Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

(Beifall DIE LINKE)

aber zu den Inhalten später dann noch ein paar Bemerkungen. Lassen Sie mich zunächst ein paar Gedanken zu unserem eigenen Gesetzentwurf sagen. Im Herbst und Winter 2006 haben wir uns in diesem Hause monatelang mit der Novellierung der Hochschulgesetzgebung befasst. Eine der am heftigsten umstrittenen Neuregelungen sowohl parlamentarisch als auch öffentlich war seinerzeit die Einführung des Verwaltungskostenbeitrages. Die Landesregierung, allen voran Kultusminister Goebel, hatte damals argumentiert, mit der Erhebung dieser Gebühren soll ein wie auch immer gearteter zusätzlicher Verwaltungsaufwand an den Hochschulen abgedeckt werden. Worin dieser zusätzliche Verwaltungsaufwand bestand, konnte man damals nicht erklären, konnte man bis heute nicht erklären, ist nach wie vor im Raume stehend. Daher bin ich aber auch dem Kollegen Schwäblein nach wie vor dankbar, dass er in der damaligen Diskussion offen benannte, worum es der CDU zum damaligen Zeitpunkt mit der Erhebung der Verwaltungsgebühren eigentlich gegangen war. Herr Schwäblein wandte sich ja hier im Plenum vehement gegen den Verwaltungskostenbeitrag, aber nicht etwa, weil er den Weg für allgemeine Studiengebühren bereite, sondern weil er auf diesem Wege nicht weit genug voranschreite. Wäre es seinerzeit nach Herrn Schwäblein gegangen, so hätten die Studierenden sofort allgemeine Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester zahlen müssen. Damit ist für alle klar geworden zum damaligen Zeitpunkt: Die neue Verwaltungsgebühr ist nichts anderes als eine Studiengebühr light - ein bloßes Einfallstor in Richtung Erhebung allgemeiner Studiengebühren. Aber seitdem haben sich die Zeiten glücklicherweise geändert und die Landesregierung ist zu der späten, aber doch zu der Einsicht gelangt, dass die Einführung allgemeiner Studiengebühren kontraproduktiv für den Hochschulstandort Thüringen ist. Dass diese Erkenntnis nichts damit zu tun hat, dass die Studiengebühren schlichtweg unsozial sind, sondern bloßen Nützlichkeitserwägungen geschuldet sind - Stichwort Hochschulpakt 2020 -, sei dahingestellt. Ministerpräsident und Kultusminister haben jedenfalls wiederholt öffentlich erklärt, dass es im Freistaat auch künftig keine Studiengebühren geben wird. Das kann man natürlich nur begrüßen und ich hoffe, dass diese Aussage auch über das Jahr 2009 hinaus Bestand hat. Aber man muss auch klar sagen, dass damit die von uns ja schon im Winter 2006 bezweifelte Notwendig

