerechnet bekommen.

Zum Zweiten: Es ist gesagt worden und das ist eine Vereinfachung sowohl für die Betroffenen als auch für die Verwaltung, dass wir von den bisher 18 verschiedenen Anrechnungsarten auf vier Anrechnungsarten kommen werden.

Zum Dritten, auch das ist gesagt worden: Wir haben damit eine Besitzstandsregelung eingeführt, die verhindert, dass Blindengeldempfänger, die momentan Blindengeld bekommen, eine Schlechterstellung erfahren können. Und genau diese drei Gründe halte ich für wichtig und für richtig an diesem Gesetz, über das wir heute abstimmen werden.

Herr Abgeordneter Panse, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende meiner Rede können wir gerne darauf zurückkommen.

Gut.

Wir haben, und das habe ich gesagt, eine Verbesserung zur bestehenden Rechtslage, die ab 01.01.2003 in Kraft ist. Nun kann man darüber streiten, wann und zu welchem Zeitpunkt da vielleicht Fehler bei der Aufstellung, bei der ersten Änderung des Blindengeldgesetzes gemacht wurden. Mag sein, dass wir vor zwei Jahren, als wir das Blindengeld das erste Mal im Rahmen des Haushaltsbegleitantrags geändert haben, Entscheidungen getroffen haben, die wir heute verbessern können und heute verbessern müssen. Das ändert aber nichts daran, dass dieser Gesetzesänderungsantrag, der uns heute vorliegt, in seiner Form richtig, wichtig und notwendig ist.

Ich hatte inständig gehofft, dass Sie sich das Plenarprotokoll von der ersten Beratung noch einmal gründlich anschauen, dass vielleicht ein Stückchen von diesem Unverständnis, was es damals schon bei der PDS-Fraktion gab, aus der Welt geräumt werden konnte. Ich hatte auch gehofft, dass vielleicht im Ergebnis der Ausschussberatung, wo eben nicht mehr stundenlang diskutiert werden musste, dies das Ergebnis hätte sein können, das Sie ein Stückchen verstehen und akzeptieren, um was es bei dieser Gesetzesänderung geht. Ihre Rede eben hat deutlich gemacht, dass es Ihnen letztendlich mehr um eine Grundsatzkritik an den Gesetzen geht. Dass Sie hier in Ihrer Rede das Nichtzustandekommen des Integrationsgesetzes angeführt haben und dies zum Hauptpunkt ihrer Kritik gemacht haben, belegt dies eindeutig.

Ich habe bei der ersten Beratung schon gesagt, diese Gesetzesänderung ist ein Beispiel dafür, das geht an die Adresse der PDS, dass man sich solche Gesetzestexte erst anschauen und dann mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit treten sollte. Dann hätten Sie nämlich vielen blinden Menschen in Thüringen Unsicherheit und Verunsicherung ersparen können, die Sie mit Ihrer Kritik, mit Ihrer Fundamentalkritik, die Sie noch vor der ersten Beratung hier im Thüringer Landtag losgelassen haben. Dann hätten Sie eben diese Unsicherheit den blinden Mitbürgerinnen und Mitbürgern ersparen können und ersparen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Es steht im Gesetz drin, diese jetzige Regelung, die wir treffen, führt zu 300.000      momentan bestehenden Regelung, im Vergleich zu dem, was ursprünglich vor über zwei Jahren mit der Beschlussfassung zum Haushaltsbegleitgesetz damals als 1 Mio.

Einsparung beziffert wurde. Und diese 300.000   kosten, die jetzt zu Stande kommen, kommen aus den drei Gründen, die ich vorhin geschildert habe, zu Stande. Diese 300.000                eine Verbesserung zur bestehenden Gesetzeslage für die blinden Mitbürgerinnen und Mitbürger dar.

Herr Nothnagel, Sie haben in der ersten Beratung hier im Thüringer Landtag angekündigt, dass wir gegebenenfalls im Ausschuss über das Thema intensiv diskutieren können, dass wir gegebenenfalls dann auch das Gesetz besser machen könnten, Änderungen einfügen könnten. Dies alles ist nicht geschehen. Daraus schließe ich, dass wir diese Gesetzesänderung, die wir heute zur Beratung und zur Beschlussfassung vorliegen haben, durchaus so bewerten können, dass sie zustimmungsfähig für alle Seiten hier in diesem Haus sein könnte.

(Beifall bei der CDU)

Es gab keine Änderungsanträge, es gab breite Zustimmung in beiden Ausschüssen. Es gab in beiden Ausschüssen, sowohl im Haushalts- und Finanzausschuss als auch im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, keine Gegenstimmen zu diesem Gesetz. Ich wünsche mir, dass wir auch hier im Parlament mit breiter Mehrheit diese Gesetzesänderung jetzt verabschieden. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt war noch die Frage offen, Herr Abgeordneter Panse? Sie beantworten sie. Bitte, Herr Abgeordneter Nothnagel.

Herr Panse, gestatten Sie mir zwei Nachfragen. Das eine betrifft die Stellungnahmen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Landesverbandes der Blinden und Sehbehinderten. Wem lagen die vor?

Die lagen uns allen vor, die sind im Ausschuss allen Ausschussmitgliedern ausgehändigt worden. Also insofern gehe ich davon aus, dass sie auch Ihnen zwischenzeitlich vorliegen müssten.