keit, einen Verwaltungskostenbeitrag zu erheben, selbst aus Sicht der CDU nicht mehr gegeben sein kann. Hier, Herr Minister, widerspreche ich Ihnen vehement. Wenn das so ist, dann muss man aber auch so konsequent sein und den ersten Schritt in Richtung allgemeine Studiengebühren wieder rückgängig machen. Dann muss man diese unsägliche Verwaltungsgebühr schleunigst abschaffen. Genau darauf zielt unser Gesetzentwurf ab.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich bin jetzt schon gespannt, wie sich die Mehrheitsfraktion zu unserer Vorlage positionieren wird. Ihre Ausführungen haben mich allerdings sehr pessimistisch gestimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich einen zweiten Punkt nennen, der aus Sicht meiner Fraktion gegen die weitere Erhebung des Verwaltungskostenbeitrags spricht. Dessen Einführung hat an den Hochschulen bekanntlich für beträchtliche Unruhe gesorgt. Davon zeugen die zwei großen Studentendemos, die hier vor dem Landtag Ende 2006 stattgefunden haben. Davon zeugt der Gebührenboykott im vergangenen Jahr und davon zeugt auch das vor dem Verwaltungsgericht Weimar geführte Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation bei Nichtzahlung des Verwaltungskostenbeitrags. Am 29.05.2008 hat das Verwaltungsgericht eine derartige Exmatrikulation für unrechtmäßig erklärt. Seitdem wird in der Thüringer Studentenschaft über einen erneuten Gebührenboykott diskutiert und dazu aufgerufen. An einigen Hochschulen ist er sogar bereits angelaufen. Wer sich noch an den letzten Boykott erinnert und noch im Gedächtnis hat, wie angespannt damals die Situation an den Hochschulen war, mit welch harten Bandagen und juristisch fragwürdigen Argumentationen das Kultusministerium seinerzeit gegen die Studierenden vorgegangen ist und welche Reaktionen das mitunter hervorgerufen hat, der weiß, dass eine rasche Streichung des Verwaltungskostenbeitrags die richtige Antwort ist, um den Rechtsfrieden an den Hochschulen endlich wiederherzustellen. Wie die Studierenden über den Verwaltungskostenbeitrag denken, zeigt das Ergebnis einer Unterschriftensammlung der Juso-Hochschulgruppe an der FSU Jena und an der Uni Erfurt, die gestern und vorgestern in zwei Tagen 1.200 Unterschriften für die Abschaffung des Verwaltungskostenbeitrags gesammelt haben. Dies signalisiert unserer Fraktion deutlich die Unterstützung der Studenten für unseren Gesetzentwurf. Herr Minister, ich freue mich, Ihnen im Anschluss an meine Rede diese Unterschriften übergeben zu können. Ich hoffe, sie bewirken bei Ihnen das erforderliche Umdenken, aber wie schon mehrfach gesagt, nach Ihren Ausführungen habe ich hier wohl jede Hoffnung verloren.

(Beifall SPD)

Das, was sich die Landesregierung und die CDUFraktion geleistet haben und worauf ich später noch einmal kurz eingehe, nämlich einfach § 69 des Hochschulgesetzes dergestalt abzuändern, dass künftig eine Zwangsexmatrikulation bei Nichtzahlung des Verwaltungskostenbeitrags rechtlich abgesichert möglich wird, halte ich dagegen für ein Armutszeugnis. Anstatt sich inhaltlich mit den Gründen des Gebührenboykotts auseinanderzusetzen, anstatt eine eigene Fehlentscheidung einzugestehen, ist Ihr einziges Bestreben, meine Damen und Herren von der CDU, den aufkommenden Protest brutalstmöglich und bereits im Keim zu ersticken. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf Ihr Demokratieverständnis und Ihre Fähigkeit, sich berechtigter Kritik zu stellen. Doch dazu später noch mal mehr.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist aber keine Überraschung.)

Dass die Novellierung des § 69 von der CDU-Fraktion dann auch noch im Zusammenhang mit einer ganz anderen Gesetzesmaterie, der Verabschiedung des Bibliotheksgesetzes, und damit quasi in der Grauzone der Landtagsgeschäftsordnung betrieben wurde, ist für mich der Gipfel der Unverfrorenheit. Ich kann an dieser Stelle nur sagen, meine Damen und Herren von der Unionsfraktion, Sie hätten sich damit einen Bärendienst erwiesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum letzten Punkt meiner Argumentation gegen die Weiterexistenz der Verwaltungsgebühr. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Hochschulgebühren- und -entgeltgesetzes sieht vor, dass der Verwaltungskostenbeitrag von den Hochschulen für die Verwaltungsleistungen erhoben wird, die sie für die Studierenden außerhalb der fachlichen Betreuung erbringen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 zählen zu diesen Verwaltungsleistungen insbesondere Leistungen im Zusammenhang mit der Immatrikulation, Beurlaubung, Rückmeldung, Exmatrikulation, Hochschulzulassung, Leistungen bei der allgemeinen Studienberatung, Leistungen der Auslandsämter sowie Leistungen bei der Vermittlung von Praktika, der Förderung des Übergangs in das Berufsleben. Soweit die klaren Gesetzesbestimmungen. Was aber passiert an den Hochschulen tatsächlich mit den Einnahmen? Antwort darauf geben uns die Ausführungen des Kultusministeriums zur Kleinen Anfrage 4/2330. Nach Angabe des Ministeriums nutzt etwa die TU Ilmenau die Einnahmen grundsätzlich zur Finanzierung aller der Hochschule obliegenden Aufgaben, während die Bauhaus-Universität Weimar als Mittelverwendung unter anderem Unterstützung einer studentischen Galerieinitiative angibt, die Fachhochschule Erfurt beispielsweise Kinderbetreuung von Studierenden

sowie die Förderung des Hochschulsportvereins benennt und die Mittel an der Fachhochschule Nordhausen unmittelbar Lehre und Forschung zugute kommen. Damit ich nicht falsch verstanden werde, das alles sind unbestritten wichtige Vorhaben der Hochschulen, aber es ist für mich äußerst zweifelhaft, ob es sich dabei tatsächlich um Verwaltungsleistungen im Sinne der von mir vorhin zitierten Gesetzesbestimmungen handelt. Herr Minister, darüber sollten Sie einfach einmal in Ruhe nachdenken, anstatt uns hier dazu aufzufordern, unseren Antrag zurückzuziehen. Aber die Arroganz in Ihren Ausführungen hat eine neue bedauerliche Qualität in diesem Hause erreicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Er lässt mich an Ihrer Fähigkeit zweifeln, über andere Gedanken nachdenken zu können. Ich hoffe nur, dass Frau Kaschuba nicht recht behält, dass die Mutation von Veranstaltung zu Veranstaltung steigt, weil ich ansonsten befürchte, dass Sie spätestens zum Weihnachtsplenum hier hereingeschwebt kommen, weil Sie jegliche Bodenhaftung verloren haben, Herr Minister.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Aber wieder zurück zum Inhalt. Man bekommt den Eindruck, dass die Hochschulen die eingenommenen Gebühren zur Stopfung aller möglichen Haushaltslöcher nutzen, die ihnen die jahrelange Unterfinanzierung durch das Land gerissen hat. Ich verstehe ja, dass den Hochschulen offenbar kein anderer Ausweg aus der von der Landesregierung verschuldeten Finanzmisere möglich ist. Rechtlich ist die Situation jedoch ziemlich brisant. Ich kann mir gut vorstellen, was passiert, wenn ein von der Erhebung der Verwaltungsgebühr betroffener Student unter Hinweis auf deren doch recht zweifelhaften realer Verwendung den Klageweg einschlägt. Bei dem inzwischen ja schon des Öfteren unter Beweis gestellten übergroßen juristischen Sachverstands des Kultusministeriums wird es wohl dann die nächste Gerichtspleite für die Landesregierung geben.

(Beifall SPD)

Mit etwas Glück werden die Richter sogar die Belastungen der Studierenden mit dem Verwaltungskostenbeitrag generell infrage stellen, so dass auf das Land anschließend die nächste Rückzahlungswelle zurollen wird. All das können Sie dem Land, sich selbst und uns allen hier ersparen, meine Damen und Herren von der CDU. Unser Gesetzentwurf zeigt Ihnen einen gangbaren Weg dafür auf. Er sieht zum einen die Streichung des Verwaltungskostenbeitrags vor, zum anderen sollen jene Studenten, die bereits die Verwaltungsgebühr für das

kommende Wintersemester bezahlt haben, die Rückerstattung bekommen. Beides bringt natürlich Kosten für das Land mit sich, das ist klar. Durch die von uns angestrebte Gesetzesänderung ergäben sich Mindereinnahmen bei den Hochschulen sowie für den Landeshaushalt im Umfang von jeweils rund 2,5 Mio. € jährlich. In den Haushaltsjahren 2008/2009 können den Hochschulen die weggefallenen Einnahmen aus der Erhebung des Verwaltungskostenbeitrags vom Land im Haushaltsvollzug jedoch ohne Weiteres zur Verfügung gestellt werden. Dass im Landeshaushalt noch genügend finanzieller Spielraum vorhanden ist, zeigt schon allein die Tatsache, dass die Landesregierung die Ausfinanzierung der durch den Wechsel zur Vollzeitverbeamtung notwendig werdenden 1.000 zusätzlichen Lehrerstellen ebenfalls im Haushaltsvollzug realisieren will, und hierbei fallen nach Angaben des Kultusministeriums jährlich Zusatzkosten von über 10 Mio. € an. Wer solch eine Summe locker aus einem angeblich bereits wie eine Zitrone ausgequetschten Landeshaushalt herausholen kann, dem wird es auch gelingen, ohne größere Mühen den Wegfall des Verwaltungskostenbeitrags zu kompensieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass die Einführung des Verwaltungskostenbeitrags ein schwerwiegender politischer Fehler war. Dafür gilt es die Konsequenz zu ziehen und die kann nur heißen: schnellstmögliche Streichung der neuen Gebühren. In diesem Sinne bitte ich Sie um eine ernsthafte Beratung unseres Gesetzentwurfs und um dessen Überweisung an den Wissenschaftsausschuss, damit wir dort in die Detaildiskussion eintreten können.

Damit komme ich zu den beiden Gesetzentwürfen der LINKEN. Zunächst zum TOP 13 a, dem verfassungsändernden Gesetzentwurf. Als ich dieses Papier in die Hände bekommen habe, ist mir spontan Erich Honeckers trotzige Fehlprognose „Totgeglaubte leben länger“ eingefallen. Vor etwas mehr als drei Jahren hat die damalige PDS nämlich bereits eine ganz ähnliche Verfassungsinitiative gestartet und damit hier im Plenum ziemlichen Schiffbruch erlitten. Das hat seinerzeit aus Sicht meiner Fraktion nichts etwa mit der völlig richtigen Intention der Vorlage, nämlich ein Verfassungsverbot für die Einführung allgemeiner Studiengebühren festzuschreiben, zu tun gehabt, sondern mit dem von der PDS gewählten Gesetzestext. Er enthielt derart unpräzise Formulierungen, dass mit seiner Realisierung weit über das eigentliche Ziel hinausgeschossen worden wäre. Die neue Initiative heilt jedoch die Schwächen der früheren Vorlagen nur scheinbar. Artikel 28 Abs. 1 der Landesverfassung soll nun um folgenden Satz 3 ergänzt werden: „Der freie, gleiche und unentgeltliche Zugang zu allen Bildungs- und Informationsangeboten und Einrichtungen der Hochschule wird

gewährleistet.“ Das klingt natürlich erst einmal gut, auch wenn mir nicht so recht klar ist, was sich konkret hinter den Bildungs- und Informationseinrichtungen der Hochschule verbirgt. Das kann nämlich so gut wie alles sein, bis hin zum jeweiligen Hochschulrechenzentrum. Aber das nur nebenbei. Mir geht es vornehmlich darum, aufzuzeigen, dass auch bei den neuen Formulierungen der Teufel im Detail steckt. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist die Rede von einem freien, gleichen und unentgeltlichen Zugang zu allen Bildungs- und Informationsangeboten der Hochschulen. Ich nehme an, dass damit insbesondere die von den Hochschulen angebotenen Studiengänge gemeint sind. Dazu kann ich nur feststellen, dass es einen derartigen freien und gleichen Zugang zu den Hochschulstudiengängen in Deutschland nicht gibt und es ihn auch gar nicht geben kann. Ein solches Postulat steht nämlich eindeutig im Widerspruch zu der Tatsache, dass ein Studium an staatlichen Hochschulen nur dann aufgenommen werden kann, wenn auch der Nachweis der dafür erforderlichen Qualifikation erbracht wird, also eine Hochschulzugangsberechtigung vorliegt. Nun kann man sich sicherlich dafür einsetzen, den Zugang zum Studium stärker als bisher von der Formalqualifikation Abitur zu lösen und auch andere beruflich erworbene Mindestqualifikationen als gleichwertige Studienvoraussetzung anzuerkennen. Bundesarbeitsminister Scholz hat dafür ja in den vergangen Tagen ganz vernünftige Vorschläge auf den Tisch gelegt. Aber wollen Sie, meine Damen und Herren von der LINKEN, ernsthaft die Hochschulzugangsberechtigung gänzlich unter den Tisch fallen lassen? Für mich ist das nichts anderes, als das Kind mit dem Bade auszuschütten.

(Beifall CDU)

Darüber hinaus hebelt ein derartig freier und gleicher Zugang sämtliche Zulassungsbeschränkungen für einzelne Studiengänge bzw. Studienfachkombinationen aus. Er macht zudem Eignungsfeststellungsverfahren der einzelnen Hochschulen, wie sie § 62 des Thüringer Hochschulgesetzes vorsieht, unmöglich. Wollen wir das wirklich? Für meine Fraktion kann ich darauf mit einem klaren Nein antworten. Bis zur Einreichung des heute behandelten Gesetzentwurfs bin ich zudem davon ausgegangen, dass DIE LINKE eine ähnliche Position einnimmt, denn schließlich hat sie im September vergangenen Jahres dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen, bei dem es um das Vergabeverfahren bei bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen geht, ohne jede Einschränkung zugestimmt. Aber ich bin sicher, dass sich dieser Widerspruch in Zukunft doch noch aufklären wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit komme ich zum nächsten Punkt. Ebenso kontraproduktiv

wäre die Festschreibung eines gänzlich unentgeltlichen Zugangs zu allen Bildungs- und Informationsangeboten und Einrichtungen der Hochschule. So etwas hätte nämlich nicht nur zur Folge, dass keine allgemeinen Studiengebühren eingeführt und keine Verwaltungskosten sowie Langzeitstudiengebühren mehr erhoben werden dürfen. Über diese Forderung können wir uns gerne unterhalten, da sind wir nicht weit auseinander. Unentgeltlicher Zugang bedeutet aber auch, dass die Hochschulen künftig auf jegliche Immatrikulations-, Verwaltungs-, Weiterbildungs-, Gasthör-, Sprachprüfungs-, Verfahrens- und Säumnisgebühren sowie in ihren Hochschulbibliotheken auf Leihgebühren verzichten müssten. Dann dürfte beispielsweise in den Hochschulbibliotheken fortan keine Fernleihgebühr mehr erhoben werden. Und was passiert dann? Steigt Thüringen dann aus dem deutschen Fernleihverbund aus? Bekommen Thüringer Studenten dann keine Bücher mehr aus Hochschulbibliotheken jenseits der Landesgrenze? Über solche Konsequenzen muss man sich im Klaren sein, wenn man mit derart schwammigen Formulierungen operiert, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN.

(Beifall CDU)

Die Verfassungsinitiative schießt aber nicht allein weit über das Ziel hinaus, sie steht auch im Widerspruch zu dem von den LINKEN vorgelegten zweiten Gesetzentwurf. Dieser sieht eine Änderung von § 16 des Thüringer Hochschulgesetzes vor. Demnach soll künftig die Benutzung von Einrichtungen der Hochschule mit Bezug zu den Informations- und Bildungsangeboten, insbesondere der Hochschulbibliotheken, entgeltfrei sein. Zudem soll das gesamte Hochschulgebühren- und -entgeltgesetz, in welchem die Erhebung des Verwaltungskostenbeitrags und von Langzeitstudiengebühren festgeschrieben ist, aufgehoben werden. Gleichzeitig wird im Gesetzentwurf der LINKEN aber auch festgelegt, dass die Hochschulen für sonstige öffentliche Leistungen, die im Zusammenhang mit dem Studienbetrieb erbracht werden, weiterhin Gebühren und Auslagen erheben können. Mit dem in der angestrebten Verfassungsänderung postulierten generellen unentgeltlichen Zugang zu allen Bildungs- und Informationsangeboten und Einrichtungen der Hochschule hat das jedoch nicht mehr viel zu tun, denn die Erhebung von Immatrikulations-, Verwaltungsverfahren- und Säumnisgebühren würde bei einer Realisierung des zweiten Gesetzentwurfs auch in Zukunft möglich sein. Wie soll man das nun wieder verstehen, als Bekenntnis zu einer realistischeren Sicht der Dinge, oder ist der Widerspruch den Verfassern gar nicht erst aufgefallen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um es auf den Punkt zu bringen, meine Fraktion sieht er

heblichen Diskussions- und Änderungsbedarf bei den beiden Initiativen der LINKEN. Gut gemeint ist eben nicht automatisch deshalb gut gemacht, daher beantrage ich seitens der SPD die Überweisung auch dieser Vorlagen an den Wissenschaftsausschuss.

Nun noch einige Worte zum Gesetzentwurf des Kultusministeriums: Aus meiner bisherigen Zeit hier im Landtag bin ich ja schon einiges an Initiativen der Landesregierung gewöhnt. Das Sammelsurium, das uns dieses Mal aber vom Kultusministerium als Gesetzentwurf vorgelegt worden ist, schlägt mühelos manch andere Absonderlichkeit der Ministerialbürokratie. Grob gesagt zerfällt der Entwurf in drei Teile, einer davon ist durchaus vernünftig, der zweite aber unnötig und der dritte schlichtweg indiskutabel. Aus diesem Grund werde ich auch nicht allzu viele Worte zu dieser Novellierung verlieren, denn eigentlich gehört ein solches Stückwerk nicht in das Parlament.

Lassen Sie mich zunächst mit dem Positiven, dem ersten Teil der Vorlage, beginnen. Meine Fraktion unterstützt die im Gesetzentwurf beabsichtigte Vereinheitlichung des Thüringer Hochschulzulassungsrechts, das derzeit über verschiedene Gesetze und Verordnungen verstreut festgeschrieben ist. Wir erkennen ebenfalls an, dass es die durch den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 22. Juni 2006 eingeräumte Kompetenz, Kapazitätsermittlungs- und Festsetzungsverfahren in örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen künftig eigenständig zu regeln, landesgesetzlich zu nutzen gilt. Hier muss es verständlicherweise zu Rechtsetzungen kommen. Auch wenn man über das eine oder andere Detail der von der Landesregierung geplanten Bestimmungen sicherlich noch diskutieren kann, ist unbestritten Regelungsbedarf vorhanden. An anderer Stelle des Gesetzentwurfs können wir das hingegen nicht erkennen. Dort ist vorgesehen, aus verschiedenen Bestimmungen des Thüringer Hochschulgesetzes die Bezugnahme auf das Hochschulrahmengesetz des Bundes zu streichen. Begründet wird dies mit dem zum 1. Oktober 2008 geplanten Außerkrafttreten des Hochschulrahmengesetzes. Der von der Bundesregierung erarbeitete Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes ist jedoch vom Bundestag überhaupt nicht verabschiedet worden. Er liegt derzeit zur weiteren Beratung in den zuständigen Bundestagsausschüssen; einen Termin für die zweite und dritte Lesung im Plenum gibt es nicht. Wir haben uns diesbezüglich eigens beim Bundestag rückversichert und, Herr Minister, ich bin etwas verwundert, Sie haben bis vor Kurzem selbst noch im Bundestag im zuständigen Ausschuss gesessen, eigentlich müsste Ihnen das bekannt sein, dass es zum 01.10. kein Inkrafttreten dieses Gesetzes geben wird und es darf bezweifelt werden, ob überhaupt in der jetzigen Legislaturpe

riode des Bundestages dieses Gesetz noch verabschiedet wird. Solange dies aber nicht erfolgt ist, ist das Hochschulrahmengesetz weiterhin in Kraft, es bedarf also vorerst auch nicht der genannten Streichungen im Thüringer Hochschulgesetz. Was soll also das Novellierungsvorhaben der Landesregierung an dieser Stelle? Lassen Sie uns darüber reden, wenn es an der Zeit ist.

Dass Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, das Hochschulrahmengesetz nicht schmeckt und auch noch nie geschmeckt hat, ist ja kein Geheimnis, solange solch ein Bundesgesetz aber besteht, ist auch Thüringen juristisch an dessen Norm gebunden. Da können Sie nicht einfach die notwendigen Bezugnahmen auf das Hochschulrahmengesetz aus dem Landesrecht streichen, Herr Müller. An dieser Stelle besteht derzeit also überhaupt kein Regelungsbedarf und ich verstehe beim besten Willen nicht, was das Kultusministerium hier vom Landtag will.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man diesen Teil des Gesetzentwurfs noch als handwerkliche Schlamperei verbuchen, ist dessen letzter Schwerpunkt eine pure hochschulpolitische Provokation. Ich meine natürlich die angestrebte Änderung des § 69 des Thüringer Hochschulgesetzes. Ebenso wie die CDU-Fraktion, die ja schon Rechtswidriges im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Bibliotheksgesetzes vorhatte, soll mit der Ergänzung des § 69 künftig eine Zwangsexmatrikulation bei Nichtzahlung des Verwaltungskostenbeitrags rechtlich abgesichert möglich werden. Das ist offenbar das Einzige, was Ihnen zum Gebührenboykott der Studierenden einfällt, meine Damen und Herren von der CDU; Einschüchterungsversuche, Drohungen und diktatorische Weisungen, das ist die Sprache des Kultusministeriums, wenn es darum geht, dass Thüringer Studenten ihre Interessen vertreten und sich gegen weitere finanzielle Hürden an Hochschulen wenden.

(Beifall SPD)

Staatssekretär Bauer-Wabnegg hat uns dazu im vergangenen Jahr mit seinen Ausführungen bei einer Aktuellen Stunde ein beredtes Beispiel geliefert. Die geplante Änderung des § 69 zeigt, dass die Union seitdem nichts dazugelernt hat. Sie ist nach wie vor nicht bereit, sich inhaltlich mit den Gründen des Gebührenboykotts auseinanderzusetzen, sie ist noch immer nicht willens, sich eine eigene Fehlentscheidung, nämlich die Einführung des Verwaltungskostenbeitrags, einzugestehen und hier endlich zu einer Korrektur zu kommen. Stattdessen wird erneut eine Drohkulisse gegen die Studierenden aufgebaut, es wird erneut die Kommunikation mit den Betroffenen verweigert, es wird erneut die Stimmung an

den Hochschulen schöngeredet und die Erde zur Scheibe erklärt. Wir halten eine derartige Diskussionsverweigerung für den falschen Weg und haben daher einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Verwaltungsgebühr in den Landtag eingebracht. Vielleicht geschieht ja das Wunder und die Eingebung von oben - sei es nun göttlicher Natur oder schlicht aus der Staatskanzlei kommend - sorgt für ein Einlenken der CDU, bei der unsere Novelle doch noch Zustimmung finden wird. Das wäre der richtige Weg, mit den berechtigten Anliegen der Studierenden umzugehen.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: In seiner jetzigen Form ist der vorliegende Gesetzentwurf für meine Fraktion inakzeptabel. Er schafft teilweise Regelungen, wo überhaupt kein Regelungsbedarf besteht, und er gibt die falsche Antwort auf den Gebührenboykott. Daher wäre es am besten, die Novelle in Ihrem ministeriellen Papierkorb zu versenken, Herr Müller. Diesen Gefallen wird uns die Landesregierung aber vermutlich nicht tun und so steht dem Wissenschaftsausschuss einiges an Reparaturarbeit bevor. Ich danke Ihnen und darf Ihnen noch die Unterschriften geben.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Schwäblein zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ursprünglich wollte ich mit dem Satz beginnen, die beiden Oppositionsentwürfe heute gehen vom Leitsatz aus „Freibier für alle“. Damit ist eigentlich alles erklärt, aber ich finde, es greift etwas zu kurz, deshalb möchte ich gern mit einem Zitat beginnen. Deswegen ist der Zettel dabei, nicht dass Sie sich wundern.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Deswegen kommen Sie um das Zitat trotzdem nicht umhin, Sie werden vielleicht verstehen, warum ich es vortrage. Es heißt in meinem Zitat, Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung: „Die Hochschulen können durch Satzungen Gebühren für die Benutzung ihrer Einrichtungen und die Verwaltungsleistungen erheben. Anlässlich der Immatrikulation und jeder Rückmeldung erheben die Hochschulen Verwaltungsgebühren in Höhe von 50 € je Semester für Verwaltungsleistungen, die sie für die Studierenden im Rahmen der Durchführung des Studiums außerhalb fachlicher Betreuung erbringen. Hierzu zählen Verwaltungsleistungen für die Immatrikula

tion, Rückmeldung, Beurlaubung und Exmatrikulation. Außerdem zählen hierzu Verwaltungsleistungen, die im Rahmen der allgemeinen Studienberatung durch die akademischen Auslandsämter und die Prüfungsämter erbracht werden.“

Haben Sie erraten, wo das herstammt? Ich nehme an, Sie wissen es nicht, dann helfe ich Ihnen gern. Das stammt aus dem Gesetz über die Hochschulen im Land Berlin in der Fassung vom 6. Juli 2006 und verantwortet durch eine Koalition von SPD und PDS.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Protest der hiesigen PDS gegen das Vorgehen Ihrer Gesinnungsbrüder in Berlin oder ein Protest der hiesigen SPD gegen die gesetzgeberischen Aktivitäten von Herrn Wowereit diesbezüglich sind mir nicht bekannt geworden, auch heute hat es dazu nichts gegeben. Da muss doch offensichtlich eine gespaltene Wahrnehmung vorhanden sein, sonst kann man hier nicht so brutal für Abschaffung von Verwaltungsgebühren oder Beiträgen reden und anderswo die eigenen Leute locker dieses erheben lassen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Sie haben doch keine Ah- nung.)

Verwaltungsbeiträge - ja, Sie ganz bestimmt - erheben außer Thüringen weitere acht Bundesländer. Man kann sich das ganz leicht anschauen, ein weiteres Land stellt es ins Benehmen der Hochschulen, eins, zwei Länder sind da sehr konsequent und sagen überhaupt nichts. Wieder andere bieten Bildungskonten, kommen trotzdem zu einer Belastung. Wieder andere wollen dann nur Landeskinder freistellen, wobei sie wissen, dass das verfassungsrechtlich mehr als bedenklich ist. Aber von denen, die nicht in dem Land Abitur gemacht haben, will man es dann trotzdem nehmen.

Also es geht da quer durch. Aber jetzt wollen Sie - zumindest seitens der PDS - zu einer Zwangsbeglückung kommen und die Studierenden von jeglichen finanziellen Belastungen freistellen